ABK-Cheftagung 2013

Die Zukunft fest im Blick

Lüneburg/Gütersloh. Die Zukunft der Branche stand im Mittelpunkt der diesjährigen ABK-Cheftagung. Wie sieht das Bettenfachgeschäft der Zukunft aus? Und welches Potenzial steckt für den stationären Fachhandel im Internet? Mit dem Baustein-Konzept seines Future Stores sieht sich der Verband gut gerüstet.

Besäße man doch die berühmte Glaskugel, aus der sich die Zukunft lesen lässt: Was gäbe der deutsche Einzelhandel dafür zu erfahren, wie sich seine Lage in den kommenden Jahren und Jahrzehnten entwickelt! Welche Branche muss Federn lassen, welche wird sich bewähren - und wer verschwindet möglicherweise ganz vom Markt? Die Prognosen sind vielfältig, endgültige Sicherheit liefern sie nicht.

Wie man sich auch ohne seherische Fähigkeiten der künftigen Entwicklung stellen kann, zeigte die ABK bei ihrer diesjährigen Cheftagung in Lüneburg, zu der rund 120 Vertreter von Handel, Industrie und Dienstleistern angereist waren. Dort stand das Konzept des Future Stores ebenso im Mittelpunkt wie die Frage, welche Position der Bettenfachhandel im Spannungsfeld zwischen Onlinehandel und Großfläche einnimmt. Geschäftsführer Thomas Fehr hatte hierzu interessante Referenten eingeladen, steuerte aber zu Beginn der Tagung neben detaillierten Zahlen auch eine Art Selbstbesinnung bei: 'Wir sind auffallend anders" beschrieb Fehr den Charakter seines Verbandes und erhob die Differenzierung zum Prinzip, um in Zukunft bestehen zu können.

An Stelle der Glaskugel zog der ABK-Geschäftsführer mehrere Studien heran, um sich der Entwicklung im Fachhandel zu nähern. Für 2013 erwartet der Hauptverband des deutschen Einzelhandels laut seiner Studie 'Local Heroes" einen Jahresumsatz von 432 Mrd. Euro (2012: 428). Der Umsatz sei seit mehreren Jahren stabil, preisbereinigt müsse man dennoch von einem Minus-Wachstum sprechen, so Fehr.

Gleichzeitig steigt der Online-Umsatz rasant: Er hat sich seit 2003 fast verzehnfacht auf aktuell 33,5 Mrd. Euro. 'Die Kurve der Wachstumsdynamik ist hier sehr steil", erklärte Fehr. 'Der Kunde verlangt heute sowohl eine Präsenz im stationären Handel als auch online", so der Geschäftsführer. 'Auch der ältere Kunde will nicht mehr nur im Otto-Katalog blättern, sondern Tablet und Smartphone nutzen." Nach Angaben der eBay-Studie 'Zukunft des Handels" erwarten durch alle Altersgruppen hinweg deutlich mehr als 70 Prozent der Kunden, bei einem Händler sowohl online als auch offline einkaufen zu können - selbst in der Generation 50plus sind dies 72,8 Prozent der Befragten.

Die Digitalisierung des Handels ändere nicht nur das Kaufverhalten, sondern führe auch zu massiven Flächenveränderungen, so Fehr. Die eBay-Studie prognostiziert, dass beispielsweise Bücher, Reisen, Computer und elektronische Medien in zehn Jahren zu weit mehr als der Hälfte aus den Ladengeschäften verschwunden sein werden. Gleichzeitig, so die Vorhersage, werden beispielsweise Möbel zu 85 Prozent weiterhin stationär zu kaufen sein. Fehr zeigte sich in Lüneburg daher optimistisch: 'Die Veränderungen im Handel bieten auch Chancen", betonte er. 'Wir können auf der Fläche stärker auf Inszenierung setzen. Die Spielwiese ist groß und die Möglichkeiten werden wir im Future Store testen können."

Fehr zog in seinem Vortrag auch aktuelle Marktforschungsergebnisse speziell für die Bettenbranche heran und strich am Beispiel der Matratze die Bedeutung des stationären Fachhandels hervor. Demnach gaben im Mafo-Branchenmonitor knapp 48 Prozent der Befragten als möglichen Kaufort für Matratzen an erster Stelle den Fachhandel an, 38,4 Prozent die Großfläche. Nur etwa jeder Fünfte würde seine Matratze beim Discounter oder Online kaufen. Und: Wichtigstes Kaufkriterium bei Matratzen sind Qualität und Preis. Marke oder Kaufort spielen hier nur eine untergeordnete Rolle. 'Der Kunde kauft keine Marken, sondern Qualität. Aber er nutzt mehrere Kanäle für Information und Kauf", fasste Fehr zusammen. Online- und Offlinehandel zusammenzuführen, sei Aufgabe und Chance des Fachhandels und eine Herausforderung für die Kommunikation: 'Qualität zum vernünftigen Preis ist die Domäne des Fachhandels" lautet die Botschaft des ABK-Geschäftsführers.

