Teppiche auf der Domotex
Hochwertige Designerteppiche tragen Seide
In sechs Hallen wurden in diesem Jahr auf der Domotex abgepasste Teppiche gezeigt, die meisten davon handgefertigt. Das facettenreiche Angebot wurde in zufriedenstellendem Maße nachgefragt, allerdings blieb das Orderverhalten des deutschen Handels etwas hinter den Erwartungen zurück. Der Trend zu besseren Qualitäten setzt sich weiter fort, die Branche ist offenbar der Preistreiberei überdrüssig geworden. von Mona Backhaus
In den Orientteppich-Hallen verlief die Domotex zufriedenstellend. Es war keine Rekordmesse, aber die Aussteller haben nach meiner Einschätzung etwa die gleichen Ergebnisse wie im Vorjahr erzielt - das ist in Hinblick auf die allgemeine Marktsituation positiv zu bewerten", bilanzierte Dr. Ali R. Ipektchi, Anbieter von persischen Knüpfteppichen und Vorsitzender des Bundesverbandes der Orientteppich-Importeure, am letzten Tag der Domotex.
Rund 45.000 Besucher und damit fast 16 % mehr als im Vorjahr kamen laut Veranstalter Deutsche Messe nach Hannover. Der deutliche Zuwachs war allerdings nicht in den Hallen 2 und 3 sowie 14 bis 17 zu spüren, wo es "viel ruhiger als im letzten Jahr" war, so die allgemeine Einschätzung. Vor allem der geringe Anteil an deutschen Besuchern wurde von vielen Ausstellern bemängelt.
Angesichts des hierzulande schrumpfenden Marktes wird man sich aber wohl daran gewöhnen müssen, dass es in den Hallen nicht mehr "brummt": Von Jahr zu Jahr verringert sich die Zahl der Heimtextilien-Geschäfte, insbesondere der inhabergeführten Fachgeschäfte, und damit auch die Zahl der potentiellen Messebesucher. Zudem konzentriert sich der Markt, so dass immer weniger Einkäufer für immer mehr Verkaufsstellen zuständig sind. "Die geringe Frequenz in den Gängen deutet vielleicht einfach darauf hin, dass wir weniger werden", bemerkte treffend ein Gesprächspartner.
Geringe Frequenz bedeutet aber nicht zwingend schlechte Ergebnisse. "Die Domotex lief fantastisch. Wir hatten uns wieder ehrgeizige Ziele gesetzt, die wir erneut übertroffen haben. In den Gängen war zwar wenig Bewegung, aber die Qualität der Besucher hat gestimmt", sagte beispielsweise Holger Sälker, Verkaufsleiter des Handtuft-Spezialisten Arte Espina. Zufrieden mit dem Messegeschäft war auch Michael Brenner, Verkaufsleiter der Firma Designteppiche Ganzert. Er betonte, dass alle wichtigen Einkäufer des deutschen Handels die Domotex besucht haben. Manfred Barfuss, Mitinhaber der Firma Ludwig Wissenbach, zeigte sich ebenfalls "rundum zufrieden", war er doch überrascht vom guten Messeergebnis: "Obwohl im Vergleich zum Vorjahr rund 10% weniger Besucher auf unseren Stand kamen, stieg der Umsatz - für uns unerwartet. Wir waren davon ausgegangen, dass der Handel noch über genügend Ware verfügt und eher verhalten reagieren wird." Auch Oritop-Geschäftsführer Peter Hack verzeichnete Umsatzsteigerungen im Vergleich zur Vorjahresmesse. Er lobte besonders das Orderverhalten der ausländischen Besucher.
Bei den meisten Anbietern, insbesondere klassischer und hochwertiger Ware, kaufte der Handel keine großen Mengen ein, sondern füllte gezielt sein Sortiment auf. "Es wurde sehr selektiv ausgewählt. Vor allem ausgefallene Stücke und Sondermaße waren gefragt", berichtete beispielsweise Amir Tahbaz von der Firma Bahram Tahbaz. Gleichzeitig zählte unter anderem Dr. Ali R. Ipektchi "deutlich mehr kaufende Kundenkontakte als im letzten Jahr". Bei leicht gestiegenem Umsatz wertete er dies als eine "durchaus erfreuliche Entwicklung", wenn auch das Plus der Kontakte größtenteils aus dem Auslandsgeschäft resultierte.
