Ernst Beck mit neuem Auftritt auf die Zukunft ausgerichtet
"Colours are Beck"
Unter den Textildruckern und -veredlern hat in den letzten Jahren ein massiver Konsolidierungsprozess stattgefunden. Viele bekannte Namen fielen dem rigorosen Strukturwandel zum Opfer. Ernst Beck gehört zu den wenigen, die überlebt haben. Und das, obgleich das Unternehmen auch noch den Tod seines langjährigen Kopfes Ernst-Joachim Beck verkraften musste. Aber Birgit Beck trat als geschäftsführende Gesellschafterin mutig die Nachfolge ihres Mannes an, richtete den Traditionsbetrieb neu aus und erweiterte das Sortiment der bislang als Ausbrenner-Spezialist bekannten Schwaben. Die ersten Reaktionen vom Markt geben ihr Recht: Die neuen trendigen, aber nicht abgehobenen Kollektionen stoßen auf äußerst positive Resonanz.
Wer früher "Ausbrenner" sagte, dachte unweigerlich an Ernst Beck. Der traditionsreiche schwäbische Textilveredler war bekannt für seine Kompetenz in diesem Bereich, ebenso bei hochwertigen Drucken. Aber der Markt wurde zu eng, in den Jahren 2002, 2003 brach die Nachfrage mit zweistelligen Rückgängen geradezu ein. Schon einige Zeit vorher, in den 90er Jahren, hatte ein weiteres wichtiges Standbein Schwäche gezeigt: Damals war die Polsterbetten-Industrie mit französischen Betten ein großer Kunde. Und unter der sinkenden Beliebtheit dieser Möbelgattung litten auch die Umsätze von Beck.
Wenn Beck überleben wollte und nicht wie viele andere Textildrucker die Maschinen abstellen und die Tore schließen wollte, waren neue Ideen erforderlich, mit denen man sich an die Veränderungen im Markt anpasst. In der Führungsetage in Reutlingen wurde das ganz richtig erkannt und das Sortiment gezielt mit hochwertigen Jacquards und Doppelgeweben ausgebaut, die von der Designabteilung entwickelt und mitgestaltet und dann fremd produziert wurden. Gleichzeitig wurde das Angebot aktuell, trendig und dennoch verkäuflich und marktgerecht gestaltet. Damit haben sich die Schwaben breiter aufgestellt und sprechen neue Kundengruppen an. "Früher waren wir bei unseren Entwürfen beschränkt auf Eigenproduktionen, also das, was im Haus gedruckt und ausgebrannt wurde. Jetzt betreiben wir eine viel breitere Kollektionsentwicklung und lassen nach unseren Ideen und mit unserer Handschrift woanders Stoffe unter dem Label von Beck produzieren", erläutert Designerin Sylvia Trapp die neue Firmenpolitik. "Dabei werden wir zugleich innovativer. Hatten wir früher nur Ausbrenner und Druckstoffe im Blick, befassen uns jetzt mit allem - vom raffinierten Flockprint bis zur Stickerei".
Mit dieser Neuausrichtung reagiert Beck wieder einmal geschickt auf den Wandel des Marktes. Vor 40 Jahren wagte sich Gründer und Senior-Chef Ernst Beck als erster Drucker an 3 m Breite heran. Sohn Ernst-Joachim Beck führte das Erbe seines Vaters konsequent weiter. 1969 wurde als Tochter der Textilverlag Befatex gegründet, der unter dem Namen Starline Coupon-Geschäft betrieb. Anfang der 90er Jahre, als das Stammgeschäft mit Druckstoffen kränkelte, antworte Pigmentdrucker Beck mit fantasievoll gemachten farbigen Ausbrenner- Techniken. 2000 wurde Mitbewerber Pausa übernommen, um Synergie-Effekte zu nutzen. Ursprünglich war vorgesehen, die Pausa auf hochwertigen Flachdruck, Ausbrenner und Dekos zu konzentrieren und Beck für Rotation und klassische Ware zu nutzen. Entsprechend wurde umstrukturiert, und die Dominanz der Ausbrenner zurückgefahren. Doch der extreme Nachfragerückgang machte den Plänen einen Strich durch die Rechnung: Die Pausa musste zunächst heruntergefahren und schließlich 2004 geschlossen werden, weil sich die Idee der Zweiteilung der Aktivitäten nicht mehr rechnete.
