Innung Nordost tagte in Friedrichroda
Jahresversammlung mit drängenden Themen
Zu ihrer zweiten Innungsversammlung in diesem Jahr hatte die Innung Nordost nach Friedrichroda/Thüringen eingeladen. Über 150 Teilnehmer, darunter auch zahlreiche Fördermitglieder, haben die traditionell über zwei Tage laufende Veranstaltung genutzt, um sich über den Stand der Innungsarbeit, über rechtliche Themen und über neue Erkenntnisse aus der Praxis informieren zu lassen. Der Rahmen war weit gesteckt und reichte von der Diskussion über Mitgliedsbeiträge bis hin zur Entsorgung alter Beläge und Untergründe.
Im Mittelpunkt der Versammlung stand der Bericht des Innungsobermeisters Joachim Barth zur Arbeit der Innung Nordost. Aus- und Fortbildung im Parkett- und Bodenlegerhandwerk, eine Abstimmung über die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung für Parkett- und Bodenleger, die Ehrung der Landessieger im Praktischen Leistungswettbewerb der Handwerksjugend sowie die Überreichung der Meisterbriefe an drei neue Meister waren weitere Punkte der Tagesordnung. Zum Vergaberecht, zu Gerichtsentscheidungen aus jüngster Zeit und zur Zahlungsmoral nahm die HWK Halle Stellung, aufschlussreiche Informationen zum Reizthema Bankenrating vermittelte die Volksbank Halle. Im technischen Tagungsteil wurde über besondere Schadensfälle berichtet, Fördermitglieder gaben Tipps zum Kleben und Färben von Holzfußböden.
In seinem Jahresbericht ging Obermeister Barth auf den bestehenden Tarifvertrag ein. Obwohl dort Dinge festgeschrieben sind, die zunehmend Bauchschmerzen bereiten, soll an dem Vertrag festgehalten werden. Als ein Beispiel nannte er die nicht mehr praxisgerechte Kalkulation der Verlegung von Zweischichtparkett.
Sorgen macht Barth die Entwicklung der Fortbildung. Meisterkurse sind wenig gefragt. "Wir haben in unserer Region nur fünf Anmeldungen zur Meisterfortbildung. Das bringt uns in Not. Denn wir können diesen Fünf doch nicht sagen, wartet solange, bis sich 20 angemeldet haben. Deshalb werden wir über den ZVPF eine Bündelung dieser Maßnahmen vornehmen, damit wir diejenigen, die den Meisterbrief erwerben wollen, schnell bedienen können."
Zur Finanzsituation der Innung merkte er an, dass sich die niedrigeren Beiträge aufgrund sinkender Beschäftigungszahlen deutlich bemerkbar machen. Eine Beitragsanpassung halte er für unausweichlich und kündigte für die Frühjahrsversammlung eine entsprechende Beschlussfassung an. Die Mitgliederzahl ist mit jetzt 198 unverändert geblieben. Zwei Verlusten durch Todesfälle stehen zwei Neuzugänge gegenüber. Barth appellierte an die anwesenden Mitglieder, gegen nachlassende Organisationsbereitschaft anzugehen und aktiv Mitgliederwerbung zu betreiben.
Unter diesem Aspekt sieht Barth auch die Beteiligung der Innungen an den kommenden Messen. Die Innung Nordost wird in Hannover am 16. Januar den Domotex-Stand des Zentralverbandes betreuen und dort im Rahmen eines Innungstages den Besuchern u.a. kulinarische Klassiker der Region anbieten. Anlässlich der Bautec im Februar in Berlin soll der Innungsstand als "lebendige Werkstatt" eingerichtet werden. "Wir wollen dabei unsere handwerklichen Fähigkeiten unter Beweis und unseren Beruf als Lehrberuf in den Vordergrund stellen."
Enttäuscht äußerte Barth sich zum Thema "Handwerksordnung". Hier sei von den Großkoalitionären keine Neuausrichtung zu erwarten. Bleibe nur die Feststellung, dass das Handwerk keine wirkliche Heimat in der jetzigen politischen Landschaft besitzt. Zu den Bestrebungen einiger Innungen und Innungsmitglieder, die Mitgliedschaft bei den Kammern zu beenden, ließ Barth folgenden Gedanken im Raum stehen: "Will das Handwerk wirklich die Zwangsmitgliedschaft in den Kammern in Frage stellen und damit auch erreichen, dass die vielen Trittbrettfahrer dann nicht mehr zur Finanzierung unserer handwerklichen Selbstverwaltung herangezogen werden?"
In seinem Bericht über den Stand der Aus- und Fortbildung erläuterte Lehrlingswart Gerd Zellhuber die neu erarbeiteten Bewertungsmerkmale für die Zwischen-/Gesellenprüfung der Parkett- und Bodenleger und drängte auf eine bundeseinheitliche Einführung dieser Richtlinien. Mit den derzeitigen Lehrlingszahlen zeigte er sich zufrieden, verhehlte aber nicht, dass die Ausbildung zum Bodenleger noch zu zögerlich angenommen werde. Hier ist viel mehr möglich, meinte auch der Bundesfachgruppenleiter der Bodenleger Karsten Krause, der als Gast an dieser Innungsversammlung teilnahm. Im Einzugsbereich der Innung Nordost sind 84 Parkettlegerlehrlinge in der Ausbildung, bei den Bodenlegern haben 158 Jugendliche einen Lehrvertrag.
