Einrichtungsstoffe und Teppiche im KaDeWe, Berlin

Weltstadtkaufhaus mit starken Heimtextilien-Abteilungen

Eine Institution im deutschen Einzelhandel ist das KaDeWe in Berlin. Doch auch hier muss viel für eine gute Konjunktur getan werden. Stellt sich die Frage, nach welchem Konzept die Abteilungen Einrichtungsstoffe und Teppiche in Deutschlands renommiertestem Kaufhaus arbeiten.

Woran denken Sie, wenn Sie Berlin hören? Sicherlich an das Brandenburger Tor, den Ku-Damm, die Gedächtniskirche und wahrscheinlich auch an das "Kaufhaus des Westens", kurz KaDeWe. Es gehört zweifellos zu den Wahrzeichen der Stadt, prägt und symbolisiert seit seiner Eröffnung 1907 das Lebensgefühl der Berliner. Kaum ein Tourist versäumt es, dem imposanten Gebäude in der Tauentzienstraße am Wittenbergplatz einen Besuch abzustatten und mindestens einen Blick auf das anspruchsvolle, bisweilen einzigartige Sortiment zu werfen.

Es ist ein Haus der Superlative und gilt zu Recht als "Kaufhaus der unbegrenzten Möglichkeiten". Auf der insgesamt rund 60.000 qm großen Verkaufsfläche, verteilt auf acht Etagen, werden mehr als 380.000 verschiedene Artikel angeboten, darunter allein etwa 33.000 Produkte in der größten Feinkostabteilung Europas mit 33 Verzehrständen. 64 Fahrstühle und 26 Aufzüge sorgen für einen bequemen Wechsel zwischen den Erlebniswelten. Wegweiser in jeder Etage erleichtern den Rundgang durch das weitläufige, repräsentative Gebäude. Wer sich dennoch nicht zurechtfindet, kann am Informationsschalter im Erdgeschoss Auskünfte einholen oder sich einer der vielen Gruppenführungen in verschiedenen Fremdsprachen anschließen. Rund 2.400 Mitarbeiter garantieren, dass sich die etwa 80.000 Kunden wohlfühlen, die durchschnittlich jeden Tag das KaDeWe besuchen. Für ihre Anreise stehen 2 Parkhäuser mit insgesamt 1.031 Stellplätzen und 200 kameraüberwachte Fahrradstellplätze zur Verfügung.

Zu den zahlreichen Fachabteilungen, in denen sich internationale Markenhersteller ein Stelldichein geben, gehören auch die beiden Abteilungen Einrichtungsstoffe und Teppiche in der fünften Etage, die direkt aneinander grenzen. Auf gleicher Ebene befinden sich noch die Produktbereiche Bettwaren, Bekleidungsstoffe, Kurzwaren, Lampen und Antiquitäten sowie ein Restaurant.

Die Gestaltung der Heimtextilien-Abteilungen, die unter anderem über zwei gläserne Fahrstühle in den Lichthöfen des Gebäudes zu erreichen sind, entspricht der Aufmachung des gesamten Hauses. Eine großzügige Raumaufteilung mit breiten Gängen, wertige Bodenbeläge und eine angenehme Beleuchtung prägen der ersten Eindruck. Ein Kaufhaus, denkt der Besucher, das vielmehr ein Einkaufstempel für Endverbraucher mit gutem Geschmack und passendem Geldbeutel ist. Und je tiefer er in das Sortiment eintaucht, desto mehr bestätigt sich das Gefühl des Besonderem.

Die Abteilung für Einrichtungsstoffe

Die Auswahl in der sage und schreibe 1.200 qm großen Abteilung für Einrichtungsstoffe erscheint unerschöpflich. Angeboten werden Gardinen und Dekostoffe, als Coupon-, Meter- und Fertigware, sowie Möbelstoffe. Hinzu kommen Sonnenschutzprodukte, Stilgarnituren, Posamenten, Decken, Plaids und Kissen.

Alle renommierten Anbieter sind vertreten, ob aus Deutschland, der Schweiz, England, Frankreich, Italien oder Skandinavien. Im Stoffbereich sind es insgesamt etwa 60 Lieferanten, darunter kein Großhändler. "Einen Großteil unserer Umsätze erzielen wir mit Produkten von Verlegern", berichtet Walter Paulsen, Abteilungsleiter und Einkäufer Einrichtungsstoffe. "Dazu gehören beispielsweise auch englische Verlage, deren Textilien die angelsächsische Einrichtungsidee transportieren und damit eine anderen Wohnstil ansprechen als sonst in Deutschland üblich. Mit derartigen Sortimenten heben wir uns vom Markt ab."