Zu den schwierigen Marktverhältnissen hinzu musste das Familienunternehmen einen weiteren Schlag hinnehmen: Ernst-Joachim Beck erlag 2005 seiner schweren Krankheit. Nach seinem Tod zögerte seine Frau Birgit Beck nicht lange, sondern trat kurzerhand die Nachfolge ihres Mannes an und übernahm als geschäftsführende Gesellschafterin das Ruder.
Der Ausbau des Sortiments ist jetzt eine Maßnahme, mit der man sicher ist, eine gute Ausgangsbasis für die Zukunft gefunden zu haben. Darüber hinaus war bereits der Bereich Industrie gestärkt worden, das heißt die Lohnveredlung, etwa für Bettwäsche. Und nicht zuletzt wurde auch der Export forciert, um die Schwächen im Inland zu kompensieren. Mittlerweile liegt die Exportquote bei 40% (2001: 35%), Ende 2006 sollen es 50% sein. Generalbevollmächtigter Christian Mayer ist zuversichtlich, das Ziel zu erreichen. Gerade im Hochwertbereich werden noch gute Perspektiven gesehen. Generell konnte Beck jüngst vor allem in der Schweiz und in Österreich zulegen, aber auch in Osteuropa. Und gerade die aufstrebenden Märkte im Osten will man verstärkt auch über Grossisten abdecken. Außerdem sollen die Beziehungen nach Asien intensiviert und in Asien wie auch in Teilen Amerikas der Absatz von Ausbrennern vorangetrieben werden.
Die Produktion: Höchste Kompetenz in Sachen Druck
Das Herz des Textilveredlers schlägt im Atelier - der Design-, Entwicklungs - und Gravurabteilung. Sechs Designer und Textilmustergestalterinnen sind hier mit neuen Entwürfen beschäftigt, sowohl für das eigene Haus als auch für die verschiedensten Kunden. Viele von ihnen sind Verleger. Sie arbeiten mit einem eigenentwickelten Computerprogramm sowie einer ebenfalls selbst geschaffenen, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Farbkarte. Auch die Gravuren für die Schablonen entstehen weitgehend im eigenen Haus, insgesamt rund 90%. Selbstverständlich ist Beck auch auf Sonderdrucke und Individual-Aufträge eingerichtet. Mindestauftragsmenge sind 500 m.
In Sachen Druck versteht sich Beck als Rundum-Anbieter: vom Transfer- bis zum Nassdruck. Mit ausgefeilten Techniken präsentiert sich die Produktion in der 4.500 qm großen Halle, die im Drucksektor in Deutschland wohl ihresgleichen sucht. Hier stehen hauptsächlich Anlagen in 140 cm und 300 cm Breite für Nass-, Transfer- und Schrumpfdruck oder auch firmenspezifische Besonderheiten wie ein Lackdruckverfahren mit Umdruckkalander, an dem Beck lange getüftelt hat. Mit einem Injet-Printer wird ein Prototyp zuerst auf Papier, erst dann auf Stoff umgedruckt - "damit kann man sehr kreativ ausmustern, viel ausprobieren und es bleibt preislich im Rahmen", erklärt Birgt Beck. Ebenso können auch Ausbrenner mit einem Spezialgerät in kleinen Mengen angedruckt werden, was dem Atelier großen Freiraum in der Kreativität gibt.
