Ambiente

Jeder Aussteller ist sein eigener Trendsetter

Frankfurt/Main - ... und das mit mehr oder weniger großem Erfolg. Tatsache ist, dass die Fachbesucher aus aller Welt Kreativität und Authentizität anerkannten und das Gespräch mit den Herstellern suchten. Das schlug sich nieder in der guten Stimmung, die in fast allen Hallen zu spüren war. Die große internationale Konsumgütermesse Ambiente, vom 10. bis 14. Februar, schließt im ersten Viertel des Jahres den Reigen der wichtigsten Ordermessen zum Thema Wohnen, Schenken und genussvollem Alltagsleben und kann daher als Konjunkturbarometer für viele Branchen gewertet werden. Fazit bei Ausstellern und Besuchern: Man erwartet kein neues Wirtschaftswunder, doch der Markt ist in Bewegung.

Der Pfeil zeigt nach oben! Stärker als bisher wurden im Fachmessebereich Living (Loft, Country Home) spezielle Junior-Linien in "Kids World" als Wachstumssegment für viele Handelsbereiche in den Fokus gerückt. Punkten konnten auch Aussteller in Outdoor/Living mit origineller und komfortabler Einrichtung für das begehrte Wohnzimmer im Freien.

Es ist wieder mehr Schwung im Geschäft - so die optimistische Einschätzung. 147.000 Fachbesucher - das sind um vier Prozent mehr als im Vorjahr - aus 132 Ländern kamen nach Frankfurt. Das bedeutet, der internationale Handel zeigte wieder starke Präsenz (plus 13 Prozent). Italien, die USA, Spanien, Griechenland und Großbritannien führen die internationale Besucherliste an. Gute Zuwächse verzeichnet die Ambiente bei den Gästen aus USA (15 Prozent), Japan (fünf Prozent) und den mittel- und osteuropäischen Ländern. Damit überschreitet der Internationalitätsgrad dieser Messe erstmals die 40-Prozent-Marke. Der deutsche Handel war trotz anhaltend rückläufiger Zahl an Facheinzelhandelsgeschäften genauso zahlreich vertreten wie im letzten Jahr. Von den 4.580 Ausstellern aus 87 Nationen gaben zwei Drittel an, ihre Messeziele erreicht zu haben.

Lust auf Genuss pur

In den drei Ambiente-Leitmessen Dining, Giving und Living ist die Stimmung positiver als noch im Vorjahr, wenn auch die konjunkturelle Ausgangsbasis nicht unbedingt erfreulich ist. Vor allem der GPK-Fachhandel für den gedeckten Tisch, Hausrat und Wohnkultur - auf der Ambiente der größte Ausstellerbereich - ist von der Kaufzurückhaltung der Verbraucher betroffen. Carl Reckers, Präsident des entsprechenden Bundesverbandes, und ebenso der Geschäftsführer Thomas Groth sehen Ermutigung in den Genuss bewussten Marktsegmenten, in denen geschätzt 25 Prozent Verbraucher bedient werden. Sie haben wieder Interesse an Tischkultur und suchen einfallsreiche und Trend orientierte Produkte für Küche und Haushalt, Gästebewirtung und Tischdekor. Unverändert wichtig ist die emotionale Ansprache und das klare Herausstellen von Qualität und Funktion.

Die Aussteller hatten sich auf das Wesentliche konzentriert und Neuheiten gezielt und gut präsentiert. Zum Thema Tischkultur gehören sicher Textilien, mit denen die GPK-Branche immer wieder Synergien sucht und versucht. Durch solche Zusatzprodukte wird Lebensgefühl transportiert. Der Umgang damit scheint aber nicht so einfach zu sein, wie es im Interesse des Endverbrauchers und natürlich des Umsatzes wünschenswert ist.

"Genießen mit Freude und Freunden aus aller Welt" ist das Motto einer bundesweiten Aktionswoche im Handel Mitte Mai - organisiert vom Verband in Zusammenarbeit mit der Messe Frankfurt -, um mit neuen Deko-Ideen Lust zu machen auf das gemeinsame Genießen zu Hause, am eigenen Tisch und in der Küche.

Wachsendes Qualitätsbewusstsein

Immer mehr Verbraucher sind bereit, für hochwertige Markenprodukte mehr Geld auszugeben. Für 2006 wird vor dem Hintergrund der angekündigten Mehrwertsteuererhöhung mit Umsatzsteigerungen gerechnet. Diese Hoffnung ist allen Branchensprechern gemein. Mit einem kleinen Umsatzplus von 1,4 Prozent hat der deutsche Möbel-, Küchen- und Einrichtungsfachhandel im Jahr 2005 die Trendwende offenbar eingeleitet. Unterstützt wurde die erfolgreiche Entwicklung unter anderem durch konsequente Neuorientierungen innerhalb der Branche. Der Möbelhandel setzt zunehmend auf Fachsortimente wie Wohnaccessoires und Dekoratives für Zuhause, aber auch Leuchten und Lichtsysteme, Produkte für die Küche und den gedeckten Tisch sowie Geschenkartikel. Unterstützend ist dabei die Bereitschaft der Verbraucher, Qualität und Funktion sowie Design und Beratung wieder einen höheren Stellenwert zu geben. Den direkten und unmittelbaren Kontakt mit dem Verbraucher schätzt der Möbel- und Einrichtungsfachhandel als unschlagbaren Vorteil gegenüber dem Internet und den "Geiz ist geil"-Discountern. Der Bundesverband des Deutschen Möbel-, Küchen- und Einrichtungshandels e.V., Köln, rechnet in den kommenden Monaten mit der Neueröffnung von rund 18 zusätzlichen Möbelhäusern mit jeweils über 25.000 qm Brutto-Verkaufsfläche.

