Bundesinnungsmeister Joachim Barth über die zukünftige Entwicklung des ZVPF

Die Zukunft des Handwerks steht im Vordergrund

"Meisterbetrieb" und "Innungsmitglied" dürfen nicht zu Worthülsen verkommen. Die Innungen müssen sich vor selbsternannten Fachleuten schützen können - neue Beitragszahler hin oder her. Sie müssen sich außerdem verstärkt um die Integration junger Handwerker bemühen. Die Zusammenarbeit mit allen anderen am Boden tätigen Gewerken muss forciert werden. Die Liste der Forderungen ist lang, mit denen Bundesinnungsmeister Joachim Barth bei jeder sich bietenden Gelegenheit die brennenden Probleme des Handwerks schonungslos offen legt. Über den aktuellen Stand der Dinge, über verbandsübergreifende Aktivitäten, über die geplante Weiterbildung zum Bodenlegermeister und über Visionen zur Lehrlingsausbildung sprach das ParkettMagazin vor einigen Tagen mit dem Bundesinnungsmeister in Berlin.

ParkettMagazin: Veränderungen in Verbänden gehen bekanntlich langsam voran. Wie sieht es aktuell mit der viel beschworenen Zusammenarbeit zwischen Boden-/Parkettlegern und Estrichlegern aus?

Joachim Barth: In jedem Verband trifft man, je nach Fachrichtung, auf Holz- oder Betonköpfe. Zunächst bedurfte es eines Generationswechsels in allen Verbänden, damit Bewegung in die Sache kam. Ich muss unseren Altvorderen, die sonst eine klasse Arbeit gemacht haben, vorhalten, dass sie - gewollt oder ungewollt, das sei hier einmal dahingestellt - die Konkurrenz zwischen den Gewerken hochgehalten haben. Manches Mal herrschte auf der Baustelle Krieg, weil Parkett- und Bodenleger und Estrichleger von Bauleitungen und Architekten gegeneinander ausgespielt wurden. Das ist ein wichtiger Punkt, den wir überwunden haben - zumindest auf Verbandsebene. Sicherlich gibt es in einzelnen Innungen noch Widerstände, aber jetzt noch Zweifelnde werden durch eine gute Zusammenarbeit zu überzeugen sein.

Eine sinnvolle Zusammenlegung der Arbeit bringt zwangsläufig erhebliche Synergieeffekte. Ein Beispiel ist die Normungsarbeit. Jeder Verband entsendet eigene Teilnehmer und muss für jeden Teilnehmer "Eintrittsgebühren" für die Mitarbeit im Ausschuss bezahlen. Neben der rasanten technischen Entwicklung zwingen uns natürlich auch die sinkenden Mitgliederzahlen in den einzelnen Verbänden (Stichwort Insolvenzwelle) zu einem Umdenken.

PM: Seit gut anderthalb Jahren ist Edgar Leonhardt als gemeinsamer Geschäftsführer für den Bundesverband Estrich und Belag (BEB) und den Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik (ZVPF) tätig. Die nächsten Schritte der Zusammenarbeit sind die erste gemeinsame Sitzung der beiden Verbände in Bamberg und dann die Estrich- und Parkett-Messe in Feuchtwangen. Wie geht es weiter und wo liegen die Schwierigkeiten?

Joachim Barth: Zunächst ein Hinweis zu Bamberg: Der Beteiligtenkreis ist sogar noch größer. Neben dem BEB und dem ZVPF sind die Bundesfachschule Estrich und Belag (BFS) in Feuchtwangen, die Bundesfachgruppe Estrich und Belag im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) in Berlin in Zusammenhang mit der Landesfachgruppe Estrich und Belag im Landesverband Bayerischer Bauinnungen (LBB) in München und die Gütegemeinschaft Estrich und Belag in Troisdorf, weitere Veranstalter. Sie sehen, welche erfreulich breite Ebene diese Veranstaltung hat.

Zur Frage: Schwierigkeiten sind vor allem in der unterschiedlichen Struktur der beiden Verbände begründet. Der Bundesverband Estrich und Belag hat Direktmitglieder aus ganz Deutschland. Wer Estricharbeiten ausführt und Estrichlegermeister ist, der kann BEB-Mitglied werden. Bei uns ist das auf Grund der Handwerksordnung anders geregelt. Wir haben unsere regionalen Innungen, wir haben Landesinnungsverbände und darüber steht der Zentralverband, in dem nur Innungen Mitglied sein können, also nicht der einzelne Betrieb. Obwohl dieser Aufbau einen längeren Weg bedeutet: Er steht einer guten Arbeit dann nicht im Weg, wenn alle Stationen funktionieren. Doch bei bestimmten Fragen ist diese Struktur auch eines unserer Probleme.

