Ambiente - Internationale Frankfurter Messe
"Nehmen Sie sich Zeit - zu einem Leben mit Entspannung"
FRANKFURT - Endlich gab es wieder einmal so etwas wie Freude auf einer Messe. Gute Stimmung - nicht überall, aber an vielen Ständen der drei Weltleitmessen "World of Table, Kitchen & Houseware", "World of Gifts Unlimited" und "World of Interiors": Zwei Prozent mehr Besucher als im letzten Jahr, davon acht Prozent mehr aus dem Ausland, eine stabile Besucherzahl aus Deutschland und ein gutes Orderverhalten. Über 60 Prozent der Aussteller zeigten sich mit der Ambiente 2004 zufrieden bis sehr zufrieden.
Die Messe ist sehr groß, die Wege sind weit und mussten vielfach gegangen werden - trotz der "feineren" Strukturierung und der Einteilung in die drei Weltleitmessen. Ruheinseln in den Hallen waren diesmal weniger denn je zu finden. "Wir sind komplett," verkündete Dr. Michael Peters, Geschäftsführer der Frankfurter Messe. Und das, obwohl die Ausstellerzahl 4.643 das Vorjahresergebnis um 155 Firmen verfehlte. Dafür haben sich zahlreiche Unternehmen in diesem Jahr mit noch mehr Fläche als bisher präsentiert. 613 Firmen stellten zum ersten Mal aus auf der weltgrößten Konsumgütermesse, davon 425 internationale. Die Zahl der deutschen Messeteilnehmer lag allerdings hinter dem Vorjahreswert.
Im Mai 2004 werden Estland, Lettland, Litauen, Polen, die Tschechische Republik, die Slowakische Republik, Ungarn und Slowenien der Europäischen Gemeinschaft beitreten. 132 Firmen aus diesen Ländern präsentierten sich in Frankfurt auf der Ambiente, 17 davon zum ersten Mal. Bundesaußenminister Joschka Fischer, der die Ambiente 2004 eröffnete, betonte die wirtschaftlichen Chancen der EU-Erweiterung. Die Märkte in Osteuropa werden in den nächsten Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen. Inzwischen hänge bereits jeder fünfte Arbeitsplatz vom Handel mit den zehn neuen Mitgliedstaaten ab. Dieser Handel sei für Deutschland mittlerweile wichtiger als der Ostasienhandel und habe den gleichen Stellenwert wie der Austausch mit den USA.
Exportmeister Deutschland
Nach Marktbeobachtungen und Umfragen soll der Außenhandel weiterhin die Stütze der deutschen Konjunktur sein. Die Ausfuhr könnte um fast fünf Prozent, die Einfuhr um vier Prozent steigen. Zu den wichtigsten deutschen Exportmärkten gehören unter anderem Russland, Polen und die Tschechische Republik. Sie machen mittlerweile rund zwölf Prozent der Exporte der Branche aus. Aus Polen sind die Importe seit 1997 um 93 Prozent gestiegen und nehmen Platz 13 in den deutsch-polnischen Handelsbeziehungen ein, ausfuhrseitig die Position 10. Die Top-Five auf der Liste der Handelspartner Deutschlands heißen Frankreich, Niederlande, USA, Italien und United Kingdom (UK).
Nach einer Umfrage des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) setzt sich in allen Branchen, außer der Bauwirtschaft, deutlicher Optimismus durch. Der globale Handel, wie er generell auf Messen stattfindet, ist auch weiterhin eine große Chance für Industrie und Handel, Verkäufer und Wiederverkäufer. Namhafte Aussteller nutzen sie. So berichtet der Porzellanhersteller und Lifestyle-Spezialist ASA Selection von einem Anstieg des Exportanteils binnen der letzten zehn Jahre von 20 auf 50 Prozent. Die Firma Leifheit, Marktführer im Bereich der Haushaltswaren, konnte innerhalb der letzten elf Jahre eine Exportsteigerung um elf Prozent verbuchen, der Porzellanhersteller Dibbern berichtet von einem kontinuierlichen Wachstum von 14 Prozent innerhalb der letzten fünf Jahre.
