Interzum Cologne
Sinnvolle Produktlinien rund um das Schlafen
KÖLN (P.S.) - Laut Pressemitteilung der Kölner Messegesellschaft gilt die Interzum, die in diesem Jahr vom 23. bis zum 27. Mai stattfand, als "Ideen- und Neuheitenschmiede für Möbelfertigung und Innenausbau". Das klingt so, als hätte diese Veranstaltung rein gar nichts mit den klassischen Themenfeldern der HAUSTEX zu tun, doch dieser Eindruck täuscht gewaltig.
Wer beispielsweise Schlafsysteme verkauft - und das sollen etlichen Gerüchten zum Trotz immer noch einige Fachhandelsunternehmen sein - der stößt beim Durchblättern des Messekatalogs, der rund 1.500 Aussteller aus 60 Ländern auflistet, auf manchen bekannten Firmennamen, der auch im Ausstellerverzeichnis der Heimtextil oder der Möbelmesse auftaucht. Allerdings sind es auf der Interzum nicht die mittlerweile inflationär als "Weltneuheit" titulierten Endprodukte, die im Mittelpunkt des Besucherinteresses stehen. Nein, hier geht es vorrangig um deren elementare Bausteine (Matratzenkerne und -bezüge, elektromotorische Antriebe, Federelemente und Endkappen) sowie um neueste Fertigungstechnologie (Steppautomaten, Klebestraßen, Zuschneide- oder Füllautomaten) zur Herstellung eben dieser Komponenten bzw. der jeweiligen Fertigprodukte. Folgerichtig zeigen alle branchenrelevanten Schäumer, Federkern-Produzenten, Stricker/Weber, Motoren- oder Maschinenbauer aufwändige Präsenz im obligatorischen Zwei-Jahres-Rhythmus.
Hohe Internationalität bei den Ausstellern
Allerdings sollte niemand verhehlen, dass die Produktlinien rund um das Schlafen nicht der Nabel der Interzum-Welt sind, die in diesem Jahr von den Warengruppen Schloss und Beschlag (27,9 Prozent der Aussteller) sowie Holzwerkstoffe, Platten, Leisten und Furniere (21,6 Prozent) dominiert wurde. Aber mit rund 330 Anbietern gilt die Kölner Veranstaltung nach wie vor als weltweit größtes Forum für die Polstermöbel- und Matratzenfertigung. Präsentiert wurden Polstermaterialien und -zubehör (11,3 Prozent der Aussteller), Maschinen für die Polstermöbel- und Matratzenfertigung (8,2 Prozent) sowie Bezugsmaterialien (3 Prozent). Aus Deutschland kamen traditionell die meisten Aussteller, wobei die rund 75-prozentige Auslandsbeteiligung die hohe Internationalität der Interzum bestätigte, welche die globalen Marktentwicklungen verlässlich widerspiegelte.
Mit einem Ausstelleranteil von knapp 23 Prozent lag Italien in der diesjährigen Nationenwertung auf dem zweiten Platz, gefolgt von den USA (6 Prozent), Taiwan (5 Prozent), Frankreich (4 Prozent) und Spanien (3,7 Prozent). In der weiteren Rangliste der Top Ten folgten Großbritannien, Belgien, die Türkei und Österreich, die jeweils Ausstelleranteile zwischen 2 und 3 Prozent verbuchten.
Naturgemäß ist auch die Besucherstruktur eine andere wie auf den beiden großen Messen im Januar. Die Interzum wendet sich vorzugsweise an internationale Einkäufer und Experten aus dem Enwicklungs- und Produktionsbereich, die sich - oftmals gemeinsam mit ihrer kaufmännischen Unternehmensleitung - darüber informieren, wohin die Innovationsreise in den kommenden Jahren geht. Vertriebs- und Marketingleuten begegnet man seltener, gleichwohl die Messe für die entsprechenden Spitzenkräfte ebenfalls ein absolutes Muss darstellt. Selbst einzelne Vertreter des Handels und seiner Verbände wurden in den Messehallen 9 bis 14 gesichtet. Das wiederum deutet darauf hin, dass auf Handelsseite ein fundiertes Interesse daran besteht, im Voraus zu erfahren, welche Endprodukte in naher Zukunft die eigenen Sortimente bereichern könnten.
