18. TKB-Fachtagung "Klebstoffe in der Fußbodentechnik"
Was können moderne Verlegewerkstoffe leisten?
Bei rapide gesunkener Besucherresonanz aus dem Handwerk wurden auf der Frankfurter Klebstofftagung wieder wichtige Fragen angeschnitten, die auch und gerade den Verarbeiter betreffen: Muss an Spachtelmassen eine CM-Prüfung durchgeführt werden? Was können elastische Parkettkleber? Sind Naturkleber umweltfreundlicher als EC1-Produkte? Auch wenn manche Vorträge und Diskussionen etwas akademisch ausfielen, ließen sich vielfach dennoch wertvolle Hinweise für die Praxis ableiten.
Die Prüfung der Belegreife von Spachtelmassen, die Grenzen von Trockenestrichen, der Einfluss einer vollflächigen Verklebung auf den Schallschutz, elastische Parkettkleber und Emissionen aus Verlegewerkstoffen bildeten die Kernthemen der 18. Fachtagung "Klebstoffe in der Fußbodentechnik" im großen Saal der IHK Frankfurt - der mit über 200 Teilnehmern wieder einmal bis auf den letzten Platz gefüllt war. Die Veranstaltung der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) im Industrieverband Klebstoffe (IVK) verzeichnete damit trotz schwieriger Wirtschaftslage insgesamt kaum Besuchereinbußen.
Wie gewohnt konnte Tagungsleiter Dr. Roland Krieger, TKB-Vorsitzender und Technik-Vorstand bei Uzin, allerdings in erster Linie Teilnehmer aus den eigenen Reihen begrüßen: 42 % der Anmeldungen kamen aus der Verlegewerkstoff-Industrie. Der Besucheranteil aus dem Handwerk sank hingegen mit 13 % auf nahezu die Hälfte des Vorjahresniveaus - die eigentlichen Adressaten der Veranstaltung hatten sich vom diesjährigen Programm offenbar nicht angesprochen gefühlt.
Dabei wurden in einigen Fachvorträgen durchaus auch einige wertvolle Hinweise für die Praxis vermittelt - jedoch häufig lediglich am Rande. ParkettMagazin fasst die praxisrelevanten Inhalte und Ergebnisse der einzelnen Referate in bewährter Form zusammen und hebt die wichtigsten Erkenntnisse für das Handwerk hervor.
Ist an Spachtelmassen eine Feuchteprüfung erforderlich?
Ein aus Handwerkersicht besonders heißes Eisen griff Dr. Rüdiger Oberste-Padberg, Ardex, in seinem Auftaktreferat zum Thema "Methoden zur Beurteilung der Belegreife von Spachtelmassen" auf. Es drehte sich im Kern um die viel diskutierte Frage, ob an Spachtelmassen - wie bei Estrichen - vor der Belagverlegung eine Feuchtemessung durchgeführt werden muss? Keine wirklich neue Diskussion, aber immer noch hochaktuell: Schon im vergangenen Jahr hatte Schönox-Entwicklungschef Günther Hermann mit seinem Vortrag über Gipsspachtelmassen für Aufsehen gesorgt, an denen er zumindest ab 15 mm Schichtdicke eine CM-Messung empfahl. In der damaligen Diskussion gab der Berufssachverständige und Estrichexperte Dieter Altmann zu bedenken, dass man schließlich auch die Restfeuchte eines Dünnestrichs prüfen muss - warum dann nicht auch die einer Spachtelmasse?
Oberste-Padberg hatte vor diesem Hintergrund mögliche Methoden für eine Restfeuchtemessung an Spachtelmassen unter die Lupe genommen und ihre Praxistauglichkeit getestet. Eine Prüfung mit dem CM-Gerät, wie sie von einigen Herstellern gefordert wird, bezeichnete er allerdings als "völlig unzumutbar". Grund: Für eine CM-Prüfung muss die Masse aufgestemmt und anschließend mit einem Reparaturmörtel wieder verschlossen werden, wodurch erneut eine "feuchte Stelle" eingebaut wird, deren Belegreife man wieder in Frage stellen müsste - auf diese Weise kommt man also nie zu einem abschließenden Ergebnis. Außerdem ist noch völlig ungeklärt, wie eine CM-Messung an Spachtelmassen konkret durchzuführen ist - Probeentnahme, Stemmtiefe, Mess-dauer usw. - und welche Werte dabei anzustreben sind.
