Interview mit Wolfgang F. Heck, Henkel-Thomsit
"Die Ausrichtung auf den professionellen Verarbeiter gehört zum Kerngeschäft"
Nach einschneidenden organisatorischen Veränderungen im vergangenen Jahr überraschte Thomsit die Branche mit einem grandiosen Domotex-Auftritt, was in wirtschaftlich schwierigen Zeiten etwas heißen will. Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf, wo die Reise des Unternehmens hingeht. Was hat es mit der Verschmelzung der professionellen Handwerkergeschäfte des Henkel-Konzerns auf sich? Ist die Bodenliga noch ein Thema? Wie stellt sich die Marktsituation für Bodenbelagsklebstoffe generell dar? Diese und weitere zentrale Themen beantwortete Wolfgang F. Heck bei seinem Besuch in den Hamburger Redaktionsräumen des SN-Verlages. Völlig unerwartet kam die Ankündigung des Leiters der Profi-Handwerker-Zielgruppen, Ende dieses Jahres in den Ruhestand zu treten.
BTH-Heimtex: Herr Heck, schon vor einigen Monaten kündigte der Henkel-Konzern eine organisatorische Neuausrichtung an, von der auch die von Ihnen geführte Bautechnik betroffen ist. Was genau soll wann passieren?
Wolfgang F. Heck: Unter dem Dach der Henkel Bautechnik bestand bereits eine enge Verzahnung der Fußbodentechnik mit den Bereichen Fliese, Dach und Bauwerksabdichtung. Parallel dazu gab es weitere Geschäftsfelder in der Konzernzentrale, die ebenfalls auf das Handwerk zielen - Metylan auf den Maler oder Tangit auf den Installateur. Schnittstellen existierten in der bisherigen organisatorischen Aufstellung jedoch kaum. Um das zu ändern, wurden all diese Aktivitäten gebündelt und mir wurde die Verantwortung für sämtliche Handwerkergeschäfte übertragen. Von der engen Kooperation und dem Know-how-Austausch versprechen wir uns eine Stärkung des gesamten Profi-Bereichs. Mitte des Jahres soll die Verschmelzung abgeschlossen sein.
BTH-Heimtex: Diese Neuausrichtung erstaunt umso mehr, als in den vergangenen Jahren auch schon mal von Trennungsabsichten die Rede war.
Heck: Für einen Konzern, dessen Name eigentlich für Waschmittel, Kosmetik oder Konsumentenklebstoffe steht, ist es nahe liegend, sein Engagement in anderen Geschäftsfeldern zu hinterfragen. Letztlich haben aber alle Analysen ein eindeutiges, für uns äußerst erfreuliches Resultat erbracht, nämlich, dass die Ausrichtung auf den professionellen Verarbeiter zum Kerngeschäft des Henkel-Konzerns gehört. Dass aus Handwerker-Produkten von heute die DIY-Produkte von morgen erwachsen, war dabei zweifellos ein wichtiger Aspekt. Darüber hinaus eröffnet das Exportgeschäft überaus interessante Perspektiven. Es macht also durchaus Sinn, die Aktivitäten wieder direkt in den Konzern als gesamtheitliches Kerngeschäft zu integrieren. Damit teilt sich das Klebstoffsegment in den Konsumenten- und den Handwerkerbereich, wobei letzterer in Deutschland dominiert.
BTH-Heimtex: Was ursprünglich gar nicht so gut aussah...
Heck: ...sich aber in den letzten Jahren außerordentlich positiv entwickelt hat. Entsprechend gut ist die Stimmung. Wenn man Mitarbeitern sagen kann "ihr seid Kerngeschäft", dann motiviert das ungemein. Unterstrichen wird diese strategische Neuausrichtung zudem von einer räumlichen Integration. Nachdem sich der bisherige Standort der Henkel Bautechnik acht Kilometer abseits des Hauptwerks befand, ziehen die bautechnischen Marken sukzessive bis zur Jahresmitte ebenfalls in die Konzernzentrale um. Auch diese Maßnahme ist ein wichtiges Signal.
BTH-Heimtex: Um wie viel größer muss man sich die neue Einheit vorstellen?
