Interview mit Norbert Blach, Leitung Vertrieb Boden bei Henkel Thomsit
"Für den Objekteur wird unsere Dienstleistung immer wichtiger"
Das Auftragsvolumen auf dem Objektsektor nimmt wieder spürbar zu. Engpässe bei der Verarbeitung von Bodenbelägen gibt es dennoch nicht: "Die Regie der Großverleger ermöglicht es, auf diese Entwicklung flexibel zu reagieren", erläutert Norbert Blach, Leiter Vertrieb Boden bei Henkel Thomsit. Mit seinen wichtigsten Kunden in Handel und Handwerk realisierte der Marktführer im Bereich Verlegewerkstoffe teilweise ein zweistelliges Umsatzwachstum. Die Marktsituation und die besonderen Aktivitäten des Unternehmens erläutert Blach in dem nachfolgenden Gespräch mit FussbodenTechnik.
FussbodenTechnik: Auf den großen Branchenereignissen Domotex und BAU suchte man die Farbe Magenta vergebens. Ist das ein Wettbewerbsnachteil für Thomsit?
Norbert Blach: Obwohl ich ein großer Messe-Befürworter bin, sehe ich das keinesfalls als Wettbewerbsnachteil. In Sachen Domotex haben wir uns für einen Zwei-Jahres-Turnus entschieden, da es kaum möglich ist, in kürzeren Intervallen richtungweisende Neuheiten vorzustellen. Die BAU hatten wir aufgrund früherer Erfahrungen eher als Regionalmesse eingestuft. Das war auch der Grund, weshalb Thomsit in diesem Jahr nur mit einer kleinen Ausstellung auf dem Gemeinschaftsstand des Henkel-Profi-Geschäfts vertreten war. Allerdings mussten wir feststellen, dass sich der Einzugsbereich stark vergrößert hat, sodass wir unser Engagement in München überprüfen werden.
FT: Kommendes Jahr müssen Sie sich an dem erfolgreichen Domotex-Auftritt von 2006 messen lassen. Rechnen sich diese enormen Kosten eigentlich?
Blach: Wir machen den Erfolg einer Messe nicht an den geschriebenen Aufträgen fest, da wir von einer turnusmäßigen Disposition insbesondere unserer Händler ausgehen, sondern viel mehr an der dort herrschenden Atmosphäre - zu der man im Übrigen sehr viel beitragen kann, wie unser Auftritt auf der Domotex 2006 gezeigt hat. Auf dieser Veranstaltung haben wir etwas praktiziert, was es in dieser Form noch nicht gegeben hat: die Kunden des Großhandels mit Bussen zur Messe zu fahren, um ihnen hier unsere Neuigkeiten zu präsentieren. Damit sind wir der eigentlichen Funktion einer Messe gerecht geworden. Sollten wir mit dieser Idee eine Initialzündung zur Nachahmung geschaffen haben, so würde uns das sehr freuen. Dann könnten wir von den Besucherströmen anderer Aussteller ebenso profitieren wie die Kollegen im vergangenen Jahr von uns.
FT: Wie hat sich für Thomsit das Inlandsgeschäft entwickelt?
Blach: Die Entwicklung auf dem Inlandsmarkt ist differenziert zu betrachten. Mehrere bedeutende Großhändler sind in den letzten Jahren aus marktstrategischen Gründen weggefallen, nachdem sie von einem Industriekonzern übernommen worden sind und eine Umstellung auf konzerneigene Produkte erfolgte. Angestammte Lieferanten - auch wir - wurden dadurch mit unbeeinflussbaren Größen konfrontiert. Unsere Premiumpartner, sowohl im Handel als auch im Objekt, konnten dies Gott sei Dank kompensieren mit einem teilweise zweistelligen Wachstum.
FT: Worauf sind die positiven Impulse im Objektbereich zurückzuführen?
Blach: Das Auftragsvolumen ist wieder gestiegen und die Regie der Großverleger ermöglicht es, unter anderem mit Subunternehmern, flexibel auf die Marktanforderungen zu reagieren. Die Zahl der Objekteure nimmt zwar ab, aber einige haben das als Chance gesehen und ihre Position deutlich ausgebaut. Für diese Unternehmen wird unsere Dienstleistung immer wichtiger. Man weiß: Auf die Beurteilung einer Baustelle durch Thomsit ist Verlass. Und sollte es hier einmal zu einem Irrtum kommen, ist der Henkel-Konzern eine verlässliche Größe. Darüber hinaus begleiten wir die Bauausführung, um auf mögliche Schäden rechtzeitig hinzuweisen.
