Verband der Deutschen Heimtextilien-Industrie
Wie sinnvoll sind Auslandsmessen für deutsche Heimtextilienanbieter?
Wuppertal - Wir haben an dieser Stelle schon häufiger darüber berichtet, wie vielseitig und breit gefächert die Aufgaben unseres Verbandes sind. Neben der reinen Interessenvertretung und berufsständischen Beratung haben wir als Verband der deutschen Heimtextilien-Industrie auf Wunsch unserer Mitglieder zunehmend mehr Service- und Informationsleistungen übernommen, wozu unter anderem auch die Bearbeitung von branchenrelevanten Messen im In- und Ausland zählt, die Marktrecherche vor Ort und die Hilfestellung beim Knüpfen von wirtschaftlichen Kontakten. Von Hans Joachim Schilgen und Barbara Schmidt-Zock
Bei der Wahrnehmung solcher Aufgaben verstehen wir uns gewissermaßen als "Kundschafter" unserer Mitglieder, denn wir sondieren Märkte für unsere Mitglieds-Unternehmen und zwar aus deren Sicht und informieren im Anschluss darüber.
Andererseits ist es gerade in Zeiten wie diesen enorm wichtig, in Sachen Globalisierung den Anschluss zu halten, sich anbietende Exportchancen zu erkennen und zu nutzen sowie internationale Geschäftsbeziehungen und Kontakte auf- und auszubauen. Kurzum: Wer erfolgreich im internationalen Business mitspielen will und sich seine Umsätze durch stabile Exportquoten sichern möchte, kommt zweifellos nicht umhin, sich mittelfristig neue Märkte zu erschließen. Als idealer "Türöffner" bietet z.B. die Messegesellschaft Frankfurt dazu seit geraumer Zeit internationale Ableger ihrer Veranstaltung "Heimtextil" in zukunftsträchtigen Regionen an. So gibt es auch eine Veranstaltung im Wachstumsmarkt Nummer 1, in China, nämlich die Intertextile Shanghai Home Textiles.
China - ein Wachstumsmarkt mit großem Potential
China ist "Trend" in der deutschen Wirtschaft. Für die deutschen Unternehmen, die sich durch eine anhaltende Konjunkturflaute und einen langwierigen Reformprozess mühen, ist China zum Hoffnungsträger geworden: als Beschaffungsmarkt, als Absatzmarkt sowie als günstiger Produktionsstandort.
Der Beitritt Chinas in die Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 2001 nach fast 15-jähriger Verhandlungsdauer sowie die EU-Erweiterung im Mai 2004 sind wichtige Parameter, die das bilaterale Verhältnis beider Regionen entscheidend beeinflussen. So hat der schrittweise Übergang Chinas zu einer immer stärkeren marktwirtschaftlichen Orientierung große Wachstumskräfte in China freigesetzt. Konkret: Die Volksrepublik ist inzwischen zur sechstgrößten Volkwirtschaft weltweit herangewachsen und beansprucht überdies, die viertgrößte Handelsnation im weltweiten Vergleich zu sein - mit Tendenz, auf Rang drei vorzurücken. Innerhalb der EU ist Deutschland für China der wichtigste Handelspartner, weltweit rangiert Deutschland auf Platz 6 nach Japan, den USA, Hongkong, Südkorea und Taiwan. Aus deutscher Sicht hat sich China im asiatischen Raum inzwischen zum wichtigsten Handelspartner entwickelt, noch vor Japan; außerhalb der EU ist China nach den USA der wichtigste Handelspartner und weltweit betrachtet, rangiert China für die deutsche Wirtschaft als Partner auf Platz zehn.
Jüngste Prognosen gehen davon aus, dass sich diese Entwicklung weiterhin positiv fortsetzen wird. So rechnet die Bundesregierung laut einer dpa-Meldung vom 22. März 2005 mit einer Verdoppelung des Handelsvolumens mit China auf mehr als 100 Milliarden Euro bis zum Jahr 2010. Ebenfalls verdoppeln werden sich demnach im gleichen Zeitraum auch die deutschen Direktinvestitionen in China und zwar auf dann 20 Milliarden Euro. Fakten, die für sich sprechen.
Aufschlussreiche Informationen bietet übrigens der soeben erschienene "Business Guide Deutschland China 2005/2006", der sich als Investitionsleitfaden für deutsche und chinesische Unternehmen versteht. Zahlreiche Fachbeiträge, z.B. von der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai), vom Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (APA) oder auch vom Ost-Asien-Verein (OAV) informieren über Absatzchancen im Umfeld von Großereignissen wie Olympia 2008 in Peking und der Weltausstellung 2010 in Shanghai, über neue Vorschriften im Bereich der Außenhandels-Gesetzgebung Chinas sowie über Wachstumszentren und innovative Branchen in China. Solche Informationen werden den Mitgliedern des Heimtextilien-Verbandes über uns zugänglich gemacht.
