Maison & Objet, Paris
Allianz mit allen Märkten rund um das Heim
Paris - Leidenschaft und Mode für das Heim! Seit zehn Jahren bündelt die Messe in Paris-Villepinte alle Energien, um - so Generaldirektor Etienne Cochet - "für den Bereich Heim eine weltweit einzigartige Veranstaltung zu schaffen." Seit 1995 stieg die Zahl der internationalen Besucher um 250 Prozent. Es entstanden die vier Fachmessen Maison & Objet, scènes dintérieur, now! design à vivre und Maison & Objet éditeurs, jeweils im Januar. Paris ernannte sich zur "Hauptstadt der Kreation" - und alle Welt spielt mit.
Auch die Branche zieht mit und macht sich die Dynamik und Lust an Design und Dekoration zunutze. Oder besser umgekehrt: Das Dekorieren im Wohnbereich hat so hohen Stellenwert, weil ihn Designer in allen Bereichen unterstützen und zur Geltung bringen. Der Erfolg ist sicher wechselseitig. Eine Bühne wie diese Messe und mit der Stadtverwaltung Paris zur Seite bringt Designernamen zum Glänzen. Objektiv prüfen, ob Originalität und Qualität des Designs stimmen, muss das Fachpublikum aus aller Welt. Natürlich erleichtert der "französische Touch" Neugier und Interesse. Der soll auf jeden Fall erhalten bleiben, auch wenn generell die innovative Designidee im Vordergrund stehen wird.
Selektives Vorgehen...
...bei der Auswahl der Aussteller ist Erfolgsprinzip der Messeleitung. Diese Messepolitik fördert den Wettbewerb. Hersteller und Fachbesucher wollen nichts versäumen. Für die Messe zählen jeweils die "Neu-Aussteller", die im Katalog deutlich gekennzeichnet werden. Außerdem gibt es durch verschiedene Medien und Einkäufer-Juries eine Vorauswahl, die als Empfehlung am Stand gut beachtet wird. Dennoch bedeutet es für Erstaussteller Risiko und viel Kommunikations-Arbeit, um sich mit dem französischen und in Paris entsprechend internationalen Markt vertraut zu machen und sich selbst Vertrauen für die eigene Marke zu holen.
Von Messe zu Messe nehmen mehr deutsche Aussteller teil. Aus dem textilen Bereich wagen oft Betriebe diesen Schritt in die noch größere Internationalität - darum geht es ja -, die nicht unbedingt bereits einen großen Markennamen haben, aber ein klares, überschaubares Produktkonzept. So verführerisch der Gedanke ist, in der Wunschhalle 5b bei scènes dintérieur auszustellen, wird die Halle 2 als klar definierte Textil-Halle von den Ausstellern als gute Basis bestätigt. Alle anderen Hallen, allen voran die Hallen 5A und 5B, bieten durch den besonderen Mix der Aussteller das, was die Branche in Paris sucht und von der Maison & Objet erwartet: Inspiration - und das auf allen Linien - für Wohnkonzepte mit Details, Tischkultur, Heimtextilien, Deko-Objekte, Leuchten, Düfte.
Im Januar dieses Jahres meldete die Messe einen Rekord, der sich auf den Inlandsmarkt bezieht: über 47.000 Einkäufer kamen aus Frankreich, das heißt um fünf Prozent mehr als im Vorjahr. 33 Prozent der Gesamtbesucherzahl, genau sind es 23.339 Einkäufer, kamen aus 124 Ländern, um das Angebot von 2.780 Ausstellern zu besichtigen. Ein Plus von 17 Prozent an Besuchern aus dem Ausland klingt viel versprechend. Die Top Ten der internationalen Einkäufer stellte Westeuropa, mit Deutschland (+31 Prozent) an vierter Stelle. An siebter Stelle verzeichnet Japan einen Besucherzuwachs von 23 Prozent, also eine Rückkehr! Asien, vor allem China, erscheint als neuer Kundenkreis. Sehr angezogen von der Pariser Messe fühlten sich Besucher aus Osteuropa, besonders aus Russland und Polen, aber auch aus dem Mittleren Osten und aus Nordeuropa. Einziger Wermutstropfen war die rückläufige Zahl der Besucher aus Nordamerika (USA und Kanada), die vor allem auf den ungünstigen Wechselkurs Euro/Dollar zurückgeführt wird.
Ist es Luxus, was den Alltag verschönert?