Klasse statt Masse auf der Besucherseite
"Der Trend geht eindeutig zu mehr Klasse bei der Besucherstruktur", analysierte Wolfgang Kranz, Mitglied der Geschäftsführung der Koelnmesse, das diesjährige Ergebnis von insgesamt 54.000 Besuchern (2001: 62.000) aus 130 Ländern (2001: 117 Länder). Die Entscheider und relevanten Abnehmer der Branche waren trotz der schwierigen konjunkturellen Rahmenbedingungen fast komplett vertreten. Dabei sollen die im Vorfeld eher gedämpften Ausstellererwartungen nach Aussage der Veranstalter mehr als erfüllt worden sein. Eine These, die der Verfasser dieser Zeilen auf Grund der von ihm geführten Gespräche tendenziell stützen kann. Jedenfalls reichte die Bandbreite der Statements von: "Die Interzum ist inzwischen wichtiger für uns als die Heimtextil oder die Möbelmesse." über: "Wir verzeichnen hier regelmäßig neue Kontakte zu potenziellen internationalen Produktionspartnern und Kunden." bis hin zu: "Für uns ist dies die Interzum-Premiere." Ein wesentlicher Messe-Faktor war in diesem Jahr das Thema Design, das die Zulieferer längst als Qualitätsmerkmal intelligenter Produktlösungen für sich entdeckt haben. Vor allem mit dem zweiten Interzum Design Award stellte die Koelnmesse Innovationskraft und Designorientierung der Zulieferer in den Vordergrund. Daneben gab es ein umfassendes Rahmenprogramm mit Vorträgen, Workshops und Sonderschauen, wodurch der Informationsaustausch und Know-how-Transfer sowie die Entwicklung von Zukunftsperspektiven zusätzlich gefördert wurden.
Matratzenkern aus hochelastischem Abstandsgewirke
Welche neuen Produkte rund ums Bett konnte der Besucher auf der Interzum sehen? Da ist unter anderem der vollkommen atypisch konzipierte Matratzenkern aus dem Hause Bodet & Horst zu nennen, den Europas größter Hersteller von Stretchstoffen für Matratzen in Kooperation mit einem renommierten Textilforschungsunternehmen realisiert hat. Der Kern wird aus einem hochelastischen Abstandsgewirke hergestellt, dessen ursprüngliche Einsatzgebiete in der Automobilindustrie liegen. Das Produkt besitzt folgende Eigenschaften: Waschbarkeit (revolutionär für einen Matratzenkern), geringes Gewicht, maximale Luftdurchlässigkeit, hoher Feuchtetransport, optimale Punktelastizität sowie Sicherheit vor Erdstrahlen. Ein breites Spektrum an Bauhöhen rundet die Aufzählung der wichtigsten Pluspunkte ab. Bodet & Horst zeigte auf der Messe einen noch namenlosen Prototyp, der beim Fachpublikum auf eine mehr als erfreuliche Resonanz stieß. Ein weiteres Indiz dafür, dass echte Innovationen Hände ringend gesucht werden - auch wenn sie in der Herstellung zunächst etwas teurer ausfallen wie herkömmliche Produkte. Über eventuelle Vermarktungsstrategien und -partner konnte die Firmenleitung während der Interzum noch keine näheren Angaben machen. Allerdings soll auf diesem Gebiet inzwischen einiges in Gang gekommen sein, so dass die HAUSTEX dieses Thema garantiert wieder aufgreifen wird.
Bei Twinspring, entwickelt von der im belgischen Lokeren ansässigen Diamond Spring Company, handelt es sich um die erste Matratze, deren Härtegrad individuell auf ihren Nutzer abgestimmt werden kann. Der Kern besteht aus einem neuen, zweiteiligen Sprungfedersystem, bei dem die Metallsprungfedern von jeweils einer weiteren Sprungfeder aus Polyurethan-Schaum umschlossen sind. Die Einpassung des Systems in zwei Schaumstoffschichten erfolgt so, dass jede einzelne Feder für sich zusammengepresst wird. Ein besonderes Herstellungsverfahren gestattet es, die Federn in einem spezifischen Härtegrad zu produzieren und damit eine exakte Anpassung an individuelle Liegebedürfnisse zu erzielen.
