Maison & Objet, Paris
Ursprünglichkeit und geradlinige Eleganz - immer dekorativ
Paris - "Wir sind zwar erst zehn Jahre alt, aber bereits groß!" Etienne Crochet, Geschäftsführer der Maison & Objet, weiß sich von der Branche weltweit bestätigt. Die "Seele" dieser so vielseitig bestückten Wohn- und Lifestyle-Fachmesse - 1995 gestartet - liegt sicher auch im Mut zum Widerspruch, im Aufdecken und Präsentieren von gegensätzlichen Strömungen und Ideen. Dadurch wurde diese Messe zur unerschöpflichen Inspirationsquelle - für Besucher und Aussteller. Jeder kann sich mitnehmen, was er für sich gut und zukunftsträchtig findet, unterstützt von international anerkannten Designern, Architekten, Innenarchitekten, Künstlern. Dass der Treffpunkt Paris für sich allein bereits sehr reizvoll ist, macht die Maison & Objet im Messe-Wettbewerb fast unschlagbar.
Dazu kommt ein klares und hartes Marketing seitens der Messeorganisation SAFI. Von Jahr zu Jahr gab es mehr - im Katalog deutlich gekennzeichnet - neue Aussteller, nicht unbeträchtlich viele aus Deutschland. Die Zahl der Aussteller wird gar nicht so sehr herausgestellt. Ausschlag gebend scheinen die Besucher zu sein, deren Wünsche und Ansichten. Sie motivieren in jede Richtung und tragen dazu bei, dass die Messe sich als "Metropole der Lebenskultur" bezeichnet.
Im zehnten Jahr des Erfolges und in einem bekanntermaßen nicht rosigen Geschäftsklima im September 2005 konnte die Messeleitung keine Besucherrekorde aufweisen. Das "kleine" Minus von gut einem Prozent - Gesamtbesucherzahl 65.413 - erklärt sich durch das Fernbleiben der französischen Einzelhändler. Die rege Teilnahme internationaler Einkäufer (ein Plus von drei Prozent) sorgte aber für ein stabiles Gesamtergebnis. Schließlich ist es diese Atmosphäre eines weltweiten Treffpunkts, die die maison & objet so anziehend macht.
Deutlicher Besucherzuwachs kam aus Ost- und Nordeuropa und die nordamerikanischen Einkäufer, die im Frühjahr 2005 noch fehlten, waren wieder gut vertreten. Laut Messeleitung hat sich auch das zur Verfügung stehende Einkaufsbudget um 4,5 Prozent erhöht. Man spricht von 29.000 Euro im September 2005 gegenüber 20.000 Euro im Vorjahr.
Serviceleistung für Planung und Konzeption
Um dem Anspruch der steigenden Anzahl der Besucher aus dem Bereich Planung - gesamtkonzeptionelle Planung von Umbau, Sanierung und Renovierung - gerecht zu werden, hat die maison & objet neu eine Kontaktplattform geschaffen. Gut gekennzeichnete spezielle Anlaufstellen und Informationstools erleichtern die Kontaktaufnahme, Präsentationen von Know-how und den fachlichen Austausch. Ein "Planer-Ausweis" lässt die Aussteller Interessenten rasch erkennen. Der "Parcours Prescription" führt durch alle sieben Hallen zu ausgewählten Ausstellern, deren Produktangebot für Fachbesucher aus dem Bereich Planung - Innenarchitekten, Bühnenbildnern, Messebauern, Ingenieurbüros und Gastronomen - besonders interessant ist. Diese maison&Objet I projets I findet jährlich statt.
Rückbesinnung auf Ursprünglichkeit
Kernstück und Anziehungspunkt Nummer Eins ist unverändert die Halle 5B. Die "Scènes dintérieur" bietet Exklusivität, Eleganz, Luxus und bekannte Namen aus dem Wohnbereich. Neben den jungen Designertalenten aus Brasilien, die die Messe dieses Jahr herausstellte, präsentierte Kenzo Takada sein eigenes neues Wohn-Konzept. Sein Name Kenzo wird seit Jahren von Herstellern (u.a. Lelièvre) vermarktet. So musste er ein neues Label, "Gokan Kobo" ("Atelier der 5 Sinne") kreieren.
Ständig mehr Aussteller nehmen teil im Bereich now! design à vivre, reserviert für zeitgemäßes Design und kreative Neuheiten. Hier kommen renommierte Marken, Hersteller und Designer zusammen, die für Kreativität und Innovation stehen. Auch Textiles oder Alternativen dafür begannen hier ihren erfolgreichen Weg. Der Trendparcours, mit dem namhafte französische Stilisten und Trendsetter den Einkäufern die neuesten Marktentwicklungen im Bereich Inneneinrichtung und Zeitgeist schlechthin vermitteln wollen, stand diesmal im Zeichen der Archetypen. Die Rückkehr zu den Ursprüngen der Kreativität verknüpft sich mit der Suche nach neuen inspirierenden Modellen.