Der Luxus der Zukunft muss nicht unbedingt teuer sein

Unter Berücksichtigung bestimmter Umstände ist der Handel bereit, ohne Preisdebatte zuzugreifen. Er hat dann aber auch Argumente, die er an seine Endverbraucherkunden weitergeben kann. Gespräche sind wichtig. "Wir hören hin" und "wir gehen auf die Wünsche unserer Kunden so weit wie möglich ein", heißt es oft bei den Ausstellern im Bereich Living, der exklusiven Welt des Wohnens, Einrichtens und Dekorierens. Diese Flexibilität zeigt sich angenehm in der Gestaltung der Kollektionen. Es ist erstaunlich, wie geschickt ineinander greifend Gesamtkonzepte aus Mobiliar und Accessoires gestaltet sind. Meist sind es Unternehmen mit internationalem Erfolg, die rasch bestimmte Trendströmungen mit einfließen lassen. So sind eben nicht nur die Produkte, sondern die Konzepte innovativ.

Zur Zeit scheint der Kundenkreis der Ambiente - und der ist international groß und sehr differenziert - aufnahmebereit für Details und Kreationen mit eigener Handschrift. Trotz aller Kopier-Versuche und Wettbewerbsverzerrungen - die besten, glaubwürdigsten Trends erarbeiten sich die Hersteller selbst. Die Umsetzung von Farben, Material- und Formneuheiten erfolgt meist rasch und praktisch ohne Grenzen, natürlich auch sofort vergleich- und austauschbar. Da kann der einzelne Hersteller nur erfolgreich sein, wenn er den Mut hat zur eigenen Idee. Nicht umsonst schneiden Manufakturen gut ab. Der Begriff Wertigkeit wird oft erwähnt. Damit meint man zum Beispiel Materialien wie Leinen und Leder, langlebig und strapazierfähig, aufwändig und "altmodisch" verarbeitet. "Die Kunden schätzen Produkte, die über die Zeit eine Wertsteigerung erfahren".

Daneben werden amüsante Ideen, originell von der Funktion oder vom innovativen Material her, oder einfach mit Spaßcharakter hoch geschätzt. Gefragt ist, was individuell erscheint. Das zieht sich durch sämtliche Bereiche. Dabei wird nicht nur das Produkt an sich geschätzt, sondern vieles, was mit Fertigung und Umwelt zu tun hat. Ein zusätzlicher Wertfaktor, den es zu beachten gilt. Laut Ausstelleraussagen gewinnt das Qualitätssiegel "Made in Germany" wieder an Bedeutung. Vielleicht ein Wunschdenken, aber es tut den Gesprächen gut. Im Zusammenhang mit der Qualität wird auch der Produktionsstandort kritisch hinterfragt. Für die Arbeitsplatzsicherung in Deutschland sei der Kunde bereit, tiefer in die Tasche zu greifen, bestätigen Hersteller.

Kreative Verbindung von Dekoration und Funktionalität

Ob hand- oder industriegefertigt - im Wohnbereich darf es verspielt und soll es gemütlich sein. Natürliche Materialien werden hochwertig verarbeitet und zeigen nicht selten romantisierenden Touch. Es wird aber nicht süßlich übertrieben, selbst Pastells sind aussagekräftig und klar. Die Formen bleiben schlicht. Im Gegensatz dazu fällt der Hang zum üppigen Barock auf. Auf Textilien und Porzellan zeigen sich großflächig Floralmuster. Die Farbe Weiß steht für Frische und Leichtigkeit und dominiert, ob edel, natürlich rustikal oder innovativ. Darüber erstrahlt Grün in vielen Abstufungen. Internationale Textilhersteller erwarten für die Zukunft eine Verschiebung in Richtung Blau. Eine besondere Rolle und das zunehmend spielen im Bereich Living Accessoires aller Art. Kerzen, Düfte, Blüten, Taschen und vor allem Haustextilien - Deko- und Sitzkissen, Tischwäsche, Plaids und Decken - bestimmen den Charme eines Raumes.

Grenzenlos ist der Mix im Bereich des Schenkens. Bunt und lebenslustig vereint der weltoffene Ethno-Look mit leichter Hand die schönsten Elemente ganz unterschiedlicher Kulturen. Asiatische, orientalische und mediterrane Eindrücke fließen zusammen in opulenten floralen Mustern und Engelbildern auf Vasen, Tellern, Kissen oder Paravents. Dunkles Rot oder Violett werden oft abgelöst von hellen Tönen, vor allem Weiß, Türkis, Blau- und Grüntönen, Pink.

"Ambiente Windows" in der Frankfurter City

Erstmals kooperierte die Messe Frankfurt zeitgleich zur Ambiente mit der privatwirtschaftlichen Initiative CityForum ProFrankfurt. Über 30 Geschäfte zeigten in der Frankfurter Innenstadt Top-Neuheiten von der Messe. Am verkaufsoffenen Sonntag - der erste, der anlässlich einer internationalen Frankfurter Messe stattfand - machten sich etwa 200.000 Besucher auf den Weg in die City Frankfurts. Objektive Beobachter wussten zu berichten, dass das Ziel dieser Menschenmenge nicht in erster Linie Einrichter- oder Wohnshops waren. Immerhin - window shopping ist auch nicht zu verachten.

Die nächste Konsumgütermesse in Frankfurt ist die Tendence Lifestyle mit einem avantgardistischen Off-Programm mitten in der Stadt und einer Sonderschau "Personal Shopper" von Jungstars aus der Designerszene. Sie findet statt vom 25. bis 29. August 2006. Die nächste Ambiente - Internationale Frankfurter Messe 2007 findet vom 9. bis 13. Februar statt.
aus Haustex 04/06 (Wirtschaft)