Jan Kath will die Designklassiker von morgen entwickeln

Geplanter Zufall

Die Karriere des jungen Designers Jan Kath begann mit einer Rucksackreise durch den Himalaya. Heute gilt der Bochumer als Vorzeigefigur des hochwertigen Designteppichs; auf der Domotex 2007 darf man zum zehnjährigen Bestehen gratulieren. In seinen mittlerweile neun Kollektionen verarbeitet Kath ausschließlich Naturmaterialien und kombiniert dabei ausgeklügelte Technik mit traditioneller Handarbeit. Ganz neu im Programm: eine Berberkollektion.

Jan Kath hat hohe Ansprüche: "Ich möchte die Designklassiker von morgen entwickeln", sagt der junge Teppichdesigner, der mit seinem Unternehmen als einer der Vorreiter im Bereich des hochwertigen modernen Teppichs gilt. Hier geht es nicht um Wegwerfprodukte, sondern um wertvolle Einzelstücke, die lange halten und lange gefallen sollen. Kath, der Beruf und Privates grundsätzlich nicht trennt, lebt für seine Arbeit und arbeitet für sein Leben (gern). Dabei ist der Unternehmer ständig unterwegs: auf Messen, in die Ursprungsländer, zu Kunden. Es gibt immer viel zu tun. Denn: "Wenn Los Angeles ins Bett geht, steht Sydney auf."

Jan Kaths Handschrift ist unverkennbar: Ruhige, neutrale Designs mit dem gewissen Etwas, umgesetzt mit edlen Materialien - mit tibetischer Hochlandwolle, Seide, Brennnesselfasern, Hanf und Cashmere. Die Wolle wird per Hand kardiert und versponnen, auf natürliche Weise gefärbt und in der exklusiv für Jan Kath tätigen Knüpferei in Nepal verarbeitet.

Bei Jan Kath kommt aber auch hochmoderne Technik zum Einsatz, die in Verbindung mit den traditionellen Verfahren zu einem ursprünglichen Teppichbild führt. So findet beispielsweise die Musterentwicklung am Computer statt; die sich daraus ergebenden Knüpfpläne werden jedoch in Nepal per Hand zu Papier gebracht. Dabei entstehen zwangsläufig Fehler - aber die sind gewollt, weil sie der Ware ihr "bewegtes", authentisches Aussehen verleihen. Das Dessin entsteht also durch eine Mischung aus Planung und Zufall.

Blumen, Bauhaus, Brennnesselfasern

Jeder Kollektion liegt ein Thema zugrunde, für das Jan Kath und seine Mitarbeiter unterschiedliche Variationen ausarbeiten. Die Grundideen für die Kollektionsthemen findet Jan Kath durch "Sampling", also durch das Sammeln und Mischen verschiedener Eindrücke: Inspirationen aus der Natur, aus Gemälden oder alten Textilien. "Manchmal erkennt man am Ende gar nicht mehr, woher die Ideen ursprünglich kommen", meint Kath.

Umsatzträger im Jan-Kath-Programm sind die beiden sehr umfangreichen Kollektionen Concept und Gamba aus 100% Tibetwolle, zum Teil mit Seide. Während Concept sich schlicht und grafisch gibt, werden bei Gamba die Dessins insgesamt komplexer. Sie bleiben zum einen grafisch, zeigen zum anderen aber auch Verspieltes wie das Allover-Dessin "Gamba Flowers", dessen einzelne Elemente sich an die Blumenmotive antiker kaukasischer Teppichen anlehnen.

Pate für die aktuelle Kollektion Boro standen einerseits alte Patchworkstoffe aus Japan, die dort für die Arbeitskleidung der Fischer verwandt wurden. Andererseits hat das Kath-Team Muster alter Damaststoffe als Vorlage genommen. Und die kleine, aber feine Kollektion Spice kombiniert tibetische Hochlandwolle mit Brennnesselfasern, die so bearbeitet werden, dass sie eine seidenartige Optik und Haptik erhalten.

Alle acht bisher verfügbaren Kollektionen werden in der exklusiv für Jan Kath tätigen Knüpferei in Nepal gefertigt. Mit der neunten, die das Unternehmen auf der Domotex 2007 vorstellt, begibt sich Kath erstmals auf fremdes Terrain - mit weißen Berberteppichen. Die Nomadenknüpfungen der Linie "Le Maroc Blanc" passen perfekt ins Kath-Programm, sind sie doch wahre Designklassiker, die in Europa bereits zu Bauhaus-Zeiten als Bodenaccessoires eingesetzt wurden.