PM: Wie geht denn die Zusammenarbeit mit den Estrichlegern nun konkret weiter? In Bamberg tagen die Verbände eigentlich mehr nebeneinander als miteinander.

Joachim Barth: Nein, das stimmt so nicht. Die beiden Verbände handeln im Rahmen ihrer Mitgliederversammlung lediglich ihre Regularien getrennt voneinander ab. Im Anschluss tagen sie sehr wohl gemeinsam. Übrigens: Überzeugungsarbeit leistet man mit guter Facharbeit. Die Klammer, die uns verbindet, ist das gemeinsame Interesse, beispielsweise bestimmte technische Probleme zu lösen. Da sind Fachvorträge und Diskussionsforen bestens geeignet. So entwickelt sich ein Verständnis füreinander und das überzeugt dann auch das einzelne Mitglied.

Der verbandspolitische Zusammenschluss ist eines Tages nur noch eine logische Folge von erfolgreicher fachlicher und technischer Zusammenarbeit, des gegenseitigen Verstehens der Probleme des anderen Gewerks und der Erkenntnis, dass sich über Einsparungsmöglichkeiten hinaus noch viele andere Vorteile bieten. Vollziehen wir den zweiten Schritt vor dem ersten, nämlich den des verbandspolitischen Zusammenschlusses - klammern wir mal die Probleme aus, die es mit der unterschiedlichen Struktur gibt - dann überzeugen wir niemanden. Oder nur die, die bereits jetzt weit nach vorn denken und blicken.

Vergessen wir bitte eines nicht: Verbandszusammenschlüsse bedeuten übrigens immer auch, dass irgendwer sein Amt aufgeben muss. Das ist menschlich und kann ein Problem darstellen.

PM: Das ist aber sicher kein Thema, wenn es um die Vorsitzenden von BEB und ZVPF geht. Ihr Kollege im Amt, Uwo Freese, hatte gegenüber der Redaktion der FußbodenTechnik angekündigt, nur noch bis Ende seiner jetzigen Amtsperiode tätig sein zu wollen. Wie sieht es bei Ihnen aus?

Joachim Barth: Herr Freese und ich sind uns einig, dass wir das Heft erst dann aus der Hand geben werden, wenn wir eine enge Zusammenarbeit erreicht haben, die alle Optionen zulässt - vorausgesetzt unsere Mitgliederversammlungen wollen das so.

PM: Ein nächster Schritt des Zusammenschlusses ist doch vermutlich die Zusammenlegung der Geschäftsstellen.

Joachim Barth: Das ist völlig nebensächlich. Auch das wird von der weiteren Entwicklung abhängen.

PM: Aber mal unabhängig von diesen konkreten Überlegungen. Was kann der Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik vom BEB lernen?

Joachim Barth: Lernen vielleicht nicht, aber die natürliche Nähe vom BEB zu den Mitgliedern ist ein großer Vorteil für alle. Das müssen wir forcieren, und zwar nicht zu Lasten der einzelnen Innungen bzw. der Innungsobermeister. Das möchte ich ausdrücklich betonen. Die Innungen haben regionale Probleme, die sie auch nur regional lösen können. Gleichzeitig muss aber der ZVPF auch den direkten Kontakt zum Mitgliedsbetrieb fördern, unsere Internetseite ist ein Beispiel dafür. Sie soll die Basis eines Netzes für technische Beratungen darstellen.

PM: Ist ein Institut (IBF-Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung), wie es der BEB unterhält, im Grunde auch für den Zentralverband denkbar?

Joachim Barth: Ja, denkbar schon. Ich persönlich denke aber in diesem Rahmen eher an eine Zusammenarbeit. Der BEB kann Dinge selbst vermarkten, weil sein Status privatrechtlicher Natur ist. Das dürfen wir als Bundesinnungsverband in der Form nicht, weil wir sonst sofort der Umsatz- und der Gewinnbesteuerung unterliegen. Wir haben auf der vorletzten Mitgliederversammlung beschlossen, deswegen eine Servicegesellschaft zu gründen. Dann können wir auch Gewinne machen, die sich ganz legal beim Finanzamt deklarieren lassen.