Als mögliche Alternativen bezog Oberste-Padberg eine Probeverklebung und eine Messung der Feuchtigkeit über der Spachtelmasse in seine Untersuchungen ein - wobei er die Probeverklebung als sehr zeitaufwendig und damit wenig praxisgerecht bewertete. Praktikabler gestalten sich indirekte Verfahren wie die Messung der relativen Luftfeuchte über der Masse in einem Plastikbecher ohne Boden oder das Aufbringen von Silicagel - sie liefern allerdings nicht bei allen Produkten brauchbare Ergebnisse. Hier sind also genaue Kenntnisse der Materialzusammensetzung erforderlich.
Das Fazit des Referenten: "Im Zweifelsfall sollte der Bodenleger den Außendienst des Spachtelmassenherstellers ansprechen, um von ihm eine Beurteilung der Belegreife zu verlangen." Er appellierte an die Spachtelmassenhersteller, ihre Angaben zur Trocknungsdauer an den realen Baustellenbedingungen auszurichten, um dem Bodenleger praxisnahe Werte an die Hand zu geben. Die Verarbeiter sollten sich im Gegenzug genau an die Verarbeitungshinweise des Herstellers halten.
Eignen sich Trockenestriche auch für vollflächig verklebtes Parkett?
Dr. Frank Gahlmann von Stauf ging in seinem Vortrag auf die Frage ein, inwieweit sich Trockenestriche als Untergrund für Parkettverlegungen eignen - eigentlich eher ein Randthema: Trockenunterböden spielen zwar im aufstrebenden Sanierungsgeschäft durchaus eine bedeutende Rolle - Parkett wird auf solchen Unterböden allerdings meistens schwimmend verlegt. Vollflächige Verklebungen auf gips- bzw. zementgebundenen Fertigteilestrichen oder Spanplatten sind die Ausnahme.
Gahlmanns Untersuchungen lieferten dennoch bemerkenswerte Ergebnisse: Vor allem die getesteten Holzwerkstoffe zeigten ein beachtliches Leistungspotential. Sie erreichten bei vielen wichtigen Materialkenndaten von der Scher- und Zugfestigkeit über die Zug-Bruch-Dehnung bis zur Durchbiegung deutlich bessere Werte als klassische Fertigteilestriche auf Gips- oder Zementbasis. "Holzwerkstoffplatten sind aufgrund ihrer mechanischen Eigenschaften durchaus für Parkettverklebungen geeignet", fasste Gahlmann seine Erkenntnisse zusammen. "Mineralisch gebundene Platten eignen sich hingegen nur begrenzt und ausschließlich für quellarmes Parkett."
Seine Empfehlung: Spanplatten sollten als Untergrund für vollflächige Parkettverklebungen eine Dicke von 25 bis 38 mm aufweisen - OSB-, HDF- oder Holzfaser-Zement-Platten eine Dicke von 20 bis 30 mm.
Welches Klebeverfahren ist für Holzpflaster das beste?
Dr. Thomas Brokamp von Bona befasste sich ebenfalls mit einem reinen Parkettleger-Thema - der Verklebung von Holzpflaster. Aufgrund der ernormen Kräfte, die der Belag bei Raumluftänderungen aufbaut, werden hier an den Klebstoff besondere hohe Anforderungen gestellt. Was ist besser: Eine elastische Verklebung, die den Belag frei arbeiten lässt und dadurch den Untergrund schont, oder eine starre Verklebung, die Maßänderungen des Belag abfängt und die auftretenden Kräfte in den Untergrund ableitet?
"Hartplastisch verlegtes Holzpflaster verhält sich im wesentlichen wie Parkett - es arbeitet allerdings sehr schnell und besonders heftig", hat Brokamp bei seinen Vergleichsuntersuchungen festgestellt. Klassische, hartplastische Parkettkleber erfordern bei Holzpflasterverlegungen daher sehr feste Untergründe. Bei einer weichplastischen Klebung wird der Untergrund deutlich weniger belastet, weil das Holz frei arbeiten kann: "Früher oder später wird sich der Belag auf eine Fläche ausdehnen, die der Ausdehnung bei Auffeuchtung im Jahresmaximum der Feuchte entspricht. Daher empfiehlt es sich, von vornherein die Einbaufeuchte entsprechend hoch anzusetzen", riet Brokamp. Dann wären mit weichplastischen Klebern gute Ergebnisse zu erzielen.
Welche Vorteile bieten elastische Parkettkleber?
