Billerbeck-Gruppe ist nach Management-Buy-out gut aufgestellt
Zurück in die Zukunft mit eigener Identität
KRAICHTAL-MÜNZESHEIM - "Sie dürfen mir glauben, dass ich manch schlaflose Nacht hatte, ehe unser Management-Buy-out im Oktober 2003 endgültig in trockenen Tüchern war", erinnert sich Friedrich Ermert, Geschäftsführer von Billerbeck-Deutschland, inzwischen mit einem entspannten Lächeln an den Kraft raubenden Verhandlungsmarathon des letzten Jahres. Denn gemeinsam mit seinem Management-Partner Paul Konrad, Geschäftsführer von Billerbeck-Schweiz, sowie der Frankfurter DZ Equity Partner GmbH als Finanzinvestor hat Ermert vor rund einem halben Jahr die Billerbeck-Gruppe vom schwedischen Konzern Hilding Anders AB übernommen.
Damit beendeten der skandinavische Matratzen-Riese und seine einzige Bettwaren-Tochter ihre nicht nur von Harmonie geprägte Zusammenarbeit. Deren Anfänge liegen bekanntlich dreieinhalb Jahre zurück, als Hilding Anders die Schlafsparte Slumberland, zu der seinerzeit auch Billerbeck gehörte, von der Berner Valora-Gruppe erworben hatte.
Billerbeck - ein international tätiges Unternehmen
Billerbeck hat seine Ursprünge in zwei, vor über 80 Jahren gegründeten Familienunternehmen: Billerbeck aus Wuppertal sowie Müller-Imhoff aus Zürich-Altstetten. Heute beschäftigt die Billerbeck-Gruppe, die insgesamt vier Produktionsstandorte in Kraichtal nahe Karlsruhe, in Fischbach-Göslikon und in Budapest bzw. Szeghalom (Ungarn) sowie zwei reine Vertriebsbüros in Wien und Tokyo unterhält, über 500 Mitarbeiter, die gemeinsam einen Gruppenumsatz von gut 50 Mill. Euro erwirtschaften. Davon entfallen etwa 40 Prozent auf Bettwaren mit Daunen-/Federnfüllung und ungefähr der gleiche Prozentsatz auf Produkte mit einer Füllung aus synthetischen Fasern. Den Rest machen Naturhaare wie Wolle, Kamelhaar und Kaschmir sowie andere natürliche (Kissen-) Füllstoffe wie Hirse aus. Auf der letzten Heimtextil hat Billerbeck den Naturhaarbereich mit Hilfe neuer Waren- und Marketingprogramme besonders forciert, so dass diese traditionelle Produktdomäne momentan ein erfreuliches Wachstum verzeichnet.
Alle Billerbeck-Betriebe verfügen über modernste Entwicklungs- und Produktionstechnologie, die fortlaufend erneuert und ergänzt wird. Daraus resultieren unter Einhaltung bewährter Qualitätsstandards sowie flexibler Arbeitszeitmodelle sehr rationelle Fertigungsstrukturen mit einem hohen Automatisierungsgrad. Doch wenn es um handverlesene Eiderdaunen oder aufwändige Konfektionsvarianten geht, sind Fingerspitzengefühl, handwerkliches Können und Know-how nach wie vor gefragt. Während Billerbeck-Deutschland schwerpunktmäßig für die Kunden im eigenen Land sowie für die in Österreich und der Schweiz faser- und naturhaargefüllte Bettwaren fertigt, beziehen die Kraichtaler ihre hierzulande vertriebenen Daunen- und Federnartikel über ihre Tochter in Ungarn. Die wiederum ist laut Friedrich Ermert produktionell vollkommen autark und beliefert neben dem ungarischen Markt die immer interessanter werdenden osteuropäischen Märkte mit Bettwaren aller Art.
