maison & objet
La mode-maison - sehr dekorativ und manchmal überraschend
Paris - Lohnt sich der ganze Aufwand? Muss man im Januar nach der Heimtextil in Frankfurt auch noch nach Paris zur maison & objet? Diese Frage erübrigt sich ganz rasch für Newcomer ebenso wie für "Wiederkehrer". Das liegt nicht unbedingt an Paris, der Schönheit der Stände oder Hallen oder der - sicherlich straffen - Organisation. Die Messe entwickelt jedes Mal eine Eigendynamik, die plötzlich da ist, mitreißt oder auch nicht. Wahrscheinlich liegt es an der Lust, Neues zu zeigen und zu sehen. Neugier und Spaß - Augenlust treibt einen durch die Hallen. Nicht alles ist neu und aufregend, da gibts auch Flops. Die bleiben erst einmal unbeachtet. Und der Kommerz - wie steht es damit?
Geschäfte machen, das ist doch der Hauptgrund, sich auf internationale Messen zu begeben. Das mag wohl so sein, spielt aber hier keine Rolle. Nicht vordergründig! Hier geht es um Kreativität, Wagnis, Überzeugungskraft. Zumindest in den Kern-Hallen der maison & objet - in Scènes dintérieur und dem Avantgarde-Bereich now!, beide in Halle 5B. Da muss man erst durch und kann sich dann verteilen auf die übrigen Hallen, je nach Sachgebiet und Branche. Geheimnisvolle Materialien und überraschende Mixturen an Farben, Formen und Mustern versäumt man, wenn man die Halle 1 ethnic chic.mic auslässt. Gerade die Textiliten entdecken Trends in diesen weitläufigen multi-kulturellen Ständen.
Eigentlich dürfte man keine Halle übergehen, doch das ist nicht machbar. Gerade im Januar ist die Messe wieder gewachsen. Die Editeure - von anfänglich 40 jetzt 100 Aussteller - hatten ihren eigenen Bereich in Halle 5C. Auch hier Faszination, die deutsche Editeure wie JAB Anstoetz und Zimmer+Rohde erstmals dahin lockte. Mit dem Katalog-Vermerk "Erstaussteller" kann die Messeleitung SAFI bereits seit zehn Jahren beeindrucken. Es werden von Jahr zu Jahr mehr, trotz langer Wartezeiten und nicht immer angemessener Standplatzierung.
Die Faszination der mode-maison
Ein Begriff, der so stehen bleiben muss, weil er übersetzt an Aussagekraft verliert. La mode-maison hier in Paris-Villepinte ist ganz einfach kreativ, innovativ, dekorativ. Dazu gehören Möbel, Teppiche und Haustextilien, Geräte für Tisch, Küche und Haushalt und unendlich viele Objekte. Zunehmend bedacht wurden die Themen Kind, Bad und Gartenleben.
Die Besucher der maison & objet kommen aus aller Welt und aus allen Bereichen, die mit Wohnen, Bauen, Design, Architektur, Innenarchitektur, Einrichten und natürlich Handel und Vertrieb zu tun haben. Sie alle sollen inspiriert und bedient werden. Daher jetzt auch einmal jährlich ein neuer Salon im alten Messegebiet Le Bourget, mit der maison & objet in Villepinte über kostenlose Shuttle Busse verbunden. Die Möbelmesse Planète Meubles Paris fand zum ersten Mal statt, hatte französisch-italienische Prägung und warf bei manchem Besucher die Frage auf, welche Möbelhersteller in Le Bourget ausstellen werden und welche in Villepinte bleiben, zum Beispiel in der begehrten Halle 5B. Die maison & objet ist, wenn auch im progressiven Sinne, ziemlich Möbel-lastig. Tatsache ist, dass auf der neuen Möbelmesse - 300 internationale Marken auf 38.000 qm - von vornherein konzeptionell und ambientemäßig präsentiert wurde, deutlich dekorativ und mit Einbeziehung von Textilien. Die Messe wird von der Messeleitung als erfolgreich beschrieben und sie wird sich bis nächsten Januar wahrscheinlich etablieren.
Ein kleiner Blick auf vorläufige Angaben des Institut de promotion et détudes de lameublement (IPEA) weist darauf hin, dass der französische Möbelmarkt im letzten Jahr leicht gewachsen ist, vor allem bei Jungem Wohnen und im Küchenbereich. Beachtenswert ist die Verschiebung bei den Vertriebswegen. Raumausstatter und Möbelspezialisten waren umsatzmäßig leicht im Nachteil gegenüber Handwerkern und Einrichtungs- und Dekorationsfachhandel, hieß es. Der Umsatz mit Sitz-, Küchen- und Gartenmöbeln stieg leicht, ebenso der mit Betten und Bettwaren.