Abgerundet wurde die Cheftagung durch einen geselligen Abend im Lüneburger Hotels Bergström, der durch den Comedy-Redner Dr. Jens Wegmann mit einem launigen Vortrag eingeleitet wurde. Anschließend nutzten die ABK-Mitglieder noch ausreichend die Gelegenheit, sich bei Büffet und Getränken in legerer Atmosphäre auszutauschen. Im kommenden Jahr begeht der Verband sein zehnjähriges Jubiläum. Die Cheftagung findet dann vom 30. September bis 2. Oktober 2014 im niederländischen Huizen bei Amsterdam statt, wo die Firma Rivièra Slaapcomfort zu Hause ist.



Vorträge: Im Mittelpunkt steht immer der Mensch

Zwei Referenten versuchten auszuloten, wie Internet und Offlinehandel gemeinsam erfolgreich sein können. Wo liegen die Stärken des Online-Handels? Wie stellt sich der stationäre Fachhandel dem Wettbewerb? Und wie kann man mit dem Omni-Channel punkten?

'Was innen nicht glänzt, kann außen nicht funkeln", sagte der eine. 'Das, was wir am wenigsten tun sollten: uns in Sicherheit wiegen", warnte der andere. Coach Sami Sokkar und Onlineexperte Michael Weber versuchten bei der ABK-Cheftagung, das Spannungsfeld von On- und Offlinehandel zu beleuchten.

Michael Weber, Vorstandssprecher des zu Thalia gehörenden Online-Versandhandels buch.de, kommt aus einer Branche, die sich dramatisch im Umbruch befindet. Immer mehr elektronische Lesegeräte drängen auf jenen Markt, der jahrhundertelang dem bedruckten Papier vorbehalten war. In der ersten Jahreshälfte 2010 wurden mit eBooks laut Weber noch 7 Mio. Euro umgesetzt,im ersten Halbjahr 2013 waren es bereits 74 Mio. Euro und damit fünf Prozent des Gesamtbuchmarktes - zu Lasten des stationären Handels. Die Zahl der Käufer von Lesegeräten stieg im gleichen Zeitraum von 300.000 auf 2,2 Mio. pro Halbjahr. Mit Amazon steht zudem ein scheinbar übermächtiger Akteur auf dem Feld.

'Der Buchmarkt erfindet sich gerade neu. Aber morgen gibts auch in ihrem Markt einen Amazon", prophezeite Weber den ABK-Mitgliedern. Er riet zu einer sinnvollen Verknüpfung der Verkaufswege. Am konkreten Beispiel seiner Branche hieß das etwa, nicht jeden lieferbaren Titel im Geschäft vorzuhalten, aber zum Beispiel die Top-50 - und den Rest offensiv im eigenen Onlineshop anzubieten. Dort könne man wiederum mit gezielten Aktionen arbeiten, indem der Kunde etwa daheim einen Gutschein ausdruckt, den er im Laden einlösen kann. 'Den Preis einfach nur durch eine Anzeige abzusenken, bringt nichts", so Weber. 'Da ist Amazon schneller." Der Kunde suche online nach Schnäppchen, wolle Spaß und Information. Stationär suche er den Spontankauf mit Familie und Freunden. Weber: 'Beides muss man miteinander verknüpfen!"

Verkaufstrainer und Coach Sami Sokkar riet den Anwesenden, dabei auf den Erfolgsfaktor Mensch zu setzen: 'Der Fachhandel muss in Personalentwicklung investieren. Der Kunde will beim Einkauf immer wieder Erlebnisse haben, und die Beratung muss das Sahnehäubchen auf diesem Erlebnis sein." Es sei Aufgabe der Chefs dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter gut verkaufen können. 'Wenn der Kunde kommt müssen die wissen, was das für einer ist und wie sie mit ihm umgehen müssen", so Sokkar. Personalkommunikation sei wichtig und müsse entsprechend geschult werden.

Der Coach führte eine Umfrage an, nach der Kunden 'gleichgültiges Personal" und 'ungenügende Aufkünfte" als häufigsten Grund angaben, ein Geschäft wieder zu verlassen. Bei nur zwei bis drei Prozent liege dies an zu hohen Preisen. 'Die Beratung schafft eine profitable Kundenbeziehung", so Sokkar. 'Die gibt es nicht im Internet." Der Mensch bewerte immer die Geschichte und das Erlebte beim Kauf, nicht das Fachwissen, das ihm vermittelt werde. Daher seien gut ausgebildete und vor allem motivierte Mitarbeiter so wichtig - und die Chefs entsprechend in der Pflicht. Sokkar: 'Nur 10 bis 13 Prozent der Mitarbeiter haben Spaß bei der Arbeit, 60 Prozent machen Dienst nach Vorschrift. Wie sollen die Begeisterung beim Kunden wecken?"
aus Haustex 10/13 (Wirtschaft)