Branchen übergreifende Angebote
Der Handel geht neue Wege - im Idealfall, wenn er die Zeichen der Zeit erkannt hat und sich neu strukturiert. Vor allem der Fachhandel, egal in welchem Konsumgüterbereich, muss sich neu orientieren und sucht kooperierende Sortimente. Es war gar nicht so schwer, solche auf der Ambiente zu finden, bedeutete allerdings harte Arbeit und exakte Beobachtungen. Dabei traten - glücklicherweise - Preisgespräche in den Hintergrund. "Billig" und Rabatte machen auf Dauer den Verbrauchern keinen Spaß. Es müssen neue Reize her, neue Anregungen. Man will über Qualität informiert werden und das Gefühl vermittelt bekommen, als Kunde einzigartig zu sein.
Oft schafft es ein Produkt an sich, emotional zu rühren, meist sind aber Inszenierungen notwendig. Wiederum braucht es Inspiration und Aufwand - und ganz bestimmt und immer wieder Kommunikation. Mit seinen Lieferanten, seinen Handelspartnern und den Verbrauchern - ein Thema, das immer und immer mehr in Bewegung gehalten werden muss. Ein Dialog, der sich im Sortiment, in der Mixtur der Produkte fortsetzt. Und dadurch nicht langweilig wird, auch wenn es sich nicht ständig um Neuheiten handelt. Im Gegenteil, eine gewisse Vertrautheit ist nützlich, macht sie doch den Umgang mit Produkten ganz persönlich.
Das gilt für Geschenkartikel ebenso wie für Dinge des täglichen Lebens oder Wohnens. Die veränderten Strukturen von Anbietern völlig unterschiedlicher Produkte wirkte sich in der Weltleitmesse "World of Interiors" sehr belebend und positiv aus. Das allerdings erst im zweiten Anlauf, denn bei der letztjährigen Tendence gab es Klagen und Unzufriedenheit über dieses Verführungsprinzip. Das "Gewohnheitsrecht" war gewaltig gestört. Diesmal empfanden es die Fachbesucher durchaus als inspirierend und bereichernd, in "Loft" (6.1) und "Country Home" (4.1) nicht nur "ihre" Textillieferanten zu finden, die umrahmt waren von hochwertigen und innovativen oder jungen und progressiven Angebotsständen mit Glas, Porzellan und vielfältigen Wohnaccessoires.
Wichtig war natürlich die Kombination von Wohnwelten, die beispielhafte Präsentation, die für den Handel so Ausschlag gebend ist und dankbar aufgenommen wurde. Klare Wohnkonzepte, im Detail ausgearbeitet, auf interessante Materialien und Farbthemen aufgebaut und fast immer mit großem Textilanteil machten das Rennen. Reine Textilanbieter beschränkten sich auf dieser Messe mit Zielgruppe Einrichten und Wohnen ebenso auf ein rasch überschaubares Angebot, dessen Highlights sofort zu erkennen waren und nicht unbedingt nur modisch kurzlebig, sondern als aufbau- und ergänzungsfähig gewertet wurden.
Das richtige Lebensgefühl und entsprechend den Erfolg fand auf Anhieb der für die Ambiente neu geschaffene Bereich Outdoor Living mit Wohndesign für Garten, Balkon und Terrasse - aus hochwertigen Materialien wie Holz und Metall, gefertigt von europäischen Herstellern und ebenso einsetzbar im Wohnbereich.
Vom Warenanbieter zum Genuss-Animateur
Bei den 2.220 nationalen und internationalen Ausstellern im größten Bereich "World of Table, Kitchen & Houseware" herrschte durchwegs positive Stimmung. Das braucht die in den letzten Jahren stark gerüttelte Branche, deren wichtigster Vertriebsweg der Glas-, Porzellan-, Keramik (GPK-)-Fachhandel ist. Der Bundesverband repräsentiert 4.800 Geschäfte, die im Sortiment neben Hausrat und Eisenwaren hauptsächlich die Warengruppen des gedeckten Tisches führen. Deutlich zugenommen haben hingegen Fachabteilungen und Boutiquen größerer Möbel- und Einrichtungshäuser, und hier treffen sämtliche auf der Ambiente gebotenen Produktbereiche aufeinander.
Das riesengroße Angebot der dritten Leitmesse, "World of Gifts Unlimited" mit hochwertigem und individuellem Kunsthandwerk darf dabei nicht übersehen werden. Der GPK-Markt und -Fachhandel muss sich neu profilieren. Positive Signale dafür gab es auf der Messe. Wichtig im starken Wettbewerb - und das trifft den gesamten Fachhandel - ist der Mut zum "Crossover", zu Produkt übergreifenden Sortimenten unter dem Motto Genießen, Wohnen, Lifestyle. Carl Reckers, Präsident des Bundesverbandes für den gedeckten Tisch, Hausrat und Wohnkultur, meinte dazu: "Wir Fachhändler profilieren uns mit Zielgruppen orientierten Themen und wir wandeln uns vom Warenanbieter zum Genuss-Animateur."
