20. TKB-Klebstofftagung "Klebstoffe in der Fußbodentechnik"
Möglichkeiten und Grenzen moderner Verlegewerkstoffe
Praxisnahe Themen für den Verarbeiter standen im Mittelpunkt der diesjährigen Frankfurter Klebstofftagung: Vorteile und Grenzen von Schnellestrichen und Trocknungsbeschleunigern. Wie sicher sind Dispersionsklebstoffe? Gibt es Alternativen zum Klebstoffauftrag mit der Zahnleiste? Worauf muss man beim Kleben ableitfähiger Bodenbeläge achten?
Vor mehr als 200 Teilnehmern in den Räumen der IHK Frankfurt vermittelten sieben Referenten Informationen über die Aufgaben des Gutachters vor Ort, über Parkett und Dispersionsklebstoffe aus der Sicht eines Handwerksmeisters, über Probleme mit EC 1-Verlegewerkstoffen und über das Umweltzeichen Blauer Engel im Klebstoffbereich.
Tagungsleiter Dr. Roland Krieger, TKB-Vorsitzender und Technik-Vorstand bei Uzin, konnte in erster Linie Teilnehmer aus den eigenen Branche begrüßen: 47 % der Anmeldungen kamen aus der Verlegewerkstoffindustrie. Der Besucheranteil aus dem Handwerk lag bei 13 %.
Bei Schnellestrichen und Beschleunigern Prüfzeugnisse verlangen
"Immer kürzere Bauzeiten bei hohem Kostendruck führen auch bei Schnellestrichen und Trocknungsbeschleunigern zu Problemen", sagte Oliver Erning, Leiter des Instituts für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung. Er unterschied folgende Produktarten:
- Estrichsysteme mit künstlicher Trocknung (nachträglich)
- Zementestriche, hergestellt mit trocknungsbeschleunigenden Zusatzmitteln
- Schnellestriche, hergestellt mit Sonderbindemitteln und
- Schnellestrichkomplettsysteme.
Erning forderte von den Herstellern dieser Produkte, genau definierte Angaben zur Belegreife festzulegen - bezüglich der Tragfähigkeit, des Feuchtegehaltes und des Verformungsverhaltens. Für den Verarbeiter sei nur wichtig, wann der Estrich belegreif sei. Dabei müsse er sich beim Grenzfeuchtegehalt an die Herstellerangaben halten können. Falls diese nicht vorlägen, müssten die üblichen Grenzwerte gelten.
Bisher nämlich hat der Verleger Probleme, mit Beschleunigern verarbeitete Estriche mit der CM-Methode korrekt auf ihre Feuchte zu messen. Erning berichtete über verwirrende Herstelleraussagen von "verformungsfrei aushärtend" über "für problematische Zuschläge geeignet" bis zu "keine Feuchtemessung erforderlich".
Der Referent bemängelte, dass Verarbeitungswerte von 20 C/25% rel. Luftfeuchte und 23C/50% nicht direkt auf die Baustelle übertragbar seien und setzt sich für ein einheitliches Messverfahren ein. Sein Vorschlag: Normierte Baustellenklimadaten, zu denen der Hersteller die Belegreife seines Estrichs angibt. Außerdem sollten die Produktinformationen eine sinnvolle Aussage zur Estrichdicke enthalten.
Ernings Fazit: "Es gibt Produkte, die funktionieren und andere tun es nicht." Ein Tipp für den Estrichleger: Die Anforderungen an die Produkte vor dem Einbau sorgfältig definieren und ein Produkt von einem zuverlässigen Lieferanten mit entsprechenden Prüfzeugnissen auswählen.
Keine Alternative zu Dispersionsklebstoffen bei Parkett
Parkett mit Dispersionsklebstoffen zu kleben ist nach Ansicht von Parkettlegermeister Wilhelm Baumann Pflicht eines verantwortungsbewussten Handwerkers. Die Realität sieht jedoch so aus: Immer noch werden 70% aller Parkettflächen mit lösemittelhaltigen Klebern verklebt.
Seit 20 Jahren beweist Baumann, dass es anders geht: "Ich will keine Gefährdung der Mitarbeiter und Kunden bei und nach der Verarbeitung des Parketts." Seine Kollegen fordert er auf, beim Kleben von Parkett Dispersionsklebstoffe zu verwenden: "Sie sind Stand der Technik."
Keine Probleme sieht Baumann bei fachgerechter Verarbeitung: "Alle Untergründe sind unterschiedlich. Ziel ist ein genau definierter, saugfähiger, ebener und dauerhafter Boden. Grundsätzlich muss der Boden daher geprüft, überarbeitet, grundiert und gespachtelt werden." Er selber spachtele jeden Unterboden mindestens 3 mm dick.
