Deko + Gardinenanbieter waren mit Heimtextil zufrieden
Der Handel fordert Endverbraucherwerbung
Trotz vieler "schwarzer Nullen" im Geschäftsjahr 2000 geht die Heimtextilienbranche mit verhaltenem Optimismus ins neue Jahr. In Frankfurt zeigte sie ihr umfangreiches Repertoire verstärkt in Form von stimmungsvollen Produktinszenierungen. Zentrales Gesprächsthema war Endverbraucherwerbung - der Handel fordert mehr Engagement von der Industrie. Vorreiter in Sachen Fernsehwerbung sind Ado, Unland und Jab Anstoetz.
Leicht bewölkt, aber mit einigen sonnigen Abschnitten zeigte sich Mitte Januar nicht nur das Wetter in Frankfurt, sondern auch die Stimmungslage auf der Heimtextil, der weltweit größten und ältesten Messe für Heim- und Haustextilien. Mit genau 3.118 Ausstellern wurde eine neue Rekordmarke erreicht, die jedoch allein einem Zuwachs auf Seiten der ausländischen Aussteller (von 2.216 auf 2.415) zu verdanken ist. Wie im Vorjahr informierten sich rund 71.000 Fachbesucher über das vielfältige Angebot, davon kamen 43 % aus dem Ausland.
Die hohe, weiter steigende Internationalisierung der Messe mehrt ihren guten Ruf, wirft jedoch auch ein bezeichnendes Licht auf die Situation des deutschen Heimtextilienmarktes, dem im letzten Jahr immer noch keine Trendwende gelungen ist. So gab der Verband der Deutschen Heimtextilien-Industrie im Vorfeld der Messe bekannt: "Auch 2000 waren vereinzelt weitere Firmeninsolvenzen festzustellen. Darüber hinaus verstärkte sich der Trend zu Zusammenschlüssen. Von einer Fortsetzung dieser Entwicklung ist auszugehen." Mit einem Plus von 1 % stagnierten die Industrie-Umsätze nahezu. Unter den verschiedenen Produktgruppen verfehlten die Gardinen und Möbelstoffe knapp ihre Vorjahresniveaus, die Dekos schnitten mit 2 % Minus ab.
Voller Euphorie reiste also sicherlich niemand nach Frankfurt, auch die Aussteller in den Hallen 8 und 9 nicht. Klaus Vollenbröker von den Elvo-Werken berichtete rückblickend über das Geschäftsjahr 2000: "Das Auslandsgeschäft entwickelte sich erneut besser als das Inlandsgeschäft und das erste Halbjahr gab deutlich mehr Anlass zur Freude als das zweite, nicht nur bei uns und Kollegen aus der Industrie, sondern auch beim Handel, der von einem sehr schlechten Weihnachtsgeschäft spricht. Diese Entwicklung lässt sich jedoch erklären: Die im Herbst in allen Medien geführte Diskussion über hohe Energiekosten wirkte sich kontraproduktiv auf den Konsum aus." Dennoch geht er "mit verhaltenem Optimismus" ins neue Jahr, das alte schloss sein Unternehmen mit rund 3 % Umsatzplus ab.
Die Industrie geht verhalten optimistisch ins Jahr 2001
Als "nach wie vor schwierig" bewertete Gabriele Eckardt, Geschäftsführerin der Firma Manfred Eckardt, das abgelaufene Jahr. "Ich bin jedoch zuversichtlich für 2001, weil sich Veränderungen abzeichnen. Für uns bietet beispielsweise Osteuropa noch ein großes Potential. Der deutsche Markt wird sich 2001 verhalten zeigen, aber nicht verschlechtern. Ich erwarte insgesamt ein Pari oder vielleicht einen kleinen Zuwachs von 1 oder 2 %."
Lothar Stapf, Geschäftsführer der Firma Plauener Gardine: "Wir haben 2000 zwar einige Blessuren erlitten, sind aber insgesamt mit dem Erreichten zufrieden - was allerdings eine Frage des Anspruchs ist. Wer, wie wir, seine Zahlen gehalten hat, gehört sicherlich nicht zu den Verlierern."
Matthias Withöft, bei August Bünger Bob zuständig für Marketing und Design: "Wir waren mit dem Geschäftsjahr 2000 zufrieden, allerdings waren auch keine größeren Zuwachszahlen geplant. Ich glaube an ein gutes Jahr 2001, denn andere Branchen befinden sich bereits im Aufwind, denen die Heimtextilienbranche hoffentlich bald folgen wird."
Von einer verbesserten Kaufkraft, die allgemein für Deutschland propagiert wird, erwartet Bernd Möller, Prokurist bei Drapilux, keine ausschlaggebenden Impulse für die Heimtextilien- und die Sonnenschutzbranche. Um so wichtiger sei es, erarbeitete Marktstellungen zu erhalten und auszubauen. "Wir haben uns im internationalen Objektgeschäft große Wachstumsziele gesetzt und dort im letzten Jahr entsprechend gut zugelegt. Wir gehen sehr optimistisch ins neue Jahr, weil wir der Meinung sind, dass Unternehmen ihre eigene Konkjunktur fördern können."
Ähnlich äußerte sich Hendrik Unland, Geschäftsführer der Firma Unland: "Unsere Umsatzrückgange von insgesamt 2 % im letzten Jahr resultieren aus der negativen Entwicklung des deutschen Marktes. Ich erwarte für 2001 keine Wende - die Branche hat das Tal noch nicht durchschritten. Auf Grund dieser Tatsache ist unser Ziel eine Firmenkonjunktur, die wir durch überdurchschnittliche Werbemaßnahmen wie einen TV-Spot erreichen wollen - das ist die einzige Möglichkeit, sich von negativen Markttendenzen abzukoppeln. Da eine Gemeinschaftswerbung der Branche offensichtlich nicht zustande kommt, sind wir aktiv geworden, und aus diesem Grund bin ich zuversichtlich für die Firma Unland."
