Interview mit Boen-Geschäftsführer Guido Müller
Umstrukturierung der Boen-Gruppe weitestgehend abgeschlossen
In den vergangenen fünf Jahren hat es bei Boen eine Reihe von Veränderungen gegeben, um die Marktposition der Unternehmensgruppe zu optimieren. Das ParkettMagazin sprach mit Guido Müller, Geschäftsführer von Boen Deutschland in Mölln über die Auswirkungen sowie ersten Ergebnisse der vorgenommenen Maßnahmen und über die Perspektiven mehrschichtigen Parketts.
ParkettMagazin: "Boen" kommt einem Mitteleuropäer wahrscheinlich unentwegt falsch über die Lippen. Wie spricht man den neuen Namen von Höhns eigentlich richtig aus?
Guido Müller: "Buun" mit einem betonten U in der Mitte. Das ist eigentlich der Name des Flusses, der in unmittelbarer Nähe zu unserem Stammsitz in Tveit in Norwegen verläuft.
PM: Welche Erfahrung haben Sie mit der Namensänderung von Höhns in Boen in Deutschland gemacht?
GM: Irgendwann wurde es für uns immer schwieriger, die beiden Marken Boen und Höhns nebeneinander zu führen. Man darf nicht vergessen, dass wir beispielsweise noch vor zehn Jahren viel weniger Produkte im Vergleich zu heute im Sortiment hatten. Nicht nur die Zahl der Holzarten ist größer geworden, sondern auch die unterschiedlichen Oberflächen - kurz um, die Produktpalette hat sich stark erweitert. Seit vielen Jahren gab es die Überlegung, beide Marken zusammenzuführen, ehe wir nun zu Beginn des Jahres die entsprechenden Schritte vollzogen haben.
Natürlich herrscht gerade in Deutschland eine starke Affinität zum Namen Höhns. Doch mittlerweile zeigt sich, dass viele Kunden den Namen Boen direkt übernommen haben und in ihren Ausstellungen beispielsweise Höhns mit kleinen Boen-Aufklebern überdeckt haben.
Ein wichtiger Aspekt dürfte gewesen sein, dass in unserem Fall keine Übernahme im Hintergrund stand, sondern es sich schlicht nur um eine Namensänderung handelte. Es gab also keine Veränderungen in den Zuständigkeiten wie dies beispielsweise bei einem Zusammenschluss der Fall gewesen wäre.
PM: Kann man die Vorteile, die für Boen Deutschland aus den Veränderungen resultieren, in Zahlen fassen?
GM: Das ist schwierig, dafür läuft der Prozess noch nicht lange genug. Wir sehen aber bereits jetzt, dass wir viel weniger unterschiedliche Produkte im Lager haben und sich die Lagerhaltung und die Kommissionierung insgesamt vereinfacht. Außerdem ergeben sich Vorteile für unser Marketing, da wir nur noch die Konzepte für eine Marke entwickeln müssen. Ansonsten gilt, dass die Kunden auch früher schon schnell beliefert wurden - dies aber für uns mehr Aufwand bedeutet hat.
PM: Man kann also nicht sagen, dass sich das Lager um so und soviel verringert hat?
GM: Doch, wir konnten unser Fertigwarenlager gegenüber dem letzten Jahr um 60.000 qm reduzieren. Wir haben vier Lager geschlossen und arbeiten nun nur noch mit zwei großen Lagerstandorten direkt an den Produktionsstätten in Norwegen und Deutschland und mit einigen kleineren Kommissionierungslagern. Für die Kunden ergeben sich keinerlei Veränderungen.
PM: Wie sieht es in den einzelnen Ländern mit der Akzeptanz des Namens "Boen" aus. Müssen sie im Süden Europas noch mehr "Feldarbeit" leisten?
GM: Wir haben in anderen Ländern schon viele Jahre mit zwei Marken operiert, deswegen dürfte dort der Name "Boen" wesentlich bekannter sein als er in Deutschland jemals war. Wir hatten beispielsweise in Italien unseren Händler für "Boen"-Ware und einen weiteren Händler für "Höhns"-Ware.
PM: Das Kerngebiet der Umstellung ist also Deutschland?
GM: Deutschland und Österreich. In Deutschland haben wir in den vergangenen Jahren ausschließlich unter "Höhns" verkauft, so dass hier noch viel zu leisten ist. In Österreich stellt sich die Situation noch etwas anders dar: Dort sind die unterschiedlichen Vertriebsschienen nicht klar voneinander abgegrenzt, so dass also auch die Affinität zu einem Markennamen nicht so vorherrscht wie hier. In Deutschland hingegen werden die Marken im Vertrieb sehr stark strukturiert. Bei einigen Herstellern in der Branche gibt es eine Marke für den Großhandel, eine Marke für den Fachhandel und eine für das Geschäft im Baumarkt. In Österreich kauft - grob vereinfacht - jeder über alle Vertriebskanäle.
PM: Wie bedient Ihr Unternehmen die unterschiedlichen Vertriebskanäle?
GM: Unsere Strategie zielt in Deutschland eindeutig auf den Großhandel und den größeren Parkettlegerbetrieb.
Aber auch wir müssen immer überprüfen, ob unsere Vorgehensweise die richtige ist, gerade mit Blick auf die Zukunft des dreischichtigen Parketts.
