Interview mit Dr. Frank Steffel, Inhaber der Steffel Unternehmensgruppe
"Die Branche ist reif für Marken"
Der Wachstumskurs der Steffel Unternehmensgruppe hat 2006 für etlichen Gesprächsstoff gesorgt. Erklärtes Ziel ist die Marktführerschaft. Mit zunehmendem Erfolg wird dafür auch eine strategisch angelegte Markenpolitik verfolgt. Die Firmen der Gruppe agieren unter der Dachmarke Steffel, Produkte und Service unter entsprechend positionierten Handelsmarken. Wie passt die Markenpolitik in das Gesamtkonzept der Steffel Gruppe? Verträgt diese Branche überhaupt Markenpolitik? Darüber sprach BTH Heimtex mit Dr. Frank Steffel, dem Inhaber des Firmenverbundes.
BTH Heimtex: Sie haben in Ihrer Gruppe bedeutende, traditionsreiche Großhandelsunternehmen vereint. Alles klassische Grossisten, die zwar individuell in ihrer Region, aber doch insgesamt ähnlich positioniert sind: Gallion, Rettberg, Thomas, Dresing. Wie agieren die jetzt unter einem Dach? Wie lassen sich Autonomie und Synergie-Effekte in Einklang bringen?
Steffel: Im Vertrieb agieren alle unsere Unternehmen, also auch Inver und IBS, völlig eigenständig. Lediglich in den nicht kundenbezogenen Bereichen nutzen wir Einsparpozentiale und Synergien zum Wohl unserer Kunden.
Gallion, Rettberg und Thomas vertreiben in abgestimmten Vertriebsgebieten gemeinsam unsere Marken Hometrend, Preis-trend und Profitrend. Trotzdem kann jede Firma den regionalen Besonderheiten und speziellen Wünschen ihrer Kunden individuell nachkommen.
Dresing arbeitet deutschlandweit mit den erfolgreichen Hauskollektionen Express, Für Uns, Cocktail, Luxus und Creativ-Objekt sowie starken Herstellermarken. Dresing ist deutschlandweit aktiv, hat aber nicht das Ziel, eigene Handelsmarken aufzubauen. Neben den starken Hauskollektionen vertreibt Dresing Herstellermarken mit einer klaren Vertriebsstrategie und entwickelt Strategien für spezielle Kundengruppen. Das kann ein "normaler" Großhandel mit seinem Konzept nicht in Einklang bringen.
IBS verkauft unverändert und gerade nach dem Rückzug vieler Hersteller ausschließlich Bodenbelagsrollen.
Inver ist deutschlandweit als serviceorientierter Coupondienstleister erfolgreich. Die drei Standbeine Opera Bodenbeläge für Fachmärkte, Europa Bodenbeläge für die Großvertriebsformen und "Evita - Verführung in Farbe" für Fachgeschäfte und -handwerker sind klar positioniert.
Insgesamt ist unsere heterogene und kundenbezogene Aufstellung eine Stärke. Unsere Schlagkraft ist deutlich höher, als wenn wir mit nur einem Unternehmen unseren Marktanteil weiter steigern wollten.
BTH Heimtex: Wie verlief Ihr Jahr 2006?
Steffel: 2006 war für unsere Unternehmensgruppe ein ereignisreiches und erfolgreiches Jahr. Wir sind unserem Ziel, Marktführer zu werden, durch den Kauf von Dresing, Rettberg und Facta ein gutes Stück näher gekommen. Alle Firmen haben ein erfreuliches Umsatzwachstum sowie gute Ergebnisse erzielt, die wir zu 100 Prozent in weiteres Wachstum reinvestieren. Unsere Mitarbeiter können auf ihren Beitrag an der Entwicklung der Unternehmensgruppe stolz sein.
BTH Heimtex: Sie wollen als Großhändler Markenpolitik betreiben. Kann das funktionieren? Können Sie überhaupt die Durchschlagskraft und die Breitenwirkung eines Markenartiklers entwickeln?
Steffel: Die Entscheidung, auf Marken zu bauen, ist nicht die erste Entscheidung, die wir gegen den Markt getroffen haben. Neben unseren Markenstrategien und den in sich geschlossenen Vertriebskonzepten ist es für viele auch nicht nachvollziehbar, warum wir so stark auf Wachstum setzen.
