Interview mit Hans-Christian Sanders

"Wir möchten den Umsatzbis 2018 gerne verdoppeln"


Haustex: Warum gehen Sie bei der Finanzierung Ihres Unternehmens den Weg der Anleihe? Geben Ihnen die Banken kein Geld mehr?

Hans-Christian Sanders: Unsere Hausbank ist nach wie vor mit an Bord und hat ihre Kreditlinie gerade erst verlängert. Auch wenn wir uns mit der Bondfinanzierung bankenunabhängiger machen, ist das für uns auch in Zukunft eine wichtige Partnerschaft. Aber kaum eine Bank kann heute an ein mittelständisches Unternehmen für fünf Jahre 18 Millionen Euro ausleihen, jedenfalls nicht ohne dafür immens hohe Sicherheiten zu verlangen. Das ist gar keine Kritik an den Banken, denn diese müssen sich wegen der strengen Basel-III-Regeln noch mehr als früher absichern. Ich bin in der Finanzierung aber gern breiter aufgestellt und möchte nicht allein auf Banken angewiesen sein. Alle Seiten haben mehr davon, wenn man sich auf Augenhöhe begegnet.

Haustex: Wie verlief das Geschäftsjahr 2012 und welche Erwartungen haben Sie für 2013?

Sanders: Hier muss ich etwas ausholen. Grundsätzlich sind wir zufrieden. Wir hatten 2012 erhebliche Umsatzsteigerungen bei einigen unserer Großkunden, haben in der Entwicklung neuer Produkte große Schritte gemacht und neue Vertriebswege erschlossen. Das ist die positive Seite. Auf der anderen Seite haben wir wegen der zuvor hohen Baumwollpreise bestimmte Umsätze bewusst reduziert, weil die Margen zu gering gewesen wären. Erheblich trafen uns die Insolvenzen von Brinkhaus und vor allem Arcandors, sodass der Umsatz insgesamt um knapp 7 Prozent auf rund 41,6 Millionen Euro zurückging. Wenn man bedenkt, dass wir auch Sozialplankosten und andere erhebliche Aufwendungen wegen der Produktionsverlagerung hatten, hält sich der letztliche Verlust von 1,3 Millionen Euro in 2012 in einem vertretbaren Rahmen.

Was heißt das für 2013? Unser Geschäft ist traditionell stark saisonal mit einem schwachen ersten Halbjahr und einer starken zweiten Jahreshälfte. Trotzdem zeigen sich schon in 2013 die ersten Erfolge unserer in 2012 unternommenen Schritte. Haben wir das erste Halbjahr 2012 noch mit einem Verlust von 2,5 Millionen Euro abgeschlossen, so lag dieser im ersten Halbjahr 2013 nur noch bei gut 1,5 Millionen Euro. Darin sind gut 550.000 Euro außerordentliche Kosten für die erste Anleihebegebung enthalten. Wir blicken also sehr zuversichtlich auf das Gesamtjahr, denn das starke zweite Halbjahr läuft zurzeit noch.

Haustex: Im Jahresabschluss für 2012 finden sich außerordentliche Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Enteignung des Werkes in Irschawa. Was hat es damit auf sich? Besteht dort erneut die Gefahr einer Enteignung?

Sanders: Lassen Sie es mich so ausdrücken: Wir hatten vor einigen Jahren eine längere juristische Auseinandersetzung über die Eigentumsverhältnisse in Irschawa. Hier haben wir aber in allen Instanzen Recht bekommen, und das Thema ist damit für uns auch erledigt. Sowohl in Irschawa als auch in Wynograd sind die Eigentumsverhältnisse klar geregelt, und daher sehen wir hier in Zukunft auch keine Gefahr.

Haustex: Welche Maßnahmen hat das Unternehmen vor der Anleihe-Begebung zur Verbesserung der Ertragslage unternommen?

Sanders: Wir haben an mehreren Stellen angesetzt. Zunächst einmal haben wir die Produktion in die Ukraine verlagert und nutzen hier die erheblichen Kostenvorteile, nicht zuletzt auch im Geschäft mit Asien und in den GUS-Staaten. Hier streben wir nach Kostenführerschaft innerhalb Europas bzw. nach Kostengleichheit, Qualitätssteigerung und verbesserten Produktionsbedingungen im Vergleich zu asiatischen Konkurrenten. Zudem konnten wir die Geschäftsbeziehungen zu bestehenden Großkunden ausbauen, neue hinzugewinnen und somit die Produktionsstätten, insbesondere in der Ukraine, deutlich stärker auslasten. Und außerdem haben wir zahlreiche Neuentwicklungen in der Pipeline und den China-Vertrieb der Climabalance-Bettdecke angeschoben.

Haustex: Wer ist Zielgruppe dieser Anleihe? Institutionelle oder private Anleger?

Sanders: Beide. Unter den Erstzeichnern waren überwiegend institutionelle Anleger, wie das bei anderen Mittelstandsanleihen auch üblich ist. Dennoch kamen immerhin 1,7 Millionen Euro von Privatanlegern. Seit dem 22. Oktober ist sie an der Börse in Frankfurt handelbar.

Haustex: Warum sollte man Ihrer Ansicht nach die Anleihe gezeichnet haben?