Klar, dass Jan Kath dabei besonderen Wert auf Qualität und Design legt. "Große weiße Teppiche kann jeder herstellen; ich wollte den ganz ursprünglichen Charakter erhalten, den Charme." Auf Kaths Gespür ist Verlass, haben sich nicht wenige Kunden gesagt, die ihm die neue Kollektion unbesehen abkaufen wollten. Gefertigt werden die Teppiche in der Region Azilal im Atlas-Gebirge. Jan Kath stellt die hochwertigen Materialien zur Verfügung, lässt die Stücke von den dort ansässigen Berbern im Hausfleiß knüpfen und anschließend in Marokko waschen. "Die Wäsche wirkt sich erheblich auf Qualität und Erscheinungsbild aus", weiß Jan Kath. "Die macht bei Berberteppiche etwa 50% aus." Alle Nepal-Kollektionen werden übrigens von Knecht in der Schweiz veredelt.

Das für ihn zunächst fremde Terrain Marokko betrat Jan Kath mit fachkundiger Hilfe: Zwei "Türöffner" aus Österreich standen ihm dabei zur Seite: der befreundete Gebhart Blazek, weltweit anerkannter Experte für alte marokkanische Textilien, sowie der Teppichwissenschaftler Wilfried Stanzer. Übrigens ist Jan Kath mit allen Kollektionen Partner der Stiftung Step, die sich für faire Arbeitsbedingungen und ökologisch verträgliche Verfahren in der Teppichherstellung einsetzt.

Der Maßschneider unter den Teppichknüpfern

Etwa 60% des Gesamtumsatzes bestreitet Jan Kath mit seinen Kollektionen - die übrigens viel Spielraum für Sonderwünsche lassen. Jeder Teppich lässt sich in Größe, Farbgebung, Material und Knüpfdichte den Vorstellungen des Kunden anpassen; ein Orderkatalog zeigt die Möglichkeiten auf.

Und die übrigen 40% des Umsatzes? Die kommen durch Sonderanfertigungen aller Art zustande. "Es treten viele Designer mit ganz bestimmten Vorstellungen an uns heran - die wir dann sehr hochwertig umsetzen", berichtet Kath. "Für diese Designer sind wir sozusagen die Maßschneider unter den Teppichknüpfern." So wurde Jan Kath damit beauftragt, eine eigene Teppichserie für den hochexklusiven Möbelanbieter E15 anzufertigen. Das in Oberursel bei Frankfurt (Main) ansässige Unternehmen steht für edle, sehr moderne Kreationen aus Massivholz, Edelstahl, Aluminium und Leder.

Teppich-Maßanfertigungen sind vor allem in den USA gefragt, wo Kath seit gut einem Jahr in den wichtigen Design-Centern vertreten ist. Zu diesen Exklusiv-Schauräumen haben nur Innenarchitekten und Designer Zugang, die dort nach den passenden Stücken für ihre Einrichtungsprojekte suchen. Da werden schon mal für Empfangshallen Teppiche in Auftrag gegeben, deren Grundfläche mit 30 bis 40 qm der einer ganzen Ein- bis Zwei-Zimmer-Wohnung entspricht. Beeindruckender Sonderfall: ein sehr großer, extrem feiner und hochwertiger Teppich aus Cashmere und Seide, der mit über 150.000 EUR zu Buche schlug.

Virtuelles Teppichmuseum

In Deutschland arbeitet Jan Kath mit dem Fachhandel und gehobenen Möbelhäusern zusammen - der Schwerpunkt liegt hier auf den Möbelhäusern, die dem modernen hochwertigen Designerteppich in der Tendenz aufgeschlossener gegenüberstehen. Außer Deutschland und den USA ist die Schweiz ein wichtiger Markt - und immer stärker ist es auch der Nahe Osten. Seine Kunden in rund 20 Ländern erreicht Kath durch internationale Messen, persönliche Besuche und nicht zuletzt übers Internet. Unter www.jan-kath.de findet man ein hoch professionell gestaltetes virtuelles Teppichmuseum, das auch außerhalb der Branche auf sich aufmerksam gemacht hat: Das Profimagazin "Page" (Schwerpunkt Mediendesign) berichtete in der Mai-Ausgabe 2006 über die "spektakuläre Website" des Unternehmens. Als Nächstes soll eine Offline-Version der Seiten entstehen, die man dem Handel als virtuellen Katalog zur Verfügung stellen will. Da in der Teppichbranche der "Ideenklau" umgeht und gute Designs gern billig nachproduziert werden, ist der Kollektionsbereich der Jan-Kath-Website passwortgeschützt.