Die in Taiwan beheimatete Isotech Products Incorporated brachte mit Uradamp einen Schaumstoff mit "Gedächtnis", dessen Eigenschaften stark an die bereits am Markt etablierten viskoelastischen Schäume erinnern. Der für Kissenfüllungen, Sitzpolster und Matratzen geeignete Schaum gilt als luftdurchlässig, langlebig sowie anschmiegsam und nimmt bis zum 15-fachen seines Eigengewichtes an Feuchtigkeit auf. Das Material lässt sich bequem eindrücken, "erinnert sich" an die Körperkonturen des Nutzers und sorgt so für eine gleichmäßige Druckverteilung. Positive Effekte: Bessere Durchblutung und hoher Komfort durch weniger Druckstellen. Die italienische Vefer S.p.A. war übrigens mit einem sehr ähnlichen Produkt namens Mind Foam in Köln vertreten. Außerdem präsentierten die Südeuropäer mit Ergolatex eine Neuheit innerhalb der Produktgruppe Polyurethan-Latex, wobei die schwammartige Materialstruktur eine überdurchschnittliche Elastizität bei maximaler Luftdurchlässigkeit bietet. Geschäumt auf Wasserbasis, werden bei der Produktion des Materials keine toxischen Gase freigesetzt.
Reva heißt eine neuartige Feindraht-Technologie der britischen Leggett & Platt Bedding Components für den Unterfederungsbereich. Speziell konzipiert für einseitig versteppte Matratzen, die nicht gedreht werden, steigert das System die Stabilität des jeweiligen Schlafpolsters. Es bietet zudem überdurchschnittlichen Schlafkomfort und eignet sich ideal für zwei- oder dreiteilige Bettkombinationen.
Eine neue Unterfederungstechnik für Lattenroste, vorgestellt von der Firma Hartmann Kunststofftechnik aus dem westfälischen Herford, ermöglicht die Verbindung zwischen dem Unterteil einer Combikappe aus dem Werkstoff TPEE und einer integrierten Hohlraumkugel aus thermoelastischem Kautschuk. Dank des Rückstellvermögens von TPEE und den Luftpolstereigenschaften der Kugel wird eine hervorragende Körperanpassung erzielt. Die Verwendung verschiedener Kunststoffe erlaubt es, das gesamte Federelement mit beliebigen Federeigenschaften auszustatten. Alle Bauteile lassen sich zudem sortenrein trennen.
Ingeo ist die erste Synthetikfaser, die zu 100 Prozent aus jährlich nachwachsenden Rohstoffen entsteht. Mehr als 85 führende Hersteller weltweit - darunter die belgischen Drellproduzenten Bekaert und Deslee sowie der italienische Inlettanbieter Molina - zeigen sich überzeugt vom zukunftsweisenden Konzept, der Nachhaltigkeit und der Umwelt schonenden Produktion dieser Faser.
Rolldaun nennt sich ein aktuell entwickeltes Produkt aus der Schaumstoff-Kollektion des französischen Unternehmens Nap'tural. Die als Laufmeterware gerollte Daunen-Feder-Faser-Mischung löst das bisherige Problem der Kammerabzeichnung und erzeugt eine angenehme Daunenoptik mit glatter, weicher Oberfläche. Einfachste Verarbeitung, geringer Verschnitt, hohe Elastizität und optimales Einsitzen gelten als wesentliche Materialeigenschaften dieses patentierten Produktes. Der Einsatzbereich ist vielfältig und umfasst neben Bekleidung, Schall- und Wärmeisolation auch den Möbelsektor. Als Sitz- und Rückenkissen bei Polstermöbeln sowie als eine mit Schaumstoff verklebte Kernlösung für Matratzen erfüllt Rolldaun vielfältige Aufgaben. Dennoch kein neues Marktsegment für die Daunen- und Federnindustrie.
aus
Haustex 07/03
(Wirtschaft)