Moderne abgepasste Teppiche auf der Domotex 2003
Handgetuftete Teppiche zeigten sich als verkaufsstärkste Artikel
Überwiegend zufriedene Gesichter gab es bei den Ausstellern, die mit modern gestalteten Teppichen zur Domotex 2003 nach Hannover gekommen waren. Es wurden zwar kaum modische Extravaganzen gezeigt, dafür aber ein vielfältiges Spiel zeitgemäßer kreativer Möglichkeiten, die nahezu jeden Kundenwunsch erfüllen konnten.
Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen.", "Es hätte weitaus schlimmer kommen können.", "Für die Wirtschaftslage war es erstaunlich gut." - So und ähnlich fielen die Antworten der meisten Aussteller von abgepassten Teppichen auf der Domotex auf die Frage nach dem Messeergebnis aus. Dabei gab es naturgemäß auch erhebliche Schwankungen nach oben oder unten, so dass sich insgesamt kaum ein harmonisches Bild zeichnen lässt.
Der Erfolg oder Misserfolg hing vom Sortiment, von der Marktstellung und zum Teil auch von der Positionierung in den mit abgepassten Teppichen bestückten Hallen 14 bis 17 sowie den Halle 2 und 3 ab. Aber auch die Erwartungen, mit denen die einzelnen Aussteller zur Domotex 2003 nach Hannover gekommen waren, trugen wesentlich zur Stimmungslage am Schluss der Messe bei.
Für viele Anbieter auch in diesem Bereich, der mit 330 Ausstellern von handgefertigten Teppichen und zusätzlich 160 Firmen mit maschinell hergestellten abgepassten Teppichen die weitaus größte Ausstellergruppe unter den insgesamt 1 082 Ausstellern auf der Domotex repräsentierte, ist die internationale Fachmesse in Hannover längst keine reine Kaufmesse mehr. Information sowie Kontaktaufbau, -pflege und -intensivierung werden hier als Gradmesser des Erfolges gesehen. Das Geld wird dann mit etwas Glück im Nachmessegeschäft verdient.
Recht positiv sah in diesem Jahr die Situation bei den Ausstellern mit modern gestalteten handgefertigten oder maschinell hergestellten Teppichen aus. Sie litten zwar einerseits auch unter dem starren Fahrplan vor allem der Einkäufer von deutschen Groß- und Filialunternehmen, der kaum einen Blick nach links oder rechts zu bisher unbekannten Anbietern erlaubt, profitierten aber andererseits von der gewachsenen Zahl ausländischer Fachbesucher, die mit sehr offenen Augen durch die Messegänge marschierten und Ausschau nach Gags und Novitäten hielten. Ein Handicap allerdings vor allem für kleinere Firmen war hier, dass sie den Anforderungen größerer Exporte mit den damit verbundenen finanziellen Vorleistungen kaum gewachsen sind und zudem vielfach das Risiko mit unbekannten Abnehmern aus dem Ausland scheuen. Stoßseufzer eines Betroffenen: "Was helfen mir die Interessenten aus Australien, wenn die Kunden aus Pforzheim nicht kommen?"
In der Tat fehlten viele Inhaber und Einkäufer kleinerer und mittlerer Teppichfachgeschäfte vor allem aus dem süddeutschen Raum, während Kauf- und Warenhäuser sowie Einrichtungshäuser mit Teppichabteilungen, die Filialketten und die Versender komplett präsent waren. Sie schrieben zwar in den seltensten Fällen Großaufträge, bestückten ihre Geschäfte oder Kataloge aber doch so, dass mit einem minimalen finanziellen Aufwand dem Verbraucher der Reiz des Neuen geboten werden kann. Vielfach wurden auch nur Termine zur Vorlage in den eigenen Einkaufszentralen vereinbart. Das reichte aber vielen Ausstellern schon aus, die die Teilnahme an der Messe als Marketingmaßnahme gesehen hatten und Marktpräsenz zeigen wollten.
Als ein absoluter Renner in den Ordergesprächen auf der diesjährigen Domotex erwies sich Handtuft sowohl in sehr modischer Aufmachung in Acryl als auch in dezenterer Farb- und Designgebung in Wolle. Einige Aussteller zeigten sich hier geradezu euphorisch über die Verkaufserfolge. Geteilt war dagegen die Meinung vor allem der deutschen Einkäufer über das überaus breite Tuftangebot. Etliche von ihnen befürchten eine "Tuft-Schwemme", ein Überangebot, das sich letztlich nur über den Preis, aber kaum mit lohnender Rendite absetzen lässt.