Stärkstes Standbein der Abteilung ist der Dekostoff mit rund 50 % Umsatzanteil. Rund 30 % entfallen auf die Gardine und 20 % auf die restlichen Produktgruppen. Paulsen denkt jedoch nicht so sehr in Warensegmenten, sondern sieht den Erfolg seiner Abteilung eher in kompletten Problemlösungen inklusive Beratung vor Ort begründet. Daraus würden Aufträge in einer "nicht unüblichen" Größenordnung von 20.000 bis 40.000 DM resultieren. Etwa 80 % des Umsatzes kommen auf diesem Wege zustande.

Von "vernünftigen" Preislagen bis zum Luxussegment

Das Niveau der Artikel bewegt sich - entsprechend der Philosophie des gesamten Hauses - im mittleren bis hochwertigsten Genre. Der teuerste Stoff liegt bei 500 DM pro Meter, exklusive Produkte mit Wunschdessin oder -farbe können sogar einmal bis zu 1.000 DM pro Meter betragen. Als "gesunde Preislage" bezeichnet Paulsen Artikel für 100 bis 200 DM pro Meter. Vorteilhaft sei ferner, dass das Kadewe das mittlere Segment durch Direkteinkäufe bei Herstellern besonders preisgünstig anbieten könne. Meterware, deren Lagerbestand sich insgesamt auf einen Einkaufswert von rund 1 Mio. DM beläuft, ist ab 39,90 DM erhältlich. Schlaufenvorhänge kosten zwischen 50 und 100 DM. Sie stellen eigentlich kein klassisches KaDeWe-Segment dar, gewinnen laut Paulsen jedoch an Bedeutung. "Für unsere Kunden ist aber in der Regel nicht der Preis entscheidend, sondern dass der Artikel gefällt", betont er. "Dennoch wollen wir nicht nur eine elitäre Klientel ansprechen. Das KaDeWe-Publikum soll auch "vernünftige" Preislagen vorfinden."

Der Schwerpunkt liegt auf der Ausstattung privater Haushalte, selten werden Objekte dekoriert. Bisweilen erwerben Opern- und Theaterbühnen für besondere Staffeln einige Metragen. Hauptzielgruppe aber ist der typische KaDeWe-Kunde, also der "sesshaft" gewordene Verbraucher ab 35, wie Paulsen formuliert, der bereits seine zweite oder dritte Wohnung einrichtet.

Stammkunden schätzen Kompetenz bei Problemlösungen

Die Abteilung verfügt über einen festen Kundenkreis. "Wir haben Stammkunden, weil wir vielfach beim ersten Auftrag Probleme sehr gut gelöst haben und dadurch ein Vertrauensverhältnis aufbauen konnten. Das Ergebnis sind Folgeaufträge oder Ergänzungskäufe, beispielsweise wenn der Kunde in seiner Küche nur eine neue Gardine oder ein neues Rollo benötigt", berichtet er.

Gut etabliert sei man in den besseren Häusern Berlins oder des Umlandes. Besonders profitiert habe man auch von der regen Bautätigkeit in den letzten Jahren, die aus der Entscheidung für Berlin als Hauptstadt und Regierungssitz resultierte. Oftmals wurde die Abteilung mit der Erstausstattung von Häusern vor allem in Berlins guten Wohngegenden wie Klein-Machnow beauftragt.

Das Einzugsgebiet reicht aber weit über die Spreemetropole hinaus und erstreckt sich im Norden bis an die Ostsee und weiter im Westen bis nach Sylt, wo Ferienhäuser komplett eingerichtet werden, sowie im Süden bis Dresden. Ebenso werden vereinzelt Kunden in Düsseldorf oder Stuttgart bedient, darunter viele Berlin-Touristen.

Wie das gesamte Kadewe spricht auch die Abteilung für Einrichtungsstoffe seit geraumer Zeit verstärkt ein jüngeres Publikum an, ohne dabei ihre angestammte Klientel zu vernachlässigen. "Dabei denken wir nicht an den sogenannten Einrichtungsstil Junges Wohnen mit möglichst viel Farbe und wilden Mustern, sondern an eine anspruchsvolle, moderne Ausstattung", erläutert Paulsen.

