Die TKB informiert...
...über die Giftigkeit alter Parkettklebstoffe
In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Stiftung Warentest wird auf gesundheitliche Gefahren unter alten Parkettböden hingewiesen. Die alten Kleber seien giftiger als bisher angenommen. Neben polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) in den teerölhaltigen Klebern der Vergangenheit seien nun auch polychlorierte Biphenyle (PCB), Dioxine und Furane gefunden worden. Das ParkettMagazin hat den Vorsitzenden der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB), Dr. Roland Krieger, um eine Stellungnahme gebeten:
"Die Problematik an sich ist nicht neu. Bei der Diskussion, die vor allem Ende der 90er Jahre über die PAK geführt worden ist, wurde gleichzeitig auch die Anwesenheit von PCB in alten "schwarzen Parkettklebstoffen" bekannt. Die Stiftung Warentest selbst hat schon vor vier Jahren nicht nur über PAK, sondern ausführlich auch über PCB in alten Parkettklebern berichtet (vgl. TEST 8/2000 "Die schwarze Gefahr"). Den PAK wurde dabei allerdings mehr Aufmerksamkeit gewidmet.
Unter Handelsbezeichnungen wie Clophen, Aroclor, Phenochlor, Kanechlor und anderen Namen wurden PCB über Jahrzehnte auf Grund ihrer hervorragenden technischen Eigenschaften in einer Vielzahl von Industriezweigen verwendet. Bekannt sind sie u. a. als Hydrauliköle, Wärmeaustauscher und Kühlmittel, als Bestandteile von Dichtmassen, Beschichtungen und Flammschutzmitteln, um nur einige der zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten zu nennen.
Erst 1989 wurden PCB in Deutschland generell verboten. PCB gelten, ähnlich dem Asbest, als klassisches Beispiel für die unkritische Verwendung schädlicher Chemikalien, deren Erfassung und Beseitigung heute ein Riesenproblem darstellen.
Was sich im Großen eignet, findet sich regelmäßig auch im Kleinen. Nachdem Bestandteile von Dichtmassen häufig auch in Klebstoffen zu finden sind, kann an dieser Stelle nicht ausgeschlossen werden, dass vor vierzig oder fünfzig Jahren auch in Parkettklebstoffen PCB eingesetzt worden sind. Schließlich wurden auch PAK-haltige Bindemittel, vermutlich ohne jedes Unrechtsbewusstsein, verwendet.
Ganz eindeutig waren allerdings die Antworten aller von mir befragten Klebstoffhersteller in der TKB einschließlich meiner Archivrecherche im eigenen Haus: PCB, in welcher Form auch immer, sind zu keinem heute noch überprüfbaren Zeitpunkt überhaupt verwendet worden. Wir müssen deshalb davon ausgehen, dass sich die PCB-haltigen Klebstoffe ihrer Herkunft nach einer solchen Recherche entziehen, entweder weil es sich um heute nicht mehr existierende oder um nicht der Technischen Kommission Bauklebstoffe angehörende oder auch um ausländische Produzenten gehandelt hat.
Schon als vor einigen Jahren über PAK und PCB in Parkettklebstoffen berichtet wurde, war bekannt, dass technische PCB bis 1974 stark mit polychlorierten Dibenzodioxinen, Dibenzofuranen, Terphenylen und Naphtalinen verunreinigt sein konnten. Insofern ist die Anwesenheit von Furanen und Dioxinen überall dort, wo PCB im Einsatz waren, für den Fachmann keine allzu große Überraschung. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Analyse von als gesundheitsschädlich erkannten Klebstoffen offenbar scheibchenweise über Jahre hinweg für immer neue Testreports taugt.
Über den reinen Informations- und Empörungswert hinaus liefert die als neu gehandelte Erkenntnis allerdings keine anderen Lösungsansätze als die bereits bekannten.
Ergebnis aller Untersuchungen ist: Entweder man hat soviel Angst vor den lauernden Gefahren, dass man den betroffenen Boden radikal bis zum tragenden Untergrund ausbeint - was eine Menge Geld kostet. Oder man sieht der Gefahr wie bei den PAK relativierend und etwas abgeklärter ins Auge, wozu ich als Nicht-Toxikologe tendieren würde, und renoviert den Boden mit Hilfe hermetisch abdichtender, flexibler Sperrschichten. Es gibt hier eine ganze Reihe fachmännischer, z.T. auch geprüfter Empfehlungen, die bei den einzelnen Klebstoffherstellern abgerufen werden können. Hinzuweisen ist hier auch auf die "Handlungsanleitung zum Entfernen PAK-haltiger Klebstoffe für Holzfußböden" der Bau-BG vom Februar 1999.
Schließlich noch eine Anmerkung: In einem speziellen Kasten "Tipps: Gefahr erkannt - Gefahr gebannt" behauptet die Stiftung Warentest, dass PAK oft in schwarzen Materialien enthalten ist, PCB dagegen in schwarzen, braunen und gelben Klebern. Die Erkenntnis, dass ein Klebstoff mit hohem Gefahrenpotenzial nicht unbedingt schwarz wie Teeröl sein muss, ist wichtig.
Leider kann dieser Hinweis aber auch zu schlimmen Verdächtigungen und Missverständnissen führen. So richtig weiße oder rosafarbene Parkettklebstoffe, die die Stiftung Warentest als unbedenklich bezeichnet, kenne ich nämlich gar nicht - insbesondere wenn die Klebstoffe einige Jahre auf dem Buckel haben. Vorherrschend bei gealterten Klebstoffen sind beige bis gelbbräunliche Färbungen und das auch bei garantiert PCB-freien Harz-, Dispersions- und Reaktionsharzklebstoffen. Viele von Haus aus hellen Parkettklebstoffe sind zudem absichtlich bräunlich oder dunkelbraun eingefärbt, um möglicherweise austretenden Klebstoff in den Fugen etwas unauffälliger zu halten.
Der Tipp mit der Farbe, auch wenn er in der Möglichkeitsform gegeben ist, kann also nach hinten losgehen. Es ist deshalb ausdrücklich zu betonen, dass eine gelbe bis bräunliche Färbung kein geeigneter Hinweis auf PCB im Klebstoff ist."
aus
Parkett Magazin 05/04
(Wirtschaft)