Interview mit Mapei-Inhaber Dr. Giorgio Squinzi

"Der deutsche Markt ist in der Technik die Nummer 1"


FussbodenTechnik: In der Bauchemie und bei Klebstoffherstellern gibt es einen Trend zu Konzentrationen. Wird es aus Ihrer Sicht weitere Übernahmen geben?

Dr. Giorgio Squinzi: Ich glaube, dass im Markt sicherlich eine große Reorganisation zu erwarten ist. Mapei wird an diesem Konsolidierungsprozess teilnehmen. Wir haben schon weltweit einige Übernahmen vollzogen, in Deutschland beispielsweise Sopro Bauchemie. Unsere Steigerung war zwar insbesondere eine interne Steigerung, aber wir haben auch externe Möglichkeiten verwendet.

FT: Welcher externe Bereich interessiert Sie denn besonders?

Dr. Squinzi: Wir bleiben in unserem Segment. Wir setzen weiter auf die Spezialisierung und das international. Heute hat die Mapei-Gruppe 43 Produktionsstätten weltweit in 23 unterschiedlichen Ländern. Alle diese Werke produzieren die gleichen Produktpaletten. Einige strategische Rohstoffe wie die Polymere und Tonerdeschmelzzement in Polen oder die Füllstoffe in Italien werden an ausgewählten Standorten hergestellt. Die Produkte, die wir heute produzieren, werden unser Kerngeschäft bleiben. Wir müssen Produkte haben, die zu unseren Kunden passen. Ich glaube, da haben wir noch soviel zu tun, dass wir keine Diversifizierung brauchen.

FT: Wie wird sich der Markt der Bauchemie und Verlegewerkstoffe aus Ihrer Sicht weiter entwickeln?

Dr. Squinzi: Wir müssen die weltweite Situation ganz pragmatisch sehen. Im alten Europa gibt es keine wirkliche Steigerung bei elastischen und textilen Bodenbelägen und auch bei Fliesen. Eine Ausnahme bildet Großbritannien. Selbst in starken Fliesen-Ländern wie Spanien und Portugal haben wir meiner Meinung nach das Ende der Steigerung erreicht.

Dafür sehen wir große Chancen auf den osteuropäischen Märkten. Nachdem wir 1991 die ersten Aktivitäten in Osteuropa begonnen haben, haben wir jetzt ein Niveau von 100 Mio. EUR erreicht. Die Produktion läuft in Ungarn, Polen und Russland. Der Verkauf ist in der tschechischen Republik und in der Slowakei gebündelt. Es werden aber genauso Kunden in der Ukraine, Rumänien, Slowenien und den ehemaligen jugoslawischen Republiken bedient. Alles zusammen ist der Ostblock für uns heute ein Markt von 100 Mio. EUR im Jahr. Das ist eine große Überraschung und eine phantastische Marktmöglichkeit. Wir werden dort weiter wachsen.

FT: Welchen Stellenwert hat der deutsche Markt für Sie?

Dr. Squinzi: Deutschland ist ein sehr großer Markt und war vor einigen Jahren sogar der größte Markt weltweit in der Bauchemie und bei den Produkten für die Verlegung von Boden- und Wandbelägen. Durch die Steigerung von anderen Märkten hat der deutsche Markt im Volumen an Bedeutung verloren. Aber: Meiner Meinung nach ist der deutsche Markt in der Technik die Nummer 1 und darum muss ein Weltmarktführer wie Mapei hier eine absolut bedeutende Position einnehmen, um einen direkten Vergleich mit anderen spezialisierten Wettbewerbern zu haben.

FT: In Deutschland wird der Bereich von Renovierung und Sanierung immer wichtiger. Wie ist die prozentuale Verteilung?

Dr. Squinzi: Nach meinem Eindruck ist die Renovierung viel wichtiger - das gilt für Deutschland, Frankreich, Italien etc. Im ganzen alten Europa ist der Markt besonders auf die Renovierung konzentriert. In Europa schätze ich den Anteil der Renovierung auf 75 bis 80%, und den des Neubaus auf 20%. In den USA ist es genau umgekehrt.

Technologisch ist die Renovierung der anspruchsvollere Bereich. Bei Objekten geht es ja immer um Masse, Schnelligkeit und Preis. Bei der Renovierung geht es um technisch gute und aufwändige Lösungen. Also ist die Renovierung schon der deutlich interessantere Bereich.

FT: Wenn Sie nach 10 Jahren in Deutschland in der heutigen Organisationsform Bilanz ziehen - wie fällt Ihr Fazit aus?

Dr. Squinzi: Ich glaube, in den ersten 10 Jahren haben wir mit Mapei und der Sopro-Akquisition schon etwas erreicht. Meine Hoffnung war, mehr zu machen, aber wir sind auch in der Mitte der deutschen Baurezession gekommen. Aber in den nächsten 10 Jahren werden wir es noch viel besser machen. Jetzt kennen wir den deutschen Markt besser. Ich bin relativ optimistisch für eine Steigerung.

FT: Was unterscheidet Mapei von anderen Anbietern?

Dr. Squinzi: Wir sind die Besten (lacht). Was Mapei von den anderen unterscheidet, ist die große Investition in Forschung und Entwicklung.
aus FussbodenTechnik 02/05 (Wirtschaft)