Premium-Marke Dauny
Mit etwa 70 Mitarbeitern, 25 zusätzlichen Propagandistinnen und einem Duvet-Marktanteil von rund 35 Prozent ist Billerbeck-Schweiz eidgenössischer Marktführer im Daunen- und Federnbereich. Insbesondere durch ihre Spitzenprodukte der Premium-Marke Dauny haben die Aargauer die international populären Qualitätsversprechen "made in Switzerland" oder "swiss made" immer wieder erfolgreich eingelöst.
Allerdings weist mittlerweile auch der Konjunkturhimmel in der Schweiz sichtbare Eintrübungen auf, was den Verbraucher automatisch preisbewusster und den Handel gleichzeitig preisaggressiver werden lässt. Das spiegelt sich unter anderem in regelmäßig stattfindenden Preisaktionen wider. Zwar fällt das Durchschnittseinkommen der etwa 3 Mill. Schweizer Haushalte mit 5.000 bis 5.500 Schweizer Franken (= 3220 bis 3540 Euro) im europäischen Vergleich nach wie vor beachtlich aus, aber entsprechend hoch sind eben auch die Lebenshaltungskosten (Mieten, Krankenkassen, etc.). Hinzu kommt, dass die Schweizer als traditionelle "Daunenschläfer" - 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung schlafen unter Federn und Daunen - zunehmend das fasergefüllte Bett entdecken.
Da den Inhaber geführten Betten- und Einrichtungsfachhandel zwischen Basel und Lugano inzwischen ähnliche Probleme plagen wie den zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen - seien es nun ungelöste Nachfolgeregelungen, Konzentrationstendenzen, Preiskämpfe usw. - hat Billerbeck-Schweiz frühzeitig reagiert und sein Sortiment vor gut fünf Jahren den sich verändernden Marktbedingungen angepasst. Der durchschnittliche VK-Preis für eine Zudecke liegt derzeit in der Schweiz bei rund 190 Schweizer Franken (= gut 120 Euro), während ein hochwertiges Markenprodukt aus dem Hause Billerbeck für durchschnittlich 350 Schweizer Franken (= 225 Euro) zu haben ist. Ohne das makellose Dauny-Image zu verwässern, wurde daher das Fertigungsspektrum erweitert, um heute zum Beispiel über No Name- oder Eigenprogramme der Kunden sämtliche Vertriebsformen wie Warenhäuser, Versender, Möbler oder Objekteure beliefern zu können.
Dabei kommt dem Unternehmen aus Fischbach-Göslikon sicherlich zugute, dass die renommierten Schweizer Hersteller mit ihren Produkten rund ums Bett immer noch über 90 Prozent des Inlandsmarktes abdecken. Wahrscheinlich hält sich deshalb der Export von Billerbeck-Schweiz mit rund 4 Prozent vom Umsatz in Grenzen, wobei niederländische, deutsche, japanische und russische Kunden zu den internationalen Hauptabnehmern zählen. Mittelfristig soll das neue Dauny-Programm, zu dem unter anderem exklusive Eiderdaunendecken gehören, in den Top-Lagen europäischer Metropolen etabliert werden. Während das Erscheinungsbild der Marke Billerbeck von einem dezenten Dunkelblau geprägt wird, steht ein nicht minder dezentes Dunkelgrün für die Marke Dauny.
Wie Verkaufsleiter Christoph Moser erläuterte, haben vor allem Schlafsystem-Produzenten wie Bico oder Happy mit ihrer Fernsehwerbung eine Menge für das Schlafbewusstsein der Eidgenossen getan. Die enge Kooperation mit Bico, bis heute eine Tochter von Hilding Anders, hat seit Jahren Bestand. Chancen für weitere innovative Produktentwicklungen im Bettwarenbereich sieht Moser allemal. Ein Blick in die Sportbekleidung verdeutlicht seiner Meinung nach, dass künftig neben noch feineren Stoffen und Geweben auch ganz neue technische Funktionen im Vordergrund stehen werden. Verkaufserfolge verzeichnet sein Unternehmen zum Beispiel mit Zudecken auf Basis des ClimaBalance-Systems von Sanders, dessen exklusive Vertriebsrechte für die Schweiz bei Billerbeck liegen. Aber auch hochwertige Vier-Jahreszeiten-Betten, die in Sachen Schlafkomfort eine gewisse Unabhängigkeit von saisonalen Temperaturschwankungen bieten, sowie leichte Kassettenbetten erfreuen sich großer Beliebtheit bei unseren südlichen Nachbarn.
