Berry Floor will neue Kanäle erobern

"Laminat ist ein erwachsenes Produkt geworden"

Der zur belgischen Berry Group gehörende Laminatbodenhersteller Berry Floor hat Trend Watcher beauftragt, den Markt zu beobachten und Tendenzen vorauszunehmen. Das Ergebnis: Gute Dekore sind es, die den Verbraucher von Laminatboden überzeugen. Und auch in wirtschaftlichen Fragen will Berry am Ball bleiben. Ob Markenstrategie, Baumarkt-Angebot, Fachhandelsoffensive oder strategische Allianzen - es darf keine Tabus geben.

"Laminat ist ein erwachsenes Produkt geworden", sagt Berry-Marketingleiter Philippe Harinck. Diese Art der Fußbodenoberfläche wird nach Ansicht des Unternehmens auf Dauer 8 bis 9 % vom europäischen Bodenbelagsmarkt halten. 1986 waren es nur 0,1 %.

Berry Floor hat 2001 innerhalb der Berry Group rund 20 % zum Gesamtumsatz beigetragen. Die ältere Teppichschwester Berry Tuft wurde damit erstmals überholt. Um diesen Schwung nicht zu verlieren, versucht der Laminathersteller, von der Beteiligung an zwei Trend Watching Firmen zu profitieren. Die Marktbeobachter mühen sich, künftige Tendenzen vorauszuahnen. Dementsprechend fokussiert Berry Floor seine Entwicklungsaktivitäten nun auf vier Bereiche:

- Neue Dekore
- Trittschalldämmung
- Prägedruck für Fliesen und Holzstruktur
- Rechteckige Laminatfliesen

Eine zunehmend wichtige Rolle, glaubt man erkannt zu haben, spielt das Dekor. Immer perfekter, immer naturgetreuer soll es werden. Berry Floor plant, dreidimensionale Strukturen in die Oberfläche zu bringen, um beispielsweise Stabparkett noch besser nachzubilden. Aber auch Farbe ist angesagt. Zumindest in Frankreich laufen die farbigen Dekore der "Loft"-Reihe gut.

Vertrieb öffnet sich nach allen Seiten

Ohnehin sehen die Belgier in Frankreich, Benelux und England ihre stärksten Märkte. Deutschland dagegen wird aufgrund harter Konkurrenz und starken Preiskampfes als schwieriges Terrain bezeichnet. Auch Logistik und Kundenbetreuung scheinen dort verbesserungsfähig. Dennoch, heißt es in der Zentrale, habe der selbständige Vertriebsleiter Volker Kühnl in Deutschland mit Laminat von Berry Floor und Parkett von Berry Wood schon gute Erfolge erzielt.

Die Vertriebsschiene besteht derzeit im Fachhandel und im Handwerk. Vor allem die norwegische Tochter Alloc wird mit ihren hochwertigen Produkten weiter diesen Weg gehen. "Es laufen derzeit Verhandlungen mit Großkunden", verlautete Anfang Mai aus dem Berry-Management. Aber auch der Bodenleger bleibt ein wichtiger Partner. "Produkte wie die 120 cm lange Monolam-Diele benötigen professionelle Beratung, um an den Endkonsumenten gebracht zu werden."

Darüber hinaus will sich Robert Myncke, Generalmanager der Wood Division bei Berry, dem Baumarktsektor und seinem Preisgefüge nicht verschließen: "Falls sich DIY-Ketten mit unserer Marketingstrategie anfreunden können."

Schon jetzt existiert im FSC-zertifizierten Werk im belgischen Menen (Kapazität: 21 Mio. qm) die Private-Label-Produktion. Ab Juni wird Berry Floor in Belgien sogar eine eigene Marketing-Kampagne einläuten. Die richtet sich zwecks Aufbau einer Marke direkt an den Endverbraucher. Sollte das Konzept, bei dem Sportler-Sponsoring in den Bereichen Triathlon, Motorcross und Tourenwagen als Werbeträger eingesetzt wird, Erfolg haben, könnte es auf andere Länder übertragen werden.

