Zollabfertigungsverfahren Atlas sorgt für Unruhe bei den Importeuren
EUCA strebt eigenes Zoll-Verbundsystem an
Für erhebliche Unruhe hat das neue Zollabfertigungsverfahren Atlas bei den Orientteppich- Importeuren in Hamburg und generell in Deutschland geführt. Eigentlich müssten alle Importeure, die mit einem Zolllager des Typs D arbeiten, die neue Software Atlas seit dem 1. April 2004 auf ihrem Computer installiert haben und nutzen. Der Zoll jedenfalls arbeitet seit diesem Datum europaweit angeblich papierlos.
Atlas - Automatisiertes Tarif- und lokales Zoll-Abwicklungs-System - ändert nichts am Zollrecht und an den Zolllagerverfahren, sondern stellt lediglich den Versand auf eine wenn auch teuere Computerbasis. Als Vorteile von Atlas werden vom Zoll die papierlose, komfortable und schnelle Arbeit sowie die Erreichbarkeit rund um die Uhr aufgeführt. Die Einführung von Atlas ist schon seit sechs Jahren im Gespräch und sollte bereits 2001 an den Start gehen. Seit dem 1. April 2004 aber ist das neue System europaweit tatsächlich vorgeschrieben.
Unmittelbar betroffen sind momentan die Inhaber eines Zolllagers vom Typ D, das von Orientteppich-Importeuren nur selten geführt wird. Von den 45 Mitgliedern der EUCA-European Carpet-Importes Association unterhalten nach Auskunft von EUCA-Geschäftsführer Peter Fliegner nur fünf Firmen ein Typ D-Lager. Typ D-Inhaber sind Importeure, die im eigenen Namen kaufen und verkaufen, die als zugelassene Empfänger und Versender registriert sind und die dafür gewisse Privilegien in der Zollabfertigung genießen. Sie können selbst Zollplomben vom LKW entfernen und brauchen ihre Ware erst anzumelden, wenn sie bereits am Lager liegt. Ähnlich vereinfacht ist auch das Verfahren, wenn die Ware das Zolllager vom Typ D wieder verlässt.
Den wenigen Orientteppich-Importeuren mit dem Lagertyp D ist die Atlas-Software schlicht und einfach zu teuer. Zertifizierte Programme verschiedener Software-Häuser sollen je nach Ausstattung zwischen 10.000 EUR und 50.000 EUR kosten. Eine Alternative bietet das Internet, in dem ebenfalls mit Atlas gearbeitet werden kann. Allerdings kostet hier jede Anmeldung zwischen 5 und 10 EUR, so dass auch hier beachtliche Summen zusammen kommen. Noch teurer wird es, wenn das System über Spediteure, die bereits über Atlas verfügen, genutzt wird. Sie sollen dem Vernehmen nach zwischen 25 EUR und 30 EUR pro Zollanmeldung an ihre Kunden weiter berechnen.
Einen Schlupfwinkel allerdings gibt es noch: Das zuständige Zollamt muss die Betroffenen rechtzeitig schriftlich auf die Änderungen im Verfahren hinweisen. Sollte ein solches Anschreiben nicht vorliegen, kann Einspruch erhoben werden. Darüber hinaus gibt es noch die Möglichkeit, einen Aufschub zu beantragen, der bisher auch immer anstandslos gewährt wurde. Doch daraus ergeben sich erhebliche Schwierigkeiten: Zum einen kann dem Inhaber des Lagertyps D der Status des zugelassenen Empfängers und Versenders nach einem bestimmten Zeitraum aberkannt werden. Zum anderen muss er am Zoll, wenn er nach wie vor schriftliche Abfertigungsunterlagen einreicht, mit erheblichen Wartezeiten rechnen, da alle Angaben vom Zollbeamten in den Computer als ausschließliches Arbeitsmittel eingegeben werden müssen.
Mit diesem hohen Zeitaufwand müssen auch die Firmen, die mit einem Zolllager vom Typ C arbeiten, rechnen. Obwohl Atlas für das Zolllager C offiziell noch nicht relevant ist, werden auch hier alle Zollpositionen manuell in den Computer eingetippt, da für die Zollbehörde nur noch die Arbeit mit Atlas möglich ist. Die meisten Orientteppich-Importeure arbeiten nach Angaben von Peter Fliegner mit dem Zolllagertyp C, das heißt, sie kaufen und verkaufen auf fremde Rechnung, tätigen Abladergeschäfte. Für sie steht noch kein genauer Termin fest, zu dem auch die Lager des Typs C mit dem Atlas-System arbeiten müssen. Es wird vom Herbst 2004 gesprochen.
Sicher ist aber jetzt schon, dass es zum 1. Januar 2005 nicht mehr das Listenverfahren als Anhang zur Zollanmeldung geben wird. Dann wird für jeden eingeführten und weiter veräußerten Teppich ein eigenes Formular fällig. Da manche Importeure mit jeder Sendung aus dem Ursprungsland bisweilen mehrere tausend Teppiche erhalten, werden hier Berge von Formularen zu bewältigen sein, die dann wieder manuell vom Zoll in den Computer eingegeben werden müssen. Nicht nur die Menge der Formulare bedeutet einen gigantischen Zeit- und Arbeitsaufwand, sondern das Verfahren selbst beinhaltet eine dramatische Fehlerquelle, da pausenlos fünfstellige Zahlen vom Papier in den Computer übertragen werden müssen.
An einer interessanten Alternative arbeitet momentan die EUCA für ihre Mitglieder. Zusammen mit einem Software-Haus soll ein zertifiziertes Programm erarbeitet werden, das zum einen Datensicherheit bietet und zum anderen als Verbundsystem eingesetzt werden kann. Es soll möglich werden, dass die EUCA-Mitglieder über einen gemeinsamen Server kostengünstig mit Atlas arbeiten können. Diese Verbundlösung wird vor allem dann sinnvoll und preiswert, wenn neben den Inhabern der Zolllager des Typs D auch die Firmen mit dem Lager des Typs C zur Nutzung von Atlas verpflichtet werden.
aus
Heimtex Orient 02/04
(Wirtschaft)