Marken-Shops als Marketing-Eckpfeiler
"Der Bettwarenmarkt in Deutschland wird mittelfristig stagnieren und bei anhaltender Konsum-Unlust eventuell sogar rückläufige Tendenzen in einem immer härteren Verdrängungswettbewerb aufweisen", gibt sich Friedrich Ermert momentan keinerlei Umsatz-Illusionen hin. Allerdings lässt er nicht den geringsten Zweifel daran, dass Billerbeck aus diesem Wettbewerb als einer der Sieger hervorgehen wird. Mit gut 140 qualifizierten Mitabeitern, darunter ein unverändert starker, klar serviceorientierter Außendienst, ergänzt durch etwa 100 geschulte Propagandistinnen, sind nicht nur die personellen Weichen im Kraichtal solide gestellt. Neu organisiert wurde der Innendienst, der die telefonische Betreuung der kleineren und mittleren Kunden und damit den Direktvertrieb verbessern soll.
Billerbeck-Deutschland ist mit seinen Produkten nach wie vor stark im Konzernbereich vertreten, gefolgt von den großen Möbel- und Einrichtungshäusern, deren Orders in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen haben. Dagegen verliert Billerbeck analog zu den meisten Mitbewerbern im klassischen Bettenfachhandel. Eine Entwicklung, die beispielsweise durch gezieltes Forcieren der Edelmarke Joop gestoppt werden soll, die durch die Lizenznehmer Cawö Textil (Frottier), Elegante (Bettwäsche), Kettelhack (Betttücher) und eben Billerbeck auch auf dem hiesigen Haustextiliensektor zu einem Synonym für erstklassige Produkte geworden ist und in der Spitze echte Profilierungschancen gerade für den Fachhandel bietet. "Wir wollen langfristig auf allen Handelsschienen breitflächig präsent sein", definiert Friedrich Ermert daher ein wichtiges Unternehmensziel für die Zukunft.
In diesem Zusammenhang spielt das 2003 im Markt implementierte Billerbeck-Shop-Konzept eine zentrale Rolle. Über 50 dieser professionell gestalteten Marken-Shops wurden bislang bundesweit installiert; und wenn es nach Friedrich Ermert geht, sollen in diesem Jahr zwischen 30 und 50 dazukommen. Außerdem unterstützen attraktive POS-Ideen, Schulungen für Verkaufsmitarbeiter, Publikumswerbung und -informationen sowie umfangreiche PR-Maßnahmen die Handelspartner bei ihren Bemühungen um die Gunst des Verbrauchers. Intensiviert werden soll die Kooperation mit der Billerbeck-Stiftung "Schlaf & Gesundheit", um vermehrt Erkenntnisse der modernen Schlafforschung in die Produktentwicklung einfließen zu lassen. Davon würde auch die steigende Zahl an neuen Exportkunden profitieren, die mittlerweile aus Südeuropa, dem Nahen Osten und den GUS-Staaten kommen.
Über wesentliche Produkt-Neuheiten innerhalb der Billerbeck-Kollektion haben wir unsere Leser bereits in der Januar- und Februar-Ausgabe der Haustex informiert (siehe die Seiten 99 bzw. 62 u.63); und auf das aktuelle Sommerbetten-Programm gehen wir in diesem Heft an anderer Stelle ein. - Bleibt festzuhalten, dass die Billerbeck-Gruppe nach dem Management-Buy-out in jeder Beziehung gut aufgestellt ist und weiterhin eine führende Rolle im Kreis der europäischen Bettwaren-Anbieter spielen wird.
aus
Haustex 04/04
(Wirtschaft)