Heimtextil-Trends 2004/2005: Interview mit Trendforscher Gunnar Frank
"Beim Einrichten ist das Herz gefordert"
FRANKFURT - Der niederländische Trendforscher Gunnar Frank hat vor kurzem die Wohntrends 2004/2005 für die nächste Heimtextil-Messe (14. bis 17. Januar 2004) vorgegeben. Der neue Trend heißt: "contrast in harmony". Im folgenden Gespräch nimmt er Stellung dazu.
Haustex: Könnten Sie kurz in zwei bis drei Sätzen erklären, wie es in deutschen Wohnzimmern Ihrer Meinung nach zukünftig aussehen wird?
Frank: Zukünftig wird Wohnen zur "Herzensangelegenheit", da ich durch die Gestaltung der Räume meine ganz eigenen Wünsche und Gefühle transportieren kann. Wie es in deutschen Wohnzimmern aussehen wird, ist somit sehr stark von der eigenen Individualität / "personality" abhängig. Das heißt beim Einrichten ist das Herz gefordert - das ist der erste Schritt.
Anschließend orientiert sich der Konsument auf dem Markt, zum Beispiel auf Messen wie der Heimtextil, denn er möchte aktuell sein, einiges ändern und vor allem: Neue Schwerpunkte in seinen eigenen vier Wänden setzen, die seine Persönlichkeit unterstreichen. Das Spielen mit Gegensätzen ist dabei entscheidend.
Haustex: Nennen Sie uns drei Trends, die absolut out und drei, die absolut in sind?
Frank: Out ist der Landhausstil, alles was spießig, kleinkariert ist oder "Lieschen-Müller-mäßig" anmutet. Ebenso ist High Tech, alles Kühle, Metallische, Kalte out. Der cleane, neutrale Ökotrend, ohne jegliche persönliche Note, ist ebenfalls nicht mehr up-to-date.
In ist dagegen, den eigenen Stil zu definieren. Wichtige Stichpunkte für die Gestaltung des Interieurs: Wärme, Gemütlichkeit, Cocooning. Dies erreicht man durch:
- 50/60er Jahre Design (Ornamente, große Blumenmuster, Kunststoff, Noppen)
- Gutes Design, was sehr oft aus Skandinavien stammt und klassische Inspirationen aus dem Art Deco, Bauhaus oder den Wiener Werkstätten.
- Schöne Farben und Materialien: Mit Farb- und Materialzusammenstellungen heißt es jetzt Überraschungseffekte hervorheben.
Haustex: Modern Green, Exotic Red, Classic Yellow oder Brocanterie Blue? Welcher Stil ist ihr Favorit?
Frank: Ich persönlich liebe Farben, Lebendigkeit, Phantasie und schöne Materialien. Im Wohnen muss sich generell die Menschlichkeit wiederfinden. Neue Einflüsse aus der Welt der Kunst und Kultur - wie Film, Musik, Ausstellungen, Essen, Politik - spielen dabei auch eine große Rolle. Aus "Modern Green" zieht man die Funktion, aus "Exotic Red" die Sehnsucht nach fernen Reisen, aus "Classic Yellow" die Tradition und schließlich aus "Brocanterie Blue" die "Gemütlichkeit / Kuschelecke". Es kommt darauf an, aus dem persönlichen Mix dieser vier Wohnstilrichtungen seinen ganz eigenen Stil zu kreieren. Somit kann ich mich hier gar nicht eindeutig festlegen.
Haustex: Wie findet man seinen ganz persönlichen Wohnstil?
Frank: Ich muss wieder dem Weg des Herzens folgen. Das heißt, die Fragen, die ich mir dabei stellen muss, sind: Wo geht die Liebe hin? Wer bin ich? Bin ich allein? Oder habe ich eine Familie mit jungen Kindern und muss eher praktisch denken? Danach muss ich mich fragen: Was möchte ich ausstrahlen? Und wo und wie lasse ich mich inspirieren? Hier bietet sich wieder ein Messebesuch an. Die textilen Einrichtungsprognosen werden im Januar 2004 auf der Heimtextil im Trendforum (im Forum Ebene 1) präsentiert. Hier kann man liveerleben, wie "contrast in harmony" aussehen kann.
Haustex: Wie kann man mit wenig Budget frischen Wind in seine eigenen vier Wände bekommen?
Frank: Die beste und auch kostengünstige Lösung ist eine große "Putz-Brigade". Und zwar in dem Sinne, dass ich meine Wohnung ganz kritisch betrachte. Schließlich habe ich schon sehr lange darin gewohnt, vieles hat sich einfach so angesammelt. Oft ist sie zu voll, hat zu wenig Licht und Farbe oder zu wenig Design.
Wenn ich kräftig aufräume, Vorhandenes neu mixe und nur hier und da durch etwas Neues Akzente setze, ergibt sich bereits ein vollkommen neues Ambiente - ohne dass ich dabei unbedingt viel Geld ausgegeben habe. Zum Uni-Kissen kaufe ich einfach ein gemustertes Kissen hinzu und spiele gezielt mit Kontrasten - ganz im Sinne von "contrast in harmony".
aus
Haustex 10/03
(Wirtschaft)