Bis zu 14 Farben seien bei den hochwertigen Ausbrennern möglich, erläutert Sylvia Trapp, "entweder können wir bis zu 10 Farben farbig ausbrennen und dann den Stoff noch zusätzlich mit 4 Farben bedrucken oder umgekehrt mit 10 Farben bedrucken und dann 4 Farben ausbrennen." Lack-, Schrumpf- oder Pigmentdruck eröffnen weitere Möglichkeiten der interessanten Oberflächengestaltung, die verschiedenen Grundgeweben bringen weitere Varianten ins Spiel.
Beck unterhält auch eine eigene Konfektion. Zehn Mitarbeiterinnen fertigen hier Musterschals, Fertigvorhänge und Schaufenster-Pakete sowie individuelle Fensterdekorationen nach den Wünschen der Kunden. "Hier in Reutlingen sind wir schneller, flexibler und breiter in den kreativen Möglichkeiten, als wenn wir die Konfektion beispielsweise nach Polen auslagern würden", argumentiert Birgit Beck.
Die nächsten großen Investitionen fliessen in eine Maschine für den Transferdruck sowie die Software für das Atelier. Und man hat in Reutlingn die neue Digitaldruck-Technik im Visier, mit der sich auch in kleineren Mengen komplexe, diffizile Designs gut darstellen lassen.
Die aktuelle Kollektion: Trendig, aber nicht abgehoben
Mit der neuen Kollektion von Designerin Sylvia Trapp präsentiert Beck sein neues Gesicht. Ein Schwerpunkt darin sind moderne, reduzierte Drucke mit Lack- oder Perlglanz-Effekten, weiterhin Ausbrenner und erstmalig auch hochwertige transparente wie dichte Webartikel: Jacquard-Scherlis, Dreher und Doppeljacquards mit üppigen Dessinierungen, alles miteinander zu kombinieren. Übergreifende Themen sind Africa, Natural Look, Neo-Klassik und Bewegte Grafik. In Vorbereitung sind Black-Out-Drucke und modische Stores in unterer bis mittlerer Preislage.
Den Neuheiten-Rhythmus bestimmen bei Beck die drei wichtigen Gardinen- und Polsterstoff-Messen Heimtextil, Proposte und Decosit. Prinzipiell wird zweimal im Jahr kollektioniert: die erste Kollektion wird bei den Münchner Einkaufstagen im Sheraton München vorgestellt, die zweite auf der Heimtextil in Frankfurt. Dazwischen kommen ergänzende Zwischenkollektionen, etwa jetzt im April, einige weitere Neuheiten für die Proposte im Mai und alles zusammen addiert sich zur Gesamtkollektion. Zur Heimtextil erscheint zusätzlich noch das Starline-Couponprogramm, wie immer nach Farbgruppen sortiert. Preislich ist Starline deutlich höher angesiedelt als die Beck-Stammkollektion.
Relativ neu ist mit Day Dream eine jüngere, frechere Linie von Starline, die 2003 ins Leben gerufen wurde und sich aktuell mit lebhaften Dessins im Karibik-Look präsentiert. Sie gab auch mit den Anstoß für den neuen Auftritt von Beck mit dem Slogan "Colours are Beck". Auch fertig konfektionierte Artikel sind im Angebot, bislang noch in beschränktem Umfang, künftig soll dieses Segment ausgebaut werden.
Das Vertriebsnetz wurde in der Vergangenenheit ausgeweitet und wird mit Reisenden wie auch Handelsvertretern betrieben. Die frühere Trennung von Beck und Starline ist inzwischen weitestgehend aufgehoben. Das heisst: Die Beck-Kollektion als Stückware und Fertigprogramm und Starline im Coupon werden über die gleiche Mannschaft im Markt platziert.
Hauptabsatzbereiche sind im Inland der klassische Fachhandel, Möbler und der Großhandel, bei Beck kommen noch die Verleger hinzu, für die spezielle Dessins entworfen, gedruckt und ausgebrannt werden.
Als Serviceleistung unterstützt Beck den Handel mit drei verschiedenen Musterfenstern, die kostenfrei zur Verfügung gestellt und im Ringtausch weitergegeben werden sollen.
