Qualität made in Germany
So entsteht ein Frottierduschtuch nach Öko-Tex Standard 100
Eschborn (ri) - Die deutsche Textilindustrie lebt - vor allem in Bereichen mit einem hohem Anspruch an Qualität, Kreativität und Flexibilität behaupten sich deutsche Hersteller erfolgreich gegen die weltweite Konkurrenz.
Zu den 1.374 (Stand 2003) in Deutschland produzierenden Textilunternehmen gehört zum Beispiel die Firma Dyckhoff. Am Standort im westfälischen Rheine produzieren rund 95 Mitarbeiter schadstoffgeprüfte Frottierwaren nach Öko-Tex Standard 100 für den Fach- und Versandhandel, den Objektbereich und Einzelabnehmer - wie im Sommer 2005 für die Deutsche Zertifzierungsstelle Öko-Tex in Eschborn. Deren Leiterin Jutta Knels beauftragte das Traditionsunternehmen mit dem Entwurf und der Produktion eines Duschtuchs, das in der Folge als Werbegeschenk und Gewinn bei Preisausschreiben usw. eingesetzt werden soll. Zu den gestalterischen Vorgaben gehörte die Übernahme des Schriftzuges "www.oeko-tex.com" und eines Tiermotivs aus der Werbekampagne des Öko-Tex Standards 100. Durch die Wahl eines intensiven Gelbtones sollte zudem augenfällig demonstriert werden, dass schadstoffgeprüfte Textilien bei Leibe kein farbliches Schattendasein führen.
Am Anfang aller Produkte steht bei Dyckhoff die Produktentwicklung im firmeneigenen Designstudio, verantwortlich für marktgerechte Dessins, Farben und Qualitäten. Mit Hilfe von modernen CAD-Programmen werden die Entwürfe erstellt, coloriert und webtechnisch für die elektronisch gesteuerten Jacquard- und Web-Maschinen ausgearbeitet. Von hier gelangen alle Produktinformationen in die nachfolgenden Abteilungen.
So auch im Fall des Öko-Tex Duschtuchs. Die Wahl von Frau Knels fällt auf einen Vorschlag in der Qualität "Basic", bei der sich der gewünschte Schriftzug als Borteneinwebung und der als Zeichnung vorliegende Seehund in Hoch-Tief-Frottiertechnik bestens darstellen lassen und der genau den Vorstellungen der Auftraggeberin entsprechen.
Bei einer täglichen Produktionsmenge von 12.000 Frottiertüchern stellt der Öko-Tex-Auftrag für das Team von Jens Albachten, Leiter Qualitätssicherung bei Dyckhoff, dann lediglich noch eine Fingerübung dar. Schnelle Umsetzungszeiten und kleine Losgrößen sind dann auch einer der Vorteile, die Dyckhoff seinen rund 3.000 Kunden bieten kann. Bereits ab einer Stückzahl von 300 für einfache Modelle oder 600 Stück mit Bordüre wird auf Kundenwunsch produziert und das stets nach dem Öko-Tex Standard 100. Gerhart Grünke, Leiter des Designstudios, bestätigt den Trend zu Individualaufträgen und Kleinserien: "Bei Kundenaufträgen wie die Produktion des Öko-Tex Duschtuchs können wir unsere Stärken besonders gut ausspielen: Kreativität, Flexibilität und Schnelligkeit. Das gilt aber auch für unser eigenes Sortiment, bei dem wir schnell auf Trends reagieren können - während andere noch die Ware über die Ozeane schippern, liegen unsere Frottierwaren schon in den Regalen des Fach- und Versandhandels. Deshalb halten wir an unserem Produktionsstandort in Deutschland fest."
Die Basis des Sortiments bildet aber nach wie vor das Standardprogramm, das in großer Stückzahl im 1.500 qm großen Fertigwarenlager auf sechs Etagen zum kurzfristigen Abruf durch die Kunden bereit steht. Farbgleichheit beim Nachkauf ist für viele Endverbraucher ein wichtiges Auswahlkriterium und deshalb auch für Dyckhoff ein wichtiger Qualitätsfaktor, mit dem man sich von Billiganbietern abgrenzt.
Der Produktionsweg des Öko-Tex Duschtuchs beginnt im Vorwerk, das der Webereivorbereitung dient. Hier werden dem Muster entsprechend Natur- oder Farbgarnspulen auf ein Spulengatter gesteckt und als Fadenschar auf eine große Trommel gewickelt. Im Sinne des Öko-Tex Netzwerks greift man dabei bei Dyckhoff auf Garne zurück, die nach dem Öko-Tex Standard 100 vorzertifiziert sind.
