Dekos und Gardinen auf der Heimtextil 2002

Die Stimmung war besser als der Markt draußen

Die Fusion von Cordima und Elvo war "das" Gesprächsthema auf der diesjährigen Heimtextil. Beginnt damit jetzt auch bei den Deko- und Gardinenanbietern die Konzentration, die in anderen Marktsegmenten schon sehr viel weiter fortgeschritten ist? Tatsache ist, dass die Branche im letzten Jahr kräftig verloren hat und sich auch dieses Jahr nicht eben vielversprechend anlässt. Auf der Heimtextil war die Stimmung trotzdem nicht gedrückt, sondern durchaus positiv. Fragt sich, ob die Zuversicht echt ist oder nur "Pfeifen im dunklen Wald"....

Auf den Gängen in Halle 3.0 auf der Heimtextil gab es nur ein Thema: Die Fusion von Cordima und Elvo, die unmittelbar vor der Messe bekanntgegeben wurde und von der keiner im Vorfeld wusste - selbst für die "Kollegen" vom Deco Team kam die Ankündigung völlig überraschend. Offenbar war es den Beteiligten gelungen, die Verhandlungen in aller Stille abzuwickeln und nichts von ihren Absichten durchsickern zu lassen - obgleich die "Hochzeit" bereits seit Juli 2001 vorbereitet wurde. Der Zusammenschluss ist rückwirkend zum 15. November 2001 in Kraft getreten. Die Verträge waren allerdings auf der Heimtextil noch nicht unterzeichnet, da Elvos geschäftsführender Gesellschafter Klaus Vollenbröker zu der Zeit gesundheitlich außer Gefecht gesetzt war. Bis zum Erscheinungstermin dieses Heftes, spätestens Anfang März, sollten die letzten Unterschriften aber erfolgt sein.

Dann wartet auf die beiden Vorstände der neuen Cordima-Elvo AG - den bisherigen Cordima-Vorstandschef Klaus Braukmann und Klaus Vollenbröker - die schwierige Aufgabe, die beiden Unternehmen zusammenzuführen. Das heißt: Organisation, Produktion und Logistik abzustimmen, das heißt auch, das Marken-Portfolio zu bereinigen. Denn insgesamt 7 Marken, die sich zum Teil im gleichen Marktsegment bewegen, sind zweifellos zu viel für ein Unternehmen dieser Größenordnung - auch wenn es sich mit 70 Mio. EUR (Plan 2002) zu den drei größten deutschen Gardinen- und Dekoherstellern zählt. Und dann muss auch noch den Mitarbeitern verinnerlicht werden, dass sie jetzt nicht mehr Konkurrenten, sondern Kollegen sind - eine besonders große Herausforderung, wie schon bei mancher Fusion festgestellt werden musste.

In Halle 3.1, dem neuen Domizil der Textilverlage und hochgenrigen Produzenten, war die Cordima-Elvo-Verbindung weniger gegenwärtig. Hier wurde vielmehr der neue eindrucksvolle Stand von Platzhirsch Jab Anstoetz bestaunt, wie gewohnt verkehrsgünstig unmittelbar am Halleneingang gelegen; einige der Aussteller, die in einem "blinden" Gang dahinter platziert waren, der auf den Stand von Jab Anstoetz mündete, waren allerdings sehr unzufrieden und hielten mit ihrem Unmut auch nicht hinter dem Berg zurück.