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Ernst Beck - die Historie
1948 Unternehmensgründung Ernst Beck in Reutlingen
1949 Aufbau einer Druckkollektion
1955/56 Produktionsstättenverlagerung nach Reutlingen-Mittelstadt und Einführung der Schichtarbeit
1964/65 Erweiterung der Produktionsstätte um 4. 000 qm und Installation eines Druckmaschinen-Prototyps für 280 cm Druckbreite.
1969 Marta Beck gründet die Beck-Tochter Befatex, die als exklusiver Textilverlag für Einrichtungsstoffe die Collection Starline präsentiert.
1972/73 Anschaffung einer 320 cm breiten Rotationsdruckmaschine. 25-jähriges Firmenjubiläum.
1988/90 Erweiterung der Verwaltungs-, Lager- und Produktionsräume um 4500 qm.
199850 Jahre Ernst Beck GmbH
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Ernst Beck Telegramm
Ernst Beck GmbH
Postfach 1244
72702 Reutlingen
Riedericher Str. 80
72766 RT-Mittelstadt
Tel.: 07127/ 816 - 0
Fax: 07128/ 816 110
Internet: www.ernstbeck.com
e-mail: info@ernstbeck.com
Ernst Beck Produktions- und Vertriebsgesellschaft mbH: Fertigteile und Stück
Tochtergesellschaft Befatex GmbH: Couponkollektion Starline
Geschäftsführende Gesellschafterin: Birgit Beck
Generalbevollmächtigter: Christian M. Mayer
Umsatz: Gesamt 8,3 Mio EUR, davon Beck mit rund 6 Mio EUR, Industriegeschäft 1,5 Mio. EUR mit steigender Tendenz und Starline mit 0,8 Mio. EUR mit steigender Tendenz
Sortiment: Druck, Spezialdrucke wie Lack, Pigment, Ausbrenner, Jacquards, Scherlis,Stickereien und Crash in Warenbreiten von 140 bis 330 cm
Sortimentsanteile: Druckstoffe 20 %, Webdekos 20 %, Transparente Webgardine 20 %, Ausbrenner 40 %
Kernkompetenz: hochfarbige Ausbrenner in bis zu 14 Farben; Textilveredlung u.a. mit Lack-, Pigment - und Schrumpfdruck
Mitarbeiter: 79 in Reutlingen; im Ausland freie Handelsvertreter (insgesamt 7 Stützpunkte), u.a. in Polen, Tschechien, Ungarn, Usbekistan über Kunden, die den Vertrieb über entsprechende Filialketten führen
Produktion
Produktionshalle: 4.500 qm plus Farbküche und Atelier
Maschinenpark: 1 schmale Druckmaschine (140 cm ) für Nassdruck, Transferdruck1 breite Druckmaschine (3 m), Umdruckkalander für Lackdrucke, Prägekalander, Laugenfoulard für Schrumpfdruck
Produktion am Tag: 4000 lfm in 3 Meter Breite, 2000 lfm in 140 cm Breite
Serviceleistungen: Einrichtungsstoffe ab 1 m in jedem gewünschten Maß; Sonderdrucke ab 500 m; Sonderentwicklungen; Nähservice; Dekopakete für das Schaufenster mit Kissen, Poster, Taschen, Fertigschals
Kundenstruktur
Beck: Fachhandel und Großhandel jeweils zwischen 35 - 40 %, Verleger 20 %
Starline: Fachhandel, gehobene Raumausstatter, Einrichtungshäuser
Fertigprogramm: hochwertige Möbelhäuser, Fachhandel
Hauptabsatzländer: europäisches Umland, vor allem Österreich, Schweiz, nördliches Europa, sowie Benelux-Staaten, osteuropäische Länder wie Ungarn, Tschechien, Polen
Exportquote: 40 %
aus
BTH Heimtex 04/06
(Wirtschaft)