Guignard setzt auf Kundenbindung
Parkettspezialist seit 100 Jahren
Unter den einst 30 Parkettfabriken in der Schweiz war Guig-nard die älteste. Sie existierte seit 1906, produzierte Massivparkett und erwarb sich in der Schweiz und darüber hinaus einen exzellenten Ruf. Heute ist Guignard der Parkettgroßhandel, dem es nach eigenen Angaben gelungen ist, sich als "die Nr. 2 nach Bauwerk" zu positionieren.
Seit kurzem hat sich der Schweizer Parkettgroßhändler Guignard in neuen Räumen in Altendorf bei Zürich eingerichtet - in einem Zweckbau mit nüchternem "Gewerbeflächen"-Angebot. Die Herausforderung, etwas daraus zu machen, war Harald Kaufmann nicht fremd: Als er 1992 die Geschäftsführung in der damals frisch gegründeten Parkettgroßhandels-Gesellschaft übernahm, startete er als One-Man-Show. Inzwischen zählt das Unternehmen 16 Mitarbeiter. Die Kundenkartei umfasst - bereinigt um Gelegenheitskäufer - rund 500 "wirklich aktive Kunden" in der gesamten Schweiz. Zu den Kunden zählen überwiegend Handwerker, zunehmend Architekten sowie vereinzelt auch Händler.
Also entstand auf 300 qm ödem Beton eine Parkettausstellung nach allen Regeln der Kunst - in diesem Falle nach der Lehre des Feng-Shui. Sie setzt darauf, dass bestimmte Farben und Formen, Raumproportionen und Lichteinfallsrichtungen unterbewusst wahrgenommen und als wohltuend empfunden werden. Der Besucher wird "dem Sitz des Herzens folgend, also linksdrehend" in den Ausstellungsraum geleitet. Ob dadurch, oder ob durch Produktpräsentation und Produktangebot oder durch attraktive Serviceangebote stimuliert - "der Erfolg ist da", berichtet Kaufmann über die ersten vier Monate seit der Eröffnung.
Die Präsentation ist keine Verkaufsausstellung für Endverbraucher, sondern dient der Information von Bauinteressenten bzw. Bauherren. Entweder kommen sie zunächst alleine und werden durch Guignard an eigene Handwerkskunden weiter vermittelt, oder sie werden von ihren Handwerkern oder Architekten zu Guignard geschickt, um sich dort zu orientieren. Das Angebot wird rege genutzt. Gleichzeitig soll der Schauraum das Handwerk animieren, selbst Ausstellungen zu gestalten. Dazu bietet Guignard eigene Präsentationssysteme an.
Stand by - rund um die Uhr
Ausgewählte Handwerker und Architekten haben die Möglichkeit, die Guignard-Schauräume rund um die Uhr zu nutzen: Sie sind im Besitz eines Schlüssels, mit dem sie sich und ihren Kunden bzw. Auftraggebern unabhängig von den regulären Öffnungszeiten Eingang verschaffen können - ganz individuell, rund um die Uhr.
Insgesamt hat Guignard in der Schweiz innerhalb von wenigen Jahren drei solcher Schauräume eingerichtet: Außer in Altendorf bei Zürich, wo sich seit 1995 gleichzeitig der Firmensitz befindet, auch in Thun/Kanton Bern (2005) und Contone/Kanton Tessin (2006). Ferner gibt es kleine Ausstellungen in Zürich und Bussigne bei Lausanne. Alle Ausstellungen präsentieren sich unter dem Namen Parkettland - eine Bezeichnung, die mit Rücksicht auf die Sprachgewohnheiten von Endverbrauchern gewählt wurde: "Der eigentliche Firmenname Guignard wirkt zumindest in der deutschsprachtigen Schweiz für viele wie ein Zungenbrecher." Personell ständig besetzt sind der große Schauraum in Altendorf sowie die beiden kleineren in Zürich und bei Lausanne. Ansprechpartner in Thun und Contone sind eigene Außendienstmitarbeiter.
Vorbildliche Kundenbetreuung
Das Schauraum-Angebot versteht Harald Kaufmann grundsätzlich als Zusatzleistung. In erster Linie ist der persönliche Kontakt wichtig, betont er und fügt ausdrücklich hinzu: "Dieser Kontakt muss vom Anbieter, also von uns ausgehen". Von den derzeit 16 Mitarbeitern sind vier im Außendienst tätig. Diese Außendienstler, darunter auch Pierre Guignard, sowie Harald Kaufmann leisten dafür ein umfangreiches Reisepensum. Für eine starke Kundenbindung sorgen außerdem 12 bis 20 Kundenreisen pro Jahr. "Unsere Kunden sollen sich aufmerksam und fair behandelt wissen", betont Harald Kaufmann. Fair ist beispielsweise die Art, wie zwischen A-, B- und C-Kunden unterschieden wird: "Nicht die Umsatzstärke entscheidet, sondern die Bindung an Guignard." Wer also einen vergleichsweise geringen Mengenbedarf hat, diesen aber fast ausschließlich bei Guignard deckt, kann durchaus den Status und die Vergünstigungen eines A-Kunden genießen. "Mit diesem System sind wir seit zehn Jahren erfolgreich", unterstreicht Kaufmann.