Enttäuschend: der Club Atmosphère, zu dem sich 21 internationale Firmen zusammengefunden hatten - darunter durchaus Namen von Rang und Reputation wie Sahco Hesslein, Lelièvre oder Rubelli. Doch an den Glanz der früheren Atmosphère, die eine elitäre "Messe in der Messe" darstellte, erinnerte nur noch der Name. Ansonsten kein gemeinsamer Auftritt, keine gemeinsame Aktion bis auf einen "Presse-Cocktail", bei denen PR-Damen und die - zumeist weiblichen - Redakteure von den Publikumszeitschriften Bussis austauschen, eine Ruhezone und eine mehr oder weniger überflüssige Broschüre. Die zweite Nobel-Formation in Halle 3.1, das "Podium" als ehemalige "Interessengemeinschaft Halle 9.1" macht es aber auch nicht besser, sondern beschränkt sich auf räumlich zusammenhängende Standplätze als gemeinschaftliche Aktivität. Mehr muss es heute vielleicht auch nicht mehr sein. Sicher sind nicht die Zeiten und fehlt auch das Geld für glamouröse Inszenierungen wie bei der Atmosphère Ende der 80er Jahre. Aber dann muss man so etwas auch nicht als großartiges Event verkaufen, sondern zur "Spar-Version" stehen.

Immer weniger deutsche Kunden - wird die Heimtextil zur Exportmesse?

Die Stimmung auf der Heimtextil war besser als der Markt draußen. So zogen die beiden Ado-Inhaber Andreas und Klaus Wulf, die mit dem 2.000 großen Forum den größten Einzelauftritt hatten, eine "überaus positive Messebilanz, einen "äußerst positiven Gesamteindruck" der Heimtextil 2002 hatte auch Cordima. Ebenfalls "rundum zufrieden" gab sich Horn und Indes- und Fuggerhaus-Geschäftsführer Georg Hünnemeyer empfand die Stimmung bei den Kunden als deutlich besser als 2001.

Die Besucherfrequenz war nicht nur vom Gefühl her, sondern tatsächlich deutlich niedriger als im Jahr zuvor. Statt 97.000 kamen nur knapp 90.000 - wobei die Messegesellschaft sich noch die 7.500 Interessierten vom Heimtextil Sunday dazurechnet und dann auf die gleiche Zahl wie im Vorjahr kommt. Aber das ist natürlich eine "Milchmädchen-Rechnung." Nach den offiziellen Zahlen hat 2002 auch der Besuch aus Deutschland zugenommen. Das konnten die Aussteller nicht nachvollziehen. Sie hatten vielmehr den Eindruck, dass gerade deutsche Einkäufer weniger vertreten waren als im letzten Jahr. "Es sind weniger Kunden hier als 2001, speziell weniger Deutsche. Der Anteil der ausländischen Kunden nimmt zu", bemerkte Gabriele Eckardt, fügte aber hinzu, "dass die wichtigen Kunden selbstverständlich alle auf dem Stand waren." Dem schloss sich Horn-Geschäftsführer Jan-Peter Büning an: "Wir sind grundsätzlich mit der Frequenz zufrieden. Allerdings können sich die deutschen Kunden offenbar immer weniger aufraffen, nach Frankfurt zu kommen."

Cordima-Marketingleiter Karl-Heinz Wiggelinghoff: "Die Kunden aus dem Ausland scheinen immer mehr zu werden. Wir hatten dieses Jahr viel mehr Interessenten aus Asien und den GUS-Staaten als im letzten Jahr."

"Der Export wird für uns immer wichtiger", stellt auch Elvo-Geschäftsführer Stefan Huge fest. "Frankfurt ist für uns schon fast eine Exportmesse." Georg Hünnemeyer sieht das genauso: "Die internationale Ausrichtung der Heimtextil wird immer stärker. Sie ist für uns "das" Forum für die Kontakte zu ausländischen Partnern."

Das gilt ebenso für Pippig & Reichel: "Unser internationaler Vertrieb war sehr zufrieden mit der Besucherfrequenz und den Aufträgen", teilte Herman van der Woude mit. Auch am Unland-Stand konnten laut Hendrik Unland alle ausländischen Kunden begrüßt werden, bis hin zu Einkäufern aus Griechenland oder Asien.

Orientierungsschwierigkeiten durch neue Hallenstruktur

Für einige Orientierungsschwierigkeiten bei manchen Besuchern sorgte die neue Hallenstruktur. Wer jahrelang blind in Halle 8.0 zu Gardinen und Dekostoffen marschierte, fand sich in diesem Jahr unvermutet vor Bettwäsche wieder. Auch wurden die Hallen nicht nur anders unter den verschiedenen Produktgruppen verteilt, sondern auch intern neu gegliedert.