Es entsteht eine für die Weberei erforderliche Florkette mit ca. 1.800 Gesamtfäden, die später für die Schlingenbildung benötigt wird. Ein Frottiergewebe besteht aus drei Fadensystemen. Neben der Florkette wird eine so genannte Grundkette angefertigt, die zusammen mit dem dritten System - den Schußfäden - das Grundgewebe der Schlingen bilden. Für die Öko-Tex-Handtücher geht es nach der Weberei weiter ins ca. 30 km entfernte Gescher. Dort hat sich die Firma Hubert Eing auf die Veredlung von Textilien für die verschiedensten Einsatzbereiche spezialisiert. Im Kundenauftrag werden Garne und Stückgut gefärbt, aber auch flammhemmende Ausrüstungen oder Mikrokapseln zur Moskitoabwehr auf Textilien aufgebracht. Firmeninhaber Hubertus Eing sieht in der Konzentration auf innovative Lösungen für Problemfälle das Erfolgsrezept des Unternehmens: "Auch wir mussten unsere Mitarbeiterzahl innerhalb der vergangenen Jahre von 300 auf rund 180 reduzieren. Durch verbesserte Abläufe und die drastische Einsparung von Energie und Druckpasten mit Hilfe innovativer Fertigungstechnik ist unsere Kostenstruktur aber mittlerweile international konkurrenzfähig. Unsere Kunden kommen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, den Niederlanden, Belgien und Frankreich. Wir lösen die Probleme unserer Kunden und dies wird von ihnen honoriert, so dass wir positiv in die Zukunft schauen können."
Die Produkte, die vom Quasi-Nachbarn Dyckhoff zur Färbung angeliefert werden, gehören für Markus Terwei, Leiter der Stückfärberei, und Karl-Heinz Orriens, Leiter der Umwelttechnik, zur Arbeitsroutine: In der Stückfärberei erhält das in Naturweiß gewebte Öko-Tex-Duschtuch, ebenso wie tausende anderer Frottierwaren zuvor, seine strahlende Grundfarbe. Gearbeitet wird dabei, um die Maschinen optimal auszulasten, in drei Schichten und damit werden ca. 25 Prozent des Firmenumsatzes von rund 18 Mill. Euro erwirtschaftet. Und selbstverständlich arbeitet man auch in der Färberei von Eing nach den Vorgaben des Öko-Tex Standards 100.
Die von der Veredlung wieder bei der Firma Dyckhoff angelieferte Ware wird im nächsten Arbeitsschritt in Bahnen von beiden Seiten längsgesäumt. Eine vollautomatische Steuerung tastet die Ware ab und garantiert eine gleichmäßige spannungsfreie Saumverarbeitung. Der spezielle Kettstich mit vier Stichen pro cm sorgt für eine hohe Nahtfestigkeit.
Es folgt die vollautomatische Quersaumanlage, wobei zwei Bahnen gleichzeitig vorgelegt und quergeschnitten werden. Die Quersäume werden anschließend in einem Ablauf beidseitig gearbeitet und wahlweise mit einem Aufhänger, Pflegehinweisen, EAN-Code oder Firmenlogo an jeder Seite versehen. Zur Verbesserung der Ecknähte wird punktuell die Stichdichte erhöht.
Am Ende einer langen Produktionskette steht eine verantwortungsvolle Endkontrolle, wo fehlerhafte Ware aussortiert wird. Als finaler Arbeitsschritt erfolgt die Verpackung nach Kundenwunsch entweder einzeln oder in definierten Stückzahlen in Kunststoffhüllen, bevor sie die Reise zu einem der Kunden innerhalb Deutschlands, der Schweiz und Österreichs antreten oder in das Fertigwarenlager wandern.
In Katalogen und Beilegern weist Dyckhoff mit dem Label "Textiles Vertrauen - schadstoffgeprüfte Textilien" auf die Zertifizierung der Produkte nach dem Öko-Tex Standard 100 hin. Voraussetzung dafür ist die ausnahmslose Verwendung von vorzertifizierten Materialien wie Garnen und Etiketten. Jens Albachten sieht den Öko-Tex Standard 100 aber nicht nur als zusätzliches Verkaufsargument -, für ihn ist es in erster Linie ein wichtiger Baustein des firmeneigenen Qualitätsmanagements: "Durch die Auswahl von Lieferanten, die ebenfalls nach den Vorgaben des Öko-Tex Standards 100 arbeiten, sichern wir uns gegen Reklamationen ab und halten unseren Qualitätsanspruch auf einem gleichmäßig hohen Niveau."
aus
Haustex 06/06
(Wirtschaft)