Die Besucher verteilten sich recht gleichmäßig auf alle Messetage, besondere Spitzenzeiten waren kaum auszumachen. Die Aussteller bewerteten die einzelnen Tage sehr unterschiedlich, in erster Linie sicherlich bedingt durch verschiedenartige Sortimente: Die Anbieter von klassischen Orientteppichen sprachen teilweise von einem "überragenden Vormessetag", die Anbieter von Designerteppichen schätzten dagegen Montag und Dienstag als die stärksten Messetage ein.
Die neue Hallenaufteilung - Parkett und Laminatböden räumten die Halle 3 zugunsten moderner Knüpf-, Web- und Maschinenteppiche - wurde allgemein begrüßt. Arte Espina war grundsätzlich mit seiner Platzierung in Halle 3 einverstanden, ebenso Tisca, zuvor mit dem Mutterunternehmen in Halle 4 ansässig. "Wir sind mit dem neuen Standort recht zufrieden. Besucherfrequenz und Orderverhalten waren gut. Unsere Kunden haben uns gefunden", resümierte Walter J. Aigner.
Die Stimmung im Einzelhandel scheint sich trotz eines schlechten Herbst- und Weihnachtsgeschäftes allmählich zu bessern. "Der Handel wird wieder optimistischer", berichtete unter anderem Haro-Geschäftsführer Hellfried Neubert. Ähnlich äußerte sich Dr. Ali R. Ipektchi: "In Kundengesprächen während der Messe wurde deutlich, dass der Einzelhandel positiver in die Zukunft blickt als im letzten Jahr."
Zudem ist eine Umorientierung spürbar. Dr. Ali R. Ipektchi: "Viele Kunden denken darüber nach, ihre Sortimente nach oben hin zu ergänzen. Der Grund ist das derzeitige Preismarketing: Teppiche werden so billig wie möglich eingekauft und so billig wie möglich wieder verkauft. Erstens hat jedoch keiner Freude an diesem Geschäft, zweitens verdient niemand daran und drittens - und das habe ich erfreulicherweise häufig gehört - verliert der Endverbraucher das Interesse an dieser Vermarktungsform - Prospektware bleibt offensichtlich immer häufiger liegen." Peter Hack bestätigte: "Es ist eine Tendenz zum Up-Trading bei Einzelhandelshäusern zu spüren, bei denen der hochwertige Teppiche bislang eher ein Stiefkind war." Mehrdad Steve Momeni von der Firma Djahangir Momeni meinte: "Der Handel sollte wieder den wertvollen Teppich pflegen. Mit der Preistreiberei ist niemandem geholfen."
Die Stimmung unter den Anbietern von Orientteppichen ist verhalten optimistisch. Das Geschäftsjahr 2000 schlossen die meisten der befragten Unternehmen mit einer "schwarzen Null" oder einem "kleinen, eigentlich nichtssagenden Plus" ab. Nach einem "sehr guten" Start im ersten Quartal 2000 mussten viele ihre Umsatzerwartungen auf Grund eines besonders ausgeprägten und lang anhaltenden Sommerlochs nach unten korrigieren. Bei einigen nagte zudem der hohe Dollarkurs an den Erlösen. Er machte Preissteigerungen in der zweiten Jahreshälfte und jetzt zur Domotex unausweichlich, zumal eine Verteuerung der Rohstoffpreise noch hinzu kam.