Überraschend stark liefen auch maschinell hergestellte Webteppiche, besonders wenn sie die Optik von Handarbeit aufweisen konnten. Dabei kam es weniger auf den Preisunterschied zwischen der Maschinenware und der echten Handarbeit an als vielmehr auf die Liefergeschwindigkeit und die Lieferzuverlässigkeit und darüber hinaus natürlich auch auf die modische Aussage an. Maschinell hergestellte Webteppiche zeigten sich ebenso wie die handgewebten Stücke in der Regel im Vergleich zur Tuftware schon von den technischen Möglichkeiten her deutlich dezenter und ruhiger. Preise spielten in allen Verkaufsgesprächen nur eine untergeordnete Rolle. Der Einzelhandel suchte Qualität in einem vernünftigen Preis-/Leistungsverhältnis, vor allem aber schnelle Lieferung und Lagerservice.
Dementsprechend versuchten auch die Importeure von handgeknüpften Nepal-Teppichen, die einen Individualservice mit Wunschteppichen nach Maß anbieten, ihre Lieferzeiten nach unten zu drücken. Fertigungszeiten von drei Monaten und mehr für handgeknüpfte Teppiche mit Wunschdessin, Wunschfarbe und individueller Größe werden zwar nach wie vor von einer anspruchsvollen Verbraucherschicht akzeptiert. Die Individualteppiche sind aber offensichtlich im Einzelhandel als Serviceleistung nicht mehr der große Renner. Die Zeiten sind noch schnelllebiger geworden. Das führte auch dazu, dass selten große Stückzahlen geordert wurden. Der modische Wandel ist auch im Bereich der modern gestalteten handgeknüpften Teppiche so schnell geworden, dass es kaum ein Einzelhändler wagt, sich mehrere Stücke einer Stilrichtung auf das Lager zu legen, da er damit rechnen muss, dass er vielleicht ein oder zwei Teile davon verkauft, aber auf dem Rest sitzen bleibt, weil eine andere Modefarbe aktuell geworden ist. Das aber wiederum führt dazu, dass nur selten eine festgelegte Moderichtung durchschlagend in einem Geschäft präsentiert wird, weil einfach die entsprechende Menge an Ware fehlt.
Dennoch zeigten sich auch die Anbieter von handgeknüpften Nepal-Teppichen zumeist mit dem Messeergebnis zufrieden. Besonders Nepal-Teppiche mit Seide verstanden es, die Knüpfteppiche vom Rande des Himalaya wieder aus der absoluten Talsohle zu reißen. Vor allem die Aussteller in dem neu geschaffenen Floorforum in der Messehalle 3, das anspruchsvolle Spitzenprodukte in Qualität und Design sowohl bei abgepassten Teppichen als auch bei textilen Bodenbelägen, erlebten eine starke Besucherfrequenz, die sich letztlich auch in Aufträgen niederschlug.
Generell aber zeigten sich viele Fachbesucher im Bereich der modern gestalteten Teppiche verunsichert. Da gab es den klassischen Nepal-Teppich mit Bordüren, die sich zum Teil wieder an alte überlieferte Muster anlehnten. Da zeigten sich ganz schlichte Uni-Teppiche, vielleicht mit einer sanften Ton-in-Ton-Musterung in Seide oder mit behutsam eingearbeiteten Strukturen. Da standen kräftige Vollfarben neben blassen pastelligen Tönen. Knallige Retrospektiven vergangener Jahrzehnte präsentierten sich neben gerade als aktuell angekündigten zurückhaltenden Reduktionen. Da wurden flauschige Langflor-Teppiche, geknüpft, gewebt oder getuftet, neben extrem flach gehaltenen Geweben vorgestellt. Die Einkäufer zeigten sich vielfach überfordert, zumal alle Anbieter überzeugend behaupteten, dass ihr Sortiment der künftige Trend sei. Der Einzelhandel war auf dieser Domotex 2003 in Hannover nicht zu beneiden. Es musste schon sehr viel Selbstbewusstsein und eine intensive Kenntnis über die möglichen Verbraucherwünsche aufgebracht werden, um den richtigen Griff in die übervolle Orderkiste zu wagen.
aus
Heimtex Orient 01/03
(Wirtschaft)