Bodet & Horst
Internationales Wachstum im Visier
Elterlein - Die Bodet & Horst GmbH & Co. KG (www.bodet-horst.de) gilt als Europas größter Hersteller von gestrickten Matratzenbezugsstoffen. Das Unternehmen mit Sitz in Elterlein/Sachsen hat in den letzten Jahren jeweils hohe zweistellige Umsatzsprünge erzielt - gegen den Trend der Matratzenbranche hierzulande. Die Person hinter dieser überaus positiven Entwicklung, Gerd-Hermann Horst, gilt als sehr gut informierter Macher, der sich auch vor einem offenen Wort nicht drückt. Grund genug für die "Haustex", mit ihm und seiner Mit-Geschäftsführerin Simone Flechsig ein Gespräch über die Erfolgsfaktoren des Unternehmens im besonderen und die Entwicklung der Matratzenindustrie im allgemeinen zu führen.
Haustex: Herr Horst, Frau Flechsig, als ehemals westfälisches Textilunternehmen haben Sie seit 1998 Ihren Produktionsstandort nun im erzgebirgischen Elterlein in Westsachsen. Ihr Umsatz wächst seit geraumer Zeit zweistellig jedes Jahr und Sie sind auf dem Wege zum Global Player, wie man heute zu sagen pflegt. Wie charakterisieren Sie Ihr Unternehmen, was sind Ihre speziellen Erfolgsfaktoren?
Gerd-Hermann Horst: Halten wir erst einmal fest, dass wir nach wie vor auch noch in Westfalen ansässig sind. An unserem früheren Produktionsstandort Hörstel bei Rheine hatten wir schon immer ein großes Fertigwarenlager und haben seit wenigen Wochen dort zusätzlich einen repräsentativen Showroom mit unserer gesamten Produktpalette. Hintergrund dieser Aktivitäten ist eines unserer Prinzipien. Wir wollen es unseren Kunden in der Matratzen- und auch in der Bettwarenindustrie - in diesem Falle in Europa - so einfach wie möglich machen, mit uns zusammenzukommen beziehungsweise schnell beliefert zu werden. Unsere Betriebsverlagerung hatte seinerzeit gute Gründe. Wir sind heute mit dieser Entscheidung und der Entwicklung von Elterlein zufrieden.
Simone Flechsig: Es ist auch einfach nicht wahr, dass die Produktivität in den neuen Bundesländern per se schwächer ist als in den alten. Wir haben hier sehr gute Erfahrungen gemacht in einer natürlich "textil-vorbelasteten" Region. Insbesondere freuen wir uns über eine sehr qualifizierte und motivierte Mitarbeiter-Crew, die in unserem Vier-Schicht-Betrieb voll mitzieht.
Haustex: Noch einmal nachgefragt: Worin sehen Sie Erfolgsfaktoren, die Gründe für Ihr Wachstum?
Gerd-Hermann Horst: Einfach gesagt, wir tun etwas. Vielleicht tun wir hier und da mehr als andere oder machen Dinge anders als andere. Wir bemühen uns zum Beispiel ständig, unsere Kostenführerschaft in unserem Teil der Zuliefererbranche zu behaupten. Das ist am Standort Deutschland eine schwierige Aufgabe. Kostenführerschaft heißt: Wir können unseren Kunden in der Matratzenindustrie ein attraktives Preis-/Leistungsverhältnis bieten. Wir investieren ständig in Forschung und Entwicklung und in unseren Maschinenpark und vergrößern ständig die Lieferkapazität. Wobei das Hauptaugenmerk immer auf Qualitätssicherung liegt. Und noch etwas: Ich bin wie der Teufel dahinter her, dass wir mit unseren Produkten glaubwürdig bleiben; also zum Beispiel keine Pseudo-Funktionen ausloben, die in der Freizeitjacke funktionieren, nicht aber im Bett. Und wir werden auch keine Ausrüstung einbauen, die vielleicht in der Vermutung steht, gesundheitsschädlich sein zu können.
Haustex: Sie haben gerade anklingen lassen, dass es in Deutschland nicht einfach ist. Was heißt das generell für Ihr Unternehmen?
