Tarkett investiert in Holz
Parkett aus Serbien für den "Wachstumsmotor" Osteuropa
Das Geschäftsfeld Parkett wurde von der Tarkett AG über Jahre hinweg eher stiefmütterlich behandelt. Jetzt sorgt der Konzern auch in diesem Belagsegment wieder einmal für Schlagzeilen. Im serbischen Backa Palanka, zwei Autostunden nordwestlich von Belgrad, der Hauptstadt von Serbien-Montenegro, entsteht für 20 Mio. EUR die modernste "Parkett-Schmiede" Europas. Die Produktionsmenge für 2006 ist mit stattlichen 1,2 Mio. qm veranschlagt und soll bis 2008 auf 2,2 Mio. qm gesteigert werden. Zumindest vorerst sieht das Fertigungsprogramm fast ausschließlich dreischichtige (Schiffs-) Böden vor, also "klassisches" Fertigparkett.
Dass Tarkett mit Drei-schicht-Parkett ausgerechnet in eine Produkttype investiert, die wie keine andere unter Preisdruck steht, mag zunächst verwundern. Doch was für Zentraleuropa zutrifft, ist für östliche Regionen noch lange nicht relevant. Die ehemalige Sowjetunion stellt einen schier unersättlichen Wachstumsmarkt dar. Beispiele: Während 2005 der Verbrauch an Fertigparkett in Deutschland zirka 17 Mio. qm betrug, wird Russland gerade mal auf 5 Mio. qm taxiert. Mit einem gegenwärtigen Mengenvolumen von zusammen 2 Mio. qm bieten die Ukraine und der Balkan ebenfalls hervorragende Entwicklungschancen. "Wir rechnen in diesen Ländern mit einem enormen Nachfrageschub, so dass sich in den nächsten drei Jahren der Absatz verdoppeln dürfte", lautet die optimistische Einschätzung von Benoît Miquel, Chef des Business Center Holz, in der Tarkett-Gruppe.
"Geringere Transportkosten, unabhängig von Währungsschwankungen, keine Importzölle"
Die Notwendigkeit, vor Ort zu produzieren, verdeutlichte Tarkett-Vorstandsvorsitzender Marc Assa in einem Interview mit BTH Heimtex: "Damit realisieren wir drei Effekte: Wir sparen Transportkosten, die immer teurer werden und weiter im Steigen begriffen sind, wir machen uns unabhängig von Währungsschwankungen und wir unterliegen nicht Importzöllen oder ähnlichen Tarifen. Das sind alles Risiken, die das internationale Geschäft belasten - und wir setzen uns diesen Risiken nicht mehr aus." Der Standort Serbien scheint ideal zu sein, da mit Russland und den meisten Balkanländern Freihandelsabkommen bestehen und die üblichen Steuersätze europaweit das niedrigste Niveau haben.
Das 2002 von Tarkett und dem jugoslawischen Bodenbelagshersteller Sintelon gestartete Joint Venture,unter dessen Dach auch die Parkettfabrik läft dürfte seinen Erfolgskurs also fortsetzen. Die Marktdurchdringung in den besagten Regionen durch Sintelon, gepaart mit dem Produktions-Know-how sowie der Kapitalkraft von Tarkett, verleiht dieser strategischen Konstellation einen enormen Wettbewerbsvorteil. Die Erfolgsbilanz spricht für sich: Mit einem Umsatzplus von gegenwärtig 20% ist Osteuropa der wichtigste Wachstumsmotor des Konzerns.
Mit weiteren Unternehmen zukunftsträchtige Allianzen
Nachdem das taktische Kalkül des Tarkett-Vorstandsvorsitzenden aufgegangen ist, liegt es nahe, mit weiteren Unternehmen zukunftsträchtige Allianzen einzugehen. So unterzeichnete Assa auf dem Laminatboden-Sektor eine Absichtserklärung für ein Joint Venture in Osteuropa mit der Schweizer Krono-Gruppe, während der nordamerikanische Markt gemeinsam mit dem chilenischen Holzwerkstoffhersteller Aconcagua bedient werden soll. In Clarion (Pennsylvania) ist das bislang größte vertikal integrierte Laminatwerk der USA mit einer Produktionskapazität von 25 Mio. qm geplant.