Dinge, die dem Heim eine Seele geben
Mit solcher Beschreibung umschmeicheln die Franzosen Heim- und Haustextilien. Die Textil-Halle 2 ist international und räumlich gut ausgelastet. Die Aussteller müssen auf meist kleiner Fläche (ca. 45 qm) bei ihrer Standpräsentation klar zur Sache kommen. Es gilt, mit einem Blick aufzufallen und dennoch gute Info-Atmosphäre zu bieten. Die deutschen Aussteller haben das meistens gut realisiert. Und um auf den Kommerz zu kommen - da stellt sich der Erfolg nicht immer gleich so ein, wie erhofft.
Im Januar dieses Jahres war die allgemeine Stimmung gut, trotzdem kamen nicht so viele Besucher, wie erwartet. Das mag in den Messeberichten anders klingen - hier geht es um Aussteller-Aussagen. Bettwäsche war in der Textil-Halle ein Schwerpunkt. Einige der großen französischen Hersteller stellten dieses Mal nicht auf der Heimtextil in Frankfurt aus, waren sich aber sicher, dass die deutschen Kunden nach Paris kamen, um zu ordern. Das war nicht unbedingt wirklich der Fall, aber auch der französische Einzelhandel hielt sich zurück. Dafür war der internationale Besucherandrang, vor allem aus Osteuropa und Ostasien, bemerkenswert. Darum ging es auch in erster Linie den deutschen Ausstellern, die in Paris ihren Kundenkreis deutlich in jeder Hinsicht erweitern wollten. Auch das klappte nicht so wie erwartet, natürlich unterschiedlich von Hersteller zu Hersteller. Die Besucherfrequenz wurde allgemein als etwas schwächer im Vergleich zum Vorjahr empfunden. Auch bei den Editeuren war die Situation ähnlich. Dennoch überwogen wiederum die positiven Eindrücke, Zweifel wurden nur verhalten geäußert.
Laut Schlussbericht der Messe kamen 8,3 Prozent mehr Besucher als im Januar 2005 zur maison & objet - gut ein Drittel davon aus dem Ausland. Bemerkenswert ist das wieder angewachsene Interesse der nordamerikanischen Einkäufer, allen voran das der Kanadier. Wirklich starke Kaufkraft zeigten die Besucher aus Osteuropa, die mehr denn je nach Paris kamen. Fast unglaubliche Zahlen wurden angeführt: 40 Prozent mehr Besucher aus Russland, +20 Prozent aus der Ukraine und aus Ungarn, +83 Prozent ausTschechien, +69 Prozent aus Lettland, +40 Prozent aus Litauen. Nicht weniger auffallend der Besucherzuwachs aus Ostasien: +39 Prozent aus Japan, +62 Prozent aus Südkorea.
Vorhang auf für die Designer
Diesem Aufruf wurde die maison & objet mit einigen Events sicher gerecht. Es ging immer wieder darum, Mode und Lifestyle zusammenzubringen im Bereich Wohnen. Interessant, wenn auch nur im Detail zu begreifen oder umzusetzen, sind Trendvorgaben als Reflexionen auf das aktuelle Alltagsleben. Dieses Mal suchten drei bekannte Trendsetter aus Frankreich nach dem Paradies. Sie wollten Inseln des Glücks schaffen und zwar mit ökologischem Gewissen.
Im Trendparcours inszenierte die Messe Themenbereiche, um Einflüsse und Inspirationen für die kommenden Saisons aufzuzeigen. Vincent Grégoire für die Agentur Nelly Rodi zeigte in "Newstalgie" die Sehnsucht nach vergangenen Zeiten, gleichzeitig bescheiden und hip, nostalgisch und modern. Elisabeth Leriche ließ unter "Sur la route" Ökonomaden die Leine los machen. Hütten, Container, Zelte und Wohnwagen stehen hier für ein freieres Leben im Einklang mit der Natur. Franois Bernard fasziniert das Wasser, dieses knappe, wertvolle Gut, und zaubert mit Materialien, Formen und Farben in "Atlantide" ein flüssiges Paradies von kristalliner Transparenz.
Die nächste maison & objet in Paris-Villepinte findet statt vom 1. bis 5. September 2006.
aus
Haustex 03/06
(Wirtschaft)