Für seine Einrichtungsstoffe wirbt das Haus nur sehr selten. Zu den wenigen Ausnahmen gehört beispielsweise ein wertig aufgemachtes Prospekt über Wohnaccessoires, das kürzlich gemeinsam mit der Firma Bassetti herausgegeben wurde. "Unsere Werbung sind Service und Problemlösungen", konstatiert Paulsen. Und schließlich übt das KaDeWe an sich Anziehungskraft genug aus. Laufkundschaft ist zumindest zur Genüge vorhanden.

Themenorientierter Aufbau schafft Kaufanreize

Allerdings geht die Abteilung für Einrichtungsstoffe auch ganz gezielt auf sie ein, beispielsweise durch ihren Aufbau. Das Sortiment Deko und Gardine wird weitgehend in 40 Musterfenstern präsentiert, die gleichzeitig Anregungen für das Wohnen mit Stoffen gegeben. Sie sind thematisch nach Stoffart oder Musterfamilie sortiert, etwa nach Damaste, Seiden oder Karos, und bestehen meist aus Dekorationen, Coupon- und Lagerware sowie teilweise Wohnaccessoires und Produkt-Informationen, beispielsweise bei den Trevira CS-Stoffen. Der Kunde gewinnt - auch beim Vorbeischlendern - nicht nur sofort einen Eindruck, wie das jeweilige Stoffthema am Fenster oder auf Polstermöbeln wirkt, sondern kann sich unmittelbar einen Überblick über das Angebot und die Preisspanne verschaffen. Er kann zunächst eigenhändig eine Vorauswahl treffen, was den Mitarbeitern der Abteilung wiederum Zeit bei der Beratung erspart, und hat dabei immer die Möglichkeit, die kostengünstigere Variante zu wählen. Je nach Erfolg werden die Musterfenster ein- bis zweimal im Jahr neu zusammengestellt oder gestaltet.

Interesse wird vor allem auch mit Produktpräsentationen auf zwei Aktionsflächen innerhalb sowie einer Aktionsfläche vis-à-vis der Abteilung geweckt, die alle verkehrsgünstig in unmittelbarer Nähe zu den zentralen Rolltreppen und damit auf dem Weg zur renommierten und beliebten Lebensmittel-Abteilung in der sechsten Etage liegen. Vier- bis sechsmal im Jahr werden die Bühnen mit Einrichtungsstoffen gestaltet. Die Resonanz darauf ist groß. Immer wieder fragen Kunden nach bestimmten Dekorationen. Zusätzlich wurde vor geraumer Zeit in einer Modenschau mit Bekleidungstextilien und Wohnstoffen eines italienischen Anbieters auf das Produktsortiment Einrichtungsstoffe im KaDeWe aufmerksam gemacht.

"Der Endverbraucher orientiert sich an Marken"

"Unsere vorrangige Aufgabe besteht darin, dem Verbraucher immer wieder Neuheiten zu zeigen. Viele Anbieter kollektionieren zweimal im Jahr, aber der Endkunde weiß häufig gar nicht, was der Markt alles hergibt", meint Paulsen.

Im Rahmen der vielfältigen Sonderpräsentationen werden stets auch die Anbieter für eine gewisse Zeit unter anderem durch weithin sichtbare Namensschilder besonders hervorgehoben, derzeit beispielsweise Stuttgarter Gardinen im Bereich moderne Dekos und Gardinen, Apelt beim Thema Taft oder Junkers & Müllers bei einer Aktion zum Thema florale Stoffe. Damit unterstützt das KaDeWe den Aufbau und die Etablierung von Marken.

"Ich halte es für äußerst wichtig, dass die Heimtextilienindustrie Marken aufbaut. Viele gute Namen sind leider dem Endverbraucher nicht bekannt, was sicherlich auf die Größe der Unternehmen und damit auf fehlende Möglichkeiten für eine wirksame Endverbraucheransprache zurückzuführen ist.

Einige Anbieter werden jedoch aktiv, beispielsweise Jab Anstoetz. Solche Kampagnen unterstützten wir, weil wir auch in anderen Abteilungen sehen, wie sehr sich der Endverbraucher an Marken orientiert", berichtet Paulsen. Häufig würden zudem Kunden mit Zeitschriften in die Abteilung kommen und nach den dort gezeigten Stoffen fragen, was wiederum leichte Verkäufe bedeuten würde, denn der Endverbraucher hat sich bereits auf ein Produkt festgelegt.

Deshalb stimmt sich Paulsen häufig auch mit seinen Lieferanten ab, wenn diese beispielsweise eine Printstrecke planen, und dekoriert seine Abteilung entsprechend, so dass der Endverbraucher die publizierten Stoffe schnell wiederfindet. "Jede Werbung für unsere Produkte gilt es positiv zu begrüßen und zu unterstützen. Dies wollen wir in Zukunft sogar noch stärker tun", sagt er.