Wir sind aber sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Denn auch in unserer Branche ist die Zeit reif für Marken. Wir bauen unsere Markenpersönlichkeiten behutsam auf, so wie es auch in anderen Branchen üblich ist. Natürlich darf man sich nicht verzetteln, sondern muss sich auf wenige Marken konzentrieren und diese stark machen.
BTH Heimtex: Wie passt das in Ihre Gesamtstrategie?
Steffel: Marken können Sie nur flächendeckend deutschlandweit kommunizieren. Unsere Markenpolitik ist insofern auch Ergebnis unserer Wachstumsstrategie. Erst die Gesamtaufstellung von Gallion, Rettberg und Thomas gibt uns die Möglichkeit, unsere Marke Hometrend lückenlos in ganz Deutschland zu vermarkten.
Handelsmarken mit mehreren Produktgruppen haben langfristig in unserer Branche eine große Chance, wenn einige wesentliche Rahmenbedingungen eingehalten werden. Warum sollen wir in einigen Jahren unter der Marke Hometrend nicht auch Lampen, Accessoires oder Möbel verkaufen?! Das Wort Hometrend ist doch wirklich phantastisch. Aufgrund der großen Produktvielfalt von Hometrend reduzieren wir schon heute das Problem der zu langen Kaufintervalle.
BTH Heimtex: Verträgt die Branche überhaupt Marken? Im Grunde kennt sie gar keine. Das, was häufig als "Marke" bezeichnet wird, ist nur ein Kollektionstitel. Die entsprechende Markenpflege fehlt. Welche Marken wollen Sie etablieren und wie sind sie positioniert?
Steffel: Zurzeit entwickeln wir hauptsächlich drei Marken: "Hometrend - der Trendsetter für Raumgestaltung", "Opera Bodenbeläge - bei uns schneiden sie besser ab" und unsere jüngste Entwicklung "Evita - Verführung in Farbe".
Opera erklärt ihre Alleinstellung ganz einfach: 2.000 Referenzen Bodenbeläge in jedem nur denkbaren Zimmermaß mit allen nur vorstellbaren Serviceleistungen.
Evita unterstreicht ihre Einmaligkeit mit 1.000 Referenzen Bodenbelägen nach Farben sortiert und erfüllt somit den wohl wichtigsten Endverbraucherwunsch. Beide Marken geben unseren Händlern und Handwerkern Sicherheit und erklären sich selbst.
Hometrend positionieren wir für die unterschiedlichsten Produkte der Raumgestaltung und werden diese Marke über die Vielfalt aller Produkte zu einer starken Marke aufbauen. Auch Hometrend erklärt sich selbst. Durch den Eintritt des langjährigen Albani-Geschäftsführers Lothar Stapf in unsere Unternehmensgruppe werden wir jetzt unsere Aktivitäten in Richtung Hometrend Heimtextilien weiter ausbauen. Bitte verstehen Sie es nicht falsch, aber nach unserer Analyse ist Hometrend die einzige Großhandelsmarke, die mittelfristig die Chance zur Endverbrauchermarke hat.
BTH Heimtex: Befürchten Sie keine Kannibalisierungseffekte?
Steffel: Nein. Wir haben in Sachen Marketing unsere Hausaufgaben gemacht und arbeiten sehr professionell mit drei guten und branchenerfahrenen Agenturen zusammen. Wir werden in die Stärkung unserer Marke Hometrend investieren und alle werden profitieren - Hersteller, Kunden und auch wir. Und das Verkaufen von Markenprodukten macht auch noch mehr Spaß.
BTH Heimtex: Aber es wird doch versucht, Sie zu kopieren. Was tun Sie dagegen?
Steffel: Das Duplikat ist immer schlechter und weniger erfolgreich als das Original. Während andere unsere Ideen kopieren, arbeiten wir daran, neue Ideen zu entwickeln und bestehende zu optimieren. Von Opera gibt es viele erfolglose Kopien und fast alle wurden wieder eingestellt.
Wir achten allerdings auch strikt darauf, dass der Markenaufbau unser Produkt nicht verteuert. Er muss sich über Umsatzsteigerungen bezahlt machen. Wenn unsere Kollektionen durch Marketing nur 10 Prozent mehr Umsatz machen, können wir unseren ohnehin hohen Marketingetat leicht verdoppeln.
BTH Heimtex: Und in Zukunft?