Gerd-Hermann Horst: Meiner Ansicht nach hat der größte Teil der Textilindustrie in Westdeutschland und auch in Westeuropa auf Sicht keine Zukunft. Die Rahmenbedingungen besonders in Deutschland sind einfach kontraproduktiv. Stichworte: Moloch Bürokratie, der den Mittelstand würgt, die viel zu hohen Lohnnebenkosten, ein Steuersystem, das Leistung bestraft, die mühselige Suche nach qualifizierten Mitarbeitern, die auch richtig arbeiten wollen und die explosionsartige Steigerung von Energie- und Logistikkosten. Sie müssen sehen, dass wir ja auch - jedenfalls derzeit - mit ständigen Erhöhungen der Rohstoffpreise sowohl bei Baumwolle als auch Erdöl-Derivaten kämpfen, die wir nur schwer an unsere Kunden weitergeben können, weil die ja wiederum in der Preiszange ihrer Handelspartner gefangen sind.
Haustex: Zur Situation der Matratzenindustrie gleich noch einmal nachgehakt. Ist das der Grund, dass Sie seit etwa zwei Jahren verstärkt Auslandsaktivitäten in Angriff genommen haben?
Gerd-Hermann Horst: Nein, ich mache Deutschland als Produktionsstandort nicht generell mies. Frau Flechsig hat ja schon betont, dass wir hier in Sachsen sehr zufrieden sind. Der Grund für unsere ausländischen Engagements heißt: Wir müssen dort sein, wo unsere Kunden sind, und die sind in ganz hohem Maße im Ausland. Etwa 80 Prozent unseres Umsatzes - rund 60 Mill. Euro im letzten Geschäftsjahr - haben wir im Export erzielt; Tendenz steigend. Wir halten unseren Produktions-Standort Elterlein als Kernzelle, die zunehmend durch ausländische Produktion auch in neuen Geschäftsfeldern ergänzt wird. Dies sichert im Übrigen auch unsere Arbeitsplätze in Deutschland.
Simone Flechsig: Wir beobachten sehr genau, wie sich unsere Absatzmärkte entwickeln und welche Bedürfnisse unsere Kunden dort haben. Als unsere USA-Umsätze immer stärker stiegen, war klar geworden und entschieden: Wir brauchen eine amerikanische Produktion. An unserem neuen Produktions-Standort in North Carolina produzieren zurzeit zwölf Strickautomaten rund um die Uhr - und ganz in der Nähe können wir den Service eines sehr guten Textilveredlers nutzen. Im Vertrieb kooperieren wir in diesem Riesenmarkt mit dem zweitgrößten Webereiunternehmen in den USA und Canada, der Firma Culp Inc. Diese Zusammenarbeit funktioniert bestens. Der amerikanische Markt macht uns wirklich Freude, weil dort zum Beispiel auch sehr hochwertige Stoffe bis zu solchen mit Cashmere-Anteil nachgefragt werden. Ich frage mich sowieso, warum das hier nicht geht, wo wir fast immer nur über Preise reden.
Haustex: Sie haben auch ziemlich konkrete Erweiterungspläne für Europa?
Gerd-Hermann Horst: Ja, wir haben in der Nähe von Bratislava in der Slowakei ein ehemals führendes Textilunternehmen erworben, das wir nach einer umfangreichen Grundüberholung und hohen Investitionen ab Juni 2005 als Bodet & Horst Mattress Ticking k.s. weiter betreiben werden. Die dann zusätzlichen Strickautomaten dort erhöhen unsere Kapazität sprunghaft um etwa 30 Prozent bei Verbundstoffen und etwa 80 Prozent bei Trikots, was uns für die Belieferung unserer Kunden in Europa, Arabien und Fernost sehr helfen wird. Dazu kommt ganz neu, dass wir hier mit der Unterstützung sehr kompetenter Fachleute eine eigene Textilausrüstung haben werden, die uns sofort ermöglichen wird, dann etwa ein Drittel unserer Produktion selbst auszurüsten.
Haustex: Sie gehen in Ihrem neuen Werk in der Slowakei dem Vernehmen nach noch einen Schritt weiter und werden dort zum Hüllen-Produzent. Wollen Sie den Matratzenherstellern Konkurrenz machen?