Textilindustrie als wichtiger Wirtschaftszweig
Stichwort Branchen: Zu den traditionell wichtigen und bedeutenden Wirtschaftszweigen Chinas zählt seit jeher die Textilindustrie. Nicht nur als Produzent und Exporteur von Textilien, hier vornehmlich Bekleidungstextilien, ist China von weltwirtschaftlicher Bedeutung. Mit einer Bevölkerung von 1,3 Milliarden Menschen ist die Volksrepublik gleichermaßen ein Land mit einem enorm hohen Bedarf und Verbrauch - auch an Heimtextilien wie Bettwaren. So ist etwa der Bedarf an Heimtextilien in den 90er Jahren pro Jahr um 30 Prozent gestiegen.
Mit zunehmender Wirtschaftsentwicklung wird der Lebensstandard in der VR China weiter steigen. Noch konzentriert sich die Kaufkraft auf die Stadtbevölkerung, Bekleidung gewinnt einen höheren Stellenwert. Dies gilt insbesondere für die städtische Bevölkerung jungen und mittleren Alters, für die das Einkaufen eine wichtige Freizeitbeschäftigung darstellt. Diese Käuferschichten sind qualitätsorientiert; der Preis spielt nicht immer die wichtigste Rolle.
Die chinesische Baubranche wird auch in den kommenden Jahren weiter boomen. Unaufhaltsam entstehen immer noch in rasantem Tempo neue Büro- und Wohntürme sowie (Luxus-)-Hotels. Insbesondere auch im Zuge der Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele 2008 in Beijing sowie die Weltausstellung 2010 in Shanghai werden in den kommenden Jahren erhebliche neue Hotelkapazitäten geschaffen bzw. vorhandene Hotels ihre Zimmer neu ausstatten. Schätzungen aus dem Jahr 2001 gehen von derzeit über 6.000 Hotels der gehobenen Klasse in ganz China aus, von denen im Jahresdurchschnitt mehr als 2.000 einen akuten Textilbedarf für Renovierungszwecke haben. Dies ist mit einem erheblichen Bedarf an Heimtextilien verbunden, der zumindest im höherpreisigen Segment nicht mit heimischer Billigware gedeckt wird.
Chancen für deutsche Anbieter
Chancen bestehen für deutsche Anbieter auf dem chinesischen Markt, wenn sie sich auf das spezialisieren, was die Chinesen noch nicht oder nicht so gut können. Hierzu zählen Qualitätsaspekte, Modeaspekte (Farben und Muster) sowie bestimmte Herstellungsverfahren, u.a. Spezialitäten. Auch die Bedeutung des "Made in Germany" bei der zunehmenden Anzahl zahlungskräftiger Chinesen, für die Image und Marken immer wichtiger werden, ist nicht zu unterschätzen. Wie rasant sich das Wachstum auch auf dem chinesischen Heimtextilien-Markt darstellt, hat nicht zuletzt auch das stete Wachstum der Messe Intertextile Shanghai Home Textiles gezeigt.
Die Öffnung der weltweiten Märkte ist eine Tatsache, der sich auch deutsche Unternehmen aus der Heimtextilienbranche stellen und stellen müssen. Gerade, um in konjunkturell angespannten Zeiten, in denen das Inlandsgeschäft weiterhin zu wünschen übrig lässt, konkurrenz- und überlebensfähig zu bleiben, muss permanent auf Auslandsmärkten nach Nischen Ausschau gehalten werden, um diese dann auch idealerweise zu besetzen oder als Beschaffungsmärkte zu nutzen. Denn der Wettbewerb wird immer stärker, die Anforderungen schwieriger - nur das Maß an verfügbarer Zeit bleibt für den einzelnen unverändert.
Hier setzen wir für unsere Mitglieder an und geben Hilfestellung auf dem Weg in fremde Märkte. Eine ideale Möglichkeit für den ersten Schritt ist die Teilnahme an deutschen Gemeinschaftsbeteiligungen auf Auslandsmessen, die durch den AUMA gefördert werden. Der Heimtextilien-Verband beantragt solche Gemeinschaftsbeteiligungen auf Messen in interessanten Märkten und steht seinen Mitgliedern für weitere Auskünfte in diesen Themenbereichen zur Verfügung. Aber auch Projekte, wie das von der EU geförderte Smatchinatex-Projekt zur Erschließung des chinesischen Marktes, sind exzellente Möglichkeiten für die Unternehmen der deutschen Heimtextilien-Industrie, erste Schritte in fremde Märkte zu begehen.
aus
Haustex 06/05
(Wirtschaft)