Parkett-Sachverständige diskutierten in Kassel
40/60 Klebung bleibt der Maßstab
Fortbildung ist ein Muss. In Kassel trafen sich Anfang Juni über 100 Sachverständige des Zentralverbandes Parkett und Fußbodentechnik zu ihrem regelmäßigen Seminar. Zehn Vorträge standen auf dem Programm, die überwiegend von Experten aus den eigenen Reihen, aber auch von Vertretern aus Industrie und Rechtslehre abgehandelt wurden.
Die auf dem Seminar versammelten Sachverständigen decken mit ihrer Kompetenz ganz Deutschland ab. Zwanzig bis dreißig Gutachten erstellt jeder von ihnen durchschnittlich im Jahr. Das beurteilen Verbandsvertreter als verhältnismäßig geringe Zahl von Schäden, die im Handwerk des Parkett- und Bodenlegens entstehen würden.
Fehlerursachen festzustellen, ist nicht nur eine Frage von Erfahrung, sondern auch von Wissen über die Wirkung neuer Materialien. Bei der Behandlung von Abbindebeschleunigern im Zementestrich wurde das deutlich. Ungenormte Zusatzmittel machen es dem Parkettleger und Bodenleger schwer, den Feuchtigkeitsgehalt des Estrichs und damit seine Verlegereife zu messen und zu beurteilen. Jörg Sieksmeier, Vertreter des Herstellers Ardex, forderte den Zentralverband auf, Druck auf die Industrie auszuüben, offizielle Definitionen für den Begriff Schnellestrich zu erarbeiten.
Um chemische Reaktionen ging es ebenso in dem Beitrag von Beate Brehmer, Lackingenieurin bei Eukula. Geruchsprobleme bei Versiegelungen waren das Thema. Klargestellt wurde: Lösemittelfreie Wasserlacke gibt es nicht! Zumindest Weichmacher sind noch enthalten. Um Emissionsquellen aufzuspüren, ist zudem der Blick vom Boden zu Malerarbeiten, Möbeln und anderen Faktoren von Bedeutung. Sie können Auslöser der Geruchsreklamation sein.
Interessant war in diesem Zusammenhang die Anwendungsdemonstration eines fast vollständig lösemittelfreien Parkettöles durch die Firma OsmoColor. Aufgrund geringer Viskosität lässt sich dieses neue Produkt nur maschinell auftragen, ist dafür aber sparsam im Verbrauch. Paradox: Das zugehörige Pflegemittel für den Endverbraucher wiederum enthält Lösemittel.
Mit Trockenschüttungen als Schallschutz beschäftigte sich Joachim Barth. Sein Fall aus der Praxis handelte von einer losen Sandschicht, die im Dachausbau eingesetzt worden war und sich nach der Parkettverlegung verdichtet hatte. Am Rand und wo schwere Möbel gestanden hatten, war es zur Spaltenbildung gekommen. Um wenigstes die Mängel am Rand zu beheben, lautet die Forderung: Sockelleisten sollten so beschaffen sein, dass sie die dortige Spaltenbildung nachträglich optisch verdecken können.
Wie viel Klebstoff ist notwendig, um eine möglichst dauerhafte Verbindung mit dem Unterboden zu gewährleisten? In dieser Thematik steht der Zentralverband in Auseinandersetzung mit dem Sachverständigen Gerhard Gasser, der eine über 90-prozentige Verklebung fordert. Das ist nach Meinung der Mitglieder des Zentralverbandes nicht zu erreichen. Die 40/60-prozentige Verklebung wird als weiterhin geeignete Regelung angesehen.
Holzpflaster allerdings wird generell mit einer 80-prozentigen Klebebenetzung verlegt. Ob das auch in der Anwendung mit Pulverklebstoff funktioniert, diskutierte Rolf Wanke. Noch fehlen allerdings Erfahrungswerte. Auch Hersteller halten sich mit Empfehlungen zurück. Noch würden nur bei rund 2 % der Holzfußböden Pulverkleber eingesetzt.
Fragen der Holztechnologie, vor allem in welche Richtung Holz sich bei Feuchtigkeit ausdehnt und ob Rückrechnung aufgrund von Fugenbildung ein korrektes Ergebnis bieten, wurden im Zusammenhang mit einem anschaulichen Beitrag des Berufsschullehrers Karl Remmert erörtert. Räumliches Verständnis und richtiges "Lesen" des Schwundmaßes war in Beispielaufgaben gefordert, die manche Teilnehmer auf eine harte Probe stellten.
Was geschieht, wenn verschiedene Parkettformen auf Fermacell-Trockenestrich verklebt werden? Die Fels-Werke, Bad Grund, wollten das in internen Versuchen herausfinden. Der Bericht von Wilhelm Schmidt zeigte im Ergebnis zum Teil deutliche Verformungen - abhängig von der Schichtdicke des Trockenestrichs und des Parketts. Allerdings lassen sich die Labortests nicht beliebig auf andere Situationen übertragen.
Weniger um Sachkenntnis, als vielmehr um das juristisch korrekte Auftreten eines Sachverständigen vor Gericht ging es in den Verhaltenshinweisen des Berliner Rechtsanwaltes Hans-Joachim Heck. Wichtigster Tipp: Beim Gutachten sollte man sich nur auf die Beantwortung der gestellten Fragen konzentrieren und keine darüber hinaus gehenden Ratschläge erteilen!
aus
Parkett Magazin 04/01
(Wirtschaft)