Teppiche auf der Ambiente 2003 in Frankfurt und der Maison & Objet in Paris
Die Aussteller auf den Fachmessen zeigten sich sehr experimentierfreudig
Die Ambiente - von der Messeleitung als weltgrößte Konsumgütermesse mit breiter, internationaler Ausstrahlung bezeichnet und als solche vom hohen Ausländeranteil durch Aussteller und Besucher gleichermaßen bestätigt - ist keine klassische Einrichtungsmesse. Den flächen- und ausstellermäßig kleinsten Bereich unter den drei Hauptsektoren nimmt die Fachmesse Domus & Gallery ein nach Tavola & Cucina und dem Riesenangebot von Präsent & Carat. Doch die Vorfreude auf Frühling und Sommer schien sich durch die gesamte Angebotspalette zu ziehen und rückte Lebensfreude, Spaß am Genießen und Neugierde in den Vordergrund. Selbst die von besonderer Zurückhaltung geprägten deutschen Besucher tauten bei manchen innovativen Angeboten auf, zur Freude der 4805 Aussteller aus 92 Nationen, wobei Deutschland, Italien, Frankreich und Indien zahlenmäßig am besten vertreten waren.
Vor allem Einkäufer aus dem "alten" Kerneuropa und zunehmend aus osteuropäischen Staaten, Skandinavien und Griechenland brachten Schwung ins Geschäft. Die Messe Frankfurt berichtet von 10 Prozent mehr Auslandsbesuchern als im Vorjahr. Selbst aus den USA wurden um 5 Prozent mehr im Vergleich zu 2002 festgestellt. Entsprechend erklärten sich drei von vier Ausstellern mit dem Auslandsgeschäft sehr zufrieden. Beim Inlandgeschäft sah jeder zweite Aussteller seine Erwartungen erfüllt. 63 Prozent der Aussteller haben ihre Messeziele erreicht, so das offizielle Messeergebnis. Die Gesamtzahl der Fachbesucher hat sich mit 140.000 Gästen während der fünf Messetage allerdings im Vorjahresvergleich nicht erhöht.
Die Stimmung war überraschend gut, meinten die Fachleute. Wer offenen Auges durch die Messehallen zog, konnte sich spannenden Entdeckungen und spontaner Orderlust kaum entziehen. Auf der Messe fängt an, was dann im Laden den Endverbraucherkunden gegenüber den Ausschlag geben wird. Je klarer und thematisch auf Emotionen ausgerichtet Produkte präsentiert werden, umso leichter und erfreulicher sprechen sie an. In allen drei Leitmessen wurden solche auf Lifestyle-Themen aufgebauten Warenkonzepte, übersichtlich gruppiert und mit etwas Wagemut überraschend neu zu kombinieren, gesucht und angeboten.
Auch im Bereich Domus & Gallery in den beiden wohnorientierten Fachmessen Loft und Bel Etage fallen viele Unternehmen auf, die geschickt Produkte nach eigenen Entwürfen fertigen lassen und andere zukaufen, um damit Themenkonzepte zu bilden, die aus vielerlei Lifestyle-Produkten für den täglichen (Wohlfühl-) Bedarf bestehen und untereinander auszutauschen und kombinierbar sind. Damit geben sie ihren Handelspartnern und Kunden Freiraum zur eigenen individuellen Sortimentsgestaltung und eine bessere Kalkulationsbasis. Allerdings sind Qualitäts- und Lieferzuverlässigkeit absolute Bedingung. Der kurzlebige Effekt macht es nicht. Innovation und Flexibilität allein schaffen nicht das nötige Vertrauen, das notwendig ist, um Markennamen im Wohnbereich aufzubauen. Lambert, Flamant oder die beiden belgischen Wohnaccessoires-Agenturen Puylaert und euroFashion, um nur einige Aussteller aus dem emotional geladenen Bereich Bel Etage zu nennen, beweisen es. Im progressiven Wohnbereich Loft stehen avantgardistische Produktinnovationen und kreative Materialeinfälle im Mittelpunkt, klarlinig im Design und qualitätsbewusst.