Allein 32 Mitarbeiter im technischen Außendienst sowie der Anwendungstechnik üben bei Thomsit eine Beratungsfunktion aus, womit wir eine Sonderstellung am Markt beanspruchen. Zudem stellen die mit uns kooperierenden Großhändler die meisten Niederlassungen und Außendienstmitarbeiter im Markt, sodass sich unsere Beratung entsprechend multipliziert. Hinzu kommt noch die Einzigartigkeit des Thomsit Schutzbriefs, der Auftraggebern wie Auftragnehmern eine erhöhte Sicherheit bietet. Gerade bei den wieder größer werdenden Objekten verschafft das unseren Kunden eine hohe Vertrauensbasis und einen enormen Wettbewerbsvorsprung.
FT: Am deutschen Markt noch neue Vertriebspartner zu finden, dürfte gar nicht so einfach sein?
Blach: Einen neuen Großhändler zu finden ist durchaus möglich, wenn man die Interessen anderer langjähriger Premium-Partner, die mit viel Engagement unsere Marke etabliert haben, nicht allzu sehr stört. Hinzu kommt, dass es für den möglichen neuen Kunden eine Herausforderung ist, seine Vertriebsstrategie einer neuen Marke anzupassen. Bekanntlich polarisieren gerade Verlegewerkstoffe sehr stark: Es ist nicht leicht, seine Handwerkskunden auf andere Marken umzustellen.
FT: Dass ein und derselbe Großhändler sowohl Thomsit als auch Uzin führt, scheint sich seit jeher auszuschließen?
Blach: Die Kombination Thomsit/Uzin scheidet zumindest standortbezogen im Grunde aus, weil beide Hersteller eine so dominante Marktsstrategie fahren, dass sich zwangsläufig Interessenkollisionen ergeben. Kaum ein Händler könnte mit dieser Konstellation glücklich werden. Für einen Grossisten ist es immer besser, sich mit einer Premiummarke klar zu positionieren.
FT: Gibt es überhaupt noch Großhändler, die sich mit einem einzigen Klebstofflieferanten zufrieden geben?
Blach: Zweifellos. Zur Abfederung des Preises nach unten gibt es ja noch die Variante einer Eigenmarke. Unsere Premium-Großhändler realisieren auf dem Sektor Verlegewerkstoffe mindestens 85 - 90 % ihres Umsatzes mit Thomsit, einige bis zu 100 %.
FT: Was muss man sich unter einem Premium-Händler vorstellen?
Blach: Premium-Händler nehmen für Thomsit eine herausragende Stellung in der Marktbearbeitung ein, die wir konditionell besonders honorieren. Dabei sind gegenseitige Rechte und Pflichten vertraglich geregelt.
FT: Gibt es noch so etwas wie Gebietsschutz für ihre Kunden?
Blach: Der kann nicht funktionieren, wenn einige Großhändler überregional agieren. Schutzzäune kann es also nicht geben. Unser wesentlichster Beitrag zur Marktbearbeitung ist ein leistungsgerechtes Konditionssystem, sodass trotz regionaler Überschneidungen nicht der Preis ausschließlicher Kaufimpuls ist. Hinzu kommt eine neutrale Außendienst-Betreuung der wichtigsten Kunden des Handels.
FT: Ist es Thomsit gelungen, die Spitzenstellung im Bereich der Verlegewerkstoffe am deutschen Markt zu behaupten?
Blach: Der klassischen Definition der Verlegewerkstoffe folgend mit Ausgleichmassen, Vorstrichen, Klebstoffen und Dämmunterlagen, sehen wir uns nach wie vor als Marktführer.
FT: Welche Trends und Tendenzen zeichnen sich auf dem Klebstoffsektor ab?
