ABK-Unternehmertagung 2005
Neue Strategie
Berlin - Zitat Albert Einstein: Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, in der ich zu leben habe. Das Wort des Genius wurde zur ABK-Unternehmertagung 2005 über den Monatswechsel September/Oktober in Berlin als Symbol bemüht für den erklärten Willen der Gesellschafter der Einkaufsvereinigung, ihre fachhändlerischen Perspektiven mit neuem Konzept auszugestalten. Unter dem Motto "ABK - Auf zu neuen Ufern" wurde vorgestellt, was in drei Arbeitskreisen als strategische Vorgaben für die Weiterentwicklung des Einkaufsverbandes erarbeitet worden war.
Die Präsentation des Zukunftsprojektes setzte dann auch die Akzente im öffentlichen Programmteil der ABK-Jahrestagung. Vor Vertretern von 30 Mitgliedsfirmen - etwa der Hälfte des Bestandes - und Vertretern von 25 Lieferanten erläuterte Dr. Hans-K. Knoben von der MCT Unternehmensberatung Köln Ziele und Wege der Neuorientierung. Der Referent hatte über das reichlich letzte halbe Jahr die Projekterarbeitung begleitet, die Ende Mai nach gemeinsamem Mitgliederbeschluss in Gang gesetzt worden war. Um Wege der Neuorientierung zu finden, hatten in den Arbeitskreisen 29 Gesellschafter aktiv mitgewirkt und dort nach intensiver Problemdiskussion alle Ergebnisse einstimmig verabschiedet. Nach Weiterbearbeitung des Gesamtkonzeptes in interner Sitzung zur Berliner ABK-Tagung hat sich der überwiegende Teil der anwesenden Gesellschafter zu dem Konzept als Leitbild der ABK in der Zukunft bekannt. Die Konkretisierung der nächsten Schritte steht schon zur Erfa-Tagung am 17. November auf der Tagesordnung.
"ABK - Auf zu neuen Ufern"; als strategische Prämissen des Zukunftskonzeptes gelten u.a. Einigkeit - Verbindlichkeit - Durchsetzungsfähigkeit; "eine neue Qualität nach außen und innen zeigen und leben!" Erfolgsfaktor sei die Zusammenarbeit mit den richtigen Lieferanten. Und im Zusammenhang mit neuer Qualität der Lieferantenpolitik heißt es: ABK lehnt jede Konzernstruktur ab; die Einkaufshoheit bleibt wie bisher bei den Gesellschaftern. Das Augenmerk gelte der stärkeren Konzentration auf ausgewählte Lieferanten; einer klaren Strategie pro Lieferant ausgehend von der Ist-Situation und der strikten Einhaltung der Regeln in der Zusammenarbeit mit ausgewählten Lieferanten, die ausgehend von der Warengruppe zu bewerten sind. Es werde klassifiziert in ABK-Premiumlieferant (zwei pro Warengruppe), ABK-Bonuslieferant (aktivste Partner) und in ABK-Zentralregulierungslieferant (Sortimentspartner). "Wer sich in den Gruppen nicht wiederfinden will, wird kein Partner mehr sein." Die Zusammenarbeit soll sich auf klaren Vereinbarungen mit Premium- und Bonuslieferanten über Leistung und Gegenleistung vollziehen. Seitens ABK: Klar hinterlegte Zusagen mit Nachhaltigkeit; Gegenleistung der Lieferanten: Anreiz-System zur gegenseitigen Erhöhung des Einschaltgrades.
Als weitere tragende Säule des ABK-Zukunftsprojektes hervorgehoben und als Herausforderung für den Einkaufsverband und seine Gesellschafter bezeichnet wurde die Prämisse "Der Konsument steht im Vordergrund." Noch stärker als bisher müsse anschaulich gemacht werden, dass sich in der ABK die Kooperation der guten Bettenwarengeschäfte darstellt. Die ABK-Gesellschafter sind die Marke vor Ort; "wer in der ABK dabei ist, gehört zu den best of the best."
