Erster Tapeten-Trendtable bringt Branche, Kreative und Medien zusammen

Trendsetter Tapete

Die Tapete ist aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht. Zunehmend verdrängt sie mit dekorativen Dessins und trendigen Farben die lange Jahre beliebten weißen Wände. Als Trendsetter läuft sie nicht mehr anderen Produkten hinterher, sondern gibt selbst den Ton an. Einen Einblick in die aktuelle Tapetenmode geben und zugleich den Dialog zwischen Kreativen und Medien fördern, wollte das Deutsche Tapeten-Institut mit seinem ersten Tapeten-Trendtable. Dazu waren Designer, Architekten, Wohn- und Fachpresse in den Hamburger Showroom geladen, wo sie Informatives wie ein Vortrag von Star-Architekt Hadi Teherani und Lukullisches erwartete.

Längst vorbei sind die Zeiten, als in den Tapeten-Kollektionen möglichst neutrale offwhite und beigefarbene Strukturen dominierten und das Höchstmaß an Farbe und Design eine Spachteloptik in Terracotta war. Die Tapete hat sich in den letzten Jahren emanzipiert, ist zum Trendprodukt und Kultobjekt avanciert, das sich an den Wänden selbstbewusst in Szene setzt. Die Designer übertreffen einander in Farb- und Dekorvielfalt, inspiriert von Mode, Kultur, Natur und fremden Ländern, die Industrie investiert in neue Techniken und wegweisende Kollektionen.

Dabei gibt es kein Trend-Diktat; wohl mal einzelne übergreifende Tendenzen, doch generell herrscht eine Stil-Freiheit, die die Branche noch mehr beflügelt. Vermehrt holt man sich dazu Gestaltungskompetenz aus anderen kreativen Bereichen, die neue, unterschiedliche Ideen einbringt. Das reicht von den puristischen, zeitlosen, materialhaften "Architect Papers", die Star-Architekt Hadi Teherani für A.S. Création schuf, bis zu den imposanten Wandbildern des Wiener Multitalents Thomas Zeitlberger für Marburg, die mit ihrer komplexen Sprache an überdimensionale Bilderrätsel erinnern.

Diese Bandbreite war auch ein Thema des ersten Tapeten-Trendtables, zu dem das Deutsche Tapeten-Institut einen ausgesuchten Kreis aus der Branche und den Medien in seinen Showroom nach Hamburg geladen hatte. Eine reizvolle Idee und eine gelungene Veranstaltung, bei der die Gäste in entspannter Atmosphäre plauderten, an einer schön gedeckten Tafel kulinarische Genüsse erlebten und dabei durch interessante Vorträge unterhalten wurden.
So beschrieb Zeitlberger die Entstehungsgeschichte seiner riesenhaften Wandbilder, die optimal die Möglichkeiten des Digitaldrucks nutzen: Bevor sich der 41-jährige Bildhauer, Goldschmied und Designer ans Werk macht, erfasst er den Raum, dessen Wände er verschönern soll. Nur dadurch sei eine optimale Wandgestaltung möglich, denn "die Architektur steht im Verhältnis zur Wandgestaltung wie der Körper zur Kleidung. Sie ist die Basis, mit der man arbeitet". Auf seinen individuellen Kreationen sind Figuren, Symbole und Gegenstände des täglichen Lebens zu sehen, die er zu überraschenden Ensembles zusammenstellt. Da streckt sich dem Betrachter ein schlankes Damenbein entgegen, ist ein Staubsauger neben einer Rokoko-Kommode platziert, marschieren Kakerlaken durchs Sichtfeld. Diese (T)Raumbilder bieten dem Betrachter viele Interpretationsmöglichkeiten und lassen ihn immer wieder Neues entdecken.

Für Visionen, Originalität und ganzheitlichen Anspruch steht der Architekt Hadi Teherani, Wahl-Hamburger persischer Geburt, der unter anderem das mit dem Deutschen Stahlbaupreis ausgezeichnete Bürohaus Berliner Bogen und die hochgelobte Europa-Passage in der Hansestadt entworfen hat. Inzwischen entwickelt er nicht nur Gebäude, sondern widmet sich mit Tapeten und Bodenbelägen auch dem Innenbereich. "Wände sehe ich nicht als Begrenzung, sondern als Spielfläche für Ideen", sagt der 56-Jährige. Er verbindet Leidenschaft mit Qualität, Innovation mit Nachhaltigkeit.

Neu und dennoch alt präsentieren sich Retrodesigns, die die Mode vergangener Zeiten wieder beleben. Für die Designer Sara Hausmann und Achim Böhmer, die das Buch "Retrodesign" geschrieben haben, belässt es Retro nicht bei der Kopie von Klassikern. Die Stilrichtung verbindet unter dem Motto "Looking back to the future" Emotionen, Tradition und Zukunft. Böhmer und Hausmann schreiben ihr enorme Symbolkraft zu, die hohe Aufmerksamkeit erzielt und in unserer hochtechnisierten Welt die Sehnsucht nach starken Gefühlen befriedigt. Die beiden Autoren zeigen auf, wie Retrodesign als anspruchsvolle Sprache intelligenter Stylings gezielt eingesetzt werden kann.

Angesichts dieses Ideenreichtums stellte der Geschäftsführer des Deutschen Tapeten-Instituts, Karsten Brandt, fest: "Bei Tapeten gibt es eine unübersehbare Vielfalt." Allerdings sei die Zahl der Fachgeschäfte, in der Wandbekleidung angeboten werde, dramatisch geschrumpft. Deshalb präsentiert der Showroom abwechslungsreich inszenierte Tapeten-Kollektionen, die zu einer Reise durch die bunte Welt der Wandgestaltungen einladen und sie erlebbar macht. Bei der Trendsuche standen pünktlich zur Fußball-Weltmeisterschaft südafrikanisch inspirierte Motive im Mittelpunkt. Abgerundet werden diese Ausstellungen durch verschiedene Workshops wie "Tapezieren für Anfänger", "Farb- und Stilberatung" und "Gestaltungsideen mit Tapete". Zudem gibt es im Showroom eine Liste der Hamburger Tapeten-Fachhändler. (CK)

Neuer Schwung für die Tapete


In Deutschland wurden im vergangenen Jahr rund 40 Mio. Rollen Tapeten verbraucht. Das sagte der Geschäftsführer des Deutschen Tapeten-Instituts Karsten Brandt. "Wir sind jetzt wieder knapp unter dem Niveau von vor zehn Jahren und erwarten auch für die nächsten Jahre gleich bleibendes Wachstum", betonte er und machte darauf aufmerksam, dass nach verlustreichen Jahren 2007 die Trendwende für die deutschen Tapetenhersteller eingeleitet worden sei. Auch im Export entwickle sich die Tapete mit rund 2 Mio. Rollen im Jahr 2009 gut. Ein Aufsteiger unter den Exportländern sei China, das inzwischen Platz 8 belege.
aus BTH Heimtex 07/10 (Marketing)