Persian Carpet Festival auf Kish, Iran

Dem Teppich-Marketing muss eine größere Rolle zukommen

Der Wert einer Orientteppichmesse wurde bisher meist nach der Menge der umgesetzen Teppiche gemessen. Dass das nicht immer so sein muss, hat das diesjährige Persiche Teppichfestival gezeigt. Hier lag der Fokus mehr auf Diskussionen, was gegen die rückläufigen Teppichabsatzzahlen gemacht werden kann, als auf dem direkten Verkauf. Heimtex Orient-Redakteur Tim Steinert war auf Kish um sich ein Bild von der Messe zu machen.

Kish ist den meisten Europäern unbekannt. Eine kleine Insel im perischen Golf direkt an der iranischen Küste. Das elipsenförmige Eiland, das gerade ein Mal 7 mal 13 Kilometer mißt, ist aber mehr als nur eine von vielen Inseln in einer vom Wetter begünstigten Lage. Kish ist für Iraner das, was für Deutsche die spanischen Inseln um Mallorca sind - ein Ferienparadies. Durch den Status als Freihandelszone gibt es hier vieles, was es auf dem iranischen Festland nicht gibt, oder nur zu wesentlich höheren Preisen. So landen täglich Flugzeuge vom Festland mit vor allem iranischen Touristen, die neben einem traumhaften Strand und kristallklarem Wasser auch in den Genuss günstiger Einkaufmöglichkeiten für technische Geräte und Markenkleidung kommen wollen.

Kish will aber nicht nur Ferienparadies sein, sondern auch der Geschäftswelt das Leben angenehmer gestalten. Die Errichtung einer Freihandelszone ist ein Teil davon. Das Thema "Zoll" ist hiermit eigentlich kein Thema mehr. Dadurch ist zwar nicht gleich eine Art Hamburger Freihafen mit Sonnengarantie entstanden, aber die Verantwortlichen von Kish und iranische Teppichproduzenten wollen eine stärkere Verbindung zwischen der Insel und Teppichen schaffen.
Mit diesem Vorsatz fand vom 22. - 27. April das zweite Persische Teppichfestival statt. Es verband eine Teppich-Ausstellung mit Diskussionsrunden rund um das Thema Iranischer Teppich.

Die offizielle Eröffnung des Festivals in der Universität von Kish stand ganz im Zeichen der Rede des iranischen Vizeministers für Handel, M. Khosrowtaj. Dem Marketing soll eine weit größere Bedeutung zukommen, als es bisher der Fall sei. Um persische Teppiche besser absetzen zu können, sollen alle Register der Öffentlichkeitsarbeit gezogen werden. Nur so könne der klassische, persische Teppich wieder in die Köpfe der Abnehmer gelangen.

Die iranische Regierung macht sich insgesamt viele Gedanken, wie der Absatz persischer Teppiche, vor allem in Europa, gesteigert werden kann. In den Gesprächsrunden im Rahmenprogramm des Teppichfestivals wurden Absatzprobleme und deren Lösung genauso intensiv diskutiert, wie die Möglichkeiten zur Imagepflege der persischen Teppiche.

Klein aber fein zeigte sich die eigentliche Ausstellung: Im Kish International Exhibition Center zeigten 45 Aussteller ihre Ware auf 7.000 qm. Das Niveau der gezeigten Ware war aber sehr hoch. Die Aussteller waren sowohl aus den Bereichen Hersteller als auch Import / Export ohne eigene Produktion. So zeigte Habibian, bekannter Produzent von Nain-Teppichen, eine breite Auswahl feiner Teppiche mit ausgefallenen Mustern. Auch ein Haghigi aus Isfahan war unter anderem mit feinen Übermaß-Teppichen vor Ort. Der Schwerpunkt der Aussteller lag ganz klar im Bereich der feinen Ware und da wiederum bei Täbris.

Nomaden- und Bauernteppiche waren zwar auch zu sehen, allerdings nicht in dem Umfang wie die feinen Stücke. Schwerpunkt hier lag bei Gaschgai-Teppichen und ausgefalleneren Flachgeweben.

Die deutsche Fahne hielt der Hamburger Importeur Djawad Raz hoch. Er hatte als einziger deutscher Importeur die Möglichkeit genutzt, seine feinen Mahi Täbris und Bidjar-Teppiche den zum Großteil inländischen Besuchern zu präsentieren.