Was wir uns wünschen und woran wir alles setzen werden: Es muss deutlicher nach außen getragen werden, dass ein Meisterbetrieb erhebliche Vorteile bietet. Es gibt die Aktion "Ja zum Meister" und "Wenn Handwerk, dann Innung". Das ist eine Facette, die das Gesamthandwerk betrifft, mir aber nicht ausreicht. Ich denke, die wesentlichste Aufgabe muss sein, dem Verbraucher klarzumachen, dass die Leute in einer Ich-AG ohne spezielle Ausbildung mit einem Gewerbeschein für 30 Euro auf sie losgelassen werden.

PM: Arbeiten die beiden Verbände eigentlich bei der Normung schon zusammen? Gibt es da schon einen Abgesandten von beiden Vereinigungen?
Joachim Barth: Den gibt es nicht. Aber beispielsweise in den Merkblättern treten BEB und ZVPF als Partner in Erscheinung. Nicht vergessen werden darf, dass die Vielschichtigkeit in der Estrichszene durch sehr unterschiedliche Beteiligte und deren Zugehörigkeiten zu verschiedenen Instanzen Wege stark verlängern und Meinungen stark verwässern können.

Merkblätter, ein gemeinsames Fachbuch oder unser gemeinsames Bestreben, den Bodenlegermeister zu schaffen, das sind Dinge, die am ehesten Früchte tragen. Die Ausbildung zum Bodenleger-Gesellen und die Richtlinien für den geplanten Bodenlegermeister haben wie viele andere Ausarbeitungen, von denen alle profitieren, meine Bodenlegerkollegen entwickelt - keine anderen Gewerke.

Wenn es eines Tages den Bodenlegermeister gibt, dann können wir auch zum Bundesinstitut für berufliche Bildung sagen: Es ist doch wenig sinnvoll, dass die verschiedenen Dinge nebeneinander her laufen. Schaut Euch die Parallelen in den Berufsbildern und in den Ausbildungsverordnungen an und dann kann man anfangen, zu verzahnen. Die Frage, was und wer dazu gehört, wird sich von selbst beantworten. Einzelne, dann eventuell noch außen stehende Gewerke werden sich dann entscheiden müssen, welchen Weg sie gehen möchten.

PM: Muss jetzt also erst der Bodenlegermeister auf die Bahn gebracht, müssen Fakten geschaffen werden, um irgendwann danach die Möglichkeit zu haben, die beiden Verbände zu koordinieren?

Joachim Barth: Das Ziel des Bodenlegermeisters steht auch hier zunächst im Vordergrund. Er wird eine weitere Dimension darstellen, die das andere eines Tages selbstverständlich erscheinen lässt. Das gilt auch für die Bildungspolitik. Wer mit Leuten vom Bundesinstitut für berufliche Bildung spricht, hört immer: Ihr müsst den Leuten Perspektiven bieten. Diese Perspektiven kann man in Modulform bieten. Der Estrichlegermeister etwa, der das Modul Parkett haben möchte, kann das Modul später durch Wissen und Können erwerben. Wir bieten ihm dieses mit einer Abschlussprüfung. Mit dieser Möglichkeit wird das gesamte Geschehen rund um den Fußboden attraktiver und somit auch der einzelne Ausbildungsberuf.

Ein Wunschtraum ist es, in sechs bis acht Jahren einen Beruf zu haben, der das gesamte Fußbodenbauspektrum beinhaltet. Der Lehrling geht erst ein Jahr in eine grundbildende Berufsschule - nicht das ganze Jahr, wir wollen den Lehrling natürlich auch im Betrieb haben. Die "Fußbodenbau-Lehrlinge" sitzen dann alle in einer Klasse: Das könnten Fliesenleger, Parkettleger, Estrichleger, Bodenleger, Raumausstatter sein. Dadurch entsteht ein ganz anderes Verständnis untereinander und es kann größere Klassen geben. Nach dem ersten Jahr schlägt jeder speziell den Weg ein, den sein Ausbildungsbetrieb bzw. sein Ausbildungsvertrag beschreibt. Diese Vielseitigkeit ist heute gefragt. Ein Bauherr hat gerne alles aus einer Hand. Dennoch sollte jeder für sich entscheiden können, ob er den Mono-Beruf beibehalten möchte. Es wird immer Betriebe geben, die nur einen Bereich des Fußbodenbaus abdecken. Für solche Betriebe besteht auch in Zukunft immer die Möglichkeit der Kooperation, zum Beispiel in Bietergemeinschaften.