Gerd-Hermann Horst: Ich antworte Ihnen mit einem Beispiel. In der Automobilindustrie hat vielleicht ein Zulieferer früher nur Bremsscheiben geliefert, jetzt liefert er die gesamte Achse als Komponente. Wir richten gerade in unserem neuen Werk in der Slowakei eine sehr große, stark automatisierte Näherei mit zum Teil für uns neu entwickelten Maschinen und Prozessen ein. Damit können wir der Matratzenindustrie komplett fertige Matratzenhüllen nach ihren individuellen Wünschen liefern und zwar zu einem viel interessanteren Preis. Denn in der Matratzenindustrie, die selbst noch steppt und ihre Matratzenhüllen selbst näht, läuft das Ganze in einer halben bis zu einer Schicht vielleicht. Bei uns wird das dreischichtig laufen. Der Anlass für unser neues Angebot war übrigens der starke Wunsch eines Großkunden, sich in Zukunft nicht mehr mit Steppen und Nähen abgeben zu wollen. Also kein Gedanke daran, der Matratzenindustrie Konkurrenz machen zu wollen. Wer richtig rechnet, ist froh, dieses Geschäft outsourcen zu können. Der Zuspruch auf die Ankündigung unseres neuen Services ist jedenfalls enorm.
Haustex: Sachsen, USA, Slowakei: Wohin geht die nächste Reise?
Gerd-Hermann Horst: Die nächste Reise geht immer zu meinen Kunden, auch gleich nach diesem Interview. Ich kann meine persönlichen Reisekilometer nicht mehr zählen. Aber unmittelbarer Kundenkontakt und Informationen aus erster Hand, davon leben wir und da kommen unsere Anregungen her.
Simone Flechsig: Nun gut, lüften wir den Geheimnis-Deckel noch ein wenig. Wir haben in Shanghai in der Volksrepublik China bereits seit einigen Monaten ein Vertriebsbüro, das unsere Kunden in China, Fernost und Australien betreut. 2006 beginnend gehen wir daran, konkrete Pläne für eine eigene Produktion in China umzusetzen. In unserem Metier muss man einfach präsent sein in diesem größten Wachstumsmarkt der Welt.
Haustex: Zum Schluss bitte ein Statement zur Situation Ihrer Kunden, was ja heißt: im wesentlichen der Matratzenindustrie. Wie geht es Ihrer Klientel?
Simone Flechsig: Wenn ich mir unsere Aufträge anschaue, fällt mir als Nicht-Vertriebsfrau immer wieder auf, dass wir in allen andern Ländern, insbesondere in den USA, durchweg höherwertige Stoffe mit viel höherem Anspruchsniveau verkaufen als zum Beispiel in Deutschland. Nirgendwo scheint der Preis in so hohem Maße das einzige Entscheidungskriterium zu sein wie in Deutschland. "Geiz ist geil" scheint wohl auch bei Matratzen zu gelten.
Gerd-Hermann Horst: Das muss ich unterstreichen; für mich ein unseliger Kreislauf. Angeblich sucht der Verbraucher nur nach dem billigen Preis - ich bezweifele das - und meine eben, dass mit ihm nicht gut genug über Schönes und Besseres argumentiert wird. Die großen Handelsorganisationen drücken die Lieferanten. Die stellen dann ihre Weiterentwicklung ein, können nicht mehr investieren und liefern Massenware, die jeder herstellen kann. Hier im engsten Mitteleuropa ist ein großer Teil des Matratzenmarktes total aus den Fugen geraten. Es muss wieder Geld verdient werden in Industrie und Handel. Aber dann muss der Verbraucher auch in gemeinsamer Anstrengung besser angesprochen werden.
Haustex: Letzte Frage: Ihre Zeichen stehen weiter auf Expansion?
Gerd-Hermann Horst: Selbstverständlich; gelenkt, gezielt und unter Würdigung der Bedürfnisse unserer Kunden. Das heißt mit Elterlein als Zentrale, mit unseren neuen Produktionsstätten in den USA, in der Slowakei und demnächst in China wirklich ganz nahe bei unseren Kunden und mit einem Ausbau unserer Serviceleistungen. Wir wollen auch weiterhin zweistellig zulegen. Dazu brauchen wir auch weiter gute Leute. Wenn Sie jemanden wissen
aus
Haustex 06/05
(Wirtschaft)