Pergo will noch in diesem Jahr an die Börse
Neustart mit neuen Produkten und neuem Großhandelskonzept
Überraschend offen gab sich Pergo auf der Domotex. Ja, man habe die Bedeutung von Klick-Systemen zunächst unterschätzt, räumte das Management ein. Ja, man habe in Deutschland das Großhandelsgeschäft aufgeben wollen. Aber jetzt sei alles ganz anders: Mit vielen neuen Produkten, Umstrukturierungen und einem neuen Großhandelskonzept sucht das Unternehmen wieder Anschluss an den Markt. Die Zeit drängt: Noch in diesem Jahr will Mutter Perstorp die Bodenbelagstochter an die Börse bringen.
Im Markt kursieren viele Gerüchte über uns, deshalb wollen wir eindeutig klarstellen: Es ist total falsch, dass sich Pergo aus Deutschland zurückzieht. Im Gegenteil - Deutschland ist und bleibt ein wichtiger Markt für uns." Entschieden dementierte Lars Olsson, Pergo-Geschäftsführer Deutschland, vor der Presse auf der Domotex Spekulationen um einen Abzug der Schweden aus Europas größtem Laminatmarkt. Stattdessen habe man vielmehr die Fehler der Vergangenheit erkannt: "Wir klar die Bedeutung von Klick-Produkten falsch eingeschätzt und dadurch Marktanteile verloren. Und wir wollten tatsächlich weg vom Großhandel."
Das alles ist aber "Schnee von gestern" für das Management. Bereits im letzten Jahr sei eine umfassende Umstrukturierung eingeleitet worden, die sich über alle Bereiche erstreckt. Ein Schwerpunkt lag dabei in der Aufrüstung und Aktualisierung des Sortiments. So hat man sich über den 25,1 %-Einstieg bei Witex den Zugang zu DPL-Produkten gesichert (Pergo selbst produziert nur HPL, Anm. d. Redaktion). Durch eine Kooperationsvereinbarung mit Klick-Pionier Unilin verfügt man inzwischen über ein ausgereiftes Leimlos-Verlegesystem. Parallel werden eigene Entwicklungen in Schweden vorangetrieben. In diesem Zuge trennt sich Pergo auch von den lange gehegten Spanplattenträgern, die für Klick-Verlegetechnik ungeeignet sind und stellt auf HDF-Trägerplatten um. Über den Zusammenschluss mit Schwestergesellschaft Declam, die Laminate produziert, sind neue Produkte entstanden.
"Insgesamt werden in den Jahren 2000 und 2001 rund 75 % unseres Programms erneuert", sagte Europa-Präsident Mag-nus Vrethammar. Zum Jahres-anfang bringt Pergo die eingeführte Orginal-Kollektion auch in leimlos verlegbarer Version, außerdem kommt der neue DPL-Belag Basic auf den Markt - ebenfalls mit Klick-Technik. Für das zweite Quartal sind zwei weitere Neuvorstellungen angekündigt: Kitchen, speziell für Küchen konzipiert und Comfort für Wohn- und Schlafräume. Im Herbst folgen drei Objektkollektionen: die hoch belastbare Serie Uniq, Practiq für mäßig frequentierte Einsatzbereiche und Domestiq für den Wohnungsbau.
Darüber hinaus zeigte Pergo auf der Domotex "im Kämmerlein" noch die Produktstudie Aergoflex. Dabei handelt es sich um eine bedruckte Folie, die auf einen Träger kaschiert und UV-lackiert wird. Der Belag, der als "wärmer und leiser" als Laminat apostrophiert wird, soll "zwischen Parkett und Laminat" positioniert werden. Als Pilotprojekt wird Aergoflex zunächst in Frankreich und den Niederlanden getestet.
Neben den Produkten hat man sich auch dem "Relaunch" der europäischen, speziell der deutschen Aktivitäten gewidmet. Die Tochter in Bürstadt gibt es nicht mehr. Verwaltung und Vertrieb wurden in das neue Distributionscenter ins französische Metz verlagert - "nur 30 km von der deutschen Grenze entfernt -, eins von vier europäischen Zentrallagern. Die anderen befinden sich am Stammsitz im schwedischen Trelleborg, im englischen Birmingham und in Madrid. Seit dem 1. November 2000 ist Metz in Betrieb. Insgesamt acht deutschsprachige Mitarbeiter betreuen seitdem die deutschen Kunden. "Für sie hat sich im Prinzip nichts verändert", verändert Vrethammar, "über Hotline, Callcenter etc. ist Pergo jederzeit erreichbar - natürlich zum normalen Telefontarif für Inlandsgespräche und in Deutsch."
Die Vertriebsorganisation wurde gestrafft. Jetzt sind drei Vertriebsleiter zwischen Flensburg und München für die Schweden unterwegs: Klaus Platzek betreut den Großhandel und Key Account-Kollegen, zwei Kollegen sind für die Mitte und den Norden Deutschlands verantwortlich.
Das im letzten Jahr eingeführte "Partnerprogramm" bleibt "integraler Bestandteil" der Aktivitäten hierzulande, ist aber etwas modifiziert worden: Der Einstieg sei mit 17.000 DM zu niedrig kalkuliert gewesen, erklärt Olsson. Er wurde auf 50.000 DM erhöht. Außerdem sei mittlerweile ein separates "Partnerschaftskonzept" mit dem Großhandel ausgearbeitet worden. Mit näheren Details hält man sich hier allerdings noch bedeckt.
Das Mammutprogramm hat ein Ziel: Die Braut Pergo muss schön gemacht werden für den Gang an die Börse. Nachdem der Verkauf an eine Investorengruppe im vergangenen Spätsommer scheiterte, will Mutter Perstorp durch die Kotierung ihrer Bodenbelagstochter an der Stockholer Börse "Mittel für weitere Expansion und mehr Benefit für die Aktionäre gewinnen", wie Pergo-Generaldirektor Raimo Isaad in Hannover eröffnete. Mit weltweit 1.100 Beschäftigten werde das Unternehmen in diesem Jahr voraussichtlich einen Umsatz in Höhe von 3,7 Mrd. SEK erwirtschaften, etwa 755 Mio. DM.
aus
Parkett Magazin 01/01
(Wirtschaft)