Qualifizierte Mitarbeiter gewährleisten hohen Serviceanspruch

Um einen hohen Qualitätsstandard zu sichern, werden möglichst alle Aufträge von den 12 hochqualifizierte Näherinnen des eigenen Nähatelier realisiert; ebenso die Dekorationen der Musterfenster und Aktionsflächen. Selten werden Arbeiten außer Haus gegeben. Polsterungen dagegen übernimmt ein Partnerbetrieb, der allerdings mit den KaDeWe-Aufträgen einen Mitarbeiter vollständig über das ganze Jahr beschäftigen kann.

Zur Abteilung gehören ferner 16 Raumausstatter, 39 Verkäufer und 4 Auszubildende. Sie alle tragen dazu bei, die hohen Anforderungen der KaDeWe-Kunden an Beratung und Service zu erfüllen. "Wir sind eine Fachabteilung innerhalb eines Kaufhauses, die eher einem Fachgeschäft entspricht. Wir bieten alle Beratungsmöglichkeiten, Service- und Sonderleistungen eines gehobenen Hauses. Dies lässt sich auf das gesamte KaDeWe übertragen: Es besteht eigentlich weniger aus Fachabteilungen, sondern eher aus vielen Fachgeschäften", stellt Paulsen fest.

Er kennt das Kadewe bereits seit 1967, als er seine berufliche Laufbahn in der Abteilung für Einrichtungsstoffe begann. Bis auf eine vierjährige Unterbrechung, als er für das Hertie-Haus in Braunschweig als Abteilungsleiter tätig war, ist er seither dem Weltstadthaus treu geblieben. In seiner Funktion als Leiter und Einkäufer Einrichtungsstoffe, die er seit 1976 bekleidet, hat er die Möglichkeit, die Sortimente selbst zusammenzustellen. Um sich zu informieren, besucht er vor allem internationale Messen wie Heimtextil und Proposte oder erkundigt sich in Designzentren in England, Frankreich und Italien nach den neuesten Entwicklungen. Der Erfolg seiner Abteilung bestätigt seine Arbeitsweise.

Sein Blick geht nach vorn und richtet sich besonders auf die Frage, wie die Produktpräsentation weiter optimiert werden kann. Bestandteil der Überlegungen ist eine Kooperation der benachbarten Abteilungen Einrichtungsstoffe und Teppiche. Paulsen und KaDeWe-Kollege Gottfried Niesner, Abteilungsleiter und Einkäufer Teppiche, haben kürzlich damit begonnen, sich bei Verkaufsausstellungen abzusprechen, gemeinsam Aktionsflächen zu gestalten und sich gegenseitig Musterstücke für Dekorationen zur Verfügung zu stellen. Damit gehen die beiden Heimtextilien-Abteilungen des KaDeWe erstmals einen Schulterschluss ein. "Im Grunde ist es heute selbstverständlich, verschiedenartige Heimtextilien in Kombination zu zeigen. Unsere ersten Aktionen hier in der Etage sind gut gelungen und wir werden die Idee fortsetzen. Sie ist zwar nicht neu, aber wir werden sie gezielt auf unser Haus zuschneiden", berichtet Paulsen.

Die Abteilung für Teppiche

Ob gemeinsam oder in Eigenregie, auch Niesner misst einer durchdachten, animierenden Produktpräsentation große Bedeutung bei. Konsequent nutzt er in der rund 900 qm großen Teppich-Abteilung alle Wände und Säulen sowie diverse Stellagen, um mit sicherer Hand für eine stilvolle und kompetente, keineswegs überladen wirkende Darstellung ein ausgesuchtes Sortiment auf mittlerem bis höchstem Niveau zu präsentieren. Die Dekorationen werden teilweise innerhalb einer Woche, spätestens nach 14 Tagen ausgetauscht, so dass ständig neue beziehungsweise immer wieder andersartige Teppiche zu sehen sind. "Viele Stammkunden kommen jeden Samstag zu uns, manche auch zweimal pro Woche, um nach Erledigung ihrer Einkäufe in der Lebensmittelabteilung durch unsere Abteilung zu flanieren und sich die neu ausgestellten Stücke anzuschauen. Dies versuchen wir natürlich für uns zu nutzen", berichtet er.

