Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e.V.

Dynamik aus dem Auslandsgeschäft


Münster - Anlässlich der diesjährigen Jahres-Pressekonferenz des Verbandes der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e.V. gab dessen Präsident Justus Schmitz einen Gesamtüberblick über die Entwicklung und Situation bei Textil und Bekleidung Nordwest. Die Region, die der Verband vertritt, umfasst den Landesteil Westfalen, die Bundesländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie die Stadtstaaten Bremen und Hamburg.

Im abgelaufenen Jahr konnte die nordwestdeutsche Textilindustrie insgesamt ihr Produktions- und Umsatzniveau halten und somit einen wesentlichen Schritt zur Konsolidierung ihrer konjunkturellen Situation vollziehen. Nach den vorläufigen Angaben der amtlichen Statistik hat die nordwestdeutsche Textilindustrie im Jahr 2004 ihren Umsatz in der Größenordnung von 3,5 Mrd. Euro halten und ihren Export um 6 Prozent auf 1,25 Mrd. Euro steigern können. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Exportquote von knapp 36 Prozent. Somit kam auch bei Textil die Dynamik überwiegend aus dem Auslandsgeschäft, während die Binnennachfrage nach wie vor ihre Stärke noch nicht wieder zurück gewonnen hat. Für das Jahr 2004 gaben immerhin 80 Prozent der beteiligten Unternehmen stabile bis zunehmende Exportumsätze an. Beim Inlandsumsatz hingegen treffe dies nur auf 60 Prozent der Unternehmen zu.
An den Ergebnissen der Konjunkturumfrage zeige sich deutlich, dass eine einheitliche Entwicklung der einzelnen textilen Stufen und Sparten im Prinzip nicht mehr auszumachen sei. Infolge der Differenzierung in der Produktion und der Spezialisierung auf Teilmärkte und Marktsegmente seien viele Unternehmen nicht mehr eindeutig einzelnen Sparten zuzuordnen.

Vor diesem Hintergrund könne man für 2004 lediglich folgende Tendenzen ablesen: Im Bereich der Technischen Textilien konnte erneut eine positive bis stabile Entwicklung festgestellt werden. Bei den Haus- und Heimtextilien lagen Licht und Schatten zwar immer noch eng beieinander, allerdings waren auch hier erste Stabilisierungstendenzen erkennbar. Die Beschäftigtenzahl hingegen konnte nach amtlicher Statistik nicht stabil gehalten werden: Im Jahr 2004 ging die Zahl der Betriebe um 6 auf 230 zurück, die Zahl der Mitarbeiter sank um 4 Prozent auf insgesamt 24.000.

Für das Jahr 2004 zog Justus Schmitz folgendes Resümee: "Das Umfeld für unsere Branche war weiterhin schwierig. Dies gilt für die schwache Binnennachfrage, vor allem beim privaten Konsum. Dennoch konnten wir unser Niveau halten und werten dies als Erfolg." Erfreut zeigte sich der Verbandspräsident über die neuesten Umfrageergebnisse der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), die zeigen, dass der private Konsum im Inland dabei ist, sich aus seiner Erstarrung zu lösen. "Wir setzen darauf", so Schmitz, "dass auch wir an dieser Erholung partizipieren. Dieses Umfrageergebnis steht für eine insgesamt bessere Stimmungslage in unserer Branche. Es ist auch ein Signal dafür, dass ein größerer Teil unserer Unternehmen auf einen kalkulierten Optimismus setzt. Wir werden im Verlauf des Jahres Gelegenheit haben festzustellen, inwieweit diese Haltung trägt."

Mit der neuen Welthandelssituation, so Schmitz, habe das Zeitalter eines völlig liberalisierten Welttextilmarktes begonnen. Man befinde sich nun auf der Schwelle zum freien Welthandel mit Textil und Bekleidung - mit all seinen Risiken und all seinen Chancen. Sicherlich müsse man generell von einem weiter zunehmenden Wettbewerb ausgehen. Dabei stehe an der Spitze der Risikobewertung vor allem der unbeschränkte Zugang des Textilgiganten China zu allen westlichen Märkten. Und es sei nicht von der Hand zu weisen, dass es auf einigen Teilmärkten, insbesondere im Mengengeschäft und im Niedrigpreis-Bereich, zum verstärkten Kampf um Marktanteile kommen werde. Derzeit seien Überlegungen über die Importentwicklung noch höchst spekulativ. Die EU habe speziell für Chinaimporte ein Überwachungssystem eingerichtet, mit dem Mengen und Preise sehr genau verfolgt werden können. Damit signalisiere die EU, dass sie bei unfairem Wettbewerb konsequent handelspolitische Instrumente - z.B. Antidumpingzölle - einsetzen werde. "Wir sehen uns im Grundsatz gut aufgestellt, um im liberalisierten Handel mitzumischen und vor allem den Wachstumsmarkt China als Chance anzunehmen," stellte Schmitz hierzu fest. In Richtung China seien bereits einige Unternehmen aktiv, andere planen dies für die absehbare Zeit. Dazu gehören sowohl Hersteller von Bekleidung, von Haus- und Heimtextilien als auch von Technischen Textilien. Denn die neue ständig wachsende Mittelklasse in China sei zahlungskräftig und konsumfreudig und biete ein reichhaltiges Potenzial für Markenbekleidung und hochwertige Heimtextilien.

"Natürlich ist für unsere mittelständischen Unternehmen der Sprung auf neue unbekannte Märkte mit einer erheblichen Kraftanstrengung und einem beachtlichen Risiko verbunden.," merkte Schmitz an. Denn immer noch gebe es zahlreiche Hemmnisse beim Marktzugang und rechtliche Unsicherheiten im Geschäftsverkehr. Dennoch zeigen die zweistelligen Wachstumsraten deutscher Textil- und Bekleidungsexporte nach China in den letzten Jahren, dass Chancen bestehen und realisiert werden. Um die Nutzung dieser Chancen zu erhöhen, gebe es unter der Federführung des Gesamtverbandes eine Reihe von Aktivitäten, wie beispielsweise die Einrichtung des Verbindungsbüros für Textil und Mode in Shanghai, das unter dem Namen "China-Europe Textile Alliance (CETA)" am 1. Februar dieses Jahres eröffnet wurde. Dieses Kontaktbüro ist angedockt an die deutsche Außenhandelskammer und steht allen Mitgliedern kostenlos für eine breite Dienstleistungspalette zur Verfügung.
aus Haustex 05/05 (Wirtschaft)