Die Vorteile und Grenzen einer elastischen Verklebung von Parkett standen auch im Mittelpunkt des Referates von Schönox-Entwicklungschef Günther Herrmann. Seit rund 3 Jahren sind weichplastische Parkettkleber auf 1-K-PU- und MS-Polymerbasis auf dem Markt, die vor allem bei großen Holzformaten und empfindlichen Holzarten Vorteile gegenüber den herkömmlichen, spröden Lösemittel-Kunstharzklebern bieten sollen. Sie entsprechen zwar nicht den geltenden DIN-Normen - können allerdings Beschädigungen des Untergrundes oder der Kleberverbindung durch Quell- und Schwindprozesse des Holzes vermeiden. Außerdem lässt sich mit Hilfe elastischer Parkettklebstoffe die Fugenbildung begrenzen.
Hermann verwies auf umfangreiche Praxiserfahrungen, die die Vorzüge der neuen Klebstoffe belegen: "Viele Referenzobjekte zeigen, dass die elastische Verklebung heute Stand der Technik ist und dass sich diese Klebstoffsysteme auch in hoch belasteten Bereichen bewährt haben." Er warb dabei vor allem für die MS-Polymer-Systeme: "Ein wichtiger zusätzlicher Aspekt für den Verarbeiter und den späteren Nutzer ist die Gewissheit, dass es sich bei diesen Klebstoffen um umweltgerechte Produkte handelt."
Welchen Einfluss hat eine vollflächige Verklebung auf den Schallschutz?
Wie entsteht Schall? Wo liegen die Unterschiede zwischen Körper-, Raum- und Trittschall? Mit welchen Maßnahmen lässt sich der Schallschutz von Gebäuden effektiv verbessern? Obwohl man bei Hartmut Urbaths Ausführungen zu diesen allgemeinen Fragestellungen viel lernen konnte - sie dienten letztlich nur zur Begründung eines wenig spektakulären Fazits: "Die besten Ergebnisse erzielt man durch eine vollflächige Verklebung von Parkett und Laminat."
Wieder einmal wollte die Klebstoffindustrie mit stichhaltigen technischen Argumenten die Notwendigkeit einer vollflächigen Verklebung von Laminat und Fertigparkett unter Beweis stellen - während die Hersteller dieser Beläge unter Marketinggesichtspunkten weiterhin die schwimmende Verlegung ihrer Produkte bevorzugen. Die Frage im Untertitel des Vortragsthemas - "Welche Möglichkeiten hat der Bodenleger?" - blieb daher leider unbeantwortet.
Solange die Belagindustrie weiterhin viele Hartbeläge ausschließlich für die schwimmende Verlegung freigibt, bleiben dem Bodenleger nur sehr wenige Möglichkeiten für einen effektiven Schallschutz. Auch wenn Klebstoffhersteller Henkel-Thomsit, bei dem Urbath beschäftigt ist, mit seinem "Flüsterkleber" ein geeignetes Produkt für die Laminatverlegung anbietet.
Sind Naturkleber verbraucherfreundlicher als EC1-Produkte?
"Die reine Wahrheit" über so genannte "Naturklebstoffe" wollte Dr. Matthias Hirsch mit seinem Vortrag aufdecken. Den Anlass hatten Veröffentlichungen in Verbraucherschutz-Magazinen geliefert, bei denen selbst geprüfte, als "sehr emissionsarm" zertifizierte Produkte mit "weniger" oder "nicht empfehlenswert" benotet wurden - z.B. in "Öko-Haus" 1/98. Entsprechende Pressemeldungen haben auf Verbraucher- und Verarbeiterseite für erhebliche Irritationen gesorgt: Welchen Kleber darf ich einsetzen, wenn der Auftraggeber besonders umweltschonende Materialien verlangt? Welches Produkt ist nun wirklich ein Öko-Kleber? Wie ist es möglich, dass ein sehr emissionsarmer Kleber von "Öko-Testern" als "nicht empfehlenswert" eingestuft wird? Alles Täuschung?
Keineswegs: Bei der Beurteilung von Öko-Produkten kommt es immer darauf an, was man unter "ökologisch" versteht - in welcher Hinsicht soll das untersuchte Produkt besonders umweltschonend sein: in der Herstellung, in der Verarbeitung, in der Zusammensetzung, in der Nutzung oder in der Entsorgung? Rein synthetische Stoffe sind beispielsweise in der Nutzung häufig völlig unbedenklich, weil sie chemisch sehr "rein" sind und ihre Umwelt nicht beeinflussen, während Produktion und Ausgangsstoffe unter Umständen nicht besonders umweltgerecht ausfallen. Produkte aus natürlichen Rohstoffen sind hier positiver zu bewerten, können allerdings hohe, unkalkulierbare Emissionen abgeben und dadurch beispielsweise sensibilisierend wirken.
