ZDH Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V.
ParkettMagazin Diskussionsforum "Wege in die Zukunft"
In den Wirtschaftsteilen der Tagespresse wird die derzeitige Marktlage "vorsichtig optimistisch" bis hin zu "desolat" eingeschätzt. ParkettMagazin wollte es genauer wissen: Wie sieht unsere Branche die aktuelle Situation, und was muss geschehen, um mit Zuversicht die Zukunft zu packen? Die weitere Entwicklung der Absatzwege, Erschließung neuer Märkte, Optimierung der Produkte - alles brennende Fragen, die aus der Branche engagiert beantwortet wurden.
ParkettMagazin fragt das Handwerk
Endverbraucher: Wie sieht das organisierte Parkettleger- und Bodenlegerhandwerk den Endverbraucher? Welche aktuellen Erfahrungen gibt es mit dem Endverbraucher? Hat sich das Endverbraucherverhalten geändert?
Entwicklungsmöglichkeiten: Welche Entwicklungsmöglichkeiten und Chancen haben das parkett- und bodenlegende Handwerk im Rahmen der neuerlichen Reform der HwO?
Joachim Barth - Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik
Endverbraucher: Die Endverbraucher teilen sich meiner Meinung nach in zwei Gruppen.
Die eine Gruppe hält das Geld zusammen, weil sie der Lüge über den immer wieder angekündigten Aufschwung keinen Glauben mehr schenken kann. Das beweist das Sparverhalten.
Im letzten Jahr hat das Sparvolumen in Deutschland um rund 10% zugenommen, obwohl die Zinsen in keiner Weise attraktiv sind. Man richtet sich ein und überlegt jede Geldausgabe zweimal. Dabei werden auch Prioritäten gesetzt. Ich glaube, am Urlaub und um Auto spart der Endverbraucher zuletzt. Die Überarbeitung des Parkettbodens oder die Erneuerung des Belages wird eher nach hinten verschoben oder aber man erbringt die Leistung selbst.
Die andere Gruppe ist auf den Handwerker angewiesen. Sie schielt mehr denn je auf den Preis. Man fordert selbst bei kleineren Aufträgen nicht mehr nur zwei oder drei Betriebe zur Angebotsabgabe auf, sondern klappert die Branche ab. Das Problem, über den Preis nicht die Leistungsfähigkeit und Solidität eines Betriebes abschätzen zu können, scheint viele nicht mehr zu interessieren. Viele warten förmlich auf das Eintreten von Reklamationsgründen, um Restfinanzierungen über Preisnachlässe zu realisieren.
Entwicklungsmöglichkeiten: Die auf reine Parkettarbeiten spezialisierten Betriebe spüren die Auswirkungen der HwO-Veränderungen viel deutlicher als die Bodenlegerbetriebe. Das Verlegen von textilen und elastischen Belägen war seit eh und je jedem mit dem Erwerb der Gewerbekarte und ohne jeden Qualifizierungsnachweis möglich und die Konkurrenz entsprechend groß.
Trotz allem: Ich bin nach wie vor sicher, dass Qualitätsarbeit, Fleiß und Zuverlässigkeit auf Dauer die überzeugendsten Argumente für die Beauftragung des guten Handwerksbetriebes sind. Ja vielmehr noch, sie stellen die einzig sichere Überlebenschance dar.
Ebenso überzeugt bin ich davon, dass die totale Gewerbeöffnung zu einem noch wesentlich höheren Anteil vor Reklamationen und Schadenersatzforderungen führen wird und dass davon die wirklichen Fachbetriebe einen weiterhin verschwindend geringen Anteil zu verantworten haben. Diese Tendenz bestätigt sich seit geraumer Zeit durch Beobachtungen im Rahmen meiner gutachterlichen Tätigkeit.
Vor der HwO-Änderung wurde dem Verbraucher vom "Fachmann in Handwerksangelegenheiten" Bundeskanzler Schröder signalisiert, dass alle Handwerke, die aus dem Meisterzwang fallen werden, nicht gefahrgeneigt sind. Die Berufsgenossenschaften haben durch ihr Schweigen diese Meinung mindestens bekräftigt, wenn nicht gar bestätigt. In erster Linie hat die medienwirksame Kanzleraussage den Meisterbetrieben Schaden zugefügt. Als Gegenmaßnahme muss von uns Öffentlichkeitsarbeit geleistet werden.
Der Verbraucher muss vor seiner Auftragserteilung wissen, dass zulassungsfrei Selbständige weder über Kenntnisse vom Fach verfügen müssen, noch über Unfallverhütungsvorschriften, die Gefahrstoffverordnung und den Umweltschutz. Der Verbraucher muss wissen, dass er solchen Gewerbetreibenden demnach schutzlos ausgeliefert ist und dass dies auf mindestens grobe Fahrlässigkeit der Politik und der Berufsgenossenschaften zurückzuführen ist.
Die Position der Innungsbetriebe muss gestärkt werden. Dazu gehört eine Förderung der Qualitätssicherung in den Betrieben ohne die enormen Kosten einer Zertifizierung nach ISO 9000ff. Solche Initiativen müssen und sollen dem Verbraucher nicht bekannt gemacht werden. Ihm muss aber bekannt sein oder gemacht werden, dass die Tatsache der Innungsmitgliedschaft allein schon eine Garantie für Qualität und Zuverlässigkeit ist. Er muss durch entsprechende Wiedererkennungssymbole oder Aussagen beim Blick etwa in die "Gelben Seiten" sofort den Innungs-Fachbetrieb erkennen. Solche Wiedererkennung ist zum Beispiel durch die markengeschützten und nur Innungsbetrieben zur Nutzung erlaubten Schlagworte "Wir sind die Fachleute" oder "Es kommt darauf an, wer"s macht!" gut möglich.
Daneben muss es Aufgabe einer jeden Innung sein, sich von solchen Mitgliedsbetrieben schnellstmöglich zu trennen, über die permanent Beschwerden wegen unseriöser Verfahrensweise oder permanent Beschwerden wegen Pfuschs eingehen. Das ist nicht nur eine wirksame Maßnahme, die in der Öffentlichkeit Aufsehen erregen und Anerkennung finden dürfte, sondern eine zwingende Notwendigkeit. Schließlich sind Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter, die Ausbildung des Nachwuchses und die Meisterausbildung nach wie vor erstklassige Voraussetzungen für die Zukunft eines jeden Betriebes.
aus
Parkett Magazin 03/04
(Wirtschaft)