Das in der täglichen Händlerpraxis nachvollziehbar umzusetzen brauche es eine klare Handelsmarken-Strategie als Eckpfeiler des Angebotes und einer deutlichen Zielgruppenansprache: Schwerpunktmäßig Menschen mit Lebensalter ab 35, gut situiert und auch schon mit Rückenproblemen behaftet. Darauf müsse die Image-Werbung für das Fachgeschäft ausgerichtet werden. Neben der Erhöhung der Kundenfrequenz gehe es um Profilwandel vom Zielkauf-Geschäft hin zum Anziehungspunkt im wahrsten Sinne des Wortes. Die Message zum Kunden müsse lauten, dass sich das Bettenfachgeschäft mehr denn je als Kompetenzzentrum für Sortimente rund ums Bett sieht; Kompetenz in Beratung, Qualität, Sortiment, Service, Wertigkeit der Ware und ihrer Präsentation und auch beim Preis.
Hinsichtlich Sortiment nennt das ABK-Zukunftsprojekt Schlagworte wie "Beste Marken", "Beste Modelle zum guten Preis-Leistungsverhältnis", "Sicherheit nach dem Kauf"; zu Qualität heißt es u.a.: "Exzellente Kunden orientierte Produkt- und Servicequalität", "Kauferlebnis in angenehmer Umgebung", "Mitgliedschaft in der ABK-Gruppe - die starken Bettwaren-Fachhändler". Zu Service: "Beratungsservice in Sachen Betten und mehr", "Zeit für Ihre Wünsche", "Aufmerksamkeit auch nach dem Kauf".
Mit der Beschlussfassung ist die Umsetzung des ABK-Zukunftsprojektes quasi aktuelle Tagesaufgabe geworden. Als Motivation für die Gesellschafter hieß es zur Unternehmertagung: "Wir profilieren uns durch ABK; der Einkaufsverband lebt durch die Aktivitäten seiner Mitglieder und der Zentrale, wobei jeder für sich etwas einbringt." Geld beziehen aus Zentralregulierung, Delcredere und Bonusabkommen seien Mittel zum Zweck. "Wir zeigen Stärke in der Organisation, in der Kommunikation nach innen und außen, in der Motivation untereinander."
Die Notwendigkeit der Neuorientierung der ABK im Hinblick auf die langfristige Sicherung des Bestandes des Einkaufsverbandes und seiner derzeit 68 Anschlusshäuser mit ihren rund 150 Verkaufsstellen hatte eingangs der Berliner Unternehmertagung ABK-Geschäftsführer Hans-Günter Schucht begründet. "Handel im Wandel" stelle sich heute dramatischer denn je dar. Als Beispiel nannte er, dass der Umsatzanteil der klassischen Fachgeschäfte seit Anfang der 90er Jahre ständig zurückgeht und deren wirtschaftliche Situation zum Teil Besorgnis erregend sei. Dagegen wiesen Discount-Handelsformen Wachstum und erhöhte Rendite aus, auch im Verkauf beachtlicher Mengen Textilien und Bettwaren. Beim Verbraucher habe sich ein deutlicher Wertewandel vollzogen. Bestimmte Teile der Konsumenten - einzustufen nach Einkommensklassen oder auch nach Altersgruppen - zeigten eine spürbare Abkehr von Qualitätsprodukten bis hin zur "Geiz ist geil"-Mentalität. Begriffe wie Aussteuer hätten für junge Verbraucher auch im Zusammenhang mit Haustextilien kaum noch Bedeutung. Schließlich gebe es bei Ikea oder Lidl und anderen eine Bettausstattung schon zu Preisen, die als "Appel und Ei" gelten. Zudem seien Konsumenten durch das politische und wirtschaftliche Umfeld so verunsichert, dass Geld nur noch für Urlaub und Freizeit aufgewendet - solange das noch geht - oder auf die hohe Kante gelegt werde.