Blach: Lösemittelhaltige Produkte sind zum Glück so gut wie verschwunden. Lediglich im Parkettklebstoffbereich ließen sie sich noch nicht vollständig substituieren, was aber auch sehr stark mit den Handwerkergewohnheiten zusammenhängt. Die Innovationsführer der Branche sehen darin mehr oder weniger ein Auslaufmodell - eine Technologie, die weder weiterentwickelt noch beworben wird. Bei einem Konzern wie Henkel, der für sich in Anspruch nimmt, Öko-Leader zu sein, wäre es schwer nachvollziehbar, noch in diese Technik zu investieren.
Im Parkettbereich, unserem wachstumsstärksten Klebstoffsegment, haben wir mit der Sicure - Technologie die konsequente Weiterentwicklung moderner Parkettklebstoffe weiterbetrieben, die sich über Pulverkleber hin zu elastischen PU-Klebstoffen und von diesen zur MS Polymer-Technologie erstreckte. Unser Engagement gerade im Parkettsegment verstärken wir derzeit mit einem 3er Team aus Holzingenieuren und Parkettlegemeistern, die sich primär um die Zusammenarbeit mit der Parkettindustrie bemühen. Trotz allen Wachstums gilt es für uns, im Parkettbereich überproportional zu investieren, da hier die Marktverhältnisse bei den Klebstoffanbietern nicht das Gesamtangebot bei Bodenbelagsklebstoffen widerspiegeln. Sehr erfreulich entwickelt sich für uns der Bereich Boden-Ausgleichsmassen, wo wir uns als absoluten Marktführer sehen und mit dem Premiumausgleich XXL eine neue Benchmark gesetzt haben.
FT: Welche Pfeile haben Sie für 2007 noch im Köcher?
Blach: Was das Sortiment betrifft, haben wir soeben den Dickschichtausgleich DS 40 eingeführt. Die selbst verlaufende pump- und rakelfähige Ausgleichsmasse lässt sich variabel bis zu Schichtdicken von 40 mm aufbauen und ist direkt und ohne weiteres Nachspachteln belegreif - auch für Parkett.
Außerdem werden wir noch im Laufe dieses Jahres mit staubarmen Spachtelmassen kommen. Das ist für den Handwerker ein ganz wesentlicher Aspekt bei der Sanierung von teilbewohnten Gebäuden.
FT: Was halten Sie von Universalprodukten bzw. Bestrebungen, die Vielfalt der Verlegewerksttoffe übersichtlicher zu gestalten?
Blach: Hier haben wir Handlungsbedarf erkannt. Mit einem konzentrierten Sortiment wollen wir dem Profi die Problemlösung erleichtern, denn es gibt Anwender, die überwiegend die gleichen Beläge verarbeiten, beispielsweise Raumausstatter und Maler vorwiegend Textil- und CV-Beläge. Dabei handelt es sich meist um kleinere, aber durchaus anspruchsvolle Flächen, auf denen ein Produkt perfekt funktionieren muss. "Die sechs Richtigen von Thomsit" decken zirka 80 % aller Anwendungen ab und bieten entsprechende Sicherheitsreserven. Zugleich wollen wir mit dieser Maßnahme beim Großhandel für einen schnelleren Umschlag sorgen. An ein Universalprodukt, das alles können soll, glauben wir nicht. Deshalb setzt Thomsit bei diesem Angebot auf zwei Spezialisten für die Klebung und einen fürs Fixieren. Dazu kommen zwei Ausgleichmassen und ein Multi-Vorstrich.
FT: Wie spielt sich der unmittelbare Dialog mit dem Handwerk ab?
Blach: Statt auf Zentralveranstaltungen wollen wir dem Handwerkskunden künftig bei seinem Händler vor Ort ein ganz persönliches Fitnessprogramm in Sachen Fußbodentechnik anbieten. "Thomsit on Tour" vermittelt Praxiswissen, gepaart mit praktischen Vorführungen sowie Rechtsthemen. Das Ganze ist modular aufgebaut, sodass innerhalb einer Region Veranstaltungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten besucht werden können. Wie das enorme Interesse zeigt, ist der Handwerker durchaus bereit, derartige Seminarangebote wahrzunehmen, wenn sich der zeitliche Aufwand im Rahmen hält.
aus
FussbodenTechnik 02/07
(Wirtschaft)