Für besonders wichtig hält Baumann das Beschweren des Parketts während der Abbindezeit des Klebstoffes. Falls man darauf verzichte, könne es zu konkaven Verformungen des Parketts kommen. Zu frühes Schleifen wiederum führe dagegen zu konvexen Verformungen.
Problemfälle mit EC 1-Verlegewerkstoffen
Gibt es Probleme mit weichen Verlegewerkstoffen, die den Anforderungen des EMICODE EC 1 entsprechen? Nach der Durchführung von Versuchen mit Nadelvliesbelägen kommt Jürgen Gehring, Leiter Entwicklung Bauklebstoffe bei Bostik Findley zu dem Schluss: "Ein prinzipieller Unterschied zwischen harten und weichen Klebstoffen ist nicht feststellbar."
Damit Schadensfälle bei der Verlegung von Nadelvliesbelägen vermieden werden, fasst Gehring die wichtigsten Tipps für den Verarbeiter zusammen:
- Klebstoff in ausreichender Menge aufziehen. Immer die vom Hersteller vorgeschriebene Zahnung verwenden.
- Maximale Luftfeuchte von 65 % verringert das Risiko von Fugenbildungen.
- Schlagartiges Absenken der Luftfeuchte vermeiden.
- Nahtschnitt im Klebstoffbett oder das Wegreiben des Klebstoffes mit dem Verlegehammer im Nahtbereich vermeiden.
- Klebstoffauswahl mit dem Belags- und Klebstoffhersteller abstimmen.
Klebstoffauftrag mit Farbrolle?
Grundsätzlich ist der Bodenleger verpflichtet, eine normgerechte Klebefestigkeit bei der Verlegung der Bodenbeläge zu erreichen. Diese wird maßgeblich von der Auftragsmenge des Klebstoffes und der Benetzung zum Belag bestimmt. Sinnvoll ist der bewährte Klebstoffauftrag mit einer Zahnleiste nach TKB (z.B. A2, das entspricht 280-300 g/qm).
Forbo Erfurt empfiehlt zur herkömmlichen Auftragstechnik einen zusätzlichen Arbeitsgang: Nach dem Aufbringen des Klebstoffes, dem so genannten Aufzahnen, werden die Klebstoffriefen mit einer Schaumstoff- oder Moltoprenwalze (Farbwalze) ausgeglichen.
Dadurch verringere sich die Ablüftzeit drastisch. Der Bodenbelag kann sofort in das geglättete Bett eingelegt und angerieben werden. Weitere Vorteile: Klebstoffnester, stehende Riefen und Riefen parallel zur Naht sind praktisch ausgeschlossen.
Blauer Engel contra EMICODE
"Niemand von der TKB hätte vorurteilsfrei über das Thema Blauer Engel für Klebstoffe sprechen können", meint Dr. Roland Krieger. Aus diesem Grunde wurde Reinhardt Oppl, Consultant bei Eurofins, und Mitglied des Expertenkreises für den Blauen Engel bei Klebstoffen, als Referent eingeladen.
Das von Umweltbundesamt entwickelte Umweltzeichen war bisher auf Recyclingpapier, energiesparenden Geräten, Dispersionsfarben, Möbel, Parkett und Linoleum zu sehen. Jetzt gibt es den Blauen Engel auch für Klebstoffe. Oppl: "Auf Antrag eines Klebstoffherstellers (Wulff, Anm. d. Red.) entstand mit dem Blauen Engel für Klebstoffe eine Konkurrenz zum bereits bestehenden EMICODE."
Andere Klebstoffhersteller sehen keinen Bedarf für ein weiteres Umweltzeichen und lehnen den Blauen Engel ab. Klebstoffhersteller Wulff setzt auf den Blauen Engel, weil er ein beim Verbraucher eingeführtes Umweltzeichen darstellt. So sieht es auch das Umweltbundesamt so: Der EMICODE ist nur für den Handwerker gedacht, lautet dort die Argumentation.
Beide Seiten erheben den Anspruch, die schärferen Messmethoden einzusetzen. Dazu Oppl: "Die Emissionsanforderungen sind nur scheinbar unterschiedlich, wobei der Messaufwand und die Kosten beim Blauen Engel höher sind."
Der Referent nannte auch Nachteile: "Der Anspruch des Blauen Engels, neue umweltfreundlichere Produkte zu fördern, wird verfehlt. Außerdem eignet sich das Zeichen nicht für Spachtelmassen, Fliesenkleber und Verlegeunterlagen. Der EMICODE dagegen wird auch für diese Produktgruppen vergeben."
Sachverständige und Schiedsgutachter
Rechtsanwalt Andreas Hanfland stellte in seinem Vortrag "Die Aufgabe des Gutachters vor Ort" die Unterschiede zwischen gerichtlich bestellten und privaten Sachverständigen sowie Schiedsgutachtern dar.
aus
Parkett Magazin 02/04
(Wirtschaft)