Das Produktangebot ist attraktiv, umfangreich und trendorientiert. Das bedeutet: Es entwickelt sich zunehmend in den hochwertigen Bereich hinein. "Wir spüren, wie das mittlere Nachfragesegment langsam, aber kontinuierlich schwindet. Zuwächse sind nur im unteren und oberen Preisbereich zu verzeichnen. Neben einem Basisangebot, das unverzichtbar ist, werden wir uns daher verstärkt auf höherwertige Ware konzentrieren", verweist Harald Kaufmann auf Lieferanten, mit denen sich dieses Konzept realisieren lässt, u.a. Lopark, Nolte, Bambeau, Berg & Berg, Boen, Thomsit, TT Woodcare (Trip Trap) sowie die Hersteller der Guignard-Eigenmarken Niklas-Landhausdielen (Rappgo) und der gealterten Massivdielen Castera (Intrawood). Ganz neu ist die Beziehung zu Jaso, mit dessen Produkten das Zweischicht-Angebot deutlich ausgeweitet wurde. In den hochwertigen Bereich möchte Kaufmann auch das Massivdielenangebot einbeziehen. Ferner im Visier sind Dielen und Parkett mit FSC-Zertifikat. Der Anfang ist bereits gemacht. Seit Anfang 2006 ist Guignard-Parkett als Unternehmen FSC-zertifiziert. Es wurde ausgewählt für das Pilotprojekt Tropenholz der ISP (Interessengemeinschaft der Schweizerischen Parkettindustrie). Das Pilotprojekt hat zum Ziel, ab 2008 nur noch Tropenholz anzubieten, das zertifiziert ist oder aus nachweisbaren Quellen stammt.
Insgesamt verfügt Guignard über ein Komplettangebot vom klassischen Parkettriemen über Zweischichtparkett und Dreischichtparkett bis zu Spezialitäten. Für etliche Markenprodukte verfügt Guignard über das Exklusiv-Vertriebsrecht in der Schweiz, u.a. für die Timberman-Öle. Darüber hinaus verdankt die Schweiz Guignard einen "geschichtlichen" Durchbruch: Das damals noch produzierende Unternehmen "wagte" es 1972 gegen erheblichen Widerstand, das erste Dreischichtparkett (Höhns) einzuführen und 1988 den Schweizer Markt auch für den Zweischicht-Stab Listone Giordano (Margaritelli) zu öffnen.
Tägliche Lieferung über Spediteure
Entsprechend der Produktvielfalt und der schnellen Lieferfähigkeit, für die das heutige Großhandelsunternehmen Guignard-Parkett bekannt ist, wird nahe Zürich ein umfangreiches Lager mit ständig 45.000 bis 60.000 qm Parkett aller Arten vorgehalten. Ohne eigenen Fuhrpark ist für die gesamte Schweiz sichergestellt, dass Ware, die am Bestelltag bis 14 Uhr geordert wird, am kommenden Morgen um 7 Uhr beim Kunden ist. Dieser kennt "seinen" Spediteur seit 15 Jahren. Die Logistik spinnt damit ein engmaschiges und sehr persönliches Netz, in dem auch Informationen schnell aufgefangen und weitergeleitet werden. Harald Kaufmann über diesen zusätzlichen und sehr wirksamen Beitrag zur Kundenbindung: "Unverzichtbar. Die Spediteure sind ein wesentlicher Teil unseres Firmenauftritts".
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100 Jahre Parkett-Tradition
Am Anfang der Unternehmensgeschichte stand 1886 eine kleine Sägerei in Romainmotier, in der seit 1906 Massivparkett hergestellt wurde. Kriegsbedingte Rohstoffknappheit führte 1941 zur Umstellung auf Mosaikparkett. 1970 erreichte die Produktion mit 100.000 qm Mosaikparkett die höchste jemals produzierte Jahresmenge. Mit dem Vordringen textiler Bodenbeläge ging die Nachfrage nach Mosaikparkett zurück. Bereits 1973 gab Guignard daher die eigene Parkettproduktion auf, konzentrierte sich auf Leisten, Wand- und Deckenvertäfelungen sowie verstärkt auf das Handelsgeschäft mit importiertem Fertigparkett. 1992 geht daraus die Handelsgesellschaft Guignard Parkettvertriebs AG hervor, die 1995 umbenannt wird in Guignard Parkett AG - heute das zweitgrößte Großhandelsunternehmen für Parkett in der Schweiz.
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Guignard - ein inhabergeführtes Unternehmen
Die drei Firmeninhaber sind operativ im Geschäft tätig: Pierre Guignard ist im Außendienst für die Kunden in der Westschweiz und im Tessin zuständig, sein Vater Jean-Pierre Guignard, Enkel des Firmengründers, sitzt beratend im Verwaltungsrat; beide zusammen halten 50 % der Firmenanteile. Kurt Schuler (50 % Firmenanteil) ist verantwortlich für Finanzen und Buchhaltung. Flache Hierarchien prägen das Unternehmen, jeder kann praktisch jede Aufgabe übernehmen, hat Einblick in die Entwicklung des Unternehmensbudgets und ist am Unternehmenserfolg beteiligt.
aus
Parkett Magazin 06/06
(Wirtschaft)