Die Prüfer von "Öko-Haus" hatten als Bewertungsmaßstab in erster Linie die Inhalts- bzw. Ausgangsstoffe herangezogen. Produkte, die Kunstharze enthalten, konnten daher von vornherein kein "empfehlenswert" erhalten. Das war lediglich den Klebstoffen auf Basis nachwachsender Rohstoffe - beispielsweise Naturlatex - möglich. Sind diese Kleber deshalb auch verbraucherfreundlicher? Nicht unbedingt: Denn die Emissionen solcher Kleber werden bei dieser Art der Bewertung ebenso wenig berücksichtigt wie ihre Funktionalität.
Unter Raumluft- und Arbeitsschutz-Aspekten sind Naturkleber weniger empfehlenswert
Das bestätigen die Untersuchungsergebnisse des Kiesel-Entwicklungschefs. Er fand bei der Prüfung von Klebstoffen auf natürlicher Rohstoffbasis unter anderem erhebliche Ammoniak-Emissionen. Darüber hinaus stellte er flüchtige organische Verbindungen (VOC) im Lösemittelbereich fest. Sein Fazit: "Die Grundanforderungen an die Innenraumluftqualität werden nicht vollständig erreicht." Einige Inhaltsstoffe würden zudem nachweislich über ein
allergenes Potential verfügen.
Damit sind diese vermeintlichen "Naturkleber" aus dem Bioladen den als "sehr emissionsarm" zertifizierten Produkten für den professionellen Verarbeiter unter raumlufthygienischen Gesichtspunkten sowie unter Arbeitsschutz-Aspekten eher unter- als überlegen. Auch Bauherren sollten sich also genau überlegen, ob ihnen eine langfristig saubere Raumluft wichtiger ist, als der Anspruch, ein Produkt auf natürlicher Rohstoffbasis eingesetzt zu haben - dann ist nämlich ein sehr emissionsarmer Klebstoff die sicherere Wahl.
Beim technischen Leistungspotential können Naturkleber sowieso nicht mithalten, wie Hirsch festgestellt hat: "Im Vergleich zu EC1-Klebstoffen müssen erhebliche Abstriche in der Anfangsklebkraft gemacht werden. Darüber hinaus zeigen sich beim Thema Nachhaltigkeit gravierende Mängel." Die Festigkeiten fielen bei Alterungstests teilweise auf extrem niedrige Werte ab. Die damit verbundene Gefahr gravierender Schäden im Fußbodenbau dürfte dem betroffenen Nutzer kaum gefallen - hier relativiert sich also ebenfalls der Begriff "verbraucherfreundlich". Eine dauerhafte technische Funktionsfähigkeit versprechen bislang nur die sehr emissionsarmen Produkte für den professionellen Verarbeiter.
Spachtelmassen verringern Emissionen aus Vorstrichen und Klebstoffen
Gastredner Dr. Olaf Wilke von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin erläuterte, in welchem Umfang emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe zu einer sauberen Raumluft beitragen können. Er hat die VOC-Emissionen aus verschiedenen Einzelmaterialien gemessen und zudem drei komplette Fußbodenaufbauten mit unterschiedlichen Bodenbelägen geprüft. Das verblüffende Ergebnis: Die Emissionen aus den drei Komplettaufbauten aus Estrich, Grundierung, Spachtelmasse, Kleber und PVC-, Textil- bzw. Linoleumbelag waren geringer als die Summe der Emissionen der Einzelmaterialien.
Wilke führte die niedrigen Emissionswerte unter anderem auf die beschränkte Durchlässigkeit der Bodenbeläge zurück: "Die Komplettaufbauten mit Linoleum und PVC emittierten die gleichen Substanzen mit vergleichbaren Emissionsraten wie die Bodenbeläge allein." Hier wurden die Emissionen aus Kleber, Grundierung und Spachtelmasse offenbar vom Belag abgeschirmt. Bei den Emissionen aus dem Teppichboden-Komplettaufbau dominierten hingegen Substanzen aus dem Verlegeuntergrund.
Dass hier dennoch nur vergleichsweise niedrige Werte ermittelt wurde erklärte Wilke mit einer möglichen "Puffer-Wirkung" der Spachtelmasse. Tagungsleiter Dr. Roland Krieger, Vorstandsmitglied Technik bei Uzin, bestätigte diese Wirkungsweise von Spachtelmassen. Für den Bodenleger bedeutet dies: Ist ein emissionsarmer Systemaufbau gefordert, muss neben einem entsprechend zertifizierten Klebstoff auch unbedingt eine geeignete Spachtelmasse eingesetzt werden.
aus
Parkett Magazin 02/02
(Wirtschaft)