Interview mit Lars Contzen
"Die Kaufentscheidung wird am Design festgemacht"
Am Designer-Tag mit Lars Contzen erfuhren die Besucher, woher dieser die Inspirationen für seine fantasievollen Entwürfe nimmt. BTH Heimtex sprach mit ihm in Anschluss an die Präsentation.BTH Heimtex: Wie fühlen Sie sich nach der Präsentation Ihrer ersten Stoffkollektion?
Lars Contzen: Sehr wohl. Ich bin froh, dass wir die Dreiteilung in Ausbrenner, Drucktechnik und Colourcourage unternommen und die Kollektion so überschaubar gehalten haben.
Die Ausbrenner sind leicht und durchscheinend und wirken sehr hochwertig. Unsere Zielgruppe sind Menschen ab 35 oder 40 Jahren, die eine zurückhaltende Wohnraumgestaltung bevorzugen - mit einem gewissen Pfiff.
Die Druckdessins wiederum richten sich eher an eine jüngere Zielgruppe. Sie sind von der Bildsprache bewusst ein bisschen poppiger, griffiger. Damit wenden wir uns im Kern an jüngere Leute unter 35. An eine "Ikea-Generation" sozusagen, die angstfrei mit Farbe umgeht.
Die Kollektion Colourcourage harmoniert perfekt mit den Farben der Druckstoffe; außerdem sind die Unis auf die Produkte unserer Netzwerkpartner abgestimmt. Man kann die Stoffe also mit Teppichen, Tapeten und Möbelstücken kombinieren.
BTH Heimtex: Was ist charakteristisch für Ihre Kompositionen?
Contzen: Die großflächige, raumgreifende Formensprache ohne sich permanent wiederholende kleine Rapporte. Ich habe die Designs vielfach zeichnerisch mit Bleistift entworfen und dann erst in den digitalen Prozess überführt. Diesen handwerklichen Charakter sieht man dem Endprodukt auch noch an.
BTH Heimtex: Entwerfen Sie alle Dessins per Hand?
Contzen: Nur die, bei denen es mir sinnvoll erscheint. Florale Muster und Wellenlinien bekommen dadurch zum Beispiel einen natürlicheren Schwung. Strenge grafische Linien oder lineare Strukturen entwickle ich selbstverständlich am Rechner.
BTH Heimtex: Wodurch lassen Sie sich inspirieren?
Contzen: Eigentlich durch fast alles, außer von Produkten aus der Branche. Ließe ich mich aus der Branche inspirieren, wäre ich mit dem Produkt nicht mehr der Erste.
Stattdessen beschäftige ich mich stark mit der aktuellen Jugendkultur, mit allem, was die junge Generation an Trends hervorbringt. Ob es um Snowboarding-Mode geht oder ums Surfen.
BTH Heimtex: Was ist für Sie "die junge Generation"?
Contzen: Die junge Generation, die ich ernst nehme, beginnt mit 16, und sie ist äußerst einflussreich. Sogar die 501 von Levis hat sich durch ihren Einfluss seit den 80ern im Schnitt verändert - nicht etwa deswegen, weil irgendein Pariser Designer in seinem Atelier gesagt hat: Ab morgen werden die Hosen weit. Die jugendliche Subkultur ist ausschlaggebend für inspirierende Prozesse, die dann irgendwann zeitversetzt vier, fünf Jahre später in der Industrie ihre Wurzeln schlagen.
BTH Heimtex: Welches ist Ihr Lieblingsdessin?
Contzen: Ich glaube, Jardin de Plantes mit seinen floralen Motiven. Je nach Material wirkt es einmal völlig modern oder eben sehr klassisch. Es hat sich übrigens als mein erfolgreichstes Dessin herausgestellt.
BTH Heimtex: Was können wir noch von Ihnen erwarten?
Contzen: Wir wollen jetzt über das Thema Colourcourage Lichtobjekte anbieten. Damit stecken wir aber noch in den Kinderschuhen. Was im Einrichtungsbereich natürlich noch fehlt, das sind die Fliesen. Dafür haben wir aber noch keinen adäquaten Partner gefunden. Der Bereich Sanitär wäre ebenfalls interessant.
BTH Heimtex: Wie sind Sie selbst eingerichtet?
Contzen: Eigentlich genau mit den Produkten, die ich entwickle. Zum Beispiel habe ich keine Sofas, sondern diese Parkmöbel, diese Gummiliege-Landschaften. Meine Entwürfe entstehen meist aus dem Bedürfnis heraus, sie selbst nutzen zu wollen. Allerdings bin ich privat kein Freund von Stoffen und opulenten Dekorationen. Ich habe nur Flächenvorhänge. Ich habe auch keine Pflanzen zu Hause. Bei mir ist es zwar sehr farbig mit großen Grafiken, aber gleichzeitig sachlich und schlicht.
BTH Heimtex: Worin sehen Sie die Chance für die Branche?
Contzen: Eine Chance sehe ich darin, die Energien wieder in neue Produkte zu stecken, statt sich mit Wettbewerbern über vergleichbare Produkte in den Preiskampf zu stürzen. Eine Zusammenarbeit wie unsere mit Indes loszutreten, ist ja kein Hexenwerk. Wir haben vor einem Dreivierteljahr erst begonnen und jetzt präsentieren wir schon die Kollektion. Die Kaufentscheidung wird am Design festgemacht: MP3 Player gibt es genug, und mit allen kann man Musik hören. Aber der erfolgreichste ist eben das Apple-Produkt, weil das Design einfach am besten gelungen ist.
aus
BTH Heimtex 10/10
(Marketing)