Der TV-Spot hatte in Frankfurt Premiere und ist jetzt aktuell der zweite Clip eines Anbieters von Einrichtungsstoffen im deutschen Fernsehen, nachdem Ado bereits im vergangenen Herbst die Initiative ergriffen hatte. Hinzu kommt der Textilverlag Jab Anstoetz, der seit kurzem als Sponsor von Fernsehfilmen auftritt.
Stimmungsvoll gestaltete, textile Erlebniswelten
Positiv ins Auge fiel in Frankfurt auch die Präsentation von Stoeckel & Grimmler. Der Anbieter aus Münchberg stellte erstmals gemeinsam mit seiner Tochter Home Decor und dem Lizenzpartner Esprit Home aus, und zwar in einem Zelt vor der Halle 8. Das großzügige Raumangebot wurde genutzt, um die Besucher durch stimmungsvoll gestaltete, textile Erlebniswelten zu führen. Das Ergebnis: eine deutlich höhere Kundenfrequenz und zweistellige Umsatzzuwächse.
Für Gesprächsstoff sorgte ferner Cordima aus Greven. Der Anbieter von Gardinen und Dekostoffen musste im Dezember Insolvenzantrag stellen. Eine Investorengruppe sprang ein und will nun für "frischen Wind" sorgen. Die Kollektion, die auf der Heimtextil gezeigt wurde, setzt die bereits vor zwei Jahren eingeführte modernere Linie weiter fort.
Was sich bereits seit Monaten angekündigt hat, ist jetzt erfolgt: Viele Unternehmen haben zum 1. Januar ihre Preise erhöhen müssen, einige nur um 1 bis 2 %, andere um bis zu 7 %. Der Grund sind gestiegene Rohstoffpreise, Baumwolle und Polyester sind teurer geworden und die Frachtkosten haben zugelegt. Der Einzelhandel reagiere verständnisvoll, so die Industrie.
Vielfach wurde der Eindruck geäußert, dass die Besucherzahlen weiter zurückgegangen sind, vor allem in Halle 8. "Wir sind mit dem Verlauf der Messe zufrieden, alle wichtigen Kunden sind gekommen. Allerdings hat die Besucherfrequenz in Halle 8 insgesamt weiter abgenommen - der deutsche Einzelhandel fehlt zunehmend. Stark vertreten sind dagegen die ausländischen, vor allem osteuropäischen Besucher.
Gerade der russische Handel zeigte in diesem Jahr großes Interesse an unserer Gardinenmode", berichtete beispielsweise Gabriele Eckardt. "Nach meiner Einschätzung stagnieren zwar die Besucherzahlen, aber die Qualität der Kunden steigt", stimmte unter anderem Bernd Möller zu.
Vorsichtiger bis realistischer Optimismus beim Handel
Die Stimmung im deutschen Handel, der sich der schwierigen Marktsituation bewusst sei, tendiere wieder zu mehr Optimismus, meint Hanns Bergmann von Stoeckel & Grimmler. Dieser Auffassung ist auch Lothar Stapf: "Aus dem Handel höre ich deutlich einen vorsichtigen bis realistischen Optimismus heraus. Außerdem wächst die Bereitschaft, Neues aufzunehmen. Meine Einschätzung: Es liegen keine paradisischen Zustände vor uns, aber diejenigen Einzelhändler, die kreativ und engagiert sind, werden wieder zulegen."
Auch Gabriele Eckardt beobachtete eine größere Motivation im Handel, der gleichzeitig aber von der Industrie - für sie zu Recht - mehr Unterstützung bei der Endverbraucheransprache fordere. "Wichtigstes Thema auf der Heimtextil war Endverbraucherwerbung", berichtete sie.
"Automatisch geht es nicht aufwärts", ist auch Klaus Vollenbröker überzeugt. "Durch die Steuerreform sollen dem Verbraucher 45 Mrd. DM zusätzlich zur Verfügung stehen. Das ist gut so. Aber: Wird die Heimtextilienbranche von der erhöhten Kaufkraft profitieren? Es gibt einen Wettbewerb der Branchen.
Werden wir neben Handys, Aktien, Reisen und italienischen Restaurants bestehen? Wir müssen zusammen mit dem Handel die Bedingungen für unsere Branche verbessern. Wir haben tolle Produkte, aber der Endverbraucher weiß es nicht!"
Signale in Richtung Endverbraucher soll der Publikumstag im nächsten Jahr geben, der auf den Sonntag gelegt wurde. Das auf dem Deco Team-Abend ansatzweise vorgestellte, offensichtlich aber noch nicht ganz feststehende Konzept sieht vor, diejenigen Aussteller, die sich daran beteiligen wollen, räumlich von den anderen Anbietern zu trennen und in den ersten Ebenen der Hallen 3 und 6 zu platzieren.
Ohnehin stehen im nächsten Jahr einige Änderungen bevor: Durch den Neubau der Halle 3 kommt eine weitere, 40.000 qm große Ausstellungsfläche hinzu. Die Hallenplanung soll großzügiger werden, breitere Gänge, Ruhezonen und zusätzliche Sonderpräsentationsflächen sind geplant.
Da laut Messegesellschaft besonders bei den Anbietern von Heimtextilien Vergrößerungswünsche bestehen, tauschen sie mit den Anbietern von Haustextilien und ziehen in die Hallen 1 bis 6.
aus
BTH Heimtex 02/01
(Wirtschaft)