Gespräch mit Stauf-Entwicklungsleiter Dr. Frank Gahlmann
"Effekt des Fadenzuges wird überschätzt"
Dr. Frank Gahlmann ist Leiter der Produkttechnik bei Stauf. Er ist zuständig für die Entwicklung, die Anwendungstechnik und die Qualitätssicherung bei dem Klebstoffhersteller in Wilnsdorf. Anlässlich der Vorstellung des neuen Parkettklebstoffes WFR-S0 hat ParkettMagazin ihn zu aktuellen Entwicklungen des Klebstofftechnologie befragt.
ParkettMagazin: Wohin geht die Entwicklung bei den Dispersions-Parkettklebern?
Dr. Frank Gahlmann: Die Flüssig-Kohäsion-Anhaftung spielt eine wichtige Rolle. Das gilt im Prinzip für alle Klebstoffsysteme.
ParkettMagazin: Was bedeutet der Begriff Flüssig-Kohäsion?
Dr. Gahlmann: Man kennt im Zusammenhang mit Hohlstellen das fadenziehende Bild der Kunstharzkleber. Es ist aber nur bedingt richtig, dass der Fadenzug Hohlstellen verhindert. Die sehr feinen Fäden erhärten nämlich und beim Laufen über das Parkett brechen sie auch wieder. Man überschätzt den Effekt des Fadenzuges.
ParkettMagazin: Ist die Flüssig-Kohäsion eine Alternative zum Fadenzug?
Dr. Gahlmann: Ja, das ist ein alternativer Lösungsansatz, der schon bei den Polyurethanklebern genutzt wird. Die haben aufgrund ihrer Bindemittelzusammensetzung in flüssiger Phase eine sehr hohe Kohäsion. Sie besitzen eine honigartige Konsistenz.
ParkettMagazin: Für den neuen Stauf-Kleber M2A-910 gibt es eine Begrenzung der Dielen bis 1.000 mm Länge. Ließe sich die zu verklebende Dielenlänge noch steigern?
Dr. Gahlmann: Der Knackpunkt liegt auf der Verarbeiterseite. Würden die deutschen Parkettleger - wie ihre Schweizer Kollegen - mit Beschwerung arbeiten, könnten wir den Anwendungsbereich auf mehrschichtiges Parkett und auf Längen bis 2.400 mm ausdehnen. Außerdem müssten die Handwerker durch Spachtelung eine wirklich ebene Oberfläche schaffen. Von Herstellerseite kann es nur eine Steigerung geben, wenn wir die Flüssig-Kohäsion erhöhen. Das wird für die nächste Zeit unser Schwerpunkt sein.
ParkettMagazin: Wolfgang Stauf hat auf der Zentralverbandstagung Parkett gesagt, dass der neue Parkettklebstoff nur "ein Zwischenschritt" sei. Welcher Schritt wird folgen?
Dr. Gahlmann: Der nächste Schritt wird die Abschaffung der Lösemittel sein.
ParkettMagazin: Das kann aber nur per Gesetz geschehen.
Dr. Gahlmann: Der Druck auf diese Kleber ist ja vielschichtig. Da braucht man nur nach Holland zu gucken, wo Lösemittel in Klebern verboten sind und Zuwiderhandlungen durch die Polizei verfolgt werden. Ein weiterer Aspekt ist die Bauberufsgenossenschaft. Die rechtliche Grundlage ist also da, nur fehlt die kontrollierende Instanz. Nicht zu unterschätzen ist mittlerweile die Sensibilität der Endverbraucher. In öffentlichen Ausschreibungen ist die Lösemittelfreiheit längst vorgeschrieben.
ParkettMagazin: Sie hätten aber kein Interesse daran, den Verbraucher selbst auf dieses Thema aufmerksam zu machen?
Dr. Gahlmann: Die gesamte Branche wahrscheinlich nicht, weil es ja nicht nur bei Lösemitteln Ansatzpunkte gäbe. Dann könnte man auch eine Kampagne gegen PU-Kleber machen. Es gibt genug toxikologische Stellungnahmen zu Isocyanaten. Bei der Feststellung von hohen VOC-Werten in der Raumluft befindet sich der Parkettleger in einer schwierigen juristischen Lage, wenn er mit Lösemittelklebstoffen gearbeitet hat.
ParkettMagazin: Wird es bei Ihnen in nächster Zeit neue Klebstoffe für elastische und textile Bodenbeläge geben?
Dr. Gahlmann: Wir haben in diesen Bereichen ein gut funktionierendes Produktprogramm, aber unser Schwerpunkt liegt auf Parkett. Interessant sind für uns Beläge wie Kork und Linoleum. Im Korkbereich sind wir relativ gut aufgestellt mit zwei Produkten für die Einseit- und die Kontaktverklebung. Da die Beläge sehr anspruchsvoll sind, haben wir diese Klebstoffe in Zusammenarbeit mit Amorim entwickelt.
ParkettMagazin: Gibt es noch immer den Ruf nach dem "einen Kleber für alles"? Und können Sie solch ein Produkt überhaupt empfehlen?
Dr. Gahlmann: Die Forderung ist ungebrochen. Wenn ein Verarbeiter immer mit demselben System arbeiten könnte, bräuchte er sich keine Gedanken zu machen, welche Art von Baustelle er an den folgenden Tagen hat. Im Grunde genommen kommen dafür nicht zu weiche 1K-PU-Kleber in Frage. Ihr Preis ist mittlerweile bezahlbar. Bleibt das Problem der Oberflächenverschmutzung und des Isocyanatgehaltes. Da wären die SMP-Klebstoffe das richtige Mittel, liegen aber preislich heute noch höher.
ParkettMagazin: Also liegt eine Menge Entwicklungsarbeit vor Ihnen?
Dr. Gahlmann: Wenn man die begrenzten Möglichkeiten der Dispersionskleber sieht und davon ausgeht, dass die Lösemittelkleber keine große Zukunft haben werden, dann bleiben die SMP-Reaktivsysteme. Auf die werden wir unser Augenmerk setzen.
aus
Parkett Magazin 04/04
(Wirtschaft)