ParkettMagazin: Mit der Zusammenarbeit mit den Estrichlegern alleine ist es also nicht getan, die Fliesenleger müssen integriert werden und eigentlich auch die Raumausstatter. Gibt es da schon Gespräche?

Joachim Barth: Von Integration will ich nicht reden. Es geht nur um die Einbeziehung aller Beteiligten in eine gute Zusammenarbeit zum Wohle aller Gewerke und deren Betriebe. Zur Frage: Ja, zwischen den Raumausstattern und uns gab es ein Gespräch, das fortgesetzt wird. Darüber hinaus ist vorgesehen, mit einer Einladung zur Mitgliederversammlung nach Bamberg den Dialog zu vertiefen. Auch das ist ein wichtiger Schritt.

PM: Aber wie wichtig ist für den Raumausstatter der Bodenbereich?

Joachim Barth: Das Raumausstatterhandwerk beinhaltet ein ganz großes Spektrum, und derjenige, der Möbel polstert, interessiert sich möglicherweise nicht für Parkett und Beläge. Nichtsdestoweniger, die Verbandspitze möchte die Gespräche, wir auch und alle zusammen sind sich einige darüber, dass wir diese Gespräche brauchen.

PM: Was ist mit den Fliesenlegern?

Joachim Barth: Ich denke, jedes Gewerk benötigt eine spezielle Anlaufzeit, um die Notwendigkeit ständigen Dialogs und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu erkennen.

ParkettMagazin: Sind die Fliesenleger noch sehr weit entfernt von den anderen Bodengewerken?

Joachim Barth: Möglicherweise gedanklich, ja. Sachlich und fachlich überwiegen meiner Meinung nach die guten Argumente. Die technisch rasante Entwicklung der Produkte befindet sich in allen Fußbodensegmenten auf der Überholspur und alle tun gut daran, dies zu erkennen, um daraus die richtigen Konsequenzen zu ziehen.

ParkettMagazin: Wahrscheinlich bräuchte man im Verband der Fliesenleger jemanden, der sich massiv für so etwas einsetzt. Es gibt noch keinen "Rufer im Walde" bei den Fliesenlegern?

Joachim Barth: Ich hoffe sehr, dass es ihn gibt. Alle müssen einfach weiterdenken, insbesondere, weil von der Politik die gesamte handwerkliche Struktur in ihrer jetzigen Form in Frage gestellt wird.

PM: Wie wird es denn insgesamt mit den Innungen weitergehen? Der ZVPF hat eine historisch bedingte Struktur, die aber auch Schwierigkeiten mit sich bringt. Kann man denn überhaupt etwas an dieser Struktur ändern?

Joachim Barth: Zunächst: Die Struktur hat mehr mit der Gesetzgebung, denn mit der Historie zu tun. Ich bin der Meinung, dass wir selbst versuchen müssen, etwas zu ändern. Der Gesetzgeber denkt darüber nach, den öffentlich-rechtlichen Status von Innungen und Verbänden aufzuheben. Die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Status würde z.B. bedeuten, dass die Innungen dann auch in gewisser Weise der Steuer unterliegen. Der spezielle Status ist uns aber vor allem deswegen im Weg, weil wir so nicht aussuchen können, wer bei uns Mitglied wird. Innungen müssen jeden nehmen, der kommt.

Nun könnte man sagen, die Innungen sollen froh sein, wenn überhaupt noch einer kommt, um Beiträge zu zahlen. Damit kann dann eben ausgeglichen werden, was an Betrieben aus wirtschaftlichen Gründen verloren geht. Nur, das kann es nicht sein. Es gibt die Begriffe: Innung, Innungsbetrieb, Meisterbetrieb. Das ist in unserem Sprachgebrauch tief verwurzelt und steht für Qualität, für Sicherheit, für ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis, für Fairness.

Wenn jetzt ein Ich-AGler kommt und Innungsmitglied werden möchte, dann kann man den nach den geltenden, gesetzlichen Vorschriften nicht ausschließen. Er erfüllt diese rechtlichen Voraussetzungen, weil der so genannte Meisterzwang nicht mehr existiert. Wie erkläre ich meinen Mitgliedern, dass der, der nichts kann, gleichgestellt ist mit ihnen, die etwas können? Das ist genau der Widerspruch. Diesen Widerspruch sollten wir als ZVPF - und nicht nur wir - versuchen, gegenüber dem Verbraucher herauszuarbeiten. Man muss beim Verbraucher als Innung erreichen, dass er sagt: Ich weiß, dass ein Innungsbetrieb teurer ist, aber dafür habe ich eine Gewährleistung.

