Ado: Interview mit Jürgen Litz und Thomas Büter
"Wir haben viele spannende, neue Produkte im Köcher"
Bei Ado hat sich in den letzten Jahren viel getan: Der Auftritt wurde modernisiert, das Sortiment von Grund auf überarbeitet, in sechs Stilwelten eingeteilt und mit High Tech-Produkten wie den sogenannten intelligenten Stoffen sowie designorientierten Neuheiten aufgewertet. Letzter Schritt war die Einführung der Linie Ado Couture, mit der das Familienunternehmen Kurs auf den Luxus-Sektor nehmen will. Ziel aller Maßnahmen ist ein tiefgreifender Imagewandel vom gutbürgerlichen Gardinenhersteller zum marktsegmentübergreifenden Konzern. Wie weit diese Anstrengungen gediehen sind und was Ado noch plant, wollte BTH Heimtex-Redakteurin Birgit Genz von Marketing- und Vertriebsgeschäftsführer Jürgen Litz und Thomas Büter wissen, der für das Objektgeschäft verantwortlich ist.
BTH Heimtex: Herr Litz, wenn man Ado von heute mit Ado vor einigen Jahren vergleicht, hat sich viel verändert. Wie lautet Ihre Bestandsaufnahme?
Jürgen Litz: Wir haben in den letzten sieben, acht Jahren die Kollektion komplett umgestellt und gezielt Up-Trading betrieben, um den Bereich "Goldkante" weiter oben zu positionieren, wo er eigentlich hingehört. Denn man muss eins sehen: Unsere Goldkante hat sich immer im gehobenen Segment bewegt. Sie galt früher als die Marke der erfolgreichen Wirtschaftswunder-Deutschen, die damit nach außen demonstriert haben, dass sie sich etwas Besonderes leisten konnten. Wir waren also schon damals ein Produkt für die Besserverdienenden und haben Maßnahmen ergriffen, um diese Positionierung beizubehalten und zu stärken.
Die Goldkante ist nach wie vor unser wichtigstes Segment und steht entsprechend im Mittelpunkt. Im Vertrieb konzentrieren wir uns dabei ganz klar auf den Raumausstatte und den Fachhandel. Wir gehen weder zu den Versendern damit, noch verkaufen wir über das Internet. Wir sind und bleiben dem Raumausstatter und dem Fachhandel treu, sind ein klarer Partner für diese Kundengruppen.
BTH Heimtex: Wie weit ist das Goldkante-Sortiment gefasst? Ist darin etwa auch die Objektkollektion integriert?
Litz: Ja. Unser Goldkante-Sortiment ist generell sehr breit angelegt. Das entscheidende Konzept für den Raumausstatter und den Fachhandel sind unsere sechs Stilwelten von puristisch bis englisch-traditionell. Darin können sich etwa 90% der Endkunden für die Goldkante wiederfinden. Entsprechend hoch ist die Resonanz unserer Kunden: 2.500 von insgesamt 6.000 nehmen an dem Stilwelten-Konzept teil und haben das komplette System bei sich stehen. Andere beteiligen sich zwar nicht an dem Komplett-Paket, nutzen aber die abgespeckte Form.
Sehr positiv entwickelt sich unser Objektgeschäft mit stets deutlich zweistelligen Zuwachsraten weit über 10%. Das liegt sicher daran, dass wir hier schlagkräftige Produkte anbieten können, ständig Neuheiten vorstellen und mit Konzepten arbeiten. Diesen Bereich bauen wir weiter stark aus. So soll unter anderem auch das Objekt-Team verstärkt werden, das momentan vier Mitarbeiter umfasst.
BTH Heimtex: Kurze Zwischenfrage: Und wie viele Außendienst-Mitarbeiter beschäftigen Sie sonst?
Litz: 34 für das normal stationäre Geschäft, die mit Objektbereich zusammenarbeiten, also eine Stütze für das Objekt-Team sind.
BTH Heimtex: Und wie verhält sich der neue Couture-Bereich zur Goldkante?