Neue Kundschaft versucht man auch mit dem neuen Produkt "Regency" zu erobern. Interesse weckte das aus zwei unterschiedlichen Dielenbreiten (12 und 17 cm) aufgebaute Laminat bereits auf der vergangenen Domotex. Eine reinigungsfreundliche V-Nut an der Dielenlängsseite und eine strukturierte Oberfläche (Woodstructure) verstärken seine Natürlichkeit. Ab Juni 2002 lassen sich alle vier Laminat-Produkte von Berry Floor (Casa, Loft, Gallery, Regency) auch auf einer neuen Internet-Seite besichtigen.

Kosten sparen und an Kooperationen denken

Die aktuellen Marktaussichten werden als schwach beurteilt. Dass einer der Konkurrenten derzeit Geld verdient, glaubt Robert Myncke nicht: "Kleine Unternehmen haben kaum genug Polster, um diese Zeit zu überleben. Die Preise in der Holzwelt gehen noch immer nach unten. Wir können nicht verstehen, warum einige jetzt expandieren."

Berry will die Flaute lieber mit Kostensparen überstehen: "Wir müssen warten, bis sich der Markt stabilisiert hat und Instrumente finden, mit denen wir die Osteuropäer und Asiaten draußen halten." Vertikale Integration, durchgehende FSC-Zertifizierung, innovatives Engagement und Ausbildung sind Maßnahmen, mit denen die Holzabteilung von Berry der Lage zu widerstehen sucht. Ständiges Thema: Rationalisierung und kosteneffiziente Programme. Wie kann weniger Ausschuss produziert werden? Wo finden sich günstigere Partner für den Holzeinkauf? Von Fall zu Fall entschieden wird, ob Teile der Prozesskette hausintern aufgebaut oder im Bereich des Zukaufs verbleiben sollen. Das betrifft etwa die HDF-Herstellung. Noch ist hier kein eigenes Werk geplant.

Als Folge der wirtschaftlichen Situation registriert man innerhalb der europäischen Parkettbranche gestiegene Gesprächsbereitschaft. Konkret angedacht werden strategische Allianzen und andere Kooperationsformen. Myncke nennt keine Namen, aber: "Wir sind jung in der Branche und könnten morgen mit einem anderen Unternehmen zusammengehen. Von Firmen, die seit 30 Jahren in diesem Geschäft sind, können wir nur lernen."

Alloc gut im amerikanischen Markt

Seit März 2001 besitzt Alloc in seinem Werk im amerikanischen Racine eine Kapazität von rund 7 Mio. qm. Das sind rund 16 % mehr als die 6 Mio. qm im norwegischen Lyngdal. Allerdings wird in den USA ausschließlich DPL hergestellt. Die Markennamen sind gleich: Alloc Universal, Alloc Original, Alloc Commercial und Alloc Home. Unterschied: Während es in Europa Alloc Original ab dem laufenden Jahr mit Silent System gibt, ist Trittschallschutz in Nordamerika kein Thema.

Der U.S.-Markt verzeichnete im Jahr 2000 einen Gesamtbedarf in Sachen Bodenbelag von 2,6 Milliarden qm. Parkett hatte daran einen Anteil von 2,8 %, Laminatboden rangierte bei 1,6%. Eine deutlich wachsende Rolle spielt die Klick-Verbindung. 2003, so die Prognose, wird sie die Hälfte des in den USA vertriebenen Laminatbodens ausmachen. Das erklärt, warum Berry, Alloc und Välinge ihren Rechtsstreit um Klick-Patente auch nach dem Scheitern in erster Instanz vor der International Trade Commission (ITC) nicht aufgeben und in die Berufung gehen.

Unabhängig von Vorteilen aus Patenten ist Alloc nach Unternehmensaussage gut im amerikanischen Markt verankert. Nach der Messe Surfaces in Las Vegas hat man eine "positive Resonanz" gespürt. Ein großer Abnehmer in den USA ist die Einzelhandelskette Walmart, die ihre Läden mit Alloc ausstatten lässt. Zudem wird Laminat für Großkunden wie die Armstrong-Gruppe produziert.

Berry Group - Daten

Präsident: Luc de Clerk
Inhaberschaft: 100 % Familienbesitz
Umsatz: 418,95 Mio. EUR (2000), 430-440 Mio. EUR (2001), 460-470 Mio. EUR (erw. 2002)
Mitarbeiter: 1.750 (2000)
Wood Division Umsatz: 141,79 Mio. EUR (2000), geschätzt 180 Mio. EUR (2001)
Wood Division Mitarbeiter: 537 (2000)
aus Parkett Magazin 03/02 (Wirtschaft)