22. TKB-Fachtagung in Frankfurt
Neue Einigkeit beim Thema Estrich-Feuchtemessung
Ein Branchentreffpunkt für alle am Fußboden Beteiligten ist und bleibt die Klebstoff-Tagung in Frankfurt. Ein guter Themen-Mix und hochkarätige Referenten sorgten auch 2006 für eine gelungene Fachtagung der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB). Die 202 Teilnehmer informierten sich über aktuelle Themen wie Schäden an elastischen Bodenbelägen, die CM-Feuchtemessung von Estrichen, Spachtelmasse mit und ohne Faserarmierung sowie die Folgen eines möglichen Verbotes von Lösemitteln in Parkettklebstoffen.
Die Klebstoff-Tagung begann mit einem Thema, das 2005 einen monatelangen Nachhall bewirkt hatte. Damals hatte der Ort der CMFeuchtemessung im Estrich für heftige Diskussionen gesorgt. Tagungsleiter Dr. Roland Krieger (Uzin Utz) erinnerte sich daran, dass "ungewohnte und emotionale Reaktionen hervorgerufen wurden." Oliver Erning, Leiter des Institutes für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF), sorgte mit seinem Vortrag für Klarheit. Erning führte ausführlich aus, dass bei der CM-Messung die Probenentnahme "aus dem Querschnitt" des Estrichs das objektivere Verfahren ist. 2005 war es zu Irritationen gekommen, als im TKB-Merkblatt Nr. 8 vom "unteren Drittel" des Estrichs die Rede war.
Erning machte am IBF Versuche und prüfte beide Entnahmestellen bei Estrichen. Dabei kam er zu folgendem Ergebnis: Unsachgemäße und unterschiedliche Probenentnahmen führten zu großen Streuungen bei der Estrichfeuchte-Messung. Erning betonte, dass eine gleichmäßige, sorgfältige Probenentnahme und Durchführung grundsätzlich immer erforderlich sei. Bei den Messungen im Estrichquerschnitt kam es zu geringeren Streubreiten. Besondere Beachtung müsse man Sondersituationen schenken, in denen es zur Rückfeuchtung an der Oberseite des Estrichs kommt. Weitere Schwierigkeiten treten auf, wenn Bautrockner eingesetzt werden. Diese Form der Zwangs-Trocknung sorgt für ein hohes Feuchtepotential im unteren Estrich-Bereich. Beide Sondersituationen machen eine Aussage über den Gesamtfeuchtegehalt erforderlich.
Erning stellte darüber hinaus alternative Messmethoden der Estrichfeuchte dar und kommentierte ihre Anwendbarkeit im Einzelnen. Bei der kapazitiven und elektronischen Messmethode sei die genaue Angabe von Feuchtegehalten und Feuchteänderungen oft fraglich. Der Referent würdigte sie als Messmethode, die sich zur Vorprüfung und Orientierung eignet. Als Methode zur Bestimmung der Belegreife sei sie für den Handwerker aber ungeeignet.
Aus Skandinavien kommt die Messung der relativen Luftfeuchte im Bohrloch. Hier gebe es bisher keine einheitliche Durchführungsvorschrift, viele Einflussfaktoren und keine Anforderungswerte. Somit sei eine Beurteilung unmöglich und diese Methode für den Handwerker ebenfalls unbrauchbar. Eine weitere Messmethode, die Darrprüfung, ist sehr zeitaufwändig und bei Sonderprodukten müsse man die Darrtemperatur beachten. Diese genaue Methode eignet sich für Sachverständige. Zur Bestimmung der Estrichfeuchte durch den Handwerker ist sie nicht geeignet. Auch die Folienprüfung sei eine reine Vorprüfung bei beheizten Konstruktionen. "An der CM-Messung führt momentan kein Weg vorbei", betonte der Referent. Er begründete dies damit, dass die CM-Messung die einzige Methode sei, mit der auf der Baustelle in kurzer Zeit durch den Handwerker ein Feuchtegehalt bestimmt werden kann.
Die Ausführungen von Oliver Erning führten zu einer großen Einigkeit bei den Tagungsteilnehmern. Dr. Roland Krieger betonte: "Etwas Besseres als die CM-Messung haben wir nicht." Gleichzeitig wurde appelliert, eine einheitliche Prüfmethode auch für Parkettarbeiten zu schaffen. Parkettleger nehmen die Prüfung bekanntlich im unteren Drittel des Estrichs vor. Dazu Dr. Krieger: "Die TKB ist gesprächsbereit. Wenn wir uns einigen können, messen wir künftig alle gleich."