Sanders: Ich darf und will hier keine Kaufempfehlung geben, deshalb einfach die Fakten zu unserem Unternehmen: Mit einem Marktanteil von 18 Prozent schläft nahezu jeder fünfte Deutsche unter einer Bettdecke aus unserem Hause, auch international wachsen wir. Wir sind mit unseren Marken in unterschiedlichen Preissegmenten im Fachhandel ebenso vertreten wie in Discountern, Möbelketten und Warenhäusern. Produkte entwickeln wir eng mit der Forschung zusammen und konzentrieren uns darauf, den Schlafkomfort zu erhöhen. Reine Designkosmetik überlassen wir anderen. Wen das überzeugt, dem bieten wir mit unserer Anleihe jährlich 8,75 Prozent Zinsen, die halbjährlich ausgezahlt werden.

Haustex: Wie sicher ist Ihrer Ansicht nach die Anleihe bei einem Creditreform-Rating von Sanders von B+?

Sanders: Für das Rating ermittelt Creditreform aus einer Reihe von Fundamentaldaten die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Unternehmens, die wiederum auf Statistiken basiert. Diese Einschätzung kann bei der nächsten Überprüfung in einem Jahr anders ausfallen, etwa weil es beim Unternehmen selbst oder im konjunkturellen Umfeld Veränderungen gab. Natürlich freue ich mich, wenn wir unser Rating verbessern können, aber das wäre für mich eher ein Nebeneffekt dessen, was wir unternehmerisch erreichen wollen. Für mich gilt: Wir haben unser Versprechen gegeben, die Zinsen und in fünf Jahren die Anleihe vollständig zurückzuzahlen. Mein persönliches Ziel ist es übrigens, die Anleihe dann nicht durch erneute Refinanzierung zahlen zu können, sondern aus Eigenmitteln des Unternehmens.

Haustex: Wurde die Anleihe voll platziert?

Sanders: Maximal wollten wir 22 Millionen Euro erlösen. Ich sage das deshalb so, weil es für mich wirklich auch ein Höchstwert war. Erstens muss man die Zinslast gut bewältigen können, und zweitens wollten wir nicht mehr Fremdkapital aufnehmen, als wir für unsere Wachstumsschritte brauchen. Mit den jetzt erlösten 18 Millionen Euro liegen wir zwar unter dem maximal angepeilten Volumen, kommen damit aber hervorragend zurecht. Die ersten Investitionsschritte werden schnell Früchte tragen, sodass wir daraus dann auch weitere Finanzkraft gewinnen. Wir sind zufrieden.

Haustex: Wie wollen Sie die Verzinsung von 8,75 Prozent angesichts der schwierigen Ertragslage erwirtschaften, immerhin knapp 1,6 Mio. Euro pro Jahr?

Sanders: Zum einen haben wir wichtige Restrukturierungsschritte erfolgreich abgeschlossen und erwarten daraus schon kurzfristig deutliche Kosteneinsparungen. Darüber hinaus rechnen wir mit deutlichem Umsatzwachstum, vor allem in Asien. Auch der geplante Ausbau der Gardinenproduktion sowie neu entwickelte Produkte bergen großes Wachstumspotenzial. Im angestammten Geschäft haben uns große weltweite Kunden auf die Preferred-Supplier-Liste gesetzt, auch hier zeichnen sich deutlich stärkere Auftragseingänge ab als bisher. Auf eine Prognose möchte ich mich nicht festlegen lassen, aber unser Ziel wäre es schon, bis 2018 den Umsatz zu verdoppeln.

Haustex: Wie werden Sie das Kapital verwenden?

Sanders: Zum einen haben wir damit den größten Teil der Privatplatzierung vom Mai dieses Jahres ablösen können. Der größere Teil wird in ganz konkrete Vorhaben investiert. Zum einen wollen wir die Produktion in Osteuropa ausbauen und im Geschäft mit Kissen und Daunendecken wachsen. Hier liegen konkrete Aufträge für die nächsten Jahre vor, unter anderem von einem großen skandinavischen Möbelhaus. Zudem wollen wir mit der Climabalance-Bettdecke durchstarten. Hier werden wir mit einem chinesischen Matratzenhersteller zusammenarbeiten, der die Decke zu einer Luxusmarke auf Chinas wachsendem Luxusgütermarkt aufbauen will. Und wir wollen die Gardinenproduktion in der Ukraine ausbauen.

Haustex: Wollen Sie in Zukunft in Deutschland auch Gardinen unter der Marke Sanders anbieten?

Sanders: Wir haben sechs Jahre Erfahrung in der Lohnkonfektion für individuelle Gardinenanfertigung in der Ukraine. Zurzeit liefern wir exklusiv an einen Kunden und Partner. Wir möchten die Vorteile des Standortes weiterhin nutzen, um in Zukunft auch in Deutschland das Wachstum auszuweiten. Die Marke Sanders steht ganz klar für qualitativ hochwertige Bettwaren. In welcher Form wir das Gardinengeschäft vorantreiben, dazu will ich noch nichts verlautbaren, aber ich sehe hier in der Tat großes Potenzial. Man darf gespannt sein.
aus Haustex 11/13 (Wirtschaft)