Gedeckter Tisch bekennt Farbe
...und geht auf die Straße. "Treffpunkt Tisch", die Gemeinschafts-PR der Branche, veranstaltet bundesweit vom 8. bis 15. Mai Events draußen, auf Balkonen, Terrassen und auf der Straße. Das sind zwar Aktionen der GPK-Fachgeschäfte, aber im Mittelpunkt steht der Tisch. Die Textilanbieter werden das nicht übersehen. Bereits auf der Ambiente war in allen Bereichen, besonders natürlich in Loft und Country Home, die Liebe und Sorgfalt zu erkennen, mit der Tischwäsche in schönen Qualitäten und interessanter Verarbeitung, klar und puristisch oder leicht romantisch, aber niemals langweilig, vorgestellt wurde. Allerdings soll Küchenwäsche nicht vergessen werden. Auch sie gehört zum Genießen und dynamischen, optimistischen Leben, wie "Treffpunkt Tisch" sich das vorstellt. Namhafte GPK-Marken wie Rosenthal mit Hutschenreuther und Thomas nahmen klar konzipierte und luxuriöse Wohntextilien in ihr Sortiment auf. Dibbern, ASA, Henry Dean schließen in ihr Programm Tisch- und Küchenwäsche mit ein; Lambert, Puylaert, Eurofashion, O-Living bewiesen sich als gut besuchte Wohn-Konzeptionisten.
Gute Qualitäten und kräftige Farben
Für positive und ausgelassene Stimmung stehen im Interiors-Bereich die Farben Pink, Rot, Gelb und Orange. Beliebte Farbgruppen sind Pink/Blau, Orange/Gelb oder Blau/Grün - und zwar in leuchtenden Neonfarben, aber auch in zarten Pastelltönen. Auch hochpreisige Materialien wie Leder, Seide, Brokat oder echter Pelz zeigen sich farbig oder werden bunt kombiniert. Weiß steht ganz oben auf der Trend-Hitliste, vor allem im Mix mit Pastelltönen, die Textilien leicht und transparent wirken lassen. Absolute Trendfarbe ist Meeres-Blau in Abstufung, vor allem Türkis. Warme Erd- und Laubtöne sowie Grün, Edelrost-Eisen, Massivholz und Handgeschmiedetes behaupten sich im Landhaus-Living-Stil und setzen sich stimmungsvoll in Szene.
Blumenmuster feiern ihr Comeback, großflächig oder als kleine Allovers. Streifen gibt es in neuen Breitenvariationen und Farbkombinationen, Buchstaben in Kontrastfarbe sind beliebte Motive. Für Möbel, Accessoires und handgefertigte Produkte werden hochwertige und natürliche Materialien wie Holz, Pflanzengeflechte oder Steinsorten (Granit-Tischplatten) immer wichtiger, individuell und ursprünglich. Motive aus der Natur, wie Steine, Rasen, Wald, zieren Leuchten oder Sitzkissen. Im Trend bleibt auch der Grundsatz der Multifunktionalität. Ein Produkt soll möglichst für die unterschiedlichsten Zwecke nutzbar sein. Design aus fernen Ländern gehört zu den Rennern.
Diese Formeninspirationen schlagen sich auch nieder beim Dekorieren des Tisches. Mit eckigen Platten und vielen Schalen und Schälchen lassen sich ganze Tischlandschaften zaubern. Schwarz/Weiß-Kontraste sind beliebt, abgetönt mit Anthrazit. Der fortschrittliche Porzellanspezialist Kahla brachte ein stoffähnliches Material auf Porzellan und fiel auf mit diesem haptischen Samteffekt. Vasen in Glas oder Keramik sind wichtig in stilisierter Flaschenform und in den Farben Orange, Gelb, Grün. Für den Outdoor-Einsatz wird Unterschiedliches geboten, meist in Verbindung mit textiler, dekorativer Tischwäsche in feinem Leinen, Baumwolle, Bast, Filz oder Kunststoff.
aus
Haustex 04/04
(Wirtschaft)