Litz: Wir bewegen uns mit der Goldkante im Premium-Segment - und wir sind ein deutscher Hersteller, wir produzieren hier, greifen nicht auf Ware aus den sogenannten Billigländern zurück, die aus unserer Sicht qualitativ nicht vergleichbar ist. Wir fanden, dass wir daher dazu prädestiniert sind, noch weiter oben anzusetzen: mit Ado Couture. Damit sprechen wir den absoluten Luxus-Bereich auf dem Homefashion-Markt an, in dem sich bisher weltweit noch kein Produzent positioniert hat - anders als in der Mode, wo man etwa Namen wie Chanel findet.
BTH Heimtex: Das sehe ich anders. Vielleicht gibt es weniger Produzenten, die so weit oben ansetzen, aber doch durchaus Verlage....
Litz: Auch die sind mit uns nicht direkt zu vergleichen. Ado Couture lebt davon, dass wir sie bewusst als einzigartige, wertvollste und auch als teuerste Kollektion auf dem Markt positioniert haben - in Preisstellungen, die sonst am Markt nicht zu finden sind. Wir sind mit 34 Bügeln gestartet, von denen einige im Bereich zwischen 100 und 400 EUR pro Meter liegen und andere bei 40.000, 50.000 oder gar 70.000 EUR. Und wir haben feststellen können, dass wir diese Luxus-Gardine auch absetzen können. Es gibt tatsächlich Märkte, in denen wir dieses aus deutscher Sicht unvorstellbare Preisniveau von mehreren 10.000 EUR pro Meter erzielen können.
BTH Heimtex: Wo denn das? Wer kauft diese extrem teuren Stoffe?
Litz: Wir haben zum Beispiel einen Kunden in Australien, auch in Russland sind wir in konkreten Gesprächen. Wir haben die Produkte ja weltweit vorgestellt. "Made in Germany" kommt im Ausland hervorragend an. Insofern ist Ado Coutre ein hochinteressantes Thema für die Auslandsmärkte und wirkt sicherlich imagefördernd auch für unser Gesamtprogramm.
BTH Heimtex: Und wer vertreibt diese Kollektion? Die verlangt doch auch vom Händler bzw. Raumausstatter eine entsprechende Klientel...
Litz: Grundsätzlich vermarkten wir Ado Couture nicht über den normalen Außendienst, sondern separat mit einer eigenen Vertriebsleiterin. Unter unseren vielen Goldkante-Händler gibt es durchaus einige, die mit dieser Kollektion umgehen können und auch die passende Kundschaft haben. Etwa in den besten Lagen in der Hamburger oder Münchner Innenstadt. Denen stellen wir das Konzept vor und überlegen dann gemeinsam, ob es in sein Sortiment passt.
Darüber hinaus haben wir auch Zielkunden im ganz gehobenen Segment im Visier, die bisher noch nicht mit Ado Goldkante zusammengearbeitet haben. Hier haben wir bereits wichtige Adressen gewinnen können. Insgesamt halten wir 150 Verkaufsstellen für realistisch.
Allerdings verursacht Ado Couture für den Händler auch Kosten. Er muss ein Verkaufsmodul und ein Schaufenstermodul installieren, weil wir wollen, dass Ado Couture adäquat präsentiert und wahrgenommen wird.
BTH Heimtex: Wann ist die Idee für Ado Couture geboren worden und was war Ihr Motor?
Litz: Die Idee entstand vor rund zweieinhalb Jahren, danach haben wir Marktanalyse betrieben, ob die sie genügend Tragfähigkeit besitzt. Die Marktforscher haben uns bestätigt, dass Ado im Markenkern dieses Besondere führt, diese Befähigung zur Luxusmarke, zum Top-of-the-Top-Segment. Daher stand für uns gleich fest, dass wir keine neue Marke aufbauen wollen, sondern der Bestandteil Ado integriert sein muss - weil wir einen guten Namen haben und weil man uns kennt. Und so entstand Ado Couture.
BTH Heimtex: Diese teuren Artikel können Sie kaum vorrätig haben. Vermutlich ist das reine Auftragsfertigung, speziell die teuerste Gardine der Welt?