Karsten Krause:
"Interessen bündeln"
An den Anfang seines Gastbeitrags stellte Karsten Krause einen Appell an die Innungsmitglieder, auf keinen Fall die Innungen und den darüber stehenden Dachverband in Frage zu stellen. "Wenn Sie das tun, unterstützen Sie die Totengräber unserer Handwerksorganisationen." Zum Thema Handwerksordnung legte er mit einem Zitat eines Bundespolitikers nach: "Der Meisterzwang ist ein Bollwerk aus dem Mittelalter, das nur dazu dient, einige privilegierte Handwerker vor lästiger Konkurrenz zu schützen." Weltfremder, meinte Karsten Krause, kann man sich wohl nicht äußern. In seinen weiteren Ausführungen berichtete er über die Zunahme von Dumping-Preisen im Objektbereich, vor allem von Anbietern aus den neuen EU-Mitgliedsländern. "Wir müssen deshalb unsere Interessen bündeln", mahnte er die Versammlungsteilnehmer, "wir müssen, wo und wann immer es geht, unsere Stimmen erheben, damit wir wahrgenommen werden. Machen wir das nicht, wird uns schon bald das Wasser abgegraben." Zu den laufenden Bestrebungen des BEB (Bundesverband Estrich und Belag), neben dem bestehenden Kommentar "Bodenbelagsarbeiten" (Kaulen, Baumann, Hahn) einen eigenen Kommentar herauszugeben, äußerte Krause Verständnis. Nicht alle, meinte er, sind mit dem bestehenden Kommentar einverstanden. Daher habe sich innerhalb des BEB eine Arbeitsgruppe gebildet, um einen völlig neuen Kommentar zu erstellen. Mittlerweile wird dieses Vorhaben auch vom ZVPF unterstützt.
Ungewöhnliche Schadensfälle
Joachim Barth berichtete von einem Gutachterauftrag, in dem es um die Beurteilung von Holzverfärbungen ging. Ein Nussbaumboden war nach 1 Jahren ausgeblichen, hell verfärbt. Da der Parkettleger versäumt hatte, auf die Möglichkeit des Ausbleichens hinzuweisen, musste er auf seine Kosten schleifen und neu versiegeln. Dazu der Rat von Joachim Barth: "Machen Sie sich über die Eigenschaften des eingesetzten Holzes kundig. Und: Informieren Sie den Bauherrn, schriftlich."
In einem weiteren Fall musste 10mm Massivparkett im Rahmen einer Reklamation geschliffen und neu versiegelt werden. Hier machte der Bauherr Wertminderung geltend, weil das Parkett nicht mehr über die zugesagte Dicke von 10 mm verfüge. "Diese Dicke", meinte Barth, "hatte das Lamparkett allerdings schon nach dem Erstschliff nicht mehr." Er gehe davon aus, dass dabei nicht nur die durchschnittlichen 0,8 mm abgetragen werden, sondern an vielen Stellen bis zu 2 mm verloren gehen. "Wir wissen das, der Kunde nicht. Der geht nämlich davon aus, dass sein 10 mm Lamparkett auch in 10 mm Dicke auf dem Boden liegt." Barth empfiehlt auch hier, dieses Wissen nicht zurückzuhalten und den Kunden schriftlich über die tatsächlich nutzbare Dicke aufzuklären.
Über einen brisanten Streit um die Holzfeuchte von Parkett berichtete Wilhelm Schmidt. Ein mit einem stark lösemittelhaltigen Klebstoff verarbeitetes Mosaikparkett war unmittelbar nach der Verlegung gequollen und hatte sich stellenweise vom Untergrund gelöst. Die Ursache war schnell gefunden: Das Mosaikparkett war mit durchschnittlich 7% Holzfeuchte zu trocken angeliefert und eingebaut worden.
In dem laufenden Verfahren gehe es jetzt darum, ob für die Lieferfeuchte die in der EN 13488 genannte Bandbreite von 6 bis 10% zugrunde gelegt werden kann oder ob die Lieferfeuchte dem Einbauort anzupassen ist. Das wären für Mitteleuropa 9% (+/- 2%). In einer weiteren EN-Norm (EN 13342) ist dies auch so festgehalten. Dort heißt es: "Im Hinblick auf den Feuchtegehalt ist der Gleichgewichtszustand von Holzfußböden abhängig von der Umgebungstemperatur und der relativen Luftfeuchte der Örtlichkeit." Und zu den Maßangaben von Holzböden wird festgestellt, dass "sämtliche Maße für eine Bezugsfeuchte von 9% angegeben sind." Wilhelm Schmidt räumt ein, dass die Angaben zur Holzfeuchte in der EN 13488 nicht schlüssig sind. Der Hinweis, dass sich die Bandbreite von 6 bis 10% auf ganz Europa bezieht, und für Mitteleuropa nach wie vor 9% gelten, hätte genügt. Seine Empfehlung, bei der Bestellung unbedingt die gewünschte Holzfeuchte anzugeben, wurde nachhaltig von Norbert Strehle unterstützt.
Über dessen Vortrag zum Thema "Altböden - drauf oder raus" wird in der nächsten Ausgabe berichtet. Soviel sei schon gesagt: Strehle empfiehlt "Raus reißen", ohne Wenn und Aber, rückstandslos. Und für diese Empfehlung hat Norbert Strehle viele Gründe.
aus
Parkett Magazin 06/05
(Wirtschaft)