Designer und Künstler, aber auch Psychologen und Soziologen, also die "Wächter der Trends", thematisierten die Mythologie des Luxus. Luxus wird von jedem anders empfunden und individuell definiert. Drei bekannte Trend-Designer leisteten Inspirationshilfe mit ihren Interpretationen als Produktschau. Franois Bernard wollte "arm" als Kodierung von Luxus verstehen. Der Luxus von heute kleidet sich in scheinbare Armut und bezaubert so neu und einzigartig. Elizabeth Leriche bezieht Licht in unser Alltagsleben mit ein und enthüllt dabei fast poetisch einen neuen Luxus zwischen technologischem Fortschritt und leuchtender Phantasie. Nelly Rodi attackiert mit "Neureich!". Was für den einen vulgäre Schaumschlägerei ist, bedeutet dem anderen eine besondere Lebensart, nonkomformistisch oder ästhetisch verliebt in Ramsch. Zuviel ist immer noch nicht genug. Alles, was glänzt, wird plötzlich zu Gold. Reich spielen! Und schlechter Geschmack ist immer der Geschmack der anderen!
Dieses Spiel mit dem Luxus stellt sich in den Hallen unterschiedlich dar, aber nicht übertrieben oder vordergründig. Am verständlichsten drückt er sich aus in Materialien. Klassische Möbel erhalten neue Farben und mutieren so zu zeitgemäßen, ja sogar zu Designer-Möbeln. Neue Techniken verwenden zur Herstellung leichten Beton, Kunststoffe, Harze, Acryl, sowie Holz mit Verzierungen oder Siebdrucken. Sichtbar wird die Lust auf sichere Werte, auf monumentale Stücke mit orientalischer Üppigkeit und dem Stil von Napoleon III.
Richtig im Blickpunkt stehen die anscheinend "armen", aber neu bearbeiteten Materialien wie Draht, gewebt oder genäht, Glas, sämtliche Textilien - bestickt, veredelt, verwebt mit Flottierfäden, Gold- oder Kupferfäden - Häute (Lack oder Schlange), und immer wieder Felliges, Perlen, Strass, Federn. Gefragt sind vor allem raffinierte, zarte, subtile Artikel, die mit Transparenz, Reflexen, Spiegeleffekten spielen.
Dekorative Schaumschlägerei und viel Komfort
Plaids, Bett- und Sofa-Überwürfe, Kissen zeigen sich zwar in üppigen, luxuriösen Materialien wie Kaschmir, Wolle, Nerz, Fuchspelz oder in pompösem Materialmix - verleugnen aber selten ihren praktischen Wert. Bettwäsche, ein ganz wichtiges Thema, präsentierte sich eher zurückhaltend, edel und elegant, oder cool in feinem Leinen, sportlich frisch und ebenfalls dezent in den Farben. Ohne Detailarbeit und Zusatzideen geht es nicht - nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen, aber dafür werden die Produkte auch angefasst. Deutschland wird bei Bettwäsche immer ein europäischer Sonderfall sein. Auf Flexibilität und speziellen Service wie Maßarbeit stellen sich die Aussteller mehr und mehr ein und intensivieren damit die Verkaufsgespräche. Die stehen allerdings auf der Messe gar nicht im Vordergrund. Man will sich kennen lernen und Neues erfahren.
Bei wertiger Bettwäsche - und die überwiegt - fällt im Vergleich zu konsumigeren Marken auf, dass sie weiß oder pastellig ist, uni oder sanft floral bedruckt, immer mit farblichen Alternativen und Polsterformen zu kombinieren.
Was wäre Tischkultur ohne Tischläufer?
Das große, weiße Tischtuch mit Handarbeits-Dekor, aufwändig und edel, ist natürlich zu finden, auch orientalisch inspirierte Jacquard-Tischtücher oder klare, schlichte uni Leinen-Qualitäten, oft im Ensemble-Look mit Bettwäsche. Unschlagbarer Favorit ist aber nach wie vor der Tischläufer mit Sets in den unterschiedlichsten und ungewohntesten Materialien. Die markantesten Vorbilder kommen aus Japan, auch die Kombination mit Glas, Porzellan, Keramik und Lackarbeiten. Japanisches Kunsthandwerk nach alter Tradition, aber für den europäischen Geschmack neu kombiniert, fand als Sonderschau viel Interesse.
Die Farbigkeit bezieht sich auf die aktuelle Frühjahr/Sommer-Saison. Übersee-Designer aus dem Modebereich (Ralph Lauren, Calvin Klein) zeigen sich puristisch in Weiß/Schwarz oder erdigen Tönen. Fluoreszierende oder Glanzeffekte bringen Licht in die Stoffe, ebenso Edelsteinfarben und Grautöne. Neutrale und pastellige Farben, vor allem Rosa bis Lila und helles Grün überwiegen, während kräftige Töne kleinflächig Akzente setzen.
Als Dessins tauchen immer wieder grafische Motive, sparsam angewandt, auf, ebenso naturalistische Themen und Fotodrucke.
Die nächste Maison & Objet findet statt vom 2. bis 6. September 2005.
aus
Haustex 04/05
(Wirtschaft)