Friedrich W.Petrat über den Sonnenschutz-Markt in Deutschland

"Wir machen gute Umsätze, obgleich die Branche stagniert"


BTH: Lange Zeit ging es der Sonnenschutzbranche besser als den anderen Bereichen der Raumausstattung. Inzwischen weht Ihnen auch der Wind schärfer ins Gesicht. Wie hat sich der Markt entwickelt?

Friedrich W. Petrat: Ganz so rosig wie Sie es schildern, war es nicht. Im Vergleich zum europäischen Markt hat sich der deutsche Markt schlechter entwickelt. Die Niederlande, Großbritannien und Frankreich hatten jahrelang Hochkonjunktur. In Deutschland ist der Markt dagegen nicht gewachsen, hier herrscht Verdrängungswettbewerb.

Was die einzelnen Produkte betrifft, stehen wir bei Rollo und Vertikal noch am Anfang. Bei Horizontaljalousien und Plissees sind die Stückzahlen unheimlich gestiegen. Speziell im Plisseebereich konnten wir durch neue Stoffe Zusatzumsätze über unsere Konfektionäre holen.

BTH: Hat sich die Marktentwicklung auch auf die Vertriebswege ausgewirkt? Hat sich beispielsweise Ihre Kundenstruktur in den letzten Jahren verändert?

Petrat: Nein, aber wir sind ja auch Komponentenhersteller und beliefern nicht den Händler oder den Raumausstatter. Unsere Kunden sind die Konfektionäre. Und bei denen haben wir uns eindeutig Vertrauen erworben und viele neue Kunden hinzugewonnen. Am Anfang haben sie nur einen Stoff bei uns bestellt, dann Hardware und zum Schluss komplette Systeme. Speziell in Westdeutschland konnten wir auch alte Kundenverbindungen aktivieren. Auf Ostdeutschland hoffen wir.

Ganz klar beliefern wir heute deutlich mehr Konfektionäre als vor vier Jahren. Deshalb machen wir gute Umsätze, obwohl die Branche stagniert. Die Marktanteile haben sich zu unseren Gunsten verschoben.

BTH: Die Messe Frankfurt will durch den Publikumstag auf der Heimtextil mehr Aufmerksamkeit für das Thema Raumausstattung schaffen. Könnte davon auch die Sonnenschutzbranche profitieren? Was halten Sie davon?

Petrat: Nichts, als Grundhersteller von Komponenten. Die Messe ist auf Anbieter ausgerichtet, die den Fachhandel beliefern. Deshalb stellen wir dort auch nicht mehr aus. Ich kann mir vorstellen, dass andere Hersteller in unserem Marktsegment ähnlich denken.

Für unsere Kunden kann die Öffnung der Heimtextil allerdings eine Chance sein. Wobei sie sicher ihre Messestände anders gestalten müssten, damit sie auch für den Publikumstag attraktiv sind. Das kostet Geld. Zudem bleibt die Frage offen, ob der Endverbraucher eine solche Messe wirklich annimmt - zumal ein Publikumstag in Frankfurt vermutlich nur die Endverbraucher aus der Region anspricht.

Kann auch sein, dass das Angebot für den Endverbraucher im Bereich Sonnenschutz und Gardinenzubehör zu massiv ist und er die für ihn individuell ausgearbeiteten Problemlösungen vermisst.

Ich fände es viel wichtiger, wenn Fachhandel und Raum-ausstatter konsequent die Ideen der Industrie bei Beratung, Bemusterung und Warenpräsentation annehmen und gezielt an den Endverbraucher weitertragen würden. Dies kann ein Publikumstag in Frankfurt nicht erreichen!

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Friedrich W. Petrat fing seine Berufslaufbahn bei den Vossloh-Werken in Werdohl an und wechselte später zur Vossloh-Tochter Appel & Co. nach Kassel, wo er die Geschäftsführung übernahm und innerhalb der Vossloh-Gruppe beim Aufbau der Dekosparte von Hansa Thiessen & Hager mitwirkte.

Inzwischen ist der gelernte Industriekaufmann, der sich berufsbegleitend zum Technischen Kaufmann weiterbildete, seit fast zehn Jahren für die Hunter Douglas-Gruppe tätig, seit fünf Jahren trägt er als Geschäftsführer die Verantwortung für den gesamten Komponentenvertrieb von Hunter Douglas in Deutschland, mit Sitz in Kassel. Entspannung von seiner verantwortungsvollen Arbeit findet der 50-Jährige bei ausgedehnten Waldspaziergängen, Fahrrad-Touren und Bergwanderungen in der Schweiz.
aus BTH Heimtex 06/01 (Wirtschaft)