Westeuropa wird demnächst mit dem portugiesischen Sonae-Konzern abgedeckt. Gegenwärtig entsteht in Eiweiler (Saarland) ein vollstufig arbeitendes Laminatwerk, dessen Produktionsvolumen 24 Mio. qm beträgt. Eine weitere Parkettfabrik wird außerdem im polnischen Poznan errichtet. Sie soll im Oktober an den Start gehen. Im schwedischen Stammwerk Hanaskog sind größere Investitionen geplant, unter anderem um Spezialitäten herzustellen. Abgeschaltet wurde dagegen die Produktionsstätte im gleichfalls schwedischen Broby. Im französischen Joinville werden inzwischen nur noch Sportböden gefertigt.
Zurück zum Standort Serbien: Mit einem Gesamtvolumen von über 70 Mio. EUR in 2005 gehörte Tarkett zu den vier wichtigsten Exporteuren des Landes; 2006 sollen die Ausfuhren mit über 90 Mio. EUR zu Buche schlagen, wobei Russland klar an erster Stelle steht.
Der Gesamtumsatz der serbischen Produktionsstandorte, die elastische Bodenbeläge, abgepasste Teppiche, textile Bahnenware und jetzt auch Parkett herstellen, soll in diesem Jahr 130 Mio. EUR betragen. Auf den Parkettbereich entfallen 20 Mio. EUR.
Namhafte Maschinenbauer lieferten modernste Fertigungstechnologie
Um in Serbien Parkett zu fertigen, hat Tarkett ein Gelände von 65.000 qm erworben; 25.000 Quadratmeter sind bereits überdacht. Bei der Konzeption der Produktionsstätte hatte Evert Augustsson die Federführung, ein "Urgestein" der schwedischen Parkett-Division von Tarkett. Mit Europas führenden Maschinenherstellern (Bürkle, Homag, Schröder, Wintersteiger, InComac etc.) ist es ihm gelungen, eine der weltweit am besten ausgestatteten Parkettfabriken zu errichten.
Die in Backa Palanka verarbeiteten Laubhölzer werden als Friese in der Region gekauft und nach diversen Trocknungs- und Konditionierungsprozessen auf Dünnschnittgattern (DSG 200) des österreichischen Maschinenbauers Wintersteiger in fünf Decklamellen (Dicke 4,05 mm) bei einer Schnittspaltbreite von 0,9 mm aufgetrennt.
Das fertige Produkt weist die Nutzschicht-Stärke zwischen 3,5 und 3,6 mm auf. Derartige Gattersägen ermöglichen auch die Herstellung von Landhausdielen mit Lamellenbreiten von 150 bis 200 mm.
Als Mittellagen kommen Fichte oder Kiefer zum Einsatz, für die Nutzschicht werden in erster Linie Eiche, Buche, Kirsche, Walnuss, Sapeele, Merbau, Esche und Roteiche verwendet.
Die Oberflächenvergütung erfolgt ausschließlich mit Lack. Dem Wunsch nach einer Optik "wie geölt" kommt man mit einer besonders matten Einstellung nach. Für Öl/Wachssysteme eignet sich die Anlage hingegen nicht, was kein Problem darstellt, da derartige Produkte in Ost-europa keine Nachfrage erfahren.
Diese technischen Finessen interessieren die Menschen in Backa Palanka herzlich wenig. Viel wichtiger ist, dass bis Ende 2006 zirka 230 Arbeitsplätze in der Parkettfabrik geschaffen sind.
aus
BTH Heimtex 03/06
(Wirtschaft)