Litz: Das ist richtig. Es ist viel Handarbeit dabei, wobei uns entgegen kommt, dass wir hier im Werk alles machen können. Häufig wünschen sich die Kunden auch eine Individualisierung: etwa in der Höhe, der Höhe des Köpfchens oder auch bei der Inschrift. Generell ist die Fertigung sehr aufwendig: die über 4000 vergoldeten Kristalle sind mit einem Kleber versehen und werden maschinell aufgebracht. Beim Cäsar-Motiv müssen die dreikarätigen Brillanten und die 22 Rubine per Hand aufgebracht werden. Sie werden zunächst von einem Juwelier in Gold gefasst - denn wenn man Brillanten hinten einfach plan begradigte, um sie zu befestigen, würden sie nicht mehr leuchten, ihr Feuer verlieren - und die Fassung ist so gearbeitet, dass sie an die Gardine angenäht werden kann. Auch die Goldkante besteht hier aus Echtgold und zwar 750er Gelbgold mit einem Ado-Emblem alle 15 cm, das wir in einer Münzprägeanstalt fertigen lassen.
BTH Heimtex: Sie sagten es bereits: Ein zweites wichtiges Thema bei Ihnen ist das Objektgeschäft. Hier spielen die sogenannten intelligenten Textilien eine große Rolle, die Sie seit gut zwei Jahren anbieten. Wie ist hier der Stand der Dinge?
Litz: Die Intelligenten Textilien sind gerade im Objekt aus bestimmten Bereichen nicht mehr wegzudenken, vor allem in Pflege-und Altenheimen sowie Krankenhäusern, wo speziell die Bio Protect-Stoffe, die nachweislich antibakteriell wirken, ein wichtiges Argument sind und besonders gut laufen. Auch Acti Breeze zur Raumluftverbesserung läuft hier gut. Aktuelle Referenzen sind etwa das Haus Rosarium in Ueterse, mehrere Altersheime der Arbeiter-Wohlfahrt und das Radisson-Hotel in Karlsruhe.
Darüber hinaus statten wir immer mehr Messestände mit unserem Fadenvorhang Cordon aus, der in jeder Sondergröße lieferbar ist.
BTH Heimtex: Lassen sich die intelligenten Stoffe auch international vermarkten?
Litz: Ja, natürlich. So sind wir Anfang des Jahres damit in den USA gestartet und können dort bereits große Erfolge vorweisen. Und in Istanbul haben wir ein 7 Sterne-Hotel gewonnen, dass wir ohne diese Produkteigenschaften nicht bekommen hätten. In Asien ist es allerdings schwieriger mit den intelligenten Stoffen.
BTH Heimtex: Wie groß ist der Anteil intelligenter Stoffe an der Kollektion?
Litz: Im Objekt etwas mehr als die Hälfte, in der normalen Kollektion deutlich weniger, etwa 10 %.
BTH Heimtex: Haben sich die ganzen Neuerungen und Veränderungen in der Kollektion auch schon ökonomisch für Ado ausgewirkt?
Litz: Durchaus. Wir haben ein hervorragendes erstes Halbjahr 2006 hinter uns, das nur während der WM und der Rekordhitze etwas litt. Für das Gesamtjahr erwarten wir auf jeden Fall eine höhere Umsatzsteigerung als im vergangenen Jahr.
BTH Heimtex: Wie sieht es mit Investitionen aus?
Litz: Wir investieren im Prinzip permanent. So haben wir etwa eine komplette, 2.500 qm große Halle für mehrere hunderttausend Euro mit einem Fundament versehen, damit die Maschine, die dort künftig steht, rüttelfrei laufen kann - das ist nämlich die Voraussetzung, damit sie möglichst schnell ist. Die im vergangenen Jahr angekündigte neue Stickmaschine befindet sich derzeit im Aufbau und wird noch in diesem Herbst in Betrieb gehen. Generell investieren wir momentan stark in Produktoptimierungen.
BTH Heimtex: Das lässt viele neue Produkte zur Heimtextil erwarten. Was planen Sie noch an Aktivitäten?
Litz: Ja, wir haben tatsächlich viele spannende, neue Produkte im Köcher und haben unsere Schlagkraft in Foschung und Entwicklung noch einmal erhöht. Darüber hinaus arbeiten wir an neuen Werbespots für das Fernsehen.
aus
BTH Heimtex 09/06
(Wirtschaft)