Studie zur Zukunft des Großhandels
Knackpunkt Lieferung
Welche Leistungen müssen mittelständische Großhändler erbringen, um auch künftig wettbewerbsfähig zu sein? Diese Frage stand im Vordergrund einer aktuellen Studie des E/D/E bei Mitgliedern und ausgesuchten Kunden. Das Ergebnis: Große Vollsortimenter und kleine Spezialisten haben die besten Chancen. Die Mitte bricht weg.
Knapp 100 Mitgliedsunternehmen sowie ausgesuchte Kunden beteiligten sich in den vergangenen 15 Monaten aktiv an einer Umfrage des E/D/E zur Zukunft des Großhandels. Im Vordergrund stand die Frage, welche Leistungen und Anforderungen mittelständische Großhändler erbringen müssen, um auch künftig wettbewerbsfähig zu sein.
Obgleich diese Frage immer wieder gestellt wird, basieren die Antworten bisher weitgehend auf Vermutungen und Einschätzungen. Das veranlasste den E/D/E zu der Befragung. Sie machte bei der Mehrzahl der Befragten deutlich, dass selbstkritische Einsicht vorherrscht: "Um die Zukunft vieler Händler ist es schlecht bestellt, wenn die vorhandenen Strukturen unverändert in die Zukunft übertragen werden". Häufig genannte Gründe für diesen Befund: Die zunehmende Konzentration im Handel, der Wunsch der Kunden nach schnellster und fehlerfreier Lieferfähigkeit, eine modernsten Anforderungen entsprechende Logistik, der Bereich Convenience und E-Commerce, der Verkauf über das Internet.
Die Erhebung signalisierte dem E/D/E, "daß wir sofort und konsequent damit beginnen müssen, die notwendigen Veränderungen zur Zukunftssicherung einzuleiten." Karl-Heinz Overhamm, als Mitglied der E/D/E Geschäftsleitung zuständig für die strategische Mitgliederentwicklung und somit auch für die Erstellung der Zukunftsstudie, merkt dazu an, daß die Studie nach den Regeln professioneller Marktforschung zwar nicht repräsentativ sei; sie lasse aber deutlich Schwerpunkte erkennen.
So belege sie beispielsweise die Erwartung, daß sich der Konzentrationsprozeß sowohl auf Lieferanten- wie auch auf Handelsseite weiter fortsetzen wird. Auch die Verarbeiterseite wird nach Einschätzung der Befragten von diesem Trend zunehmend betroffen sein. Dadurch bedingt werden vor allem die kleinen Großhändler Schwierigkeiten bekommen, ihre klassischen Kunden von heute auch morgen noch beliefern zu können: "Viele dieser Verarbeiter wird es in Zukunft nicht mehr geben bzw. sie werden in größere Produktionsgemeinschaften integriert sein". Auch die Konzentration einiger Hersteller auf wenige konzernartige Handelshäuser wird mit Sorge verfolgt: "Werden sie schon bald eine Art Zentrallagerfunktion für die Industrie übernehmen?"
Ferner machte die Studie deutlich, daß der Druck auf den einzelnen Großhändler immer stärker wird. Entsprechend ihrer Marktbedeutung werden großen Unternehmen die besseren Chancen zugeordnet: Ihre Möglichkeiten, eine intensive Kommunikation mit den Kunden zu pflegen, seien vielfältiger, außerdem seien sie insgesamt aufgrund personeller Ausstattung und anderer Faktoren besser in der Lage, sich mit erforderlichen Veränderungen zu befassen und damit in der Praxis umzugehen. Kleinen Händlern bleibe nur die Chance, sich mit sehr speziellen Angeboten unentbehrlich zu machen. Bereits heute sei zu beobachten, daß Nischenanbieter bessere Umsatzergebnisse als ein kleinerer oder mittlerer Vollsortimenter erzielen.
Die Befragungen bezogen sich auch auf die Prozesse, die zwischen den handwerklichen und gewerblichen Kunden und ihren Großhändlern ablaufen. Oft genannt wurde in diesem Zusammenhang eine vergleichsweise hohe Fehlerquote bei der Kommissionierung der Waren. Die konzernartigen Großvertreiber erwiesen sich auf diesem Gebiet vielfach im Vorteil: "Sie können ihren Kunden in der Regel eine fast hundertprozentige Fehlerfreiheit garantieren. Dabei ist es völlig egal, über welchen Weg der Kunde seine Ware bestellt". Ein weiteres Problem wurde in der Schnelligkeit der Lieferungen gesehen: "24 Stunden sind heute Standard. Doch schon in naher Zukunft wird dies nicht mehr ausreichen. Um im Markt bestehen zu können, muß die Logistik so weit perfektioniert werden, daß die Kunden innerhalb von 12 bzw. 6 Stunden die gewünschte Ware fehlerfrei an den von ihnen bestimmten Ort geliefert bekommen."
aus
BTH Heimtex 01/01
(Wirtschaft)