Die eklatante Farbgebung trägt sicher viel bei zur positiven Stimmung beim Shopping-Streifzug auf der Messe: Streifendekore in intensiven Blau-, Rot-, Grün und Orange-Abstufungen auf Porzellan, Keramik oder Glas, auf Accessoires für Tisch und Küche, Papierprodukten und Textilien. Dazu plakative Früchte und Motive aus der Natur und dem Foodbereich. Das moderne Design im Wohnbereich zeigt reduzierte Formen. Auffällig häufig schleichen sich nun verspielte und romantische, fast poetische Elemente ein und mischen sich mit minimalistischen Grundstrukturen. Reizvoll sind Kontraste zwischen alt und neu, traditionell und modern oder Schwarz und Weiß. Materialien werden wiederbelebt oder neu kreiert, wie Filz oder robuste Fiberglasgewebe. Mobilität, Flexibilität und Funktionalität werden ästhetisch auf einen Nenner gebracht. Crossover, das Mischen unterschiedlicher Stilmerkmale und Einflüsse, ist im modern-eleganten und klassischen Wohnen zu bemerken. Zarte, helle Natur-Töne schaffen den begehrten Wohlfühlfaktor und eine Atmosphäre der Ruhe und Ausgeglichenheit bis zur nostalgischen Stimmung, zu der mit Patina versehene Produkte in "used optic" beitragen. Daneben läuten freche Blütendrucke und duftig-leichte Baumwollstoffe in kräftigen Farben den sommerlichen Ton ein.
Ähnlich kreativ, innovativ und damit positive Stimmung vermittelnd wie die Ambiente in Frankfurt zeigte sich auch die maison & objet in Paris. Die offizielle Bezeichung der Messe maison & objet lautet "salon internationale de la mode-maison" und umfasst ursprünglich Dekoration, Geschenke, Tischkultur. In den letzten sechs Jahren ist sie mächtig darüber hinaus gewachsen. Es ist gelungen, Paris zwei Mal im Jahr - Januar und September - noch attraktiver zu machen für Kreative aus vielen Bereichen von Design und Mode, für Architekten und Innenarchitekten, für Handel und Importagenturen aus aller Welt. Seit Januar 2003 existiert das neue Logo "Paris, Capitale de la Création", unter dem sich zehn Fachmessen aus Mode und Maison (klingt schöner als Heim!) mit Unterstützung der Stadt Paris mit kulturellen Aktionen, Plakaten und über TV und Zeitschriften publik machen. Die Begriffe mode und maison tauchten überall auf. Vor allem die bekannten Warenhäuser animierten und lockten mit Angeboten - trotz des Schlussverkaufes im Januar. Eine solche kreative Synergie zwischen Mode - mit klanghaften Namen wie Christian Lacroix, Chantal Thomass, Sonia Rykiel - und allem, was mit Wohnen zu tun hat, sei schließlich nur in Paris möglich, so die Messeveranstalter und müsse auch genutzt werden für junge Talente, um Design-Impulse für die Zukunft zu geben.
Nicht zuletzt dieser positiven, entspannten Stimmung schreibt Messedirektor Etienne Cochet den wiederum um 12,66 Prozent gewachsenen Fachbesuchererfolg zu. 60.220 Besucher waren es, davon 17.278 oder 29 Prozent aus dem Ausland, die Ende Januar - nach der Heimtextil Frankfurt, der Domotex in Hannover und der imm Internationalen Möbelmesse Köln - nach Paris-Nord /Villepinte kamen. Die Hälfte der Besucher und damit wesentlich mehr als bisher waren Einzelhändler. Um die geht es eigentlich, auch wenn die ehrgeizigen Messeveranstalter Design und Kreativität ganzheitlich in den Vordergrund schieben wollen. Aussteller und Besucher der maison & objet aus Deutschland - darunter viele potenzielle Aussteller - betreiben klare Marktbeobachtung, auch um ihr Messe-Verhalten zu überprüfen.