Heck: Wenn man der Henkel Bautechnik den Index 100 zuordnet, dann würde er für die künftige Konstellation 140 betragen.
BTH-Heimtex: Und wie sieht demnächst Ihr Briefpapier aus?
Heck: Wir firmieren - wie der Konzern - als Henkel KGaA (Kommanditgesellschft auf Aktien, d. Red.). Der Absender für sämtliche Profi-Produkte wird Bautechnik sein, als klare Abgrenzung zu den Konsumentenklebstoffen. Da die bisherige GmbH erlischt, entfällt die Funktion des Geschäftsführers. Folglich lautet mein Titel "Leiter". Den Schwerpunkt meines Verantwortungsbereichs bildet der Vertrieb auf sechs Geschäftsfeldern, wobei mir ebenso viele Verkaufsleiter unterstellt sind - für Thomsit ist das Norbert Blach.
BTH-Heimtex: Ein Großhändler, der den Maler im Visier hat, kommt an der Marke Metylan nicht vorbei. Hier müssten sich bei der neuen Konstellation doch auch für Thomsit neue Ansatzpunkte ergeben.
Heck: Exakt hier liegt ein wesentlicher Grund für die Zusammenlegung aller Handwerker-Aktivitäten. Die Geschäfte bieten ein enorm hohes Synergiepotential, das wir gemeinsam mit unseren Handelspartnern ausschöpfen möchten. Das geschieht allerdings ohne die Vertriebsspezialisierung anzutasten, denn sie ist das Herz unserer Organisation. Aus diesem Grunde wird Thomsit auch weiterhin auf sein erfolgreiches Objektpartner- und Stützpunkthändler-System setzen.
BTH-Heimtex: Apropos Großhändler: Die beiden Branchenführer gehören nicht zu ihren Marktpartnern. Wie passt das mit dem Selbstverständnis Ihres Hauses zusammen?
Heck: Natürlich hinterfragen wir in dem einen oder anderen Fall, ob frühere Entscheidungen nach heutigen Gesichtspunkten noch richtig sind. Fest steht, dass wir über ein stabiles Netz an Großhandelsstützpunkten verfügen und es sehr in unserem Interesse liegt, dass diese Partner bezüglich Thomsit in einem gesunden Wettbewerb zueinander stehen. Ein viel diffizileres Thema stellt die Übernahme von Großhandelsstützpunkten durch Farbhersteller dar. Klebstoffe stehen dabei nicht im Fokus, aber wenn es sie denn schon im Konzern gibt, wie im Fall Akzo, platziert man sie und der bisherige Lieferant hat das Nachsehen.
BTH-Heimtex: Was den deutschen Markt für Bodenbelagsklebstoffe betrifft, scheint sich nach Jahren rückläufiger Nachfrage eine Konsolidierung einzustellen. Würden Sie dieser Einschätzung zustimmen?
Heck: Das Minus hat deutlich abgenommen und vielleicht haben wir sogar die Talsohle erreicht, aber von Konsolidierung zu sprechen, ist meiner Meinung nach zu früh. Zentrale Fragen sind unter anderem: Was passiert im kommenden Jahr, wenn die Mehrwertsteuer um drei Prozent erhöht wird? Sind die steuerlichen Anreize ausreichend, um handwerkliche Arbeiten in Auftrag zu geben?
BTH-Heimtex: Ein Glück, dass es den Export gibt...
Heck: Hier liegt die Steigerungsquote weiterhin im zweistelligen Bereich. Besonders erfreulich entwickeln sich nach wie vor die osteuropäischen Länder. In Polen und in der Ukraine arbeiten wir jeweils mit mehreren Werken, die rund um die Uhr Pulverklebstoffe für keramische Beläge und Spachtelmassen produzieren. Weitere Produktionsstätten gibt es in Russland, Rumänien, Ungarn, Serbien und der Türkei. Neue Werke entstehen zurzeit in Bulgarien und in Weiß-Russland. Der Bedarf in diesen Märkten ist wirklich phänomenal. Entscheidend für den dortigen Erfolg war, dass von Anfang an nach deutschen Rezepturen und Qualitätsstandards produziert wurde.