Restfeuchte in Neubauten
Rechtsanwalt Albert Lichtenberger widmete sich der Restfeuchte in jungen Bauten aus baurechtlicher Sicht. Er untermauerte die These: "Das Teuerste in den Bauten ist die Feuchtigkeit." Diese Probleme seien früher unbekannt gewesen. Damals ließ man dem Bau ausreichend Zeit zu trocknen. Heute steht der Bauablauf unter massivem Termindruck. Es gibt eine Vielzahl von Pflichten, auf die der Auftragnehmer den Auftraggeber hinweisen muss. Beispielhaft nannte er die für den Bodenleger erkennbare, stark unterschiedliche Estrichdicke, weil diese Auswirkungen auf die Trocknung habe.
Lichtenberger führte aus, wie sich ein Unternehmer verhalten sollte, der auf die schriftlich angemeldeten Bedenken keine Antwort erhält. Sein Tipp: "Um jegliches Risiko auszuschalten, sollte die Anmeldung von Bedenken nicht nur gegenüber dem Architekten erfolgen, sondern auch gegenüber dem Bauherren bzw. dem Auftraggeber." Nach der Rechtsprechung muss ein Auftragnehmer, so sich der Architekt den Bedenken verschließt, sich direkt an den Auftraggeber wenden. Wenn auch dieser nicht reagiert, empfiehlt Lichtenberger die Leistung nicht zu erbringen, da mit entsprechenden Mängeln zu rechnen ist.
Eigenschaften von Thermoholz
Dr. Wolfgang Kahlen (Forbo Erfurt) stellte die Eigenschaften von Thermoholz vor. Thermoholz als Werkstoff kommt in vielfältigen Anwendungen zum Einsatz. Der aktuelle Trend zu dunkleren Hölzern macht es auch als Parkettholz interessant. So werden mittlerweile verschiedene Formate vom 22 mm-Stabparkett über Mosaikparkett bis hin zu Holzpflaster vertrieben. Auch als Decklage bei Mehrschichtparkett kommt das Thermoholz zum Einsatz. Dr. Kahlen schätzt, dass 15 bis 20 Parketthersteller Thermoholz-Parkett im Sortiment haben.
Für die Hersteller von Verlege- und Versiegelungswerkstoffen stellt sich bei Thermoholz die Frage des sicheren Verklebens und Versiegelns. Wegen der veränderten Zellstruktur und Wasseraufnahmefähigkeit des Thermoholzes hat Forbo Erfurt die Benetzbarkeit mit wasserbasierenden Klebstoffen und Versiegelungssystemen gesondert geprüft. Es zeigte sich, dass Parkettklebungen mit herkömmlichen Klebesystemen ohne nennenswerte Veränderungen der Klebstoffrezepturen möglich waren. Scherversuche für Parkett führen laut Dr. Kahlen zu normgerechten Werten, meist verbunden mit Kohäsionsbrüchen im Holz. Einsetzbar sind sowohl Dispersionsklebstoffe, als auch Reaktionsklebstoffe. Aufgrund deutlich geringerer Quellund Schwindneigung und damit höhere Dimensionsstabilität des Thermoholzes lassen sich Dispersionsklebstoffe auch bei größeren Formaten einsetzen.
Marktübliche Parkettversiegelungen zeigen eine gute Haftung zur Holzoberfläche. Negative Veränderungen der Lacke waren auch bei längerer Lagerung nicht zu verzeichnen. Limitierend bei Tests der Oberflächenhärte ist die gegenüber unbehandeltem Holz veränderte Sprödigkeit des Thermoholzes. Inwieweit dieses Auswirkungen auf die Langzeitnutzung von Parkettflächen haben wird, ließe sich labortechnisch schwer nachvollziehen.
Bei der anschließenden Diskussion im Auditorium wurde angemerkt, dass Thermoholz nicht gleich Thermoholz sei. Ein Vertreter von Kährs warnte davor, Thermoholz als "Wunderholz" darzustellen, dass immer als Ersatz für Tropenhölzer dienen könne. Er wies auch auf den unterschiedlichen Behandlungsgrade hin - je dunkler das Thermoholz, desto spröder sei es auch.
