Kommentar
Das Floor Forum - eine Erfolgsgeschichte?
"Stilvolles Gesamtkunstwerk, wegweisende Trendempfehlungen, unangefochtene Führungsrolle als Trendbarometer ..." Ja, wir hätten das Floor Forum auf der Domotex in Halle 3 auch gerne so gesehen, wie unsere Kollegen aus der Pressestelle, die natürlich pro domo schreiben müssen. Wir können den Jubel leider nicht nachvollziehen.
Lassen wir mal offen, ob das Briefing in der heutigen Zeit noch passt: Teppiche und Teppichboden mit Premium-Anspruch in einer anspruchsvollen Sonderschau zusammen zu fassen; damit Trends setzen, Teppicheinkäufer motivieren, die Crème des Einrichtungshandels nach Hannover holen. Der Anspruch liest sich gut, ist aber auch in diesem Jahr nicht erfüllt worden. Zuwenig Aussteller mit Zugkraft (trotz Arte Espina und Vorwerk), zuviel Mittelmaß, mäßige Standgestaltung der finanzschwachen Editeure und - viel zu schwaches Gestaltungskonzept trotz eines in der Branche renommierten Ulf Moritz.
Das Floor Forum präsentierte sich nicht wie eine Sonderschau; schon gar nicht wie eine Premium-Ausstellung. Halle 3 präsentierte sich einfach nur langweilig. Man konnte als Besucher nicht einmal nachvollziehen, wo in der Halle Floor Forum anfing und wo es aufhörte. Es gab keine Klammer, nicht mal einen farbigen Nadelfilz, der das Areal optisch zusammengehalten hätte. Dazwischen einige Dekorationen aus der Hand von Ulf Moritz, die Trends zeigen sollten. Unbeachtet. Wir sahen keine Besucher und Gestalter, die innehielten, Notizen machten und von dort ausgehend den Ausstellungsbesuch planten, so wie wir es aus den bestbesuchten Trendveranstaltungen auf der Heimtextil kennen.
Ulf Moritz mag zwar ein begnadeter Textildesigner sein, sein Können als Standgestalter - oder wie hier eine Nummer größer - als Gestalter einer Sonderschau, ist er auch in diesem Jahr schuldig geblieben.
Am Geld wird es kaum gelegen haben. Die Messe investiert in die Sonderschauen und will damit Zeichen setzen. Vielleicht hatte Herr Moritz einfach keine Lust, oder schlimmer - er kann es nicht? Vielleicht muss er sich aber einfach nur neue Praktikantinnen suchen, wenn wir dem Arbeitsstil von Ulf Moritz ("Ich mache eigentlich nichts selbst") glauben sollen, der in der Einrichtungszeitung A&W beschrieben wird. Danach arbeitet Moritz in einer Art Steh-Office; Fax-Gerät, Scanner, Telefon, das im Wechsel mit dem Handy heiß läuft ... Der eigentliche Entwurfsraum ist im ersten Stock untergebracht "da gehe ich aber nie rauf. Höchstens einmal die Woche." Oben arbeiten ein bis zwei Praktikantinnen und nach Bedarf freie Mitarbeiter. Es hat für alles Experten, einen für Messebau... Die Mitarbeiter kommen von Zeit zu Zeit nach unten, um die Fortschritte zu präsentieren. "Ich weiß, wann das Ergebnis stimmt."
Die beschriebene Arbeitsweise mag im Designbereich funktionieren. Wir wollen Ulf Moritz sein Können nicht absprechen. Beim Messebau und speziell dem Floor Forum hat die Methode aber grandios versagt. Jede Pausenzone auf der Frankfurter Heimtextil ist interessanter und phantasievoller gestaltet; von der Trendschau auf der Heimtextil wollen wir gar nicht erst reden. Das Floor Forum war auch in diesem Jahr keine Erfolgsgeschichte, leider.
Michael Steinert
aus
Heimtex Orient 01/06
(Wirtschaft)