Praktisch umgesetzt als kreativen Leitfaden und in Standdekorationen sah man oft die Idee von Elizabeth Leriche, "Animalitiy". Aus der Arche Noah dringt Animalisches aus der Erinnerung an die Oberfläche und will mehr Menschlichkeit in den rauen Alltag zaubern. Franois Bernard will mit seinen Bildern "Futuristic" eine neue rustikale Ästhetik kreieren und im "Primitivismus von morgen" Mythos und Moderne vereinen. Im Zeitalter der Virtualität spürt er dem Bedürfnis nach Einfachheit und Verwurzelung, nach innerer Schönheit nach. Wahrscheinlich greift er damit die wirklich lebhafte Neugier und das emotionale Erlebnis auf, wie es besonders in Halle 1, ethnic chic.Mic, aber auch in allen anderen Hallen auffällt: der Traum von langen Reisen in fremde Welten, exotisch und bunt. Multi-Ethnic aus Afrika, Asien oder sonstwo.
Zurück zum reinen Wesen der Architektur, zur klassischen Kultur, sucht die Agentur Nelly Rodi mit Vincent Grégoire im "hysterisch-historischen" Haus: geradlinige Eleganz mit monumentalem neo-klassischen Dekor, wobei Rot auf Weiß-Kontrast stößt.
Dekoration ist eine Sache des Gefühls
Davon ist Kenzo Takada, der selbst ursprünglich, mit leichter Hand und spielerisch Dessins, Farben, Erinnerungen und Einflüsse mixt und nicht zu kopieren ist, überzeugt. Alle sind gleich berechtigt, jeder darf zum Ausdruck bringen, was und wie es ihm gefällt, seinen Lebensraum, sein Ambiente zu gestalten. Die Kreativen aus aller Welt leisten Hilfestellung, der Handel als Praktiker vermittelt und interpretiert. An ihm liegt es schließlich, wie gut er das macht, wie spontan und überzeugend er den Konsumenten erreicht.
Tischkultur hat eine lange Tradition in Frankreich. Farbkräftige Jacquardbilder, ursprünglich aus der Gastronomie, spielen kräftig mit im Privathaushalt, nicht nur stilgemäß und elegant dekoriert, sondern durchaus neu interpretiert, aufgefrischt mit originellen Dessins und Farbkombinationen. Das Tischtuch für den großen Tisch bleibt Hauptakteur, ob bedruckt (Beauvillé, Paule Marrot) oder uni, oft mit feinem Handarbeitsdekor. Die Möglichkeit zu verändern ist dabei wichtig - Teile abzuknöpfen, mit Bändern zu vergrößern oder heiterer Patchworkeffekt mit Muster- und Stoffmix.(Alexandre Turpault, Kenzo, Angel des Montagnes). Funktionsvorteile wie Flecken abstoßende Ausrüstung stören nicht die Optik (Nydel/José Houel, Saint Roch).
Unkonventionelle Ideen bieten sich mit tête-à-tête, Sets, Servietten und passendem Tischgeschirr - viel zu sehen im klaren, skandinavischen Stil, in Leinen und Halbleinen und in den aktuellen warmen Farbtönen oder kräftigen Pastells, vor allem im Grün- und Lila-Bereich oder in Naturfarben (Decopur, Linum, Libeco, himla). Wie wichtig für Designer das Thema Tischdekor ist, sieht man an den vielen Neuentwicklungen aus ungewohnten Materialien und mit Struktureffekten (Chilewich, Decopur).
Wie anregend originelle Präsentation ist, fällt immer wieder bei Bettwäsche auf. Klar, in Paris erwartet man das Besondere, wenn es für die Franzosen vielleicht auch das Vertraute ist. Auf jeden Fall war es amüsant zu sehen, welche Betten hervorgezaubert wurden, um Bettwäsche richtig zu demonstrieren (Kenzo, Eline Hortense, Olivier Desforges). Drucke sind überwiegend floral, romantisierend aufgelöst oder richtig kräftig plakativ. Überzeugend und neuer präsentieren sich uni Modelle in aussagestarken Materialien, mit Kontrastbesätzen, Borten, handwerklichen Detailarbeiten. Dabei stehen neben den warmen Rot/Violett- und den tiefen Brauntönen die große Skala edler bis rustikaler Weiß-, Creme-, Sand- oder Steinvarianten und die strenge grafische Linie von harten Schwarz-, Grau-, Weiß- oder Gelbkontrasten.
Die nächste Maison&Objet mit Maison&Objet éditeurs findet in Villepinte statt vom 27. bis 31. Januar 2006. Planète Meuble Paris, die neue Plattform für die Möbelbranche, für die es eine kombinierte Eintrittskarte für die Inneneinrichtungs- und Designermesse sowie kostenlosen Shuttleservice dahin gibt, findet im umgebauten Bereich des Ausstellungsgeländes Le Bourget in Paris vom 26. bis 30. Januar 2006 statt.
aus
Haustex 11/05
(Wirtschaft)