Immer wieder schnürt er Themenpakete auf kleinen Aktionsflächen innerhalb der Abteilung und stellt verschiedene Varianten einer Provenienz oder einer Teppichgattung vor, beispielsweise des Afghan-Teppichs oder des feinen Nains, ob mit blauem, roten oder grünem Fond, als Saronim, Läufer oder Übermaßteppich. Kürzlich wurden Kelims in einer Sonderschau besonders hervorgehoben und dazu passende Dekostoffe dekoriert, um noch wohnlichere Eindrücke zu vermitteln. Eine außergewöhnliche Serie umfasste hochwertigste, teilweise aus Seide gearbeitete Knüpfungen, die für bis zu 150.000 DM (pro Stück!) angeboten wurden.

Teppiche für den klassischen und den modernen Einrichtungsstil

Die Verkaufsfläche ist übersichtlich in zwei Bereiche gegliedert: Die eine Hälfte konzentriert sich auf klassisch gemusterte Orientteppiche vorwiegend aus Persien sowie aus Indien, Pakistan, Afghanistan und der Türkei. Vertreten sind die unterschiedlichsten Provenienzen. Sortiert sind die ausgesuchten Einzelstücke nach Formaten, nicht nach Ursprungsländern. Vom Poschti, der auch einmal mehrere hundert Mark kosten darf, bis zum rund 4 x 6 m großen Übermaßteppich sind alle Größen vertreten. Bisweilen werden 10 m lange Läufer nachgefragt - Berlin mit seinen großzügigen Wohnungen und Villen und dementsprechend langen Fluren macht es möglich.

Zum Randsortiment zählen handgefertigte Bettumrandungen aus Nepal und China sowie hochwertige, konfektionier- und waschbare Schaffelle. Hinzu kommen sorgfältig gearbeitete Kamelhocker und Sitzkissen. Ein kleines Repertoire an alten und antiken Knüpfungen - das derzeit älteste Stück im Angebot ist 80 Jahre - komplettiert das klassische Segment.

Die Teppiche aus Indien, Pakistan und Nepal tragen allesamt das Rugmark-Siegel, das für eine Herstellung ohne Kinderarbeit steht. Seit ihrem Bestehen wird die Initiative zur Abschaffung illegaler Kinderarbeit in der Teppichproduktion vom KaDeWe aktiv unterstützt. Es trägt durch seine Mitgliedschaft, eine Fokussierung auf Rugmark-Teppiche und die Hervorhebung des Siegels gegenüber dem Endverbraucher dazu bei, dass Sozialprogramme für ehemalige Teppichkinder und ihre Familien durchgeführt werden können.

In der anderen Hälfte der Abteilung werden moderne beziehungsweise nicht typisch orientalische Teppiche gezeigt, das heißt handgeknüpfte oder handgetuftete, teilweise von international renommierten Künstlern entworfene Designerteppiche, darunter Krizia, Jab Anstoetz, Edition Makalu, MTM-Design und die Jürgen Wissenbach-Edition (ICT), hochwertige Nepal- und Vietnamknüpfungen, klassische Chinateppiche, überdurchschnittliche Berber-Qualitäten sowie anspruchsvolle, moderne Gabbehs und ihre feinen, allerneuesten Varianten. In diesem Bereich ist auch ein Teppichboden-Studio angesiedelt, das Musterware im mittleren bis hochwertigen Genre bis 200 DM pro qm führt.

Der Warenbestand der gesamten Abteilung, die ausschließlich handgearbeitete Teppiche führt, beläuft sich auf bis zu 10 Mio. DM. Die drei derzeit teuersten Exemplare im Programm stammen aus dem klassischen Bereich und kosten zwischen 100.000 und 150.000 DM.

Neukonzeption der Abteilung ist erfolgreich

Mit der Zweiteilung des Sortiments in einen modernen und einen klassischen Bereich, die erst seit rund eineinhalb Jahren existiert, hat sich das Gesicht der Abteilung deutlich gewandelt, wurden doch zuvor ausschließlich traditionelle Orientteppiche geführt. Das neue Konzept geht auf Gottfried Niesner zurück, der seit März letzten Jahres die Verantwortung für den Teppichabsatz im KaDeWe trägt. Seither werden zwei Zielrichtungen verfolgt: weiterhin konsequente Pflege des klassischen, hochwertigen Orientteppichs sowie Aufbau des modernen, ebenfalls hochwertigen Knüpf- oder Handtuftteppichs. "Sicherlich dauert es eine gewisse Zeit, ein zweites Standbein aufzubauen. Aber wir wurden schnell in unserer Neuausrichtung bestätigt, als die ersten dekorierten Stücke direkt von der Präsentationswand weg gekauft wurden", berichtet er.