BTH-Heimtex: Wie entwickeln sich in Deutschland die unterschiedlichen Einsatzbereiche Ihrer Klebstoffe? Der Flüsterkleber für Laminatböden war ja wohl ein Flop.
Heck: Einen Wachstumsmarkt stellen vor allem die Spachtelmassen dar, weil Sanierungsaufgaben einen immer höheren Stellenwert einnehmen. Im Klebstoff-Segment registrieren wir unterschiedliche Tendenzen. Klebstoffe für Parkett erfreuen sich großer Nachfrage. Laminat finden wir als Klebstoffhersteller verständlicherweise weniger attraktiv. Es ist richtig, dass unser Flüsterkleber die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllen konnte, obwohl die Idee Charme hat und ich zugegebenermaßen hinter ihr stehe. Nur: Wenn Laminatböden offensichtlich wenig Qualitätskonstanz zeigen, wird ein Klebstoff diese Differenzen unmöglich überbrücken können. Relativ stabil präsentiert sich dagegen wiederum der PVC-Bereich, was nicht verwundert, da dieses Segment geprägt ist von exzellenten Objektbelägen. Richtig weh tut derzeit die Entwicklung textiler Beläge, die nach wie vor durchhängen. Hier versuchen wir mit gezielten Maßnahmen und geeigneten Mitteln den Anteil der verklebten Beläge stetig zu erhöhen.
BTH-Heimtex: Sind alternative Installationsmethoden wie Klettbänder für Thomsit ein Thema?
Heck: Der Rückgang vlieskaschierter Teppichrücken hat unseren Elan gebremst. Trotz unseres starken Engagements hält sich der Erfolg in Grenzen. Dennoch werden wir diese Nische auch künftig bedienen.
BTH-Heimtex: Um in einem stagnierenden Markt zu wachsen, sind Akquisitionen anderer Firmen unumgänglich. Sind bei Henkel derartige Maßnahmen zu erwarten?
Heck: In einem expansionsorientierten Unternehmen wie dem Henkel-Konzern sind Akquisitionen nicht nur jederzeit ein Thema, sondern auch gewünscht. Allein schon deshalb, weil es zunehmend schwieriger wird, rein organisch zu wachsen. Die Frage ist allerdings, in welchem Geschäftsbereich wir vorrangig aktiv werden, denn wachsen wollen alle. In jüngster Zeit hat sich der Unternehmensbereich Klebstoffe primär im Bereich der Fugendichtungsmassen und Bauwerksabdichtung verstärkt.
BTH-Heimtex: Was ist eigentlich aus der Bodenliga geworden? Läuft da noch was?
Heck: Die Bodenliga hat sich nach dem Start der Phase zwei vor rund zwei Jahren gut entwickelt. Seither verbuchen wir wieder wachsende Mitgliederzahlen. Erst kürzlich fand eine neue Zertifizierungsrunde statt. Bezogen auf die breite Palette aller Dienstleistungsangebote haben wir aber noch Entwicklungspotenzial. Speziell im Bereich der Financial Services gibt es bezüglich Auto-Leasing, Bürgschaftsversicherung etc. regelmäßige Anfragen. Dabei darf man eines selbstverständlich nicht außer Acht lassen: Obwohl die Bodenliga-Angebote qualitativ und in der Kosten-Nutzen-Kalkulation äußerst attraktiv dastehen, ist die Mehrzahl aller Mitglieder selbstverständlich vertraglich gebunden. Um hier eine repräsentative Bewertung vornehmen zu können, muss in dieses Projekt folglich noch Zeit investiert werden. Richtig gut eingeschlagen haben andererseits die Materialbörse, Kapazitätenbörse, Jobbörse und Ausschreibungsbörse im Internet. Auch mit dem Angebot der telefonischen Rechtshotline hat die Bodenliga zweifellos ins Schwarze getroffen.
BTH-Heimtex: Was tun Sie für den Berufsnachwuchs?
Heck: Wir arbeiten sehr stark mit den Innungen auf regionaler Ebene zusammen. Aktuell haben wir beispielsweise als Hauptsponsor die Schirmherrschaft über die diesjährigen Parkett-Europameisterschaften übernommen, die am 2. September in Neustadt an der Aisch ausgerichtet werden. Darüber hinaus freuen wir uns über die anhaltend hohe Nachfrage an unseren Schulungsangeboten.