Schäden an elastischen Bodenbelägen
Der Sachverständige Ralf Marth ging den Schäden von elastischen Bodenbelägen auf den Grund. Marth machte deutlich, dass Schadensursachen bei elastischen Bodenbelägen nicht immer allein auf einen Sachverhalt zurückzuführen seien. Oft handelte es sich um das Zusammenspiel mehrerer Faktoren, die zu einem Schaden führten. Dazu will Marth vier Komplexe ausgemacht haben:
- handwerkliche Fehlleistungen
- bauphysikalische Ursachen
- materialspezifische Ursachen
- und nutzungsbedingte Ursachen
Es sei Aufgabe des Sachverständigen herauszukristallisieren,welche einzelnen Faktoren zu dem Gesamtschaden geführt haben. Klebstoff-, Belagsindustrie, Verarbeiter und Sachverständige gemeinsam hätten die Schadensursache zu ermitteln. Nur so sei es möglich, weitere Schäden zu vermeiden. Schließlich fordere der Kunde einen optisch und technisch einwandfreien elastischen Bodenbelag.
Spachtelmassen mit und ohne Faserarmierung
Dr. Matthias Hirsch von Kiesel Bauchemie berichtete über das Belastungsverhalten von Spachtelmassen mit und ohne Faserarmierung. Dabei wurden zementund gipsgebundene mineralische Spachtelmassen untersucht. Da sich standfeste und selbstverlaufende Spachtelmassen in ihrem Fließverhalten stark unterscheiden, wurden beide Arten von Spachtelmassen auf ihre mechanischen Eigenschaften in Abhängigkeit von der Fasermodifizierung untersucht.
Fasermodifizierte Spachtelmassen haben das Ziel, positive Eigenschaften von unterschiedlichen Werkstoffen zu kombinieren. Die Verbesserung der mechanischen Eigenschaften mit Materialien wie Fasern oder Gitternetzen hat sich in der Praxis bewährt. Eine mineralische Bindemittelmatrix, die ihre Festigkeit beispielsweise überwiegend mit einem zementären Bindemittel erzielt, zeigt gute Druckfestigkeiten, aber nur geringe Zugfestigkeiten. Um diese zu verbessern, werden Fasern und Gitternetze zugesetzt. Damit wird die Zugfestigkeit parallel zur Faserachse bzw. Gitterebene stark verbessert. Die entsprechenden Druckfestigkeiten bleiben im Vergleich mit dem unmodifizierten System erhalten. Die wichtigen Eigenschaften wie Rissüberbrückung und Riss-Stabilisierung bleiben erhalten.
Dicke Spachtelmassenschichten zeigen durch den Fasereinsatz nur geringe Verbesserungen der mechanischen Festigkeiten. In dünn aufgetragenen Spachtelmassenschichten verbessern sich die mechanischen Festigkeiten deutlich.
Als geeigneter Zusatz haben sich feste organische Fasern mit ca. 4 mm Länge erwiesen. Diese organischen Fasertypen waren mit allen Spachtelmassentypen verträglich. Auch bei Gipssystemen gab es keine Verträglichkeitsprobleme. Es können damit standfeste und selbstnivellierende Spachtelmassen auf Alphagips- und Zementbasis verbessert werden. Bei zusätzlichen Belastungen wie Wasserbelastung und Durchfeuchtung oder Frost-Tau waren alle fasermodifizierten Spachtelmassen in der Biegezugfestigkeit besser als ohne Fasermodifizierung.
Kleben leitfähiger Bodenbeläge
Rolf Peteler, Leiter der Klebstoffentwicklung bei Uzin Utz, referierte über das Kleben leitfähiger Bodenbeläge. Statische Elektrizität als Naturphänomen ist teilweise sichtbar, z.B. bei einem Gewitter, aber für das Auge unsichtbare elektrostatische Vorgänge finden permanent statt. Ausgelöst werden elektrostatische Aufladungen hauptsächlich durch mechanische Reibung und Trennung gleichartiger oder verschiedener Materialien. Dabei findet eine Wanderung von Elektronen von einem Gegenstand auf den anderen statt, wobei ein Gegenstand positiv aufgeladen wird (Elektronenmangel), der andere hingegen negativ aufgeladen wird (Elektronenüberschuss).