Genau das ist der Grund dafür, warum wir unsere Innungssatzung A.d.R.: in der Innung Nordost verändert haben. Wir werfen Betriebe raus, über die permanent berechtigte Beschwerden eingehen. Andere Innungen sind diesem Beispiel bereits gefolgt.

PM: Und das ist zulässig?

Joachim Barth: Das ist zulässig. Die Handwerkskammer Halle hat die entsprechende Passage genehmigt. Welchen Grund sollten andere Handwerkskammern haben, den Innungen ihres Bereiches dies zu verwehren? Nur den Eintritt in eine Innung kann man nicht verwehren. Ein Rausschmiss ist ein Zeichen nach draußen: Unser Stall muss sauber sein.

PM: Ist das wirklich so ein massives Problem? In wie vielen Fällen ist so etwas tatsächlich vorgekommen?

Joachim Barth: Wir haben in der Vergangenheit einigen Leuten in unserer Innung - Gott sei Dank - frühzeitig nahe legen können, auszutreten. Wenn wir Qualität sichern und Vertrauen beim Verbraucher schaffen wollen, dann kann man nur so arbeiten. Übrigens: Komischerweise kann man immer wieder beobachten, dass gerade solche Leute den Begriff "Innungsbetrieb" viel größer auf den Autos stehen haben als andere.

PM: Aber insgesamt hängen die zukünftigen Herausforderungen des ZVPF ja wohl eher damit zusammen, dass den Innungen die Mitglieder wegsterben?

Joachim Barth: Ohne Frage, das ist so. Wir haben Austritte, weil die Betriebsinhaber aufgeben. Früher hat der Betriebsinhaber den Betrieb verkauft. Aber zeigen Sie mir heute denjenigen, der freiwillig einen Handwerksbetrieb kauft. Dazu kommen die vielen Insolvenzen. Diese Entwicklung führt dazu, dass die Haushalte der Innungen in Unterdeckung geraten und dass so unpopuläre Maßnahmen, wie die einer Beitragserhöhung, nicht auszuschließen sind. Die Verlustzahlen rekrutieren sich eindeutig aus Insolvenzen.

PM: Wie hoch ist denn der Mitgliedsbeitrag im Schnitt?

Joachim Barth: Es gibt da keine Erhebungen. Das entscheidet jede Innung für sich. Einige haben einen Grundbeitrag und erheben für jeden Beschäftigten eine Zusatzgebühr, andere erheben diesen über die Lohnsumme. Wir gehen übrigens davon aus, dass viele Betriebe sich im Schnitt von ca. 50 % ihrer Beschäftigten getrennt haben.

PM: Was tun die einzelnen Innungen vor diesem Hintergrund konkret, um neue Mitglieder zu werben?

Joachim Barth: Wir haben fast alle schmerzvolle Erfahrungen hinter uns. Jede Innung bekommt von der zuständigen Handwerkskammer die Meldung, welche Betriebe in ihrem Gewerk neu eingetragen wurden. Viele Innungen nutzen die Gelegenheit und schreiben diese Betriebe an. Da die neu gegründeten Betriebe aber viele andere Sorgen haben, gehen solche Schreiben oft unter.

Geldwerte Vorteile kann man natürlich ins Feld führen: Mitgliedschaft in der Innung bedeutet einen Rabatt bei einer Versicherung beispielsweise. Darüber hinaus bieten die Innungen eine Vielzahl von Hilfen klassischer Art. Das wird auch alles erklärt, trotzdem kommt man unendlich schwer an die Leute heran. Entweder sie sind von sich aus interessiert, oder man läuft gegen Wände.

PM: Ein Thema sind die jungen Handwerker. Was tut die Innung, um jüngere Leute in die Innungsarbeit zu holen. Es gibt doch kaum einen Obermeister unter 40?

Joachim Barth: Man kann da sicherlich mehr tun. Das ist aber Aufgabe der einzelnen Innungen. Wir sind in der Innung Nordost beispielsweise im vorigen Herbst unsere Mitgliederliste durchgegangen und haben zehn junge Parkett- und Bodenleger zu einem Gespräch über die zukünftige Rolle des Handwerks und der Innung eingeladen. Das Gespräch war hochinteressant und aufschlussreich. Etliche Ideen haben wir begonnen, umzusetzen. Das Gespräch soll halbjährlich fortgeführt werden.