"Die neue Struktur der Messe ist auf breite Zustimmung gestoßen", betont Ulrike Wechsung, Objektleiterin der Heimtextil, räumte allerdings ein, dass noch "einige Modifikationen und Anpassungen notwendig" seien. Positiv fanden etliche Aussteller auf jeden Fall, dass sie ihre Stände vergrößern konnten.

Im Geschäftsjahr 2001 wurde die Branche arg gebeutelt. Der Umsatz fiel um 7 % auf 480 Mio. EUR (EK-Preisniveau), wobei Druckstoffe und Gardinen die höchsten Einbußen hinnehmen mussten. Der Umsatz zu VK-Preisen belief sich nach einer Hochrechnung der "FAZ" auf Basis der Verbandszahlen auf 1,64 EUR. Das ist nicht das erste Minus-Jahr für die einschlägige Industrie, wenn auch die Einbußen in den Vorjahren niedriger ausfielen. Und auch dieses Jahr lässt sich nicht eben vielversprechend an. Die erste Woche 2002 sei geradezu katastrophal gewesen, erinnert sich einer mit Grausen. "Der Kunde gibt zur Zeit nur Geld für das aus, was er unmittelbar zum Leben braucht", meint Gabriele Eckardt . "Kommt hinzu, dass die Verbraucher nach der Einführung des Euro kein Preisgefühl mehr haben. Und machen wir uns doch nichts vor: die eigentlichen Probleme in Deutschland werden sicher erst nach den Wahlen im September angegangen."

Reinhard Braun von Svensson sieht das ähnlich: "Ich wüsste nicht, wo 2002 Impulse her kommen sollen. Der Bau steckt in der Krise, überall werden Arbeitsplätze abgebaut, selbst in der Automobilindustrie."

Sollte das Jahr 2002 wirklich so schlecht werden, stellt sich die Frage nach dem Durchhaltevermögen der Industrie. Manchem Anbieter mag die Substanz für eine längere Durststrecke fehlen, dann drohen weitere Übernahmen, Fusionen oder gar Pleiten.

Aber nicht alle Firmen sind so pessimistisch. "Die Stimmung bei unseren Kunden ist gut", bekräftigt Walter Leydel von Mira-X.

Davon wissen auch Drapilux-Verkaufsleiter Bernd Möller und Jan-Peter Büning von Horn zu berichten "Die Stimmung im Handel war positiv und hoffnungsvoll. Wir sind optimistisch." Zumindest "mittelfristig optimistisch" ist Philippe Baumann von Création Baumann.

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Die Heimtextil in Zahlen

Mit 3.155 Ausstellern aus 71 Ländern erreichte die Heimtextil 2002 einen neuen Rekord, der jedoch wie bereits im vergangenen Jahr allein einem Zuwachs auf Seiten der ausländischen Aussteller (von 2.415 auf 2.496) zu verdanken war. Aus Deutschland kamen lediglich noch 659 Teilnehmer, im vergangenen Jahr waren es noch 703 gewesen.

Besucher wurden fast 90.000 aus 93 Ländern registriert, dazu kamen noch 7.500 Interessierte am Heimtxtil Sunday. Die stärksten ausländischen Besuchernationen waren Großbritannien, Niederlande, die USA und Frankreich.

Die Messe präsentierte sich in diesem Jahr mit dem neuen Forum und der gleichfalls neuen, modernen Halle 3 mit zusätzlichen 40.000 qm Fläche, womit sie jetzt insgesamt auf eine Bruttofläche von 272.000 qm kommt.

Die nächste Heimtextil findet vom 8. bis 11. Januar 2003 statt. Am 12. Januar 2003 ist wieder ein Heimtextil Sunday für das Publikum geplant.
aus BTH Heimtex 02/02 (Wirtschaft)