Eingekauft wurde auf dem Kish Teppichfestival eher wenig. Das lag vor allem daran, dass die Aussteller, im Gegensatz zu Messen wie der Domotex in Hannover, ausgesuchte Stücke auf kleinen Ständen präsentierten und nicht palettenweise Ware bewegten. Es ist auch sicherlich nicht von den Veranstaltern geplant, zwischen der Domotex und der Messe in Teheran eine weitere große Ordermesse zu etablieren.

Hauptgesprächsthema zwischen Ausstellern und Besuchern war sicherlich die aktuelle Preissituation. Die zum Teil extrem angestiegenen Preise zusammen mit der merklichen Verknappung der Ware macht es mittlerweile unmöglich, die höheren Preise nicht an die Kunden weiterzugeben. Vor allem Bidjar und Täbris sind immer schwerer zu bekommen, doch auch alle anderen Provenienzen haben ein spürbar höheres Preisniveau. Der Handel muss sich aber darauf einstellen, dass die Preise auch in den nächsten Monaten weiter steigen werden und auch nicht wieder auf das Niveau der letzen Jahre fallen werden.

Ein wichtiger Grund für diese höheren Preise sind steigende Löhne bei den Knüpfern, was die Produktionskosten zum Teil stark angestiegen läßt. Ein guter Begleiteffekt dieser Situation ist, dass die Qualität der Ware steigen wird. Es wird sich nicht mehr lohnen, Teppiche mit minderer Qualität zu produzieren. Es ist außerdem zu beobachten, dass immer mehr Knüpfer der Teppichproduktion den Rücken kehren und Berufe in der Landwirtschaft und im Baugewerbe annehmen. Ein Faktor, der die Preissituation weiter verschärft, da in Folge die Produktion immer weiter sinkt.

Im Ganzen ist die Veranstaltung in Kish mehr als Treffpunkt der iranischen Teppichbranche zu sehen, denn als internationale Messe. Zum Großteil Iraner kamen aus allen Teilen der Welt nach Kish, um Erfahrungen auszutauschen und sich über Neuigkeiten aus der Branche zu unterhalten. Für Nicht-Iraner ist das schon schwerer. Zum einen ist da die Sprachbarriere, die es Besuchern, die nicht Farsi sprechen schwer macht, an Diskussionen teilzunehmen. Zum anderen ist es die Größe der Ausstellung selber ein noch zu lösendes Problem. Sie ist momentan noch zu klein, um ausschließlich deswegen den weiten Weg nach Kish zu rechtfertigen.

Diese Probleme sind aber erkannt und es wird daran gearbeitet. In den nächsten Jahren soll die Ausstellungsfläche erweitert werden. 20.000 qm sind angedacht, auf denen dann bis zu 200 Firmen ihre Ware zeigen können. Wirft man einen Blick auf die Rahmenbedingungen, erscheint diese Zahl auch realistisch.

Die Insel hat den Vorteil, dass kein Visum für die Direkteinreise benötigt wird. Die Organisatoren planen dann Direktflüge z.B. von Frankfurt aus. Auch bei der Einreise über Dubai brauchen Europäer kein spezielles Visum. Das wird nur benötigt, wenn im Anschluß noch das Festland besucht werden soll, etwa um noch in Teheran oder anderen Städten einzukaufen.

Das touristische Nebenprogramm kann natürlich auch Besucher zum Teppichfestival locken. Bei Öffnungszeiten der Messe von 18 bis 22 Uhr bleibt Luft für Abwechslung jeder Art. Für Wassersport ist die Insel prädestiniert. Die Korallen filtern das Wasser, das kristallklar und angenehm kühl ist. Tauchen, Schwimmen und Jetski fahren ist ohne Probleme möglich. Für Landratten gibt es Fahrradrundwege und Pferde. Auch einige Sehenswürdigkeiten sollten erwähnt werden. So gibt es neben einer 2000 Jahre alten Zisterne auch ein auf Grund gelaufenes Frachtschiff, das bei Sonnenuntergang einen spannenden Anblick bietet.

Die richtige Kombination aus Teppichmesse, Diskussionsforen und einem angenehmen Rahmenprogramm ist es dann auch, was das Kish Teppichfestival zu einem festen Termin im Kalender all derer machen kann, die mit persischen Teppichen zu tun haben.
aus Heimtex Orient 03/04 (Wirtschaft)