Im modernen Bereich will man sich unter anderem durch die Möglichkeit von Sonderbestellungen hinsichtlich Farben und Formate profilieren. Geplant ist außerdem, dass der Kunde am Computerterminal in der Abteilung selbst seinen Wunschteppich entwerfen kann. "Unsere Philosophie ist, dem Endverbraucher Problemlösungen zu bieten. Er soll beispielsweise nicht nur einen 2 x 3 m großen Teppich, sondern auch eine dazu passende oder gleich gemusterte Brücke bei uns erwerben können", stellt Niesner fest. Diesen Anspruch hat er übrigens auch in Bezug auf das klassische Sortiment. Hier sieht er es als eine seiner Hauptaufgaben an, Serien ähnlicher Stücke zusammenzustellen, so dass der Kunde unterschiedliche Formate kombinieren kann, deren Musterung sich nicht grundlegend unterscheidet, nur variiert.

Aktionen begleiteten Aufbau des neuen Produktsegments

Um dem KaDeWe-Kunden stärker das neue Sortiment ins Bewusstsein zu bringen, wurden im Frühjahr gleich zwei außergewöhnliche Verkaufsaktionen gestartet. Zunächst wurde auf einer separaten Aktionsfläche in der fünften Etage, die in unmittelbarer Nähe zur Teppichabteilung liegt, eine exklusiv aufgemachte Ausstellung mit Jab Anstoetz-Teppichen durchgeführt. Begleitend dazu wurden auch die Lichthöfe mit der modernen, hochwertigen Handtuft-Ware des Bielefelder Textilverlages dekoriert, was eine besonders eindrucksvolle, aufmerksamkeitsstarke Präsentation ergab. Unmittelbar danach fand im Erdgeschoss vis-à-vis des Haupteingangs auf einer 500 qm großen Fläche, der "besten Aktionsfläche Deutschlands", wie es heißt, eine weitere Ausstellung zum Thema moderner Teppich statt. "Das war der Einstieg. Und über derartige Aktionen wollen wir uns im Bereich moderne Teppiche auch künftig darstellen", sagt Niesner.

Ebenso über Marken: "Auch unsere Abteilung setzt für die Zukunft auf Marken. Denn wir erwarten Reaktionen auf Endverbraucherwerbung bestimmter Anbieter, die wir wiederum durch eine Hervorhebung ihrer Produkte bei uns im Kaufhaus unterstützen." Positiv bewertet er in diesem Zusammenhang die Bereitstellung von Prospektmaterial durch Lieferanten: "Der Kunde wünscht häufig Informationsmaterial, das er mit nach Hause nehmen kann, um noch einmal in Ruhe zu überlegen. Er honoriert diesen Service."

Die Aufnahme des modernen, hochwertigen Knüpf- oder Handtuftteppichs ins Programm beruht letztlich auf Veränderungen am Markt: Der klassische Orientteppich findet zwar nach wie vor seinen Käufer und Liebhaber, jedoch verlangt der Markt derzeit noch stärker nach zeitgemäßem Design. Wer sich dem verschließt, verliert möglicherweise Kunden. "Wir haben viele Stammkunden, die durch unsere besondere Auswahl, aber auch durch ein langfristiges Vertrauensverhältnis zu unseren Mitarbeitern an unser Haus gebunden sind. Das sind in der Regel ältere Verbraucher, die den klassichen Orientteppich bevorzugen. Jetzt wollen wir ihre Kinder, die mittlerweile 30 oder 40 Jahre alt sind, ebenfalls an unsere Abteilung binden. Wenn sie jedoch bei uns nichts Passendes zu ihrer modernen Einrichtung finden, wandern sie ab. Das wollen wir verhindern", erklärt der Abteilungsleiter.

Von der Entscheidung für Berlin als Hauptstadt und Regierungssitz hat die Teppich-Abteilung nicht sofort profitiert. Erst seit zwei, drei Jahren suchen viele Ministerien, Botschaften und deren Mitarbeiter ihre textilen Bodenbeläge im KaDeWe aus. Das traditionelle Einzugsgebiet für alle Kundengruppen reicht jedoch weit über die Spreemetropole hinaus und erstreckt sich unter anderem bis zur Ostsee.

Auch Berlin-Touristen stellen eine wichtige Klientel dar. Oftmals entscheiden sich die Urlauber spontan für ein dekorativ ausgestelltes Stück, das ihnen dann nachgesandt wird. So gelangen KaDeWe-Teppiche bisweilen nach Russland, Südamerika oder in die USA.