Auf insgesamt 100000 qm Fläche gruppieren sich im Ausstellungsgelände in Villepinte ebenerdig im Halbrund die sechs Hallen - im Januar 2003 mit 2710 Ausstellern, davon 737 oder 19 Prozent aus dem Ausland. Aus Deutschland nehmen an der maison & objet nicht nur Hersteller aus dem Wohnaccessoires-Bereich teil, wie Koziol, Krömer-Zolnir, Leupoldt Intérieur, sondern auch Einrichter wie Bulthaup oder Textil-Spezialisten wie Anke Drechsel, Eri Textiles und Rhomtuft. Unter "décoration" versteht sich auf der maison & objet die harmonische Darstellung eines Wohnthemas oder eines Präsentationskonzepts. Accessoires - objets - bilden mit Einrichtungsgegenständen und Möbel wie selbstverständlich ein ganzheitliches Ambiente. Oft erscheint es mit leichter Hand und unkonventionell zusammen gestellt, um dabei doch den einzelnen Gegenstand als Unikat gelten zu lassen.
Die sechs Hallen sind zwar thematisch klar gegliedert, vermischen sich aber von den Produkten her. Die Scènes dintérieur bieten Lifestyle, exklusiv, extravagant, aber niemals überbetont. Auffallend war diesmal die große Zahl international bekannter Möbelmarken, die den Synergieeffekt mit Textilien, vor allem mit abgepassten Teppichen, wirkungsvoll nutzten, so Roche-Bobois mit GT Coconutrugs, Zanotta mit Kenzo Maison. Teppiche stehen auf der maison & objet ohnehin gut im Blickpunkt, auch in den Hallenbereichen 4 und 5 A, in denen es besonders auf den dekorativen Charakter der Exponate ankommt. Nicht umsonst laufen diese Hallen unter dem Thema "côté déco", bei dem der Landhaus- oder der Stil anderer Möbelepochen gepflegt werden und Inspirationen zum Thema Garten und Leben mit der Natur zu finden sind.
Für das innovative Renommé der maison & objet ist der Fachbereich now! design à vivre von großer Bedeutung, hoffen hier doch Designer und Hersteller auf Partner aus Industrie und Handel, die ihre zukunftsträchtigen Ideen umsetzen und vertreiben. Hier finden sich Querdenker und Newcomers in Sachen Design, Möbeln und praktischen Wohnaccessoires, aber auch bereits anerkannte Markenhersteller, die sich mit Produkten neu vorstellen, wie Zanotta mit Betten und Bettwäsche oder Tai Ping Carpets mit Teppichentwürfen von Modedesignern wie Kenzo oder Castelbajac, nach Wunschmaß gefertigt in Nepal. Viele Impulse, die seit Jahren weltweit im Einrichtungsbereich umgesetzt werden, finden sich in ethnischen Wurzeln. Die maison & objet pflegt diese von Anfang an im Bereich ethnic.chic.MIC in Halle 1 mit einer aufregenden Mixtur unterschiedlicher Volkskulturen. Natürliche und leuchtende Farben und eine Vielfalt an Naturmaterialien, unbearbeitet oder veredelt, aus Nord- oder Zentralafrika oder den unterschiedlichsten Kulturregionen Asiens, prägen die gesamte mode-maison. Der französische Designer Franois Bernard machte mit seiner Tendence-Demonstration "Touch me" auf die Aussagekraft von Naturmaterialien aufmerksam (..see me with the hands.."), während Elisabeth Leriche sich im Rahmen der maison & objet-Trends im Sinn von "Xperimental" Design in der Textil-Halle "Taste Full" mit Farben von Gegenständen und Substanzen beschäftigt, die uns täglich umgeben. Sie benennt sie Appetit anregend milky, sweety, spicy, roasty und aromatic. Die Tendencen, wie sie die von der Messe beauftragten Designer präsentieren, sind keine Vorgaben, sondern so etwas wie Leitgedanken, die zur eigenen Ideenentwicklung anregen sollen.
aus
Heimtex Orient 02/03
(Wirtschaft)