ABK-Geschäftsführer Schucht: "Die einzige Chance, die wir haben - und diese Chance ist nicht gering zu schätzen und sie wächst uns geradezu positiv entgegen - ist die Altersstruktur unserer Bevölkerung; eingeschlossen die damit verbundene vorhandene Kaufkraft, die den über 60-Jährigen zur Verfügung steht. Fast jeder dieser Senioren fühlt sich jünger, ist noch körperlich wie geistig aktiv und auch konsumfreudiger, als es je der Fall war. Dieses Kundenpotential bietet Chancen, denn die "jungen Alten" haben dennoch ihre kleinen Wehwehchen, von denen Rückenschmerzen und Schlafstörungen in der Skala weit oben stehen." Um diese Chancen nutzen zu können, sei es wichtig, die Sortimente darauf auszurichten und das Personal so zu schulen, dass eine Unterhaltung mit diesen Kunden auf Augenhöhe möglich ist. Die jungen Alten wollen - aufs Bett bezogen - Wellness, sie wollen keine Krankenlagerstätte.
Ganz sicher sei, dass die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter an Bedeutung gewinnt. An dieser Stelle meldete Schucht erhebliche Bedenken an. Er glaube nicht, dass in den Einzelhandelsgeschäften aller Branchen, ganz speziell aber auch in den zum Einkaufsverband zählenden Geschäften, schon genügend unternommen wird, um die Mitarbeiter in Richtung Erweiterung des Fachwissens voranzubringen. "Die vorhandenen Angebote laufen zum größten Teil ins Leere", wie Schucht kritisch anmerkte, "auf der anderen Seite wird darüber geklagt, dass die Mitarbeiter den Ansprüchen der Unternehmer nicht genügen." Der ABK-Geschäftsführer gab seiner Überzeugung Ausdruck, dass der Fachhandel mit diesen Chancen auch in der Zukunft gut bestehen könne; nicht im Preiskampf, sondern nur in der Marktführerschaft über Kompetenz in Beratung und Sortiment.
Fachgespräche auf gleicher Augenhöhe führen mit den Käufern; den entsprechend notwendigen Fundus an Fachwissen zu vergrößern sollte auch der Vortrag dienen, den Prof. Dr. Jürgen Zulley, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums an der Universität Regensburg, vor den ABK-Mitgliedern hielt zum Thema "Bedingungen und Notwendigkeit erholsamen Schlafs". Der Redner stellte die Annahme voran, dass Verkäufer in aller Regel wenig über Schlaf aus medizinischer Sicht wissen. Insofern sei eben Aufklärung nötig z.B. über langfristige Folgen gestörten Schlafs: "Zuwenig Schlaf macht früher alt", was in körperlicher wie psychischer Hinsicht als auch leistungsbezogen gelte.
Prof. Zulley unterstrich, dass erholsamer Schlaf keine Nebensache ist; dies unter Verweis auf 20 Mill. Euro pro Jahr an Folgekosten für Unfälle, die beispielsweise mit Schlaf/Einschlafen am Steuer in Verbindung gebracht werden. Die Qualität des Schlafes sei das A und O, nicht unbedingt Quantität. Schlaf sei ein hochaktiver Prozess und damit eben auch störanfällig. Hieraus ergäben sich letztlich Ansatzpunkte kompetenter Beratung im Bettenfachgeschäft. Stichpunkte, die in dem Zusammenhang genannt wurden: Schlafhygiene unter Verweis auf Schlafraumausstattung; geeignete Matratzen und Kissen; Mikroklima in der Schlafhöhle; Schlafschulen wie unter www.schlafseminar.de nachvollziehbar.