PM: Also ein Forum junger Handwerker, sozusagen?

Joachim Barth: Richtig. Und wir werden auch zu unseren Vorstandssitzungen diesen Kreis einladen. Die Jungen haben zwar satzungsgemäß keine Aufgabe und Stimme, aber wir wollen ihre Meinung hören. Ich persönlich möchte auf diese Weise einen jungen Kollegen für die Innungsarbeit gewinnen und ihn in meine Nachfolge einarbeiten.

Insgesamt ist die Tragik die, dass die jungen Leute alle keine Zeit haben. Die Firmen fordern heute den Inhaber mehr denn je. Viele Kunden holen nicht mehr nur zwei, sondern fünf Angebote ein. Die Beratungszeit ist sehr intensiv und lang anhaltend geworden.

PM: Und wie sieht es im Bundesvorstand aus. Muss man sich nicht dort auch um Nachwuchs bemühen?

Joachim Barth: Ja, selbstverständlich. Das ist noch viel schwieriger, weil der Vorstand des Zentralverbandes sich aus der Mitgliederversammlung rekrutiert und die wiederum besteht aus 21 Obermeistern und 21 Fachgruppenleitern. Diese Kollegen haben bereits ihre ehrenamtlichen Aufgaben, deswegen ist dort die Bereitschaft, in den Vorstand zu gehen, nicht sonderlich hoch.

PM: Die Strukturen der einzelnen regionalen Innungen sind sehr inhomogen verteilt. Eine große Innung, viele kleine. Gibt es einen Nordstaat-Gedanken bei den Innungen?

Joachim Barth: Da fragen Sie den falschen Mann. Ich werde einen Teufel tun, Einfluss auszuüben, geschweige denn, meine Meinung auszuplaudern. Mit Sicherheit gibt es bei einigen Innungen Überlegungen. Wie immer sich die Innungen entscheiden, ich werde das voll respektieren.

Die bayerischen Innungen beispielsweise haben einen Landesinnungsverband gegründet. Das hat unter anderem den Vorteil, dass dieser Landesinnungsverband in der Selbstverwaltung der Berufsgenossenschaften Sitz und Stimme hat.

Im Übrigen haben wir als Zentralverband neuerdings ein eigenes Logo. Damit haben wir die Voraussetzung geschaffen, um gezielt als Qualitätsbetrieb an die Öffentlichkeit zu gehen.

PM: Wann kommt dieses Logo?

Joachim Barth: Das sog. I-Mantik-Logo soll in Kürze bei den Betrieben bekannt gemacht werden. Zum Herbst sollen die Innungen und Betriebe ein Druckmedium in Form einer CD bekommen, damit jeder das für sich vermarkten kann.

Betriebe oder Innungen können, wenn sie möchten, dieses Symbol auf ihre Briefbogen drucken lassen. Wir werden versuchen, mit unserem geringfügigen Etat dieses Zeichen in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, beispielsweise, wenn technische Rundschreiben an Architekten und Fachzeitschriften versendet werden, auf Messen und Ausstellungen. Vor dem Gesichtspunkt, dass auch die Innungen kaum Geld für Werbezwecke haben, dürfte diese Vorgehensweise die beste sein.

PM: Sind die Verträge mit der Werbeagentur mittlerweile unterschrieben?

Joachim Barth: Das steht unmittelbar bevor. Die ZM soll in drei, vier Wochen rauskommen. Dann soll es auf der ersten Seite stehen und den Betrieben vorgestellt werden.

PM: Ganz kurz: In zehn Jahren, wie sieht dann der Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik aus? Drei Stichworte.

Joachim Barth: Wenn ich das wüsste... Aber ich hoffe, dass die Vereinigung unserer Fachverbände bis dahin existiert, die Zusammenarbeit mit allen anderen vertrauensvoll ist und - vor allem - dass dann das Handwerk überhaupt noch gefragt ist in Europa.

Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik - in Kürze

Mitglieder: 21 Innungen (Landes- und Regionalinnungen)

Innungsbetriebe:
1.700 Betriebe davon:
- ca. 500 bis 600 Betriebe mit Ausrichtung Bodenbeläge
- 1.100 bis 1.200 Parkettlegerbetriebe (Abgrenzung schwierig)

Organisationsgrad:
- ca. 80 % bei Parkettlegern (vor Novellierung der HwO)
- 5 bis 10 % bei Bodenlegern
aus Parkett Magazin 02/05 (Wirtschaft)