BTH-Heimtex: Sie sind ja schon recht lange in der Fußbodenbranche dabei. Was ist an positiven Eindrücken geblieben?
Heck: Vor 30 Jahren habe ich bei Henkel in der Fußbodensparte angefangen und in der Folge zahlreiche Stationen im Konzern durchlaufen - auch im DIY-Bereich. Aber immer wieder bin ich zu den Klebstoffen des Handwerks zurückgekehrt, weil mich diese Welt in gewisser Weise fasziniert hat. Wenn Produkte, die ich vor 25 Jahren in den Markt eingeführt habe, heute noch Wertschätzung erfahren, dann freut mich das ungemein. Deshalb überlege ich, der Profi- bzw. Fußbodenbranche über dieses Jahr hinaus verbunden zu bleiben.
BTH-Heimtex: Ist daraus zu schließen, dass Sie schon bald den Henkel-Konzern verlassen werden?
Heck: Bei Henkel gehen prinzipiell alle Beschäftigten mit 62 Jahren in den Ruhestand, was für mich Ende des Jahres zutrifft. Nichts mehr zu tun, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, und da mir diese Branche immer so viel Spaß gemacht hat, könnte ich mir vorstellen mein Know-how hier noch einige Jahre einzubringen. Über das "wie" mache mir derzeit noch keine Gedanken. Noch bin ich stolz und motiviert, ein sich in jeder Hinsicht positiv entwickelndes Henkel - Profi Geschäft in Deutschland zu leiten.
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Der Erfolg basiert auf drei Säulen:
- Zukunftsfähige Produkte
- Sicherheit fürs Handwerk
- Konzepte für Entscheider
"Gesamtheitliche Lösungen anstelle aneinander gereihter einzelner Produkte" - mit diesem Leitmotiv ist Thomsit schon vor Jahren angetreten, um die Wettbewerbsfähigkeit der Partner in Handel und Handwerk abzusichern.
Seine hohe innovative Kraft zieht das Unternehmen aus den Zugriffsmöglichkeiten auf das gesamte Forschungspotenzial des Henkel-Konzerns. Für zukunftsweisende Technologien stehen unter anderem die Produkte "Thomsit XXL Premium-Ausgleich", "Thomsit R 756 EasyExpress" oder die "Sicure"- und "Easy"-Klebstoffe (siehe separater Beitrag).
Der Eigenanspruch beinhaltet "eine hohe gesundheitsfreundliche und ökologische Qualität aller entwickelten Produkte". Die Thomsit Fußbodentechnik unterhält außerhalb Deutschlands 15 Produktionsstätten und vermarktet ihre Produkte in 25 Ländern.
Ein zentraler Baustein ist der "Thomsit Schutzbrief". Dieses Instrument tritt bei Verlegefehlern in Kraft und kann den Profi außerdem bei der 5%-igen Gewährleistungsbürgschaft entlasten.
Als Orientierungsmerkmal für hohe Produkt- und handwerkliche Qualität gründete der Hersteller vor rund zehn Jahren mit der Bodenliga e.V. einen "Verein zur Förderung der Qualität in der Fußbodentechnik". Den aktuell über 3.000 Mitgliedern stellte Thomsit vor zwei Jahren eine Dienstleistungsagentur zur Seite, die Mitglieder auf Wunsch in allen Belangen des beruflichen Alltags unterstützt. Beispiele: Düsseldorfer Baurechts-Hotline, branchenspezifische Versicherungsangebote, Auto-Leasing, Jobbörse, Materialbörse, etc.
Bei der Akquisition von Aufträgen profitieren der Hersteller und seine Kunden zudem von einem digitalen "Objektverfolgungssystem". Das IT-Tool macht den Fortgang aller nationalen Bauprojekte (Sanierung/Neubau) von der Planung bis zur Fertigstellung für jedes Gewerk in jedem Stadium transparent. Mit diesem Gesamtkonzept stellt sich der Verlegewerkstoff-Spezialist heute als umfassender Lösungsanbieter für Baugesellschaften, Architekten sowie Handel und Objekteure dar.
aus
BTH Heimtex 04/06
(Wirtschaft)