Per Rucksack durch den Himalaya

Als "eine Mischung aus Planung und Zufall" bezeichnet Jan Kath seine Teppichdessins; eine Mischung aus Planung und Zufall ist auch der Werdegang des Bochumers: Eigentlich wollte Kath nämlich gar nicht in die Teppichbranche, der sich vor ihm schon Vater und Großvater verschrieben hatten. Nach Zivildienst und kaufmännischer Lehre packte er seinen Rucksack, um ein ganzes Jahr lang durch Indien und Nepal zu reisen. Erst am Ende seiner Tour traf er bei Katmandu auf einen deutschen Teppichimporteur ... und da hat es ihn dann doch erwischt. Ganze zwei Jahre lang arbeitete er in der Qualitätskontrolle der nepalesischen Knüpferei. "Diese Arbeit hat mein Auge für das Design geschult", sagt Kath.

Kaum zurück in Deutschland, erhielt Jan Kath schon das Angebot, in diese nepalesische Knüpferei mit einzusteigen. Drei Tage später war er wieder in Nepal und unterzeichnete den Vertrag: der Beginn von Jan Kath Design. Los gings auf der Domotex 1996 mit einer kleinen Kollektion aus 15 bis 20 hochwertigen, aber noch recht konventionellen Teppichen. Danach erst wurde Kath avantgardistisch-modern.

Die große Erfolgsstory ließ jedoch erst mal auf sich warten, drohte sogar ein vorzeitiges Ende zu nehmen. Kaum jemand war bereit, für Handarbeit und hohe Qualität entsprechend zu zahlen, der Markt war übersättigt, und dem modernen Designteppich stand man auch nicht besonders aufgeschlossen gegenüber. Warum Jan Kath trotzdem weitergemacht hat? "Ich hatte eine Beziehung zum Produkt und auch zu den Leuten aufgebaut, deshalb bin ich dabei geblieben." Und das war auch gut so. Denn mittlerweile gilt der Bochumer als einer der Vorreiter modernen Teppichdesigns und präsentiert sein Unternehmen im zehnten Jahr auf der Domotex.

Bis vor kurzem stand hinter dem Unternehmen Jan Kath fast ausschließlich Jan Kath selbst: ein experimentierfreudiger Visionär, der sich für den Teppich begeistert und im Grunde immer alles selbst gemacht hat - vom Entwurf bis zur Buchhaltung. Learning by doing, lautete anfangs das Prinzip, aber auch: Trial and Error. Mittlerweile besteht das Unternehmen aus einem Team von sechs ebenso Teppich-begeisterten "Allroundern", die sich gleichzeitig mit Design, Verkauf und Marketing befassen.

Und wie sieht Jan Kath die Zukunft? "Der Trend geht ein Stück weg vom ganz Minimalen", meint der Designer. "Zwar bleibt der Einrichtungsstil generell ruhig und schlicht, aber die Leute hängen sich jetzt schon eher mal einen Kronleuchter hin." Alles in allem will Kath sich jedoch nicht von Modeerscheinungen beeinflussen lassen, sondern seinen eigenen Stil pflegen und sich dabei immer weiter verbessern.


Jan Kath - das Unternehmen

Jan Kath Design GmbH
Hasewinkeler Straße 213
44879 Bochum
Tel.: 0234 / 94123-44
Tel.: 0234 / 94123-90
Internet: www.jan-kath.de
Gründungsjahr: 1996
Mitarbeiter 6
Materialien: Tibetische Hochlandwolle, Seide, Brennesselfaser, Hanf, Cashmere
Ursprungsländer: Nepal und Marokko
aus Modern Carpet 01/07 (Wirtschaft)