Beim dreischichtigen Parkett sind die Parkettleger in den letzten Jahren durch die Klickverbindungen ziemlich unter Druck geraten. Eine Entwicklung, die gerade von uns als Partner der Profis neue Denkansätze verlangt. So geht es vermutlich vielen Herstellern und in Zukunft wird es darum gehen, zu verhindern, dass Dreischichtparkett zum Baumarktprodukt verkommt. Hier müssen neue Wege gefunden werden.
Das Zweischichtparkett hingegen wird sehr gut von den professionellen Parkettlegern angenommen. Dem Verlegebetrieb kommt natürlich entgegen, dass bei diesem Produkt eine leimlose Verlegung nicht möglich ist und somit immer der Profi beim Einbau gefragt ist. Bei zweischichtigem Parkett können wir über deutliche Zuwächse berichten.
PM: Die Boen-Gruppe hat lange gezögert, Parkett mit Klickverbindung herzustellen. Dass man vor zwei Jahren doch in die leimlose Verlegung eingestiegen ist, steht wohl mit der Suche nach neuen Wegen für die Dreischichtproduktion in Zusammenhang?
GM: Eigentlich hängt es mehr damit zusammen, dass andere Länder - wie unser Heimatmarkt Norwegen - den Beruf des Parkettlegers überhaupt nicht kennen. Deswegen sind die Verkaufsstrukturen dort ganz andere: Der Einzelhandel ist mit dem Großhandel enger verquickt. Dort, aber nicht nur dort, herrscht eine Nachfrage nach Parkett mit Klickverbindungen. Aus diesem Grunde haben wir Anfang des Jahres beschlossen, Boen Clic auf den Markt zu bringen. Im Vorfeld hatten wir uns allerdings lange damit beschäftigt, welches Klicksystem unserem Qualitätsanspruch gerecht wird und haben uns dann für den Kauf der Unilin-Lizenz entschieden. Wir sind aber nach wie vor der Überzeugung, dass hochwertiges Parkett - und in dem Bereich sehen wir unseren Markt - verleimt werden sollte. Denn im Segment der leimlosen Verbindungen liegen noch keine Langzeiterfahrungen vor. Wenn jemand beispielsweise über einen hochwertigen Parkettboden nachdenkt wie z. B. kanadischer Ahorn, dann sollte er nicht den Lohn für die Verlegung sparen.
PM: Welche weiteren Möglichkeiten sehen Sie für die Zukunft des Dreischichtparketts?
GM: Im dreischichtigen Bereich verfolgen wir schon seit Jahren eine ausgeprägte Differenzierungsstrategie. Wir gehen nicht den Weg, den viele unserer Wettbewerber eingeschlagen haben, der bedeutet, dass man die Produkte nicht mehr unterscheiden kann. Die meisten Hersteller arbeiten mit Systemlängen. D.h. es gibt zwar verschiedene Kombinationen der Längen auf einem Element, dennoch wiederholen sich diese Längenkombinationen immer wieder. Wir setzen völlig unterschiedliche Stablängen ein, wodurch jeder Bereich des Bodens ein Unikat wird. Unser dreischichtiges Parkett hat aber noch andere Unterschiede: So verfügt unser Produkt über einen massiven Gegenzug. Außerdem stellen wir ausschließlich Zweistabparkett her, bei dem der Stirnstoß wesentlich kürzer ist als bei Dreistabparkett. Das gibt wiederum unseren Kunden die Möglichkeit, durch ein etwas anderes Produkt einen Mehrwert zu generieren.
PM: Gehört zur Differenzierungsstrategie von Boen auch, dass sie eine möglichst breite Palette an Holzarten im Angebot haben?
GM: Ja, wir haben nicht nur wesentlich mehr Holzarten, sondern auch andere Oberflächen oder Verlegemuster in unterschiedlichen Beanspruchungsklassen im Sortiment. Nicht erst beim Erstellen eines Sortierungshandbuchs, an dem wir momentan arbeiten, haben wir festgestellt, dass unsere Produktpalette sehr groß ist - hinsichtlich Oberflächen oder auch mit Blick auf die unterschiedlichen Anwendungsbereiche.
PM: Sehen Sie Produkt-Neuentwicklungen, die in den nächsten Jahren möglicherweise sogar den Markt verändern könnten?
GM: Richtig große Trends kann ich momentan nicht erkennen, doch bei uns geht es vor allem darum, die Austauschbarkeit zu reduzieren. Wir wollen uns gezielt von den Produkten unserer Wettbewerber abgrenzen.
Die Hydrophobierung könnte ein größeres Thema werden. Mit einer Art Imprägnierung werden die Deckschichten umlaufend geschützt, so dass im Falle eines Tropfens Rotwein, der direkt auf die Fuge fällt, die Flüssigkeit und damit die Farbe gar nicht in die Poren des Holzes eindringen kann. Dieser Kantenschutz ist sicherlich eine sinnvolle Sache.
PM: Wo wird Boen Deutschland in fünf Jahren stehen? Was wird sich verändern?
GM: Wir wollen unseren Marktanteil stärken. Wir haben in den letzten fünf Jahren vor allem unsere Umstrukturierung vorangetrieben. Das hat sicherlich Kapazitäten gebunden, gerade im Bereich der Verantwortlichen. Heute sind diese Veränderungen nahezu abgeschlossen, nun wollen wir unsere Energie darauf verwenden, weitere Marktanteile zu erobern. Wir haben die Unternehmensgruppe auf solide Füße gestellt und können uns nun noch intensiver um den Markt kümmern.
aus
Parkett Magazin 05/04
(Wirtschaft)