Consulat des Teppichs veranstaltete Herbstkongress bei Zollanvari
Gegen den Strom schwimmen und den Teppich als Kulturgut pflegen
Keine sehr positive Bilanz zur Situation der Teppich-Branche zog Clemens August Spiekermann, Initiator und Leiter des Consulats des Teppichs, beim Herbstkongress seiner Einzelhandelsvereinigung in Hamburg. Auch einem Teil der eigenen Mitglieder warf er mangelnde Bereitschaft an einer aktiven Mitarbeit vor. Das Consulat des Teppichs sieht sich als Ideenlieferant der mit neuen Marketingstrategien und Verkaufsaktionen, aber auf keinen Fall über den Preis soll das Interesse der Verbraucher an hochwertigen handgefertigten Teppichen, die sich ihre Ursprünglichkeit bewahrt haben, belebt werden.
Es seien zwar nicht alle Consulats-Mitglieder zum Congress in die Räumlichkeiten von Zollanvari an der Borsteler Chaussee gekommen, wie Spiekermann bedauernd feststellte, doch konnte die mittlerweile in verschiedenen europäischen Ländern aktive Vereinigung auch wieder sechs neue Firmen und zwei interessierte Gäste begrüßen. In seiner Situationsanalyse kritisierte der Teppich-Fachmann scharf das reine Preisdenken der Branche. Mit einem einzigen hochwertigen Teppich seien früher bessere Deckungsbeiträge und Erlöse erzielt worden als heute mit ganzen Containern an billiger Ware. Krasses Profitdenken habe dazu geführt, dass immer mehr und immer billiger produziert worden sei. Mit dem Einbruch des Marktes seien jetzt Tausende von Knüpferinnen ohne Beschäftigung.
Das Consulat des Teppichs will gegen diesen Strom schwimmen mit hochwertigen Qualitäten, authentischen Teppichen und stabilen, Gewinn bringenden Preisen. Nach Einschätzung von Spiekermann ist die Branche aber noch lange nicht auf ihrem Tiefpunkt angelangt, da die Produktion ausschließlich in der Hand orientalischer Exporteure liegt, für die große Mengen und niedrige Preise allein ausschlaggebend sind, so dass Erlöse und Werte weiter kaputt gemacht werden. Gleichzeitig gibt es eine Marktsättigung und eine junge Käufergeneration, die dem klassischen Teppich nichts abgewinnen kann.
Auch der Teppichfachhandel selbst zeigt sich nach Worten von Spiekermann äußerst träge. Während Firmen wie Besim in Österreich für das Hauptgeschäft in Wien und die sechs Niederlassungen bis zu 100 Veranstaltungen im Jahr organisieren, um Kunden anzulocken und das Interesse auf den Teppich zu lenken, warten die meisten Einzelhändler untätig, bis sich eventuell Kunden von alleine in ihre Geschäfte verirren. Dazu kommen unmotivierte und unzufriedene Mitarbeiter. Spiekermann rechnet nach dem bereits schon erfolgten drastischen Schrumpfungsprozess für die nächsten zehn Jahre noch einmal mit einem Rückgang der Zahl der Fachgeschäfte zwischen 30 Prozent und 50 Prozent bei den Firmen, die sich nicht umstellen, die weiter so arbeiten wie vor 30 Jahren, die auf Masse statt auf Klasse setzen. Trotz dieser Verödung der Einzelhandelslandschaft im Teppichbereich konnten die verbliebenen Firmen bisher kaum von der Aufgabe ihrer Mitbewerber profitieren.
Der Teppich, so Spiekermann, wird nicht vom Markt verschwinden, aber der Teppich als Kulturgut, dem sich das Consulat des Teppichs verschrieben hat, verschwindet zunehmend aus dem Bewusstsein der Verbraucher. Hier muss nach seiner Meinung gegen gesteuert werden und hier liegt nach seiner Meinung auch die Chance für den gepflegten Teppichfachhandel. Es gibt eine Kundenschicht, die sich nicht mit dem Massenangebot zufrieden gibt, doch muss sie erreicht und umworben werden. Dabei helfen Events, Aktionen und Werbemittel, die Aufmerksamkeit erregen. All das bietet das Consulat des Teppichs neben der entsprechenden Ware, doch müssen, so Spiekermann, diese Angebote auch genutzt werden.
aus
Heimtex Orient 05/03
(Wirtschaft)