Kommt es zu elektrischen Entladungen, stellen diese für den Menschen im Allgemeinen keine direkte Gefahr dar. Ganz anders sieht es hingegen bei der Nutzung elektronischer Geräte aus. In sensiblen Bereichen müssen elektrostatische Aufladungen deshalb zur Vermeidung von Schäden und Unfällen minimiert und kontrolliert werden. Der Aufbau des Fußbodens spielt dabei eine entscheidende Rolle. Die eingesetzten leitfähigen Fußbodenbeläge müssen nicht nur die für die jeweiligen Einsatzbereiche notwendigen Anforderungen erfüllen, sondern müssen auch mit dafür geeigneten leitfähigen Klebstoffen gemäß den Verlegeempfehlungen der Bodenbelag- und Klebstoffhersteller verlegt werden.
Um nachträgliche Reklamationen hinsichtlich mangelnder Leitfähigkeit auszuschließen, empfiehlt Peteler dem Verarbeiter folgendes:
- Es sollte grundsätzlich eine schriftliche Aufbauempfehlung vom Belags- und Klebstoffhersteller vorliegen.
- Man sollte immer die Aufbauempfehlungen des Belags- und Klebstoffherstellers berücksichtigen.
- Werden leitfähige Vorstriche, leitfähige Spachtelmassen oder Kupferbändern empfohlen, müssen diese auch verwendet werden.
- Die Produktinformationen des Verlegewerkstoffherstellerssind zu beachten, vor allem in Bezug auf Auftragsmenge und Ablüftezeit des Klebstoffes, um den gewünschten Kontakt zwischen Klebstoff und Belag sicherzustellen.
- Die richtige Pflegeanleitung/Pflegeempfehlung ist zu übergeben. Beim Einsatz nicht geeigneter Pflegemittel wird eine Isolationsschicht auf dem Belag aufgebaut, die eine Ableitfähigkeit verhindert.
Lösemittel in Parkettklebstoffen
Stauf-Entwicklungsleiter Dr. Frank Gahlmann referierte über die Auswirkungen eines möglichen Verbotes von Lösemitteln in Parkettklebstoffen. Aufgrund der Gefahrstoffverordnung besteht in Deutschland die Verpflichtung zur Verwendung von Stoffen mit möglichst niedrigem Gefährdungspotenzial. Für Verlegewerkstoffe ist diese allgemeine Maßgabe in der TRGS 610 näher erläutert. Dort finden sich Ausführungen zur Substitution von stark lösemittelhaltigen Verlegewerkstoffen. Wesentliche Grundlage sind die Erkenntnisse der Bau-Berufsgenossenschaft über die physiologischen Wirkungen verschiedener Bauchemikalien.
Während in anderen Bereichen der Bauchemie, wie bei Bodenbelagsklebstoffen oder Parkettlacken, stark lösemittelhaltige Produkte nur noch eine Randerscheinung sind, dominieren Lösemittel-Kunstharz-Klebstoffe noch immer den Markt der Parkettklebstoffe. Dr. Gahlmann betonte, dass ein Umdenken unumgänglich sei. Technische Alternativen stünden bereit und hätten sich bewährt. Bereits heute könnten alle Parkettarten lösemittelfrei verklebt werden. Allerdings müssten zum Teil PU-Klebstoffe - vor allem hartelastische - eingesetzt werden, die ebenfalls Gefahrstoffe sind und keine Ersatzstoffe im Sinne der TRGS 610. Der Isocyanatgehalt dieser Klebstoffe macht bei der Verlegung ein Schützen der Haut erforderlich, was in der Praxis nur schwer umzusetzen ist.
Dr. Gahlmanns Fazit:
- Lösemittelklebstoffe sind technisch nicht notwendig.
- Die Benennung von Ersatzprodukten zusätzlich zu den Dispersionsklebstoffen steht noch aus.
- Ein Verbot von Lösemittelparkettklebstoffen ist kurzfristig nicht zu erwarten.
- Der Verbraucherschutz und die aktuelle Rechtsprechung setzt den Parkettleger schon jetzt ausreichend unter Druck.
- Der Parkettleger muss bei den lösemittelfreien Klebstoffen eine differenzierte Produktauswahl treffen. Hierbei sind Gisbau- und Herstellerinformationen ausreichende Grundlage.
Der Referent sieht für das Fachhandwerk eine große Chance, wenn lösemittelfreie industrielle Verlegelösungen angeboten werden, die den Verbraucher-, Umwelt und Verarbeiterschutz verantwortungsbewusst berücksichtigen.
aus
FussbodenTechnik 02/06
(Wirtschaft)