Prof. Zulleys Appell: "Alles was hilft ist gut. Es ist Ihre Sache, für den Kunden ein Bettsystem herauszufinden und es zu empfehlen, dass auch die für den Schlaf wichtige Voraussetzung Bewegungsfreiheit weder behindert noch befördert; geben Sie Ihren Kunden die Empfehlung mit, dass das Bett da ist für alle entspannenden Tätigkeiten, aber kein Arbeitsplatz."
Auf Aus- und Fortbildung im Bettenfachhandel und deren Bedeutung für geschäftlichen Erfolg zielten weitere Vorträge im Programm der Berliner ABK-Tagung. Uwe R. Iltgen von TopM Software, Bobingen, referierte zum Thema "Informationstechnologien im Einzelhandel - Wege zur wettbewerbfähigen Information und Organisation". Auch auf diesem Gebiet befinde sich der Einzelhandel im Wandel; der PC sei quasi schon "gestern" und in mancher Hinsicht ein "Zeitfresser". Sich informationstechnisch in der Gegenwart zu bewegen heiße, mit IT-Anwendungen einzusteigen. "Zukunft hat derjenige, der alle Möglichkeiten zur Rationalisierung nutzt und sich damit Freiräume zur Konzentration auf das Wesentliche verschafft."
Die Rede war vom papierlosen Büro, von Outsourcing der EDV, von EDI und EDIFACT. Diese Systeme, denen die Zukunft gehöre, würden sich im Handel weiter durchsetzen und hier bald so selbstverständlich sein wie bei Banken. Iltgen verwies diesbezüglich auf die Zusammenarbeit von TopM Software mit der ABK und auf "ASP", was den Zuhörern als "die Übertragung der EDV-Aufgaben an ein Rechenzentrum" übersetzt wurde. Mit Blick auf das neue ABK-Konzept gab der Referent die Empfehlung, dass - mittel- bis langfristig umzusetzen - die ABK zum "Applikation Service Provider" mit eigenem Server wird; zum Dienstleister mit mandantenfähiger zentraler Warenwirtschaft, der sich einzelne oder alle ABK-Gesellschafter anschließen könnten. Es sei erstrebenswert, eine harmonisierte Gesamtlösung zu haben.
Zu einem zentralen Thema, das jeden Bettenfachhändler täglich berührt, sprach vor den ABK-Gesellschaftern und Lieferanten Günter Streitbürger von der Unternehmensberatung Streitbürger, Münster: Ertragssteigerung durch Qualitätssteigerung. Er stellte zum einen voran, dass Mitarbeiter bekanntlich den größten Kostenfaktor darstellen, der zugleich die Umsätze am stärksten beeinflusst. Zum anderen: Die Qualität der Unternehmer hat Einfluss auf alle Faktoren.
Mit Blick auf Qualität und der sich daraus ableitenden Effizienz der "Manpower" nannte Streitbürger als Schlüssel zum Erfolg, die Schwachstellen im Qualitätsmanagement zu analysieren. Mehr Qualität der Mitarbeiter erfordere mehr Professionalität in der Unternehmensführung. Dem Unternehmer mit dem Beruf des "Ergebnis-Erzielens" müsse es immer um Benchmark in Umsatz, Rohertrag und Kosten gehen. Überleben im Geschäftsleben würden somit nicht die größeren, sondern die qualitativ besseren Unternehmer. Der Vortrag, der die Fülle an Einflussfaktoren und Lösungsansätze benannte, ist wie die anderen in Berlin vorgetragenen Referate der ABK-Tagung bei der Geschäftsführung des Einkaufsverbandes abrufbar.
Die ABK-Jahrestagung 2006 ist für den 21. bis 23. September anberaumt. Sie wird zeitgleich mit der zentralen Musterung des Einkaufsverbandes stattfinden und dazu Gesellschafter und Gäste an einen noch nicht feststehenden Ort im Großraum Gütersloh einladen.
aus
Haustex 11/05
(Wirtschaft)