Steffel: Wir wollen weiterhin neue Standards setzen. Kontinuierlich innovativ zu arbeiten ist Teil unserer Unternehmenskultur. Auch für 2007 haben wir einmalige Konzepte in Vorbereitung.
Die besten Ideen entstehen übrigens aus Kundengesprächen. Nicht zuletzt deshalb werden im Frühjahr alle über 50 kaufmännischen Führungskräfte unserer Unternehmensgruppe zwei Wochen deutschlandweit Kunden besuchen. Mit der Aktion "Kundendialog 2007 - Von Mensch zu Mensch" werden wir ca. 3.000 Kunden durch Führungskräfte direkt erreichen. Zur Auswertung werden wir für vier Tage in der Abgeschiedenheit Lapplands zusammenkommen.
BTH Heimtex: Bauen Sie Konkurrenz zu Ihren Lieferanten und deren Herstellermarken auf?
Steffel: Nein, Herstellermarken haben eine andere Funktion und sind zumeist auf eine Produktgruppe beschränkt. Nehmen wir zum Beispiel die textilen Bodenbeläge: Abgesehen von Vorwerk durch das große Produktportfolio des Gesamtkonzerns und Jab Anstoetz im Premiumsegment gibt es keine relevanten Endverbrauchermarken. Bei anderen Produktgruppen wie Bauchemie, Holz oder Laminat sind die Vertriebswege ohnehin anders gewichtet und die Rolle des Handels ist eine andere. Und mit Dresing haben wir einen Vertriebskanal, der gerade auch für die Vermarktung von Herstellermarken vorgesehen und durch vorhandene Exklusivitäten bestens eingeführt ist.
BTH Heimtex: Wie pflegen Sie die Marken?
Steffel: Zunächst müssen Produkte, Kollektionen, Service und Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen. Das sind die Voraussetzungen für Glaubwürdigkeit und das Vertrauen unserer Kunden. In der Kommunikation haben wir stets abzuwägen, was möglich ist und worauf wir leider verzichten müssen.
Entscheidend ist, Investitionen in Kommunikation nicht kurzfristig zu sehen. Die Kraft einer professionellen aufmerksamkeitsstarken Kampagne ist aber auch in unserer Branche nicht zu unterschätzen. Denken Sie nur an unsere Hometrend-Kampagne anlässlich der Domotex 2006 mit dem Dalmatinerhund als Trendsetter. Das Motiv erregt bis heute Aufmerksamkeit und der Messe-Trolley war nicht nur auf der Domotex ein voller Erfolg. Die Opera Kampagne "Sechs sells" war die Bestätigung, dass Marken durch Kreativität und Mut zum Risiko noch stärker werden.
BTH Heimtex: Um jeden Preis?
Steffel: Nein, aber natürlich müssen Sie auch provozieren und an Grenzen gehen. So wie mit dem Evita-Ausklappfoto und dem Fußgel für alle Messebesucher als Beileger Ihrer Messeausgabe. Obwohl wir dieses Jahr auf der Domotex nicht ausgestellt haben, hatten wir für unsere Marken und Firmen eine bemerkenswerte Aufmerksamkeit.
Jede unserer Marken hat ihr eigenes Gesicht. Key Visuals und Logos sorgen für die optische Wiedererkennbarkeit. Slogans bringen die Alleinstellungsmerkmale auf den Punkt. Anzeigen sorgen mit ideenreichen Motiven und Hinguckern für Aufmerksamkeit und Gesprächsstoff. Salesfolder verdeutlichen unseren Kunden die Vorteile unserer Marken. Regelmäßige Anschreiben, Mailings und die Internetauftritte der Marken und Firmen halten den Kontakt und sorgen für kontinuierliche Kundenbindung.
BTH Heimtex: Wie profitieren Ihre Kunden von Ihrer Markenpolitik?
Steffel: Marken geben Orientierung, weil ihre Qualität und die Güte der Leistung bekannt sind. In der Flut der Angebote greift der Konsument, aber auch der Handwerker und Händler, gerne auf Marken zurück, mit denen er schon gute Erfahrungen gemacht hat. Marken schaffen Vertrauen und das ist eine wesentliche Grundlage für langfristigen Erfolg. Nutznießer sind unsere Kunden.
aus
BTH Heimtex 02/07
(Wirtschaft)