"Produktmarketing ja, Preismarketing nein"

Das KaDeWe wirbt nur sehr zurückhaltend für seine Teppiche. Anzeigen betonen stets die Exklusivität des Sortiments und werden nur in renommierten Blättern geschaltet. Preisaggressiv tritt man ausschließlich in den Zeiten des Schlussverkaufs auf. Allerdings ist die Werbung auch dann im Branchenvergleich eher als "brav" zu bezeichnen. Prozentzahlen tauchen nämlich nicht auf, sondern nur alte und neue Preise - diskret, nicht reißerisch. Zudem sind es keine Mondpreise, sondern echte Reduzierungen, die vermitteln sollen, dass der Bestand attraktiv gehalten und Platz für neue Ware geschafft wird. "Produktmarketing ja, Preismarketing nein - das ist unsere Philosophie über 90 % des Jahres", konstatiert Niesner.

Diese Werbestrategie trägt unter anderem dazu bei, dass es nur sehr selten zu Preisdiskussionen kommt, wie im Teppichhandel sonst üblich. "Unsere Kunden reden meist nicht über den Preis, denn sie wissen, dass ihnen im KaDeWe etwas Besonderes geboten wird. Es geht ihnen vielmehr darum, dass sie bei uns den für ihre Einrichtung passenden Teppich und vielleicht noch ein Kombinationsstück dazu finden. Die Größen, Farben und Muster müssen stimmen. Dann spielt auch der Preis kaum eine Rolle", berichtet Niesner.

Viele wissen auch den umfassenden Service zu schätzen, darunter Zusammenstellung einer Auswahl, Beratung vor Ort, Reservierung über mehrere Wochen und in der Regel kostenlose Lieferung. Wäsche und Reparatur werden in Zusammenarbeit mit einem Subunternehmen ausgeführt, der Ausmess- und Verlegeservice im Bereich Teppichboden ebenso. "Wir gehen mit ausgesuchter Höflichkeit auf unsere Kunden zu und schöpfen alle Möglichkeiten aus, sie zufrieden zu stellen. Das allein ist - so banal das klingt - heute die halbe Miete", sagt Niesner. Der hohe Anspruch seiner Abteilung im Bereich Service manifestiert sich unter anderem auch darin, dass die Mitarbeiter notfalls sogar mit dem Privatwagen für ein Beratungsgespräch zum Kunden fahren. "Kunden, die einmal woanders geguckt oder auch gekauft haben, kommen zu uns zurück mit der Begründung, dass sie sich bei uns besser aufgehoben fühlen, freundlicher empfangen und kompetenter beraten werden", erzählt er.

Mitarbeiter zeigen überdurchschnittliches Engagement

Unterstützt wird er von zehn Mitarbeitern, die teilweise schon seit 20 Jahren in der Teppich-Abteilung des KaDeWe tätig sind. Sie sind hochmotiviert, besuchen so oft wie möglich Weiterbildungs-Seminare und sind aufgeschlossen für Produktpräsentationen der Lieferanten. Ihr überdurchschnittliches Engagement wurde einmal mehr auf der letzten Domotex deutlich: Fast alle opferten nur gegen Fahrtkostenerstattung ihre Freizeit und nahmen am Businesstraining teil. In den letzten Stunden ihres Aufenthaltes, die eigentlich zur freien Verfügung standen, suchten sie gemeinsam mit Niesner Nepalteppiche und Afghan-Knüpfungen für eine Sonderausstellung aus. "Das dokumentiert meine Vorstellungen über ein gutes, effizientes Arbeitsverhältnis: Teamarbeit und Mitsprache bei der Produktauswahl, so dass alle ihr ganzes Potenzial einbringen", sagt er.

Er selbst begann seine berufliche Laufbahn 1967 mit einer Lehre und einer anschließenden Ausbildung zum Substituten bei Hertie in Wolfsburg. 1974 erfolgte - ohne weitere Zwischenstationen in anderen Häusern - direkt der Ruf ins KaDeWe. Einen ebenso rasanten Karrieresprung machte Niesner neun Jahre später, als er Abteilungsleiter bei Wertheim am Kurfürstendamm wurde. Am 1. März 2001 kehrte er als Einkäufer und Abteilungsleiter Teppiche und Teppichboden ins KaDeWe zurück.

Bei der Sortimentszusammenstellung kann er ebenso wie Paulsen sowohl auf den Zentraleinkauf des Karstadt-Konzerns zurückgreifen als auch eigenständig bei Lieferanten ordern. "Ich habe die Möglichkeit, das Sortiment gezielt auf die Wünsche unserer Kunden abzustimmen. Hintergrund ist, dass der Endverbraucher im KaDeWe andere Wertigkeiten als in üblichen Kaufhäusern erwartet. Dieser Anspruch lässt sich nur durch einen individuellen Einkauf erfüllen", erklärt er.