Viele Anbieter gehen die Zukunft offensiv mit neuen Ideen und Konzeptionen an, die zum Ziel haben, den Einzelhandel stärker zu unterstützen. Ganzert plant zum Beispiel für den Herbst die Einrichtung von Internet-Seiten, auf denen der Endverbraucher seinen eigenen Teppich gestalten und ihn anschließend bei einem Händler in seiner Umgebung bestellen kann. Intention ist, dabei zu helfen, "eine Brücke zwischen Einzelhandel und Endkunde zu schlagen". Ohnehin haben Service-Kollektion, bei denen der Endverbraucher Farbe, Größe oder sogar Dessin selbst bestimmen kann, an Bedeutung gewonnen: Rund 80 % der von Ganzert ausgelieferten Teppiche sind Eigenkreationen, bei Malik ist jeder dritte Teppich, der das Haus verlässt, nach Kundenwunsch gestaltet. Ins Internet geht auch Oritep, allerdings mit einer Plattform ausschließlich für den Einzelhandel. Die dort vorgestellten Kelims sind kollektioniert und können in verschiedenen Größen bestellt werden.
Wichtig ist heute, beim Endverbraucher Kaufanreize durch stimmungsvolle Produktpräsentationen zu schaffen. Dekorationsideen inklusive Deko-Material liefern unter anderem Benelux Orient und Theo Keller. Für eine wertige Warenpräsentation hat Haro einen neuen Musterständer entwickelt. Wissenbach berät bei der Ladengestaltung und liefert Präsentationssysteme.
Hochwertige Artikel lassen sich gut verkaufen, wenn der Endverbraucher kompetent beraten wird. Deshalb bieten beispielsweise Oritop und Ganzert Verkäuferschulungen an. Hinzu kommen Vorträge im Rahmen von Verkaufsausstellungen oder Vernissagen zu neuen, exklusiven Kollektionen. Derartige Serviceleistungen erfreuen sich laut Peter Hack zunehmender Beliebtheit.
Im Bereich des modischen Teppichs sind heute vor allem Lagerhaltung und Lieferfähigkeit gefragt. "Der Einzelhandel arbeitet zunehmend mit Importeuren zusammen, die für ihn die Ware lagernd führen und schnell und zuverlässig ausliefern. Denn gerade im modischen Bereich muss der Einzelhandel schnell auf Wohntrends reagieren können, was bei einem Überlager nicht funktioniert", erläutert Manfred Barfuss. Als wichtig erachtet er zudem die Einhaltung bestimmter Produktionskriterien, beispielsweise die Teppichherstellung ohne Kinderarbeit oder der Verzicht auf Azofarben. Für seine Nepalteppiche hat Wissenbach außerdem eine Öko-Wäsche eingeführt. "Heute ist es wichtiger denn je, die Einhaltung gewisser Standards gegenüber dem Endverbraucher zu betonen. BSE hat gezeigt, wie sensibel die Öffentlichkeit reagiert und wie wichtig dem Endverbraucher Garantien sind, auf die er sich verlassen kann. Ich wundere mich, warum der Einzelhandel Standards so wenig kommuniziert."
Seide - ein Trend
Im Bereich des klassischen Orientteppichs zeichnet sich nach wie vor kein neuer Trend ab. Grundsätzlich war der Handel auf der Domotex erneut stark an Einzelstücken interessiert. Nachgefragt wurden unter anderem hochwertige Nomadenteppiche aus Südpersien (Luribaffs), feine Nain, Täbriz und Isfahan. Die Anbieter legten verschiedene Neuschöpfungen vor, darunter Bidjar mit Seide. Weiterhin beliebt sind Knüpfungen mit Antik-Wäsche und die Arbeiten der afghanischen Flüchtlinge in Pakistan.
Bei den Designerteppichen ist die Farbe Resedagrün klarer Favorit für die kommende Saison. Hinzu kommen Grau- und Blautöne. In eine andere Richtung tendieren warme Gold- und Rotnuancen. Sie finden vor allem bei hochwertigen Artikeln mit Seidenanteilen Verwendung (Ganzert, Fuggerhaus, Türkas, Oritop). Trendthemen sind ferner hochfloorige Teppiche (Haro) und Metallic-Effekte (Co-Designers). Gerne werden auch Motive klassischer, persischer Provenienzen modern übersetzt (Malik, Teppich & Idee, Werner Weber). Grundsätzlich bleiben die Dessins sehr zurückhaltend, bisweilen sind sie auf ein absolutes Minimum reduziert (Fuggerhaus).
aus
BTH Heimtex 02/01
(Wirtschaft)