Die wichtigste Informationsbörse für Neuheiten und Entwicklungen im Bereich textile Bodenbeläge stellt für ihn die Domotex dar. Er reist aber auch zur Heimtextil, um sich einen Überblick über die Dekostoff- und Gardinentrends zu verschaffen. Außerdem will er künftig zusätzlich Auslandsmessen besuchen, um internationalen Trends noch stärker gerecht zu werden.

Tradition und Moderne - zwei Begriffe, mit denen Niesner nicht nur seit eineinhalb Jahren das Gesicht der Teppich-Abteilung im KaDeWe prägt, sondern die sich auch in seinem persönlichen Lieblingsteppich wiederfinden. Danach befragt, gibt er die von Gashghai-Nomaden geknüpften Loribaft-Teppiche an, die erst seit kurzer Zeit auf dem Markt sind. "Mich faszinieren diese Teppiche, weil es nahezu revolutionär ist, dass Perser moderne Designs knüpfen. Sogar im Iran besteht heute die Möglichkeit, Muster, Farben und Formate vorzugeben. Hier hat sich viel verändert."

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Das KaDeWe - Ein Kaufhaus macht Geschichte

Im Jahr 1907 eröffnete der Kommerzienrat Adolf Jandorf das KaDeWe in der Tauentzienstraße am Wittenbergplatz, am Rande des vornehmen Westens Berlins. Architekt Emil Schaudt gab ihm Großzügigkeit, Funktionalität und Atmosphäre.

Das umfassende Waren- und Dienstleistungsangebot lockte schnell ganz Berlin und Umgebung an. Ob Stecknadel oder Modellkleid, ob Kochtopf oder Kaviar, das KaDeWe präsentierte auf rund 24.000 qm und in fünf Etagen alles, was das Herz begehrte. Der Kunde war König, und Könige waren unter den Kunden. Ins KaDeWe zu gehen, hieß nicht nur einkaufen, sondern auch sehen und gesehen werden. So avancierte das neue Kaufhaus alsbald zu einer exquisiten Adresse. Die Tauentzienstraße wurde zu einem der beliebtesten Einkaufsboulevards der Stadt.

1927 wurde das KaDeWe in das Unternehmen Hertie eingegliedert und in den folgenden Jahren um zwei Etagen erweitert. Das erlesene Sortiment und eine eigenständige Warenpräsentation machten den Einkauf im KaDeWe zu einem außergewöhnlichen Erlebnis.

Im Jahr 1943 stürzte ein amerikanisches Flugzeug in den Lichthof und zerstörte das Gebäude fast völlig. Während die umliegenden Häuser noch in Schutt und Asche lagen, setzte das KaDeWe ein deutliches Zeichen für den Aufbauwillen der Berliner und machte ihnen Mut. 180.000 Besucher kamen zur feierlichen Wiedereröffnung der ersten zwei Etagen am 3. Juli 1950. Das KaDeWe wurde zum Symbol des Neuanfangs und zum Liebling der Berliner und ihrer Gäste. Der Wiederaufbau wurde 1956 mit der Eröffnung der Lebensmittelabteilung in der sechsten Etage abgeschlossen.

Beflügelt durch den anhaltenden Erfolg wurde es 1976 bis 1978 erneut umgebaut und seine Verkaufsfläche auf rund 44.000 qm erweitert.

Berlin als Hauptstadt des vereinigten Deutschlands war auch für das KaDeWe Herausforderung und Möglichkeit zugleich. Um der neuen Metropole Rechnung zu tragen, wurde das Weltstadthaus von 1991 bis September 1996 nochmals um circa 16.000 qm auf heute rund 60.000 qm Verkaufsfläche vergrößert. Damit ist es das größte Warenhaus auf dem europäischen Kontinent.

Seither ist es um eine Attraktion reicher: Hoch über den Dächern von Berlin lädt ein Glaskuppel-Restaurant als achte Verkaufsetage zum Verweilen und Genießen ein. Mit modernen Panoramaliften kann man durch die geöffneten Lichthöfe bis unter die Glaskuppel "schweben". Die gesamte Innenarchitektur strahlt Leichtigkeit und Eleganz aus.

1994 erfolgte die Integration von Hertie in die